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Kapitel 40: Atlas

Wenn mich jemand vor einem halben Jahr gefragt hätte, wie sehr ich mir wünsche, diese Welt verlassen zu können, dann hätte ich, ohne zu zögern, geantwortet, dass ich bereit war, zu gehen.

Doch nun, sechs Monate später spürte ich das Gewicht meines Wunsches auf meinen Schultern. Schwer lastete der Hauch des Todes auf mir.

Wenn mir heute jemand die gleiche Frage stellen würde, dann würde ich antworten, dass ich diesen Ort, der mir all die Jahre so verhasst gewesen war, noch nicht verlassen konnte. Ich wollte es nicht. Das war wohl, was die Menschen Ironie des Schicksals nannten.

Denn mein Tod war der Preis, den ich am Ende für all meine Vergehen zahlen musste.

Doch ich bereute nichts. Wenn ich noch einmal die Chance hätte, sie das erste Mal wieder zu sehen, würde ich jedes Mal die gleichen Entscheidungen treffen. Weil Sol all das war, wofür es sich zu kämpfen lohnte.

Die kurze Zeit mit ihr war nicht genug gewesen. Ein Leben – das hätte mir gereicht. Es hätte nicht ewig wehren müssen. Aber dieses Glück schien uns nicht vergönnt.

Bei diesem Gedanken spürte ich ein schmerzhaftes Ziehen in meiner Magengegend.

Schmerz. Das war auch so etwas, von dem ich nie gewusst hatte, wie es sich anfühlte. Bis ich sie traf. Der Schmerz war gut. Er zeigte mir, dass ich mehr war als Knochen und eine fleischliche Hülle. Trotz meines abschreckenden Wesens hatte sie nie die Augen von mir abgewandt. Stattdessen liebte sie mich, so wie ich war. Nicht einmal der Knochenmann, der alles um sich herum in die Verdammnis stürzen wollte, konnte sie verschrecken. Und auch er selbst war nicht in der Lage, ihr auch nur ein Haar zu krümmen.

Während ich noch immer auf den leeren Platz starrte, an dem sie vor einer halben Ewigkeit mit tränenüberströmtem Gesicht gestanden hatte, spannte sich mein gesamter Körper an. Ich war nicht fähig, mich zu bewegen. Denn wenn ich einfach so stehen blieb, konnte ich mir einreden, dass die Zeit nicht stetig voranschritt und mich in die Enge trieb.

Ich fürchtete mich nicht vor dem Tod. Immerhin bestand ich zu einem Großteil aus ihm. Was die Venen an meiner Halsschlagader hervorstechen ließ, war das, was danach kommen würde.

Es gab nur einen Ort, an dem die Seelenlosen kamen. Die Grenzwelt war ein verfluchter Ort, der keinerlei Regeln folgte. Niemand verstand, wie diese Ebene funktionierte und wie man ihr entkam, wenn man einmal gefangen war.

Wenn ich dort war, würde ich sie auf ewig vor mir sehen. Doch egal, was ich auch versuchen würde, ich würde sie niemals erreichen können. Denn auch, wenn meine Seele sich freiwillig von meinem Körper gelöst hatte, würde mein Geist sie auch nach meinem Tod nicht vergessen können. Ich war auf so vielen unterschiedlichen Ebenen mit ihr verbunden, dass es unmöglich war, sie loszulassen.

Ich würde auf ewig verdammt sein, auf sie zu warten.

Doch auch das war es nicht, was das starke Ziehen in meinem Brustraum verursachte. Es war die Angst, was Sol tun würde, wenn sie realisierte, dass sie mich nicht retten konnte. Ich hatte den Kampfgeist in ihren braunen Rehaugen gesehen. Sie würde nicht aufgeben. Koste es, was es wolle. Meine Macht, die nun durch ihre Adern floss, würde sie in ihrem Vorhaben bestärken.

Ich wusste, dass ich sie nicht aufhalten konnte. Deshalb ließ ich sie in den Glauben, es gebe noch eine Chance für uns beide. Denn nur auf diese Weise würde sie es irgendwann akzeptieren können, dass wir niemals füreinander bestimmt gewesen waren, zusammen zu leben. Sie würde heilen. Denn sie war stärker, als sie glaubte.

Nicht das erste Mal im Leben verspürte ich einen solchen Hass auf das Schicksal, das mich immer wieder scheitern sehen wollte.

Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich spürte, wie der Knochenmann an meinen Wänden kratzte. Er war schwächer als sonst. Unser bevorstehender Tod schränkte auch seine Kraft stark ein. Dennoch lechzte er nach Vergeltung, die ich ihm aber nicht geben würde.

Die Fensterscheiben vibrierten. Ruhig ein- und ausatmend schloss ich für einen kurzen Moment die Augen.

Als ich ein mir nur allzu bekanntes Flügelschlagen hörte, wandte mich meinem treuen Gefährten zu. Während unsere Blicke sich begegneten, senkten wir gleichzeitig leicht unseren Kopf voreinander. Es war eine Geste des Respekts und der gegenseitigen Achtung.

Dieses Mal hatte ich es bewusst vermieden, in Horus' Geist zu schlüpfen. Ich hatte das Gefühl, dass ich Sol verraten hätte, wenn ich ihr persönliches Gespräch auf diese perfide Art belauscht hätte. Ich konnte nur darauf hoffen, dass Horus ehrlich zu mir sein würde und er nicht plötzlich in einem Anflug aus Barmherzigkeit die Seiten gewechselt hatte.

,,Muss ich mir Sorgen machen?'', fragte ich den Raben, von dem ich mir sicher war, dass er bis zum Ende ein loyaler Gefährte sein würde. Das war er immer gewesen. Ich konnte mich stets auf ihn verlassen. Er hatte all die Abgründe gesehen, durch die ich gewandert war. Treu war er stets an meiner Seite geblieben und bewältigte jede noch so große Herausforderung. Er hatte mich erduldet, als ich in meiner dunkelsten Zeit meinen ärgsten Dämonen gegenübergestanden hatte und war für mich da, als ich glaubte, ich könnte nicht weitermachen.

So würde ich es nicht nennen, wich Horus mir aus und schaute demonstrativ in eine andere Richtung.

Meine Augenbrauen wanderten automatisch nach oben.

Das einzig beschissene an solch einer starken Bindung zu jemanden, war, dass man denjenigen am besten kannte. Ich wusste also sofort, dass sein Gespräch mit Sol in eine Richtung verlaufen war, die ich eigentlich verhindern wollte. Was auch immer der Rabe ausgeplaudert hatte, würde Konsequenzen nach sich ziehen, die ich nicht aufhalten können würde.

Fluchend marschierte ich auf ihn zu. Kurz huschte sein Blick zu mir, ehe er sich rasch wieder abwandte. Sein Schnabel hielt er demonstrativ von mir abgewandt in die Luft gerichtet. Horus hätte in diesem Moment nicht verdächtiger aussehen können. Für seinen jämmerlichen Versuch, die Wahrheit vor mir zu verbergen, kassierte er ein leichtes Fingerschnipsen gegen sein Gefieder.

Empört kreischte der Vogel auf und pickte mir im Gegensatz mit seinem spitzen Schnabel auf den Handrücken.

,,Sie heckt etwas aus, habe ich recht?''

Horus' schuldbewussten Blick nach zu urteilen hatte ich vollkommen ins Schwarze getroffen. Mit der Hand fuhr ich mir durch die kurzen Haare und stieß leise Flüche aus.

,,Ich wusste es. Sie würde niemals kampflos aufgeben. Dafür ist sie ein viel zu großer Dickkopf.''

Na ja, irgendetwas muss sie ja von ihrer verrückten Schwester haben, entgegnete Horus achselzuckend.

Obwohl ich mich körperlich schwach und ausgelaugt fühlte, begann mein Körper in Flammen aufzugehen. Tausend Szenarien spuckten mir im Kopf herum und in jeder von ihnen starb Sol bei dem sinnlosen Versuch, mich retten zu wollen.

Meine Sorge um sie stieg ins Unermessliche. Wer würde auf sie achtgeben, wenn ich nicht mehr da war? Jemand musste ihr ins Gewissen reden und sie aufhalten. Sol hatte die dumme Angewohnheit, sich kopflos in Situationen zu stürzen, die nahezu nach Gefahr schrien. Die Warnschilder und roten Leuchten ignorierte sie dabei geflissentlich. Sie würde alles für die Menschen tun, die sie liebte. Sogar für mich würde sie alles aufgeben.

Während ich wild durch meine Wohnung tigerte, beobachtete mich Horus stumm. Als ich nicht mehr weiterwusste, stürmte ich wieder auf den Raben zu. Doch dieser zuckte nicht einmal mit der Wimper, als ich mich vor ihm aufbaute und mit angehaltenem Finger auf ihn zeigte.

,,Horus, jetzt hör verdammt auf, mir aufzuweichen. Ich habe dich längst durchschaut. Du vergisst, dass du seit mehr als vierhundert Jahren an meiner Seite lebst. Ich kenne dich viel zu gut und deine Ablenkungsversuche sind grauenvoll schlecht.''

Mein Atem ging stoßweiße. Geräuschvoll hob und senkte sich meine Brust.

Ich finde, ich war dieses Mal eigentlich ganz gut, bemerkte Horus, was bei mir ein genervtes Stöhnen hervorrief.

Kraftlos rieb ich mir über das Gesicht, ehe ich vor dem Raben in die Hocke ging.

,,Was hat sie vor, Horus?'', fragte ich schwach, da ich insgeheim wusste, dass Horus auf diesen kleinen Trick hereinfallen würde. Dafür war sein Gewissen viel zu rein, als dass er mich unnötig leiden sehen konnte.

Der Rabe zeterte.

Ich bin mir nicht sicher. Aber sie wird nicht aufgeben, bis sie nicht all ihre Möglichkeiten ausgeschöpft hat.

Er verschwieg etwas, das konnte ich durch unsere Verbindung spüren.

,,Schließt das Ganze auch Athanasios mit ein?''

Der Rabe schwieg. Meine Befürchtungen verdichteten sich mit jeder verstrichenen Sekunde.

,,Horus...'', warnte ich ihn, obwohl ich die Antwort darauf bereits erahnte.

Schon möglich, murmelte er in meinen Gedanken. Aber ich bin mir nicht sicher. Sie hat nicht direkt etwas in diese Richtung gesagt.

Doch ich kannte Sol. Sie würde es nicht akzeptieren können, dass ich an ihrer Stelle sterben würde. Das war auch der Grund, weshalb ich ihr nichts gesagt hatte. Ich wollte es so lange herauszögern, wie es mir nur möglich war. Sie sollte nicht auf die Idee kommen, mich retten zu wollen, denn damit würde sie sich nur im Treibsand verfangen. Ich musste sie irgendwie überzeugen, dass es dieses Mal keinen anderen Ausweg gab und sie sich nach meinem Tod nicht in etwas verrannte, dass sie nicht zum Erfolg bringen würde. Am Ende würde sie nur sinnlos leiden. Nur hatte ich noch einen Plan, wie ich das anstellen würde.

Doch ich konnte ihre Verzweiflung verstehen. Denn als sie in dieser Situation gewesen war, war ich Tag und Nacht unterwegs gewesen, um nach einer Lösung zu suchen. Dass ich selbst die Lösung war und ich ihr damit unzähligen Schmerz hätte ersparen können, war mir erst bewusst geworden, als es zu spät war. So viel Zeit hatte ich verschwendet, die wir hätten anders nutzen können.

Ich malmte mit dem Kiefer und ballte meine Hände zu Fäusten. Fieberhaft überlegte ich, wie ich sie vor diesem sinnlosen Schmerz der Enttäuschung bewahren konnte, doch mir fiel nichts ein. Ich brauchte die Gewissheit, dass jemand an ihrer Seite bleiben würde, wenn ich nicht mehr da war.

Doch die Leute, die ich kannte und vertraute, waren nur sehr begrenzt. Dante strich ich sofort von dieser mickrigen Liste aus zwei Personen. Dieser Verrückte würde ihr noch von der Seitenlinie zujubeln, anstatt sie aufzuhalten. Ihn konnte ich also vergessen.

Blieb also nur noch einer.

,,Horus, ich habe eine Bitte an dich'', sagte ich mit ernster Stimme. Der Rabe schien meinen Stimmungswechsel sofort zu bemerken. Seine steife Haltung veränderte sich und er traute sich, mir direkt in die Augen zu sehen.

Alles, was ihr wünscht, Herr.

,,Du musst an ihrer Seite bleiben. Ich werde nichts mehr unternehmen können, wenn ich gestorben bin. Aber du wirst wissen, wenn es an der Zeit ist, sie daran zu erinnern, dass sie irgendwann aufgeben muss. Und wenn die Zeit gekommen ist, dann sei für sie da, wie du es all die Jahre für mich warst.''

Der Rabe verneigte leicht seinen grazilen Kopf. 

Ich verspreche dir, dass wir gemeinsam versuchen werden, eine Lösung zu finden. Aber ich werde deiner Bitte nachkommen, wenn ich glaube, dass es nicht mehr weitergeht. Du kannst dich auf mich verlassen, Herr.

Sein Versprechen half mir dabei, durchzuatmen. Ein wenig nahm es mir den Druck, der sich dornenartig um den schlagenden Muskel in meiner Brust gewunden hatte.

Und doch fragte ich mich, ob Horus sich nicht von ihrem Tatendrang anstecken lassen würde. Ich hoffte es nicht, sonst wären beide verloren.

Nicht nur ich.

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