Kapitel 21 - Will
„Es geht mir gut", sagte Will, immer wieder und jedes Mal war es gelogen. In Wahrheit tat ihm alles weh, jeder Knochen schmerzte, auch die, die nicht gebrochen waren. Er erinnerte sich daran, nach Vinton gefahren zu sein und dann an nichts. Dean war keine gute Informationsquelle, er rief nur immer wieder seinen Namen und dass er Will liebte und Will hatte eigentlich keine Ahnung, was passiert war. Ein Unfall, erklärte man ihm. Und dann folgte eine lange Liste seiner Verletzungen. Hm. Das erklärte die Schmerzen.
Er bestand darauf, seine Eltern zu sehen, wenn auch wahrscheinlich nicht so hartnäckig, wie er ohne Schmerzmittel und Äther im Blut gewesen wäre. So wurden erst langwierige Untersuchungen und Reflextests gemacht und eine sehr rothaarige Ärztin bestand darauf, erst die Wunddrainage von seinem gebrochenen Bein zu entfernen, ehe jemand zu ihm durfte.
Seine Mum wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen, musste sich aber damit zufriedengeben seine Hand zu streicheln. „Liebling, wir hatten solche Angst um dich", sagte sie.
Sie hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, das musste man Will nicht erst sagen.
„Mir geht's gut", sagte Will wieder einmal. „Seid ihr von Atlanta den ganzen Weg hergefahren?"
„Beinahe. Wir waren noch nicht da, als der Anruf kam."
Will nickte. Selbst das tat weh.
„Da draußen wartet übrigens ein sehr netter Junge überaus ungeduldig", sagte sein Dad schmunzelnd. „Du wolltest ihn hier treffen?"
„Ja, wir waren verabredet ... ihr mögt ihn?"
„Er war noch vor uns hier und hat die ganze Nacht gewartet. Du bedeutest ihm sehr viel."
Das erste Lächeln, seit Will aufgewacht war, breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Meint ihr, ich könnte ... ihn vielleicht kurz sehen?"
So hatte er sich das nicht vorgestellt, aber er wollte es trotzdem unbedingt. Seine Mum gab ihm einen Kuss auf die Stirn und versprach, bald wiederzukommen, sein Dad drückte seine Hand. Sie verließen das Zimmer und er war kurz allein, aber fast sofort ging die Tür wieder auf und da war er. Dean.
Endlich.
Will sog Deans Anblick in sich auf. Eine zerstörte Frisur, der eine Dusche nicht schaden würde, gerötete Augen mit passenden Augenringen, blass und übernächtigt. Mit vorsichtigen Schritten nährte Dean sich Wills Bett und setzte sich auf den Stuhl, wo eben Wills Mum gesessen hatte.
So oft und so viel wie sie immer miteinander gesprochen hatten, jetzt waren sie beide ohne Worte und sahen einander nur an. Im selben Zimmer zu sein war unbeschreiblich.
Ohne sich den ziehenden Schmerz anmerken zu lassen, streckte Will seine Hand nach Dean aus. Dean senkte den Blick und verschränkte dann seine Finger mit Wills.
Der Herzmonitor begann schneller zu piepen und Dean musste unfreiwillig grinsen.
„Erschreck mich nie wieder so", sagte er heiser.
„Tut mir leid", erwiderte Will ernst. „Dass wir uns so treffen."
„Machst du Witze?" Dean rückte näher an ihn heran und beugte sich vor. „Will, ich dachte erst, du willst mich nicht sehen. Dann dachte ich, du bist vielleicht tot. Das hier ist das Beste, was mir je passiert ist."
Will schluckte und packte Deans Hand fester. „Du dachtest, ich hätte dich versetzt."
Dean schlug beschämt die Augen nieder. „Ja."
Wie lange hatte Dean wohl auf ihn gewartet, bis er sich eingestanden hatte, dass es sinnlos war? Wie oft hatte er Wills Namen gerufen und wie oft hatte Will ihn nicht gehört?
„Du ... du hast keine Ahnung", sagte Will, plötzlich aufgeregt, „wie sehr ich dich sehen wollte, Dean. Ich liebe dich, du kannst das nicht immer bezweifeln."
Dean schaute hoch, mit großen Augen. „Ich liebe dich auch, Will."
„Gut", sagte Will trotzig und atmete tief durch. „Tut mir leid, ich will nur einfach sichergehen, dass du das nächstes Mal weißt."
Dean nickte und das Grinsen kehrte in abgeschwächter Form zurück. „Wieso, planst du, in Zukunft noch mehr Unfälle zu haben?"
„Ich plane zumindest, dich in Zukunft viel öfter zu sehen", gab Will zurück.
Dean begann sachte seine Hand zu streicheln und allein durch diese Geste schwang die Stimmung um. Die aufgeladene Atmosphäre lichtete sich, wurde intimer. Als wäre der Raum ein Stück geschrumpft.
„Darf ich dich vielleicht küssen?", fragte Dean schüchtern.
„Ich sehe aus wie der Tod", protestierte Will belustigt.
Dean strich ihm vorsichtig das Haar aus der Stirn. „Nein, eigentlich siehst du wie das genaue Gegenteil aus", sagte er.
Will wurde rot, was wirklich lächerlich war, wenn man daran dachte, was er schon in Deans Gegenwart - und vor einer Kamera - getan hatte. Da sollte ein kleiner Kuss ihn nicht aus der Fassung bringen, oder? Aber Deans Fingerspitzen auf seiner Haut reichten schon aus, um den Herzmonitor verrücktspielen zu lassen. Und ihm fehlten plötzlich die Worte, also nickte er kurz und mit weit aufgerissenen Augen. Es war so weit. Es würde jetzt passieren.
Dean beugte sich ein Stück weiter vor ohne den Blickkontakt zu brechen. Will konnte seinen Atem auf der Haut fühlen und die Wärme spüren, die von Dean ausging. Dann schloss er die Augen, sein Herz pochte erwartungsvoll gegen seine geschundenen Rippen. Die Verbindung vibrierte vor Aufregung, die zu gleichen Teilen ihm und Dean gehörte.
Deans Lippen waren weich, als sie endlich auf Wills trafen. Es fühlte sich an, als wäre das schon lange so gedacht gewesen und als dürfte es gar nicht anders sein. Und nirgendwo anders. Genau jetzt und genau hier war es richtig. Es war besser, als er es sich jemals hätte vorstellen können, er war nicht einmal nervös, dass er es vermasselte. Immerhin war das Dean. Dean, der seine Hand hielt, als wäre sie das Wertvollste auf der Welt.
„Das ist verrückt", flüsterte Dean, entfernte sich aber nur Millimeter von Will.
„Ich weiß", gab Will atemlos zurück und lächelte. Lächeln tat ein bisschen weh, küssen nicht so sehr.
Wir sollten aufhören, sagte Dean, ehe er seine Lippen wieder auf Wills drückte. Der erste Kuss war kurz gewesen, dieser hier hielt die Zeit an. Will hatte kein Interesse daran, sich zurückzuhalten und öffnete seine Lippen. Dean war Experte, was Küsse anging und vertiefte diesen hier sofort.
Ich will nicht aufhören, sagte Will in den Kuss hinein.
Ich auch nicht. Dean zog sich zurück und grinste jetzt ganz offen. „Aber wenn dein Puls sich noch weiter beschleunigt, kommen die Schwestern angelaufen."
Will nickte widerstrebend und Dean drückte einen letzten Kuss auf Wills Hand, bevor er sich wieder gerade hinsetzte. Zu Wills Befriedigung konnte man Dean deutlich ansehen, dass er gerade geküsst worden war. Er hatte wieder Farbe im Gesicht und seine Augen strahlten.
„Wir machen weiter, wenn sie dich von dieser Maschine nehmen", meinte Dean frech und nickte zu dem piepsenden Ungeheuer.
„Ist das eine Drohung?", entgegnete Will und leckte sich die Lippen.
„Es ist ein Versprechen."
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So, meine Lieben, das hier war das letzte reguläre Kapitel von Soulmate Voices. Ihr bekommt demnächst aber noch einen Epilog :)
An dieser Stelle noch mal ein riesengroßes Dankeschön an alle, die bis hierher der Geschichte von Will und Dean gefolgt sind, ich freue mich jedes Mal riesig über eure Reaktionen und hoffe, das Kapitel hat euch gefallen, auch wenn es kurz war.
Wenn ihr Lust habt, eine weitere boyxboy Geschichte von mir zu lesen, werft vielleicht einen Blick auf First & Last. Diese Geschichte steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber ich denke, sie könnte euch vielleicht gefallen, wenn ihr Soulmate Voices mochtet.
Außerdem freue ich mich wie immer sehr über eure Kommentare, ganz besonders jetzt und hier, am Ende, wo das Universum endlich in Ordnung gekommen ist.
Bis bald,
eure Lau <3
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