ஜღ Kapitel 03 - 1. Teil ღஜ
Meine braune Lederjacke fester um mich ziehend, die schwere Taschen auf der rechten Schulter tragend, einen Müsliriegel samt Verpackung zwischen den Zähnen und den Pappbecher mit meinem heißgeliebten Latte haltend, lehnte ich an meinem Schließfach. Dabei versuchte ich meinen Schlüssel aus der Hosentasche zu kramen. Wie man jedoch unschwer erkennen konnte, gelang es mir eher schlecht als recht.
»Das ist ja nicht mitanzusehen, Süße.« Ich wandte den Kopf nach links und entdeckte Kathi, die mich kopfschüttelnd und belustigt zugleich musterte.
»Hmpf-ahmpf«, brachte ich nuschelnd hervor, bevor sie mir den Pappbecher abnahm und ich nun in meine Hosentasche greifen und den Schlüssel hervorziehen konnte. Dabei nahm ich gleichzeitig den Müsliriegel aus dem Mund. »Danke. Irgendwie habe ich mir da wohl zu viel aufgehalst.« Mit einem Nicken deutete ich auf all die Sachen, während ich mein Schließfach endlich öffnen und meinen Ordner dort hineinstopfen konnte. Ja, stopfen. Mein Fach platzte aus allen Nähten, so viele Bücher, Ordner und Unterlagen sammelten sich dort inzwischen an. Wenn ich da nicht langsam mal ein bisschen Ordnung reinbringen würde, dann müsste ich in wenigen Wochen sicherlich ein zweites Fach anfordern und das wollte und konnte ich mir nicht erlauben.
»So lange das Fach nicht vor Liebe überläuft, ist alles gut«, stichelte sie.
Ich verdrehte die Augen. »Warte ab. Irgendwann wirst du genauso dran sein, wie ich und Jasmin«, prophezeite ich ihr, doch Kathi tippte sich nur gegen die Stirn.
»Bevor das passiert, trete ich eher der katholischen Kirche bei und werde Nonne.«
Jetzt musste ich wirklich loslachen, denn die Vorstellung, wie Kathi mit schwarzer Robe in einem Kloster umherstolzierte, war einfach nur irrwitzig.
»Ich erinnere dich gerne dran, wenn's dann soweit ist. Aber mal was anderes: War Jasmin gestern sehr sauer, weil ich nicht mit ins Krankenhaus gekommen bin?« Ich hasste es, eine meiner Freundinnen zu versetzen und mochte es einfach nicht, ein schlechtes Gewissen deswegen zu haben.
Bevor Kathi jedoch antworten konnte, erklang Jasmins Stimme hinter mir.
»Naja, also sagen wir's mal so: Du schuldest mir auf jeden Fall eine Erklärung für dein Fehlen und wehe, die ist nicht perfekt, dann könnte es passieren, dass ich vielleicht doch noch sauer werde und dich so ein bis zwei Wochen schmoren lasse.«
Ich drehte mich zu ihr herum und schmunzelte. Mir war klar, dass Jasmin nicht ernsthaft sauer auf mich war, doch unangenehm war es mir dennoch, dass ich sie gestern einfach im Stich gelassen hatte. Ich nahm mir auf jeden Fall vor, mein Fehlen wieder gut zu machen.
»Jassi, bevor ich von mir erzähle, will ich erst einmal wissen, wie's Jonas geht. Ich kann gar nicht glauben, dass er jetzt schon fast zwei Wochen im Krankenhaus ist. Konntest du mit seiner Mutter reden? Und was sagen die Ärzte?«
Während ich sie mit meinen Fragen löcherte, gingen wir durch die Gänge der Uni nach draußen auf den Innenhof.
Jasmin sah ein wenig geknickt aus, was mich nichts Gutes ahnen ließ. Und ich sollte Recht behalten.
»Es ist unverändert. Ich konnte mit seiner Mutter reden, die ist täglich bei ihm ist. Sie haben ihn noch nicht aus dem Koma geholt. Es ist fraglich, wann sie es tun. Der Transport von Innsbruck nach Heidelberg war wohl auch nicht ganz ohne. Ich ... »
Sie kämpfte mit den Tränen, das konnte ich deutlich spüren und es tat einfach so unfassbar weh, zu sehen, wie sehr sie unter dieser ganzen Situation litt.
»Wenn du möchtest, dann kommen Kathi und ich heute Nachmittag mit ins Krankenhaus. Ich kann das einfach nicht verstehen. Das ist immer noch so surreal. Ich meine, Jonas hat sein Leben mehr oder weniger für mich riskiert und dann das ... Jasmin, ich weiß gar nicht, wie ich dir jemals danken soll. Dafür, dass du mir nicht eine verpasst und mir die Freundschaft gekündigt hast, meine ich. Immerhin bin ich daran Schuld, dass Jonas ...«
Jasmin, die mich nun mitfühlend ansah, schüttelte langsam den Kopf. »Rena, du hast, verdammt noch mal, keine Schuld an der ganzen Sache, okay? Das habe ich dir in Innsbruck schon gesagt. Es war ein gottverdammter Unfall. Und ich glaube, dass Jonas das genauso sehen würde, wenn er wüsste, dass du dich mit Vorwürfen plagst. Er würde dir sagen, dass es nicht deine Schuld war. Keiner von euch hat daran Schuld. Weder du, noch er. Und ich will nicht, dass du dich deswegen so fertig machst oder gar schlecht fühlst.« Sie lächelte mich sanft an und ich gab es, wenn auch mehr als gezwungen, zurück.
Sie hatte ja Recht, aber dennoch. Diese Schuldgefühle ließen mich einfach nicht los. Egal, was ich dagegen auch tat. Sie waren da und nahmen mir manchmal die Luft zum Atmen.
Vielleicht war das ein Thema, das ich mit Timo besprechen sollte. Ich konnte ihm ohne Wenn und Aber vertrauen – ihm wieder vertrauen, so wie damals, als wir Kinder waren. Wobei ich eh schon das Gefühl hatte, er wusste, wie es mir ging. Dass mich dieser ganze Scheiß immer noch auffraß. Dass er mir deswegen keine Vorwürfe machte oder mich bedrängte, zeigte mir nur einmal mehr, dass Timo mich wirklich liebte und verstand.
»Gut, nachdem das ja nun geklärt ist, wollte ich euch fragen, ob wir noch etwas gemeinsam unternehmen, bevor die nächsten Vorlesungen beginnen und Rena wieder niedlich schnarchend einschläft, um dann anschließend total verpeilt in einen süßen Studenten hinzueinrennen.« Während Kathi das sagte und sich ihr Lachen kaum verkneifen konnte, empörte ich mich halb lachend.
»Ja ja... Ich habe damals den verdammten Ordner nicht in die Tasche bekommen und bin dann ins Straucheln geraten. Und es war mein Glück, dass mich Timo aufgefangen hat, denn sonst hätte ich ihn wahrscheinlich niemals wiedererkannt.«
»Sagt man nicht immer: Das Glück kommt unerwartet? Und irgendwie trifft das auf euch beide ja zu.«
Ich nickte. Ja, da hatte Jasmin durchaus recht. Mein Glück kam zu dem Zeitpunkt wirklich ungelegen. Zumindest, wenn man von meinem damaligen Standpunkt ausging. Heute, einige Wochen später, sah ich das Ganze mit völlig anderen Augen. Mein Glück war zum Greifen nahe gewesen und ich hatte danach gegriffen, hielt es nun fest in der Hand und war entschlossen, es nie wieder loszulassen.
»Na los, ihr Hühner! Wenn wir hier noch lange rumstehen ist die Pause gleich wieder vorbei und wir müssen in die nächste Vorlesung«, scheuchte uns Jasmin und ich verdrehte lachend die Augen.
Keine fünf Minuten später ließen wir uns am Caféshop nieder und bestellten drei Latte Macchiato. Mit den Bechern in der Hand lehnten wir uns an die Stehtische.
Ich beobachtete die vereinzelten Studenten, die unweit von uns beisammenstanden.
Kathi und Jasmin unterhielten sich angeregt über Dinge, die wir im Unterricht durchgenommen hatten, während meine Gedanken ständig abschweiften. Und dieses Mal lag es nicht mal an Timo. Vielmehr dachte ich darüber nach, wie ich Jonas gegenübertreten sollte, wenn ich ihn demnächst im Krankenhaus besuchte.
Mich ließen viele Fragen, Selbstzweifel und Vorwürfe schlichtweg nicht los. Ich hatte bisher niemandem davon erzählt, dass ich seit dem Unfall hin und wieder davon träumte. Und jedes Mal lief der Traum gleich ab. Jonas stürzte die Kante hinab und überlebte es nicht. Die Szenen, die daraufhin folgten, fühlten sich schemenhaft an und ich bekam sie auch nicht alle zusammen, doch eins wusste ich genau: Dass ich Jonas' Beerdigung nicht überlebte. Ich sah mich weinend vor seinem Grab knien. Es stand offen. Jemand schupste mich von hinten, ich fiel auf seinen Sarg und starb. Und keiner, nicht einmal Timo, kam zur Hilfe. Der Traum endete jedes Mal an derselben Stelle. Mit dem Sturz in das offene Grab auf den Sargdeckel und meinem Tod.
Doch davon berichtete ich niemandem. Ich musste damit alleine fertig werden, auch wenn es verrückt klang. Irgendwo hatte ich einmal gelesen, dass solche Träume dazu dienten, die Geschehnisse im Unterbewusstsein besser verarbeiten zu können.
»Oh Mist. Da vorne ist doch Herr Seifert, oder?« Jasmins Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ließ mich etwas aufschrecken. Ich blickte hoch und sah unseren Dozenten, der die heutige Vorlesung machen würde.
»Ja ... und?« Kathi ließ die Frage in der Luft schweben, ich jedoch ahnte, weswegen Jasmin so pikiert aus der Wäsche schaute und schnalzte mit der Zunge.
»... wenn du dich beeilst, kannst du's noch schaffen.«
»Häh? Wovon redest du?« Kathi sah zwischen mir und Jasmin hin und her und verstand nur Bahnhof. Ich zwinkerte ihr zu und winkte ab.
»Du rettest mir den Arsch, Rena. Danke!« Ich bekam drei Küsschen auf die Wange und schon war meine beste Freundin auf und davon. Wären wir in einer Wüste, würde man hinter ihr bestimmt eine Staubwolke sehen. Ich lachte.
»Okay ... was war das jetzt bitte schön?«
Kathi sah mich fragend an.
Während ich meinen Latte trank, klärte ich sie auf: »Unsere liebe Jasmin hat bei ihm seit etwa zwei Wochen einen Nachholtermin für eine Klausur, aber aufgrund der ganzen Ereignisse eben nicht dafür lernen können, was ja verständlich ist. Du kennst Herrn Seifert ja etwas und ... der lässt Nachholtermine nur mit einem Attest vom Arzt gelten. Jasmin hat aber kein Attest und muss jetzt wohl oder übel zu ihrem Hausarzt rennen, um eins zu holen. Dass sie dafür seine Stunden verpasst, ist klar. Also haben wir vor einer Weile ausgemacht, falls es mal dazu kommen sollte, dass einer verhindert ist, wir Herrn Seifert einfach um ein paar Stunden hinhalten und ihm irgendetwas von Übelkeit, Erbrechen, whatever erzählen. Das verschafft uns ein paar Stunden/Tage Zeit und wir können noch mal in Ruhe lernen.«
»Karena Schneider«, Kathi schnalzte mit der Zunge, »das hätte ich dir gar nicht zugetraut, dass du dir mit Jasmin so etwas einfallen lässt. Aber gut zu wissen.«
Ich zuckte die Schultern. »Wollten wir dir eigentlich schon vor der Freizeitfahrt erzählen, aber da kam ja immer etwas dazwischen.«
»Ja ... und dieses Etwas ist dein zuckersüßer Freund.« Sie zwinkerte mir zu.
Oh ja, wie recht sie hatte. Ich hoffte, dass ich bald wieder etwas mehr Zeit mit Timo verbringen würde, oder einfach mit der Clique. Dass sich mein Wunsch schon bald erfüllen würde, hätte ich so schnell nicht erwartet.
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