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Kapitel 47: Atlas

Als ich die Augen öffnete, befand ich mich zu meiner Verwunderung nicht in der Einöde der Grenzwelt wieder, sondern in dem langen Korridor, der die Ebenen miteinander verband.

Ich drehte mich im Kreis und erblickte ganz am Ende des Flurs ein seidig, glänzendes Licht, das mich förmlich anzog. Die Zwischenwelt schrie nach mir, doch ich wusste, dass mein Geist dort nicht willkommen war. Sehnsuchtsvoll warf ich einen Blick zu dem bunten Flimmern, dass sich hinter der in Moos gekleideten Tür verbarg. Ich wollte zurück zu Sol in die Realwelt, doch als ich versuchte, einen Schritt darauf zuzugehen, hinderte mich eine verborgene Kraft daran.

Plötzlich erschien vor mir die blau gestrichene Holztür, die an manchen Stellen bereits die Farbe verlor. Diese Tür war die Einzige, die für mich bestimmt war. Je länger ich sie anstarrte, umso größer wurde sie, als würde sie mich drängen, endlich hindurchzugehen.

,,Es ist an der Zeit, zu gehen'', hörte ich eine tiefe Stimme neben mir. Mein Blick zuckte nach rechts. Athanasios löste sich geräuschlos aus den Schatten der Finsternis und kam langsam auf mich zu. Dabei entdeckte ich, von woher er gekommen war. Der Korridor zu meiner rechten Seite war in tiefe Dunkelheit gehüllt und wurde zum Ende hin immer schmaler und niedriger. Das Tor zur Schattenwelt lag tief verborgen in der Schwärze. Es war unverkennbar, dass niemand Zutritt zu ihr hatte.

Noch einmal wanderte mein Blick für einen kurzen Moment zu der moosbewachsenen Tür. Dort war Sol und wartete darauf, dass ich zu ihr zurückkommen würde, doch das war ausgeschlossen. Ein tiefer Druck bildete sich in meiner Brust und schnürte mir die Kehle zu.

Ergeben seufzte ich und legte meine Hand, die vor Anspannung zitterte, auf die bereits angerostete Türklinke.

,,Du hast recht'', sagte ich mit fester Stimme, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Doch ich konnte mich nicht überwinden, die Klinke nach unten zu drücken. Denn das würde bedeuten, dass ich mich endgültig von Sol verabschiedete und dazu war mein Geist noch nicht bereit.

,,Und doch zögerst du, weil alles in dir dich an einen Ort gefangen hält, den du nicht mehr betreten darfst'', sagte Athanasios mit leiser Stimme.

Ich biss die Lippen fest aufeinander und spannte mich unter seinen Worten an. Der Gott der Schattenwelt kannte mich zu gut. Er würde mich immer durchschauen.

,,Du weißt, wie es sich anfühlt, seine Seelenpartnerin zurückzulassen. Es ist keine leichte Entscheidung'', sagte ich und ballte die freie Hand zur Faust, sodass die Venen an meinem Unterarm stark hervorstachen.

Athanasios' dunkle Schatten wateten über den schwarzen Weg.

Während er sprach, kam er mir immer näher. Es bereitete mir kein Unbehagen, dass er mir so nah war. Auch wenn ich nicht in sein Gesicht sehen konnte, fühlte ich mich zum ersten Mal wirklich verbunden mit ihm. Denn auf eine seltsame Art und Weise teilten wir nun dasselbe Schicksal.

,,Damit liegst du falsch. Für mich war es eine bewusste Entscheidung gewesen. Du im Gegensatz hattest keine andere Wahl. Höhere Mächte haben dich dazu gezwungen. Wir unterscheiden uns, Atlas. Während du keine Sekunde ohne sie sein kannst, habe ich mich für die Ewigkeit ohne sie entschieden.''

Ich öffnete den Mund, um ihm zu widersprechen, doch als ich erkannte, dass Athanasios fest davon überzeugt war, dass er der Böse in der Geschichte war, schloss ich ihn wieder. In diesem Moment sagte ich ihm nicht, dass er das nur gemacht hatte, um das Gleichgewicht der Ebenen zu beschützen. Oder dass er selbstloser, als es jemals ein anderes Wesen sein konnte.

Da ich nicht wusste, was ich sonst darauf erwidern sollte, schwieg ich. Plötzlich spürte ich einen schweren Druck auf der Schulter. Doch statt Furcht, empfand ich in diesem Moment Trost.

,,Bevor du gehst, möchte ich dir noch etwas zeigen'', sagte Athanasios und machte mit seinem Schattenarm eine ausladende Bewegung. Die blaue Holztür verschwand mit einem Mal. Anstelle dessen erstrahlte ein viereckiger Bildschirm, der nichts anderes als weißes Licht zeigte.

Und da verstand ich.

Athanasios war gekommen, um mir den letzten Weg zu weisen. Seine Geste erfüllte mich mit Dankbarkeit.

,,Ich weiß, dass du dich immer gefragt hast, wer du bist und wer du warst, bevor du einer meiner Schatten wurdest. Dein gesamtes Dasein als Sensenmann hat dich die Frage gequält, warum ich dich mit dieser Aufgabe belastet habe. Ich habe die Furcht in deinem Inneren gesehen. Du hattest Angst, dass du in deinen vorherigen Leben ein grausamer Mensch gewesen bist, der es verdient hatte, eine solche Strafe von mir zu erhalten. Doch du täuschst dich. Nichts von alledem, was du dir ausgemalt hast, entspricht der Wahrheit.''

Plötzlich flackerte der Bildschirm und ich erblickte einen jungen Mann mit dunklen, langen Haaren. Er trug nicht viel außer einem schmutzigen Lumpen und kaputten Sandalen aus einfachem Leder. Ich erkannte ihn sofort. Als ich eine frühere Version meines Ichs sah, mit einem völlig anderen Gesicht, kamen plötzlich all die Erinnerungen an mein erstes Leben zurück, als wären sie nie weg gewesen. Ich spürte die Schmerzen, die ich selbst einmal durchleiden musste und sah all die Qualen, die meinem ersten Leben schnell ein jähes Ende setzten.

,,Als die Legionäre dich so lange ausgepeitscht haben, dass du an den Folgen dieser Prozedur gestorben bist, standest du vor mir in der Zwischenwelt und wolltest am liebsten gleich zurück in die Realwelt. Denn du hattest eine Mission. Du wolltest sie finden, deine zweite Hälfte und dafür, nahmst du alles in Kauf. Auch den Tod. Und dass immer und immer wieder.''

In Rekordgeschwindigkeit liefen zahlreiche Bilder von meinen früheren Leben über den Bildschirm. Ich wurde geboren, ich lebte und ich starb. Mit jedem weiteren Tod zog sich mein Herz krampfhaft zusammen. So viele unterschiedliche Gesichter, die alle eine Version meiner selbst waren, ob jung oder alt, stark oder gebrechlich, flackerten über den Bildschirm. Und mit jedem neuen Leben, bekam ich all meine Erinnerung zurück. Ich hatte all das, was mich ausgemacht hatte, vergessen. Über die letzten Jahrhunderte als Sensenmann hatte ich immer die Frage gequält, wer ich eigentlich war. Nun wusste ich es. Ich war viele Versionen meiner selbst: ich war mutig gewesen, zuversichtlich, freundlich. Und manchmal war ich verzweifelt, doch ich hatte nie aufgegeben, weil meine Seele wusste, dass ich sie finden musste. Doch in keinen von diesen Leben hatte ich jemals Liebe erfahren. Vielleicht hatte ich mich deshalb immer so nach ihr gesehnt. Vielleicht konnte ich deshalb nie der Schattenmann ohne Gefühle sein, der ich eigentlich sein sollte.

Plötzlich stoppte der Bildfluss und zeigte mich, mit meinem jetzigen Gesicht, vor Athanasios in der Zwischenwelt stehen. Ich konnte nicht älter als fünfundzwanzig Jahre alt sein und doch hatte ich die Haltung eines gebückten, alten Mannes, der sich kaum aufrecht halten konnte. Meine Augen waren vom Leben gezeichnet. Sie hatten jeglichen Glanz verloren und die Zuversicht war längst aus meinen grauen Augen verschwunden. Ich erinnerte mich schlagartig, wie müde ich damals gewesen war. So müde vom Leben. Damals hatte ich das Gefühl gehabt, kurz bevor mich die Speerspitze eines Soldaten des verfeindeten Lagers durchbohrt hatte, dass ich meinem Ziel ganz nah gewesen war. Vielleicht, wenn das Schicksal mir nicht so übel zugespielt hätte, dann hätte ich Sols Seele schon eher finden können.

Ich erinnerte mich, als Gevatter Tod, seine knochige Gestalt umgeben von seinem schwarzen Umhang, mir sagte, dass es das letzte Mal sein würde und ich mich von der Erde verabschieden müsste.

,,Dies war der Tag, an dem deine Seele beinahe das letzte Fünkchen Licht verloren hatte. Du warst zu schwach, als dass ich dich noch einmal in die Realwelt zurückschicken konnte. Ich konnte es nicht mehr mit ansehen, wie du dich in jedem Leben abgerackert und vollkommen verausgabt hast, nur um am Ende mit leeren Händen das Leben zu verlassen. Du hast niemals aufgegeben. Jedes Mal, wenn du in der Zwischenwelt vor mir standest, hast du mich angefleht, dich zurückzuschicken, da du Angst hattest, sie würde da sein und auf dich warten.''

Meine Lippen bebten unkontrolliert, als ich mit verschleiertem Blick auf meine zusammengesunkene Gestalt schaute. In jedem Leben hatte meine Seele verzweifelt nach ihr gesucht, doch ich hatte sie nie gefunden.

,,Und mit jedem weiteren Leben, in dem du enttäuscht wurdest, nahm deine Seele schweren Schaden. Sie verfärbte sich dunkel. Nicht vor Bosheit, sondern weil die Verzweiflung und Sehnsucht in dir sie gesät und gefüttert haben. Weil ich nicht wollte, dass dein Licht vollständig erlischt und all deine Aufopferung nicht umsonst gewesen war, entschied ich mich, dir noch eine letzte Chance zu geben. Ich machte dich zu einen meiner Schatten und hielt dich somit in der Welt der Lebenden, in der Hoffnung, dass du sie irgendwann finden würdest.''

Mein Kopf schnellte zu ihm. Ausgerechnet Athanasios hatte ich es zu verdanken, dass ich Sol begegnet war. In diesem Moment dachte ich an all die unzähligen Male, als ich ihn verflucht und mir gewünscht hatte, er würde aus meinem Leben verschwinden. Doch nur wegen ihm hatte ich eine weitere Chance bekommen. Es versetzte mir einen Stich, dass ich mich ihm gegenüber so verhalten hatte.

,,Ich hatte keine Ahnung'', stotterte ich und starte auf meine zitternden Hände.

Er legte eine weitere Schattenhand auf meine andere Schulter und drehte mich so, dass ich direkt in seine Dunkelheit starrte.

,,Es war dein gutes Recht, mich zu hassen. Ich verurteile dich nicht dafür. Vielleicht wollte ich am Ende nur, dass du weißt, dass ich dir niemals etwas Böses wollte. Ich habe dich schon so oft leiden sehen und als ich ihr Schicksal sah, wusste ich, dass deine Seele nichts anderes wollte, als sich für sie zu opfern. Deshalb wollte ich dich beschützen und versuchte, deinen bevorstehenden Tod abzuwenden. Aber ich hätte es von Anfang an wissen müssen, dass du sie niemals aufgeben würdest.''

Athansios' sonst so kraftvolle Stimme hatte einen reumütigen und von Trauer durchzogenen Unterton angenommen.

Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, hob ich meine Hand und legte sie auf seine Schattengestalt. Doch anstatt leerer Luft, spürte ich unter all dem Nebel einen Oberarm, der sich eindeutig menschlich anfühlte. Ich riss die Augen auf und starrte ihn an. Für einen Wimpernschlag bildete ich mir ein, sein wahres Gesicht zu sehen, das mich verschmitzt anlächelte.

,,Ich danke dir, dass du mir dieses Leben ermöglicht hast. Das werde ich dir niemals vergessen, Athanasios'', sagte ich mit fester Stimme und meinte jedes Wort, wie ich es sagte.

Mit diesen Worten löste ich mich von ihm. Es war nun an der Zeit für mich zu gehen.

Noch einmal nahm ich einen tiefen Atemzug, ehe ich meine Hand auf die verrostete Türklinke der Grenzwelt legte, die in der Zwischenzeit wie von Zauberhand vor mir aufgetaucht war. Ich konnte mich nun endgültig von diesem Leben verabschieden, denn all die Versionen meiner selbst, die in ihren Leben verzweifelt dafür gekämpft hatten, Sol zu begegnen, waren nun beruhigt, dass all ihre Versuche sich am Ende ausgezahlt hatten. Wir hatten sie getroffen und wir durften ihre Liebe mit jeder Faser unseres Seins spüren. Das war alles, was ich in all meinen vergangenen Leben immer gewollt hatte.

,,Ich wünsche dir eine lange und erfüllte Existenz, mein alter Freund'', rief ich ihm in der Gewissheit zu, dass wir uns wahrscheinlich nie wieder sehen würden. Denn Athanasios betrat die Grenzwelt nicht. Unter keinen Umständen. Denn dort lebte Grace, seine zweite Hälfte, die die Ebenen im Gleichgewicht hielt.

Aber es war okay. Ich flehte ihn nicht an, mich zurückzuschicken, weil ich wusste, dass er es dieses Mal nicht konnte. Athanasios hatte mehr für mich getan, als ich ihm jemals zurückgeben konnte. Also machte ich es ihm nicht unnötig schwer. Jeder musste einmal gehen. So auch ich.

Ohne mich noch einmal nach ihm oder der moosbewachsenen Tür umzudrehen, öffnete ich das Tor zu meiner neuen Heimat, aus der ich niemals fliehen konnte.

Athanasios' letzte Worte hätten mich innehalten lassen sollen, doch ich lief einfach weiter, weil ich das, was er sagte, bereits akzeptiert hatte.

,,Ich kann nicht glauben, dass du nun mitten in der Grenzwelt stehst, gefangen, ohne die Chance auf einen Weg hinaus, auf ewig verdammt, auf sie zu warten, ohne dass du sie jemals wieder sehen wirst. Das ist nicht das Ende, was ich mir für dich erhofft hatte.''

Doch ein winziger Funke Hoffnung in mir, glaubte daran, dass Sol und ich uns wiederfinden werden. Ich musste nur fest daran glauben. Denn ich vertraute ihr, dass sie eine Lösung finden würde. Das tat sie immer.

Und mit diesem letzten Funken Hoffnung, schlug die Tür zum Korridor krachend hinter mir zu. Die staubige Erde unter meinen Füßen begann zu beben. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel auf die Knie. Vor meinen Augen bildete sich ein tiefer Riss, der mit dem starken Rütteln der Erde immer größter wurde, bis sich ein tiefer Graben aushob.

Plötzlich wandelte sich die Welt. Wie einst der Mann, den ich gemeinsam mit Dante damals beobachtet hatte, stand ich nun an derselben Klippe und starrte hinab in die gähnende Leere der Dunkelheit, die sich am Rande der Klippe erstreckte.

Als ich meinen Blick in den Himmel richtete, sah ich sie und ihre traurigen Augen, die mich anflehten, zurückzukommen.

Das war meine Strafe dafür, dass ich sie verlassen hatte. Ich würde ihr von hier aus der Grenzwelt zusehen, wie sie versuchte, nicht an dem Schmerz zu zerbrechen.

Das war mein Schicksal.

Auf Ewigkeiten dazu verdammt, die Liebe meines Lebens zu sehen, aber ihr nie wieder nah sein zu können.

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