12
Loreena
Was vor etwa 10 Jahren geschah, geht weiter...
Lachend spritzt mir Sidon mit seiner Kopfflosse das Wasser ins Gesicht. Hustend spucke ich mir das Seewasser aus dem Mund. Als Rache für seine hinterhältige Attacke strample ich mit den Füßen.
»Hey!«, ruft Sidon amüsiert und schirmt sich mit seinen muskulösen Armen ab.
Doch ich höre nicht auf ihn und plansche weiter fröhlich mit den Beinen. Ich vernehme Sidon noch einmal lachend, eher er plötzlich im Wasser verschwindet. Irritiert blicke ich um mich. Die Regentropfen prasseln ruhig auf die Oberfläche, aber von dem Zora fehlt jede Spur. Der See scheint den Prinzen verschluckt zu haben.
Erschrocken kreische ich auf, als ich etwas am Bein spüre. Als ich jedoch in das klare Wasser hinunterblicke, kann ich wieder nichts erkennen. Obwohl ich weiß, dass es sich bei dem „See-Ungeheuer" nur um Sidon handeln kann, bekomme ich es ein wenig mit der Angst zu tun.
»Lass das!«, brumme ich etwas verschreckt. »Das ist nicht lustig!«
Plötzlich kitzelt mich jemand an der Fußsohle. Ruckartig ziehe ich meine Beine an und schaue unter mich. Auch dieses Mal kann ich niemanden ausmachen. Heilige Hylia, ist dieser Zora schnell im Wasser!
»Sidon! Jetzt hör schon auf damit!«
Hektisch schaue ich mich um. Ich komme mir vor, wie ein hilfloses Opfer, das von einem Hai bedroht wird. Inzwischen weiß ich ja, was ein Hai ist und was er mit seiner Beute anstellt. Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass Sidon seine Kreise um mich zieht.
Nun ist alles still. Nichts regt sich im See.
»Sidon?«
Keine Antwort. Langsam fühle ich mich etwas unwohl.
Genau in dem Moment, als ich mir plötzlich die Frage stelle, ob ich nach Sidon tauchen oder zu einen der kleinen Insel rüberschwimmen soll, vernehme ich hinter mir ein Platschen. Rasch drehe ich mich um und sehe im Eiltempo einen großen, roten, unglaublich schönen Zora-Mann aus dem Wasser springen. Mit geröteten Wangen betrachte ich den makellosen Körper des Prinzen, auf dessen Schuppen die glitzernden Wassertropfen abperlen. Heimlich staune ich über seinen majestätischen Anblick, wie er durch die Luft springt... und genau auf mich zukommt.
Ein ersticktes Kreischen kommt aus meiner Kehle, als Sidons Körper mich erfasst und mich in die Tiefe reißt. Mit einem Mal befindet sich meine ganze Gestalt unter Wasser. Verdutzt schaue ich in das grinsende Gesicht des Zora-Prinzen. Mein Blick wechselt von seinen sonnengelben Augen zur Oberfläche, die sich einige Hylianer-Längen über uns befindet. Sofort hege ich den Wunsch, wieder hinaufzuschwimmen und Luft zu holen.
Als jedoch Sidons Finger meine Wange streift, verfliegt dieser Wunsch einen Moment lang. Erneut schaue ich dem unbekümmerten, fröhlichen Zora ins Gesicht. Sein breites Grinsen fesselt mich, sorgt für ein flatterndes Gefühl in meinem Bauch. Dieses Mal widerstehe ich nicht dem Drang, sein Gesicht in meine Hände zu nehmen und mir dieses Lächeln genauer anzusehen. Sidon lässt es geschehen, sieht mir dabei tief in die Augen. Mit einem faszinierten Glitzern bewundere ich das Gebiss des Zora. So perlweiße Reißzähne... Ob er sich jeden Tag die Zähne putzt? Verzückt lächle ich und fahre mit den Fingern seine Lippen nach.
Plötzlich scheint da eine unnachgiebige Verbindung zwischen unseren Blicken zu bestehen. Wir beide teilen offenbar mehr als nur Faszination für einander. Was ist das nur? Warum fühle ich mich so zu ihm hingezogen? Gerade haben wir einfach nur herumgealbert und nun befinde ich mich mit ihm unter Wasser und berühre ganz intim sein Gesicht, während wir uns regelrecht anstarren. Erst jetzt merke ich, dass ich so hastig atme, dass mir die Lunge und der Hals schmerzt.
Ich fühle mich, wie in Trance. Benommen greife ich nach meinem Hals und spüre etwas Merkwürdiges. Plötzlich reagiere ich ganz empfindlich an dieser Stelle. Sofort hege ich den Wunsch, mit das genauer anzusehen, doch ich kann nicht. Leicht panisch rubble ich über die Stellen, die sich links und rechts an meinem Hals befinden. Kurz bleibt mir dabei sogar die Luft weg, als würde ich mir die Nasenlöcher beim Atmen zuhalten.
Der magische Moment mit Sidon hat mich so sehr abgelenkt, dass ich erst jetzt realisiere, dass wir uns hier unter Wasser befinden. Mir sollte es unmöglich sein, unter Wasser zu atmen. Doch diese Dinger an meinen Hals, sie pumpen auf unerklärliche Weise Sauerstoff in meine Lungen.
Nun gelingt es auch Sidon, sich von meinem Anblick loszureißen. Als er bemerkt, dass ich hysterisch meinen Hals berühre, greift er nach meinen Handgelenken und hält sie fest. Sanft zieht er sie von meinem Körper weg. Meine Gestalt beginnt zu zittern, als mir sein Gesicht ziemlich nahekommt. Die Dinger an meinem Hals hören kurz auf, mich mit Sauerstoff zu versorgen. Mein Herz rast. Überrascht über seine Reaktion stoße ich einen Laut aus, woraufhin kleine Blubberblasen an die Oberfläche steigen.
Jetzt würde ich den Zora liebend gerne fragen, was er da macht, doch leider muss ich feststellen, dass ich unter Wasser nicht reden kann. Meine Worte gehen in einem Wirr-Warr aus gedämpften Lauten unter.
Sidons Blick liegt auf meinem Hals, als sein Kopf nur noch eine Nasenspitze von mir entfernt ist. Während er sorgfältig die Stelle mit seinen Augen inspiziert, stelle ich fest, dass ich Sidon so nahe bin, dass ich jede Kontur seiner Schuppen wahrnehmen kann. Die roten Schuppen des Zora wirken allesamt so einheitlich und sauber aneinandergereiht. Mir ist nie aufgefallen, dass jeder einzelne Schuppe für sich glänzt. Auch dieses Mal möchte ich den Prinzen nur zu gerne berühren und seine Haut erforschen, doch Sidon hält meine Hände nach wie vor gefangen.
Plötzlich richtet sich Sidon auf. Er sieht mich einen winzigen Moment an, ehe er mich mit einer Hand gepackt hält und mich im Eiltempo wieder an die Oberfläche bringt. Mir bleibt nicht mal die Zeit erstaunt aufzukeuchen, als ich auch schon mit Sidon auftauche.
Die Haut an meinem Hals brennt kurz, als ich Luft schnappe und meine Lungen sich mit Sauerstoff füllen. Ich erkenne, dass Sidons Augen sich weiten.
»Sieh doch nur! Ich hatte die ganze Zeit über Recht! Du hast Kiemen. Hier!«, ruft er aufgeregt und fängt an energisch meinen Hals zu berühren.
Dort, wo angeblich meine Kiemen sind, fühlen sich seine Berührungen ziemlich unangenehm an, so unangenehm, dass ich seine Hände wegklatsche.
»Au! Lass das!«, ermahne ich ihn.
»Na also!« Die Tatsache, dass meine Kiemen erschienen sind, scheint Sidon eine solche Genugtuung zu verschaffen, dass er mich fröhlich angrinst, als er etwas von mir zurückweicht. »Wusste ich es doch, dass ich mir das damals nicht eingebildet habe. Hoffentlich bist du jetzt selbst endlich davon überzeugt.«
»Ja, aber...« Da ich es trotz allem nicht so recht glauben kann, berühre ich selbst vorsichtig meine Kiemen und zucke sofort zusammen, als ich mit dem Finger über die empfindsamen Hautlappen gleite. »Wie ist das nur möglich?«
Sidon zuckt mit den Achseln und schwimmt wieder näher an mich heran. »Keine Ahnung! Aber ich bin fest davon überzeugt, dass das etwas mit deinen Kräften und Hylias Zeichen zu tun hat.«
Gemeinsam schauen wir auf das Mal oberhalb meiner Brüste hinab. Während ich es mit wachsender Skepsis betrachte, wird Sidon plötzlich knallrot im Gesicht und wendet seinen Kopf rasch von mir ab. Überrascht von seiner Reaktion sehe ich auf und blinzle ihn an. Egal, was Sidon so schnell in Verlegenheit gebracht hat, er fängt sich rasch wieder. Breit lächelnd zeigt er mit seinem Finger auf mein Mal. Dabei wirkt er so verklemmt, als würde er sich verbissen daran krallen, mir ins Gesicht zu blicken und bloß nicht woanders.
Verdutzt schaue ich an mir herab. Vergewissere mich, dass ich nicht etwas Seetang an mir habe. Nach einer Weile jedoch bin ich mir sicher, dass alles in Ordnung ist.
»Jedenfalls«, meint Sidon mit einem Mal. »Ich wusste, dass du Kiemen hast!«
»Wie oft, willst du das denn noch wiederholen?«, frage ich ihn halb genervt, halb belustigt.
»Oh, vergiss das mal ganz schnell!«, lacht der Zora und packt mich erneut am Handgelenk. »Komm, ich will dir etwas zeigen! Lass uns tauchen!«
»Äh, Sidon...« Panisch funkle ich ihn an. »Was, wenn meine Kiemen dieses Mal nicht erscheinen werden? Ich habe nämlich keinen blassen Schimmer, wie ich das angestellt habe.«
»Ich denke, dass ist so eine Art Instinkt von dir. Deine Kräfte kommen, wann immer du sie brauchst«, vermutet der Zora.
»Aber das kannst du nicht wissen!« Meine Stimme klingt zu hoch, so nervös bin ich gerade.
»Vertrau mir, Loreena! Ich würde dich niemals ertrinken lassen«, versichert er mir mit einem solch liebevollen Lächeln, dass ich meine Angst mit einem Mal vergesse.
»Gut...«, sage ich und nicke ihm zu. »Ich vertraue dir. Dann lass uns tauchen!«
Der Zora lacht verwegen, ehe er mich unter Wasser zieht. Sidon lässt nicht meine Hand los, als er immer weiter in mäßigem Tempo mit mir hinabtaucht. Letztes Mal hat Sidon mich abgelenkt und die Kiemen sind von allein erschienen, doch dieses Mal konzentriere ich mich so sehr darauf, dass nichts geschieht. Schon schiebe ich Panik, will mich bei Sidon bemerkbar machen, dass er mit mir auftauchen soll, doch dann fängt mein Hals zu brennen an. Im nächsten Augenblick bekomme ich auch schon Luft. Zudem stelle ich fest, dass sich meine Sicht unter Wasser verschärft.
Luftblasen steigen an die Oberfläche, als ich die zauberhafte Welt des Seegrunds vor mir sehe. Direkt über einem Teppich aus Algen verharren wir. Breit grinsend zeigt Sidon mit seinem Kopf in eine Richtung. So folge ich ihm mit dem Blick und entdecke einen großen Maxi-Lachs der gerade an uns vorbeischwimmt. Obwohl er doch auf der Speisekarte der Zora steht, scheint er gar keine Angst vor Sidon zu haben. Der Lachs vermutet offenbar stark, dass der Fischmensch offenbar gerade nicht auf der Jagd ist. Der Fisch zieht an uns vorbei und lässt sich über einem Büschel Seegras treiben. Verzückt lächle ich, als ich zwischen diesem Büschel eine Wasserschildkröte erkenne, die sich gerade auf dem kiesigen Grund vorwärtsbewegt.
So fasziniert von der Unterwasserwelt des Zora-Sees werde ich unternehmungslustiger. Mit dem Finger deute ich in eine Richtung und bedeute Sidon, mir zu folgen. Er nickt strahlend und schwimmt mit mir in die gewünschte Richtung. Nun schweben wir ganz dicht über dem Boden, nur noch ein Finger hat zwischen meinem Bauch und dem Untergrund Platz. Mit leuchtenden Augen strecke ich meine Hand aus und berühre das Seegras, dass sich in meiner unmittelbaren Nähe befindet. Es fühlt sich so weich an, aber auch ein wenig glitschig und kühl.
Plötzlich schüttelt Sidon meine Hand, die er nach wie vor festhält. Alarmiert blicke ich in seine Richtung. Der Zora zeigt auf irgendetwas. Im Nu sehe ich einen großen Krebs über den Boden kriechen. Gebannt beobachte ich ihn und lasse mich von seinem silberschimmernden Panzer und seine großen Scheren verzaubern.
Leider bekomme ich eine Möglichkeit den Krebs näher zu betrachten, denn Sidon zerrt mich bereits vorwärts, schwimmt mit mir vom Boden weg. Obwohl ich dem Schalentier gerne noch länger zugesehen hätte, lasse ich mich widerstandslos von Sidon weiterziehen.
Der Zora hält auf eine bestimmte Stelle zu. Mit einem Mal verharrt er treibend im Wasser. Er blickt nach vorne, dort, wo ein Schwarm Hyrule-Barsche durch den See zieht. Vor Erstaunen öffne ich den Mund unter Wasser. Und mir ist es herzlich egal, dass ich sogleich einen fischigen Geschmack auf meiner Zunge spüre, denn ich bin so verblüfft von dem bunten Treiben der Unterwasserwelt, dass ich sowas von verzaubert bin.
Während Sidon dem Fischschwarm nachsieht, fällt mein Blick plötzlich auf seine Hand, die meine festhält. Gerade wird mir klar, wie angenehm mir diese Art von Berührung ist. In Sidons Gegenwart fühle ich mich sicher und gut aufgehoben.
Der Kampf gegen den Leunen hat mich und Sidon regelrecht zusammengeschweißt. Seit dem Ereignis sind wir beide unzertrennlich. Ja, der Zora und ich sind sehr gute Freunde geworden.
Als ich von unseren umschlungenen Händen aufsehe, erkenne ich, dass Sidon mir den Kopf zugewandt hat. Ausdruckslos starren seine gelben Augen mich an, die so hell strahlen, wie die Sonne selbst. Da ich im Moment so glücklich bin, schenke ich ihm das schönste Lächeln, das ich besitze. Sidon reagiert, in dem er ebenfalls zurücklächelt, allerdings nicht breit und Zähne zeigend, wie sonst immer, sondern ganz zart und liebevoll. Doch dann zuckt er plötzlich zusammen, als wäre ihm mit einem Mal etwas eingefallen.
Ehe ich mich versehe, bringt uns Sidon wieder nach oben. Im nächsten Augenblick atme ich wieder Luft.
Dicht an dicht stehen sich unsere frohen Gesichter gegenüber. Jeder grinst dem anderen überglücklich ins Gesicht. Plötzlich fangen wir beide gleichzeitig zu lachen an.
»Das war ja traumhaft!«, beginne ich augenblicklich zu schwärmen. »Ich wusste gar nicht, dass die Welt da unten so wundervoll ist.«
»Wenn dir der Grund des Sees schon gefallen hat, musst du unbedingt den Meeresboden sehen. Glaub mir, wenn ich dir ein Riff zeige, fallen dir bestimmt die Augen aus dem Kopf.«
»Was ist denn ein Riff?«, frage ich ihn, als ich ihm scherzend mit dem Arm Wasser ins Gesicht spritze.
Sidon antwortet, in dem er sich auf mich stürzt. Bevor er mich packt, drehe ich mich, sodass sein Bauch an meinem Rücken klebt.
»Ein bunter Wald aus Korallen, in dem sich so ziemlich alle Meeresbewohner finden lassen«, klärt mich Sidon auf, als er mich mit seinen Krallen zu kitzeln beginnt.
»Zeigst du mir das wirklich?« Lachend entreiße ich mich aus seinem Griff und wende mich dem Zora-Prinzen so zu, dass ich ihm wieder ins Gesicht sehen kann.
»Aber natürlich, Loreena!«, erwidert mir Sidon amüsiert. »Ich halte meine Versprechen.«
Mit einem Mal weicht die Scherzlaune einem unbekannten Gefühl in mir. Mir ist kalt und im nächsten Moment wieder unerträglich heiß. Meine Haut prickelt am ganzen Körper. Außerdem scheint das Innere meines Bauchs in einer wohltuenden Intensität zu kribbeln. Ich fühle mich überglücklich und schwerelos.
Geschmeichelt senke ich meinen Blick und streiche mir eine nasse Strähne hinter mein spitzes Ohr. »Also ich würde mich freuen, wenn du mich mal mitnehmen würdest. Außerdem verbringe ich gern Zeit mit dir«, gestehe ich dem Zora-Mann mit leiser Stimme, als wäre es mir peinlich darüber zu reden.
Nun schaut mich Sidon ganz merkwürdig an. Seine Wangen werden rot und ich meine sogar, dass er aufgehört hat zu atmen. Mein Lächeln verschwindet abrupt, denn ich frage mich, ob ich gerade etwas Falsches gesagt habe.
»Ich... also... äh... Ich verbringe auch gerne Zeit mit dir. Ganz gerne sogar...« Nervös zupft er an seinem silbernen Kragen herum, während er sich auf die Unterlippe beißt.
Meine Ohren vernehmen ein platschendes Geräusch. Als ich einen Blick um Sidon herum erhasche, erkenne ich, dass seine Kopfflosse sich windet.
Schuldbewusst schwimme ich ein klein wenig rückwärts, denn ich vermute, dass ich mit meinen Worten eben etwas zu dick aufgetragen habe. Bestimmt ist ihm nun meine Nähe unangenehm. Beschämt wende ich mein Gesicht von dem Zora ab.
Gerade möchte ich eine Entschuldigung murmeln, als Sidon sich plötzlich umdreht. Ich höre, wie er sich räuspert. Eine Weile lang sehe ich ihn einfach nur an, frage mich, was er nun vorhat. Dann dreht er mir schließlich sein Gesicht zu und zeigt auf seinen Rücken. Anhand seines Grinsens vermute ich stark, dass der unbekümmerte Sidon wieder zurückgekehrt ist.
»Worauf wartest du, Loreena? Steig auf!«, fordert er mich urplötzlich auf.
Skeptisch blinzle ich den Zora an. »Äh, was hast du vor?«
»Dir Ranelle zeigen! Komm! Oder hast du etwa keine Lust?«, meint er neckisch zu mir.
Zunächst verharre ich einfach weiterhin reglos im Wasser. Erst war er so betreten, nun ist er wieder unverwechselbar fröhlich. Ob er damit die unangenehme Spannung zwischen uns nur zu überspielen zu versucht? Egal! Hauptsache ich habe mir es mit meinem Freund nicht verscherzt. Keinen blassen Schimmer, warum ich mich geradeeben so komisch aufgeführt habe. Hoffentlich passiert mir das nicht noch einmal.
So lächle ich einfach nur und schlinge meine Arme von hinten um seinen Hals.
»Aber ist das meiste nicht überschwemmt oder von Monster verseucht? Ist eine Besichtigungstour da nicht gefährlich?«, frage ich mich plötzlich, kaum habe ich mich angefangen, an Sidon festzuhalten.
»Es gibt Stellen, die sind noch durchaus passierbar. Halte dich gut fest!«, ruft mir Sidon zu, ehe er im Eiltempo über den See zu schippern beginnt.
Ich stoße einen überraschten Laut aus und klammere mich fester an den Zora. Die Gischt peitscht mir ins Gesicht. Die Wassertropfen benetzen meine Haut. Sidons Schuppen kann ich ganz eng an meinem Körper spüren, eine weitere Berührung, die mir gefällt. Zufrieden lächelnd lasse ich mich von Sidon durch das Wasser tragen und genieße jeden einzelnen Augenblick davon.
Während ich mit dem Hammer auf den harten Stahl schlage, denke ich an die Dinge, die ich und Sidon heute getan habe. Zuerst hat er mir gezeigt, dass ich unter Wasser tauchen kann. Die Unterwasserwelt des Sees war ja so atemberaubend schön. Im Anschluss hat mich der Zora in jenen Teil des Sumpfgebiets gebracht, der noch nicht völlig überschwemmt war. Mir hat es gefallen mit Sidon zwischen den Bäumen herumzuturnen, dessen herausragenden Wurzeln sich im dreckigen Wasser befanden. Lächelnd erinnere ich mich daran, wie der Zora-Prinz mich durch den Sumpf gejagt hat. Unser Lachen hallt in meinem Kopf.
»Nicht so schnell, Loreena!«, schrie er mir hinterher, als ich flink durch das kniehohe Wasser hechtete.
Doch ich habe nicht auf ihn gehört. Kreischend bin ich weiterhin von ihm davongelaufen, bis ich schließlich etwas an meinem Stiefel spürte, das mich zu Fall brachte. Schreiend stürzte ich in den Matsch.
Als ich mich auf dem Boden wandte, der mit einer Schicht schlammigen Wassers bedeckt war, hörte ich, wie Sidon erschrocken meinen Namen rief. Augenblicklich ertönte das schmatzende Geräusch seiner Schritte.
»Alles in Ordnung?«, fragte mich Sidon und beugte sich zu mir herunter.
Zögerlich blickte ich von dem schmutzigen Wasser auf. Sidons Gesicht zeugte von ehrlicher Sorge. Dabei ging es mir gut, ich war weich gelandet. Allerdings musste ich nun aussehen, wie ein mit Schlamm überzogenes Ferkel.
Der Zora hielt mir die Hand hin, als zu mir meinte: »Du musst vorsichtiger sein. Die Steine und Wurzeln, die hier rumliegen, sieht man im dreckigen Wasser nicht.«
»Ist nicht schlimm«, beruhigte ich meinen Freund. »Ich habe mir nichts getan. Allerdings weiß ich jetzt wie ein Schlammsalamander sich fühlen muss.«
Einen Augenblick starrten Sidon und ich uns einander an, ehe wir zu lachen begannen.
»Du siehst in der Tat ziemlich schmutzig aus! Wie fühlt sich das an?«, prustete der Zora höchst vergnügt.
Dann stoppte ich mein Lachen kurz, als mir ein spaßiger Gedanken kam. Mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht nahm ich seine Hand und meinte mit verschwörerischer Stimme: »Sag du es mir!«
Boshaft lachend zog ich Sidon zu mir in den Dreck. Wie kleine Schlammschweine rangelten wir am Boden und bespritzten uns gegenseitig mit Matsch. Wir lachten uns gegenseitig aus und sauten uns nur noch mehr mit Schlamm ein. Irgendwann ging uns in unserem ausgelassenen Treiben die Puste aus. Keuchend und lachend lagen wir nebeneinander, während wir von oben bis unten verdreckt waren.
»Macht dir das nichts aus, dich dreckig zu machen?«, fragte mich Sidon nach einer Weile, nachdem wir uns wieder beruhigt haben.
»Na, hör mal! Ich bin in Goronia aufgewachsen. Als Kind habe ich mit den anderen Kieseln nur im Dreck gespielt.«
Kaum habe ich das gesagt, hat Sidon begonnen, mich so komisch anzulächeln.
»Warum siehst du mich so an?«, habe ich ihn gefragt.
»Ich habe mich dich als Kind vorgestellt.« Als er mir antworte, wirkte er irgendwie verlegen, als hätte er mir nur die halbe Wahrheit gesagt. »Du warst bestimmt ein kleiner Wildfang.«
Mein Blick fiel auf den sonnenlosen Himmel, als ich kurz nachdachte. »Erst nicht! Paps hat gemeint, ich sei als Kind recht still gewesen.«
»Also warst du ein süßes, kleines Mädchen?« Sidons Stimme klang ganz sanft. Seine Augen flirteten mit mir.
Ich zuckte zusammen, als Sidon mich mit seinem schlammbenetzten Fingern im Gesicht streichelte. Ehe er seine Hand wieder zurückzog, lachte er kurzweilig auf.
»Ich wünschte, ich hätte auch so unbeschwert mit anderen Kindern spielen dürfen. Leider war die Ausbildung immer wichtiger.«
Das zu hören, machte mich ein wenig traurig. Eine Kindheit lässt sich nicht wiederholen, sie ist einmalig. Aus diesem Grund muss man sie auch genießen. Allerdings hörte es sich so an, als wäre Sidon dieser Genuss nicht vergönnt gewesen.
»Also durftest du nie richtig Kind sein?« Mitfühlend sah ich ihn an, als ich ihm diese Frage stellte.
Langsam wippte Sidon mit seinem Kopf von links nach rechts. »Die meiste Zeit nicht, nein...«
Ich sah den Prinzen lange an. Obwohl er nicht richtig Kind sein durfte, war er trotzdem irgendwie eins geblieben. Ob sein unbeschwerter, kindlicher Charakter daher kam, weil ihm die Kindheit genommen wurde. Versucht er sie durch sein Verhalten, somit wieder zu erlangen.
»Das tut mir leid!«, meinte ich ehrlich bestürzt zu ihm.
Sidon lächelte dankbar, als er mein Gesicht sah. Dann wurde er plötzlich ganz fröhlich. Ruckartig erhob er sich vom Boden und hielt mir die Hand hin, um mir aufzuhelfen.
»Hey! Aber weißt du was? Durch dich bin ich wieder ein Kind«, rief er mir zu.
Ich wollte seine Hand ergreifen, doch dann lachte Sidon plötzlich ganz hinterhältig und das Nächste, was ich spürte, war eine Matschkugel ins Gesicht. Die Rache ließ nicht lange auf sich warten. Noch bevor ich mich erhob, griff ich in den Dreck und warf ebenso einen Schlammklumpen nach ihm. Lachend drehte sich Sidon weg, aber ich erwischte ihn voll am Kamm.
Nachdem wir unsere Schlammschlacht beendet hatten, jagten wir Frösche durch den Sumpf. Sidon sagte, dass es sich dabei um Fit- und Spurtkröten handelte. Mir ist es tatsächlich gelungen ein paar der schleimigen Amphibien zu fangen. Danach habe ich sie selbstverständlich wieder in die Freiheit entlassen.
Als unser kleiner, spaßiger Ausflug vorbei war, brachte mich Sidon wieder zum Fluss zurück, wo wir uns erst einmal von der dicken Drecksschicht säuberten.
»Ich bin mir mit der Schmiedekunzt der Goronen zwar nicht vertraut, aber ich denke, abgekühlter Stahl läzzt zich auch in Eldin nur schwer verarbeiten«, reißt mich eine alte, kratzige Stimme aus den Gedanken.
Ruckartig schaue ich von meiner Arbeit auf und blinzle in das Gesicht von Dento, dem Schmiedemeister der Zora. Seine längliche Schnäuze kräuselt sich unter meinem abwesenden Blick.
»Tut mir unheimlich leid!«, entschuldige ich mich bei dem alten Zora, der von Hylianer genauso viel zu halten scheint, wie Muzu. »Ich war mit dem Gedanken gerade woanders.«
»Beim Schmieden izt man nicht mit den Gedanken woanderz! Zeh zu, dass du allez richtig machzt! Schließlich hängt unzer aller Überleben davon ab. Wir benötigen die Blitzwaffen dringend.«
»Mit der Gummierung, die ich mit den anderen Waffen zusätzlich versehen werde, wird es auch euch gelingen, damit kämpfen zu können«, versuche ich den Zora mit den blauen Schuppen und der länglichen Schnauze zu besänftigen.
»Wir werden zehen!«, sagt der Schmiedemeister lediglich, bevor er sich von mir abwendet.
Ungläubigen Blickes schaue ich dem alten Zora nach, als ich zum Schmiedeofen rübergehe und die Spitze des Eisens in die Flammen halte, bis der Stahl glüht. Warum mögen die alten Zora die Hylianer nicht? Was haben sie ihnen getan?
»Wie ich sehe, geht die Arbeit gut voran?«, ertönt plötzlich die leise, ruhige Stimme einer Frau.
Als ich das Eisen aus den Flammen nehme und mich umdrehe, schaue ich in die gelben Augen der Zora-Prinzessin. Mipha steht hinter dem Schmiedetisch und lächelt mich freundlich an.
»Mipha? Was tust du denn hier?« Der quietschende Klang meiner Stimme lässt sie wissen, dass ich mich freue, sie zu sehen.
»Ich wollte mich vergewissern, dass du vorankommst«, antwortet mir die liebe Zora.
»Es ist viel zu tun«, lasse ich sie wissen und deute dabei mit dem Kopf auf den Berg an Materialien, der sich neben mir aufbaut. »Aber ich habe einen Weg gefunden, womit es euch möglich sein könnte...«
»Oh, ich habe es gehört, gerade als ich reinkam«, fällt mir Mipha ins Wort. Ihre Augen glitzern dabei unter dem Schimmer von Hoffnung.
»Hm, dann brauche ich wohl nichts mehr erklären!«, erwidere ich ihr fröhlich und mache mich wieder an die Arbeit.
Zwischen den Schlägen, die ich auf den heißen Stahl niedersausen lasse, wische ich mir den Schweiß mithilfe meines Ellbogens von der Stirn. Ich habe schon ewig nichts mehr geschmiedet, aber ich muss zugeben, dass mir diese Art von Arbeit gefehlt hat. Das Gefühl, wie sich beim Hammerführen meine Muskeln anspannen, lässt mich mein anhaltendes Heimweh kurz vergessen.
Während ich weitermache, spüre ich den Blick der Zora-Prinzessin auf mir. Kurz hebe ich meinen Blick von meinem Werk und erkenne ihren neugierigen Gesichtsausdruck. Mich wundert es selbst schwer, dass ich nicht nervös werde. Eigentlich mag ich es nicht, wenn andere mich beobachten. Aber Mipha hat überhaupt nichts Argwöhnisches oder Überbewertendes an sich, sie wirkt einfach nur interessiert.
»Wahrlich bemerkenswert!«, meint sie mit einem Mal.
»Was denn?« Genau in dem Moment, als ich die Frage stelle, habe ich es geschafft, den Stahl zu formen und lasse ihn im Bottich voller Wasser abkühlen.
Es zischt. Dunstschwaden hüllen uns ein. Als der Nebel sich lichtet, erkenne ich, wie Mipha mich bewundernd anlächelnd.
»Dass du so gut mit dem Hammer umgehen kannst«, entgegnet mir Sidons Schwester.
»Das ist doch gar nichts! Du müsstest mal unseren Schmiedemeister Brohan bei der Arbeit sehen. Das ist beeindruckend!«
»Und du kannst es wirklich schaffen, dass wir auch die Waffen berühren können?« Aufgeschlossen legt sie ihren Kopf schief, während sie die halbfertige Lanze betrachtet.
»Ja, mit der speziellen Gummierung müsse es einwandfrei funktionieren«, entgegne ich ihr überzeugt.
Nun beginne ich mit dem Verfahren, die elektrische Spitze an die Waffe anzubringen. Die letzten Tage habe ich damit verbracht, mengenweise Lanzenspitzen aus Elektrizität aus den Blitzpfeilen zu schmieden. Es hat einwandfrei funktioniert. Jetzt muss ich mein Projekt nur noch fertigstellen.
Mit der Zange greife ich nach der elektrischen Klinge und lege sie auf die Lanze. Nun nehme ich das geschmolzene Eisen, das sich im Schmiedeofen befindet und träufle es mithilfe der Stahlpfanne auf die Verbindung zwischen Lanze und elektrischer Spitze. Als ich das geschafft habe, nehme ich meinen Hammer wieder und klopfe damit darauf, um beides schließlich zu verbinden. Beim Kontakt von Hammer und Elektrizität werden statische Funken freigesetzt. Erschrocken weicht Mipha fauchend ein paar Schritte zurück. Alarmiert blicke ich von der Lanze auf.
»Tut mir leid«, entschuldigt sich Mipha, um mich gleichzeitig zu beruhigen. »Zora und Elektrizität...«
Augenblicklich erinnere ich mich an den Vorfall auf dem Donnerhorn. Sidons Arm sah, nachdem ich ihm den Pfeil aus dem Fleisch gezogen habe, verbrannt aus. Außerdem war der Zora-Prinz für etliche Stunde außer Gefecht gesetzt. Kein Zweifel, für Zora ist Strom wahrhaftig lebensgefährlich.
»Du hast zurecht Angst«, bemerke ich Mipha gegenüber. »Ich habe ja gesehen, was der Blitzpfeil mit deinem Bruder angerichtet hat.«
Mit einem Mal wird das Lächeln der zierlichen, roten Zora ganz weich. »Ich hatte noch keine Gelegenheit mich richtig dafür zu bedanken, dass du ihn gerettet hast. Deine Tat war sehr selbstlos von dir.«
Da erinnere ich mich aber an etwas ganz anderes. Nachdem ich zusammengebrochen bin und wieder bei Sinnen war, hat sich Mipha mindestens tausend Mal bei mir bedankt, dass ich ihrem kleinen Bruder das Leben gerettet habe.
Lachend schüttle ich den Kopf. »Was? Ist das dein Ernst? Du behauptest tatsächlich, du hättest dich bei mir nicht bedankt. Ich denke, das tausendfache Dankeschön müsste ausreichen.«
»Du bist wahrlich eine liebevolle Person, Loreena.« Ihr aufrichtiger Blick und ihre zarte Stimme schmeicheln mir sehr. »Ich bin froh, dass du deinen Weg zu uns gefunden hast und dass du uns hilfst.«
»Keine Ursache!«, bleibt das Einzige, was ich darauf zu erwidern weiß, denn ich helfe den Zora gern, wo ich kann.
»Wenn du mit der Arbeit fertig bist... Hättest du etwas dagegen, wenn wir ein wenig schwimmen gehen.«
Der plötzliche Vorschlag der Zora-Prinzessin überrascht mich sehr. Tatsächlich hätte ich am wenigsten damit gerechnet, dass Mipha etwas mit mir unternehmen möchte. Zwar habe ich mich bereits mit ihr angefreundet, allerdings wirkte sie stets ziemlich beschäftigt.
Als ich Mipha mit einem nachdenklichen Blick bedenke, schüttelt sie augenblicklich den Kopf und setzt ein entsetztes Gesicht auf. »Oh, tut mir leid! Du musst bestimmt müde sein. Außerdem warst du bereits heute mit Sidon unterwegs, also...«
Inzwischen kenne ich die kleine Zora gut genug, um zu wissen, dass sie sehr schüchtern und zurückhaltend sein kann. Diesen Charakterzug finde ich irgendwie sehr niedlich an ihr. Derweil braucht sie vor mir kein bisschen befangen zu sein, denn ich mag sie und ich habe nicht vor, ihre Einladung auszuschlagen. Liebend gerne würde ich meine neue Freundin besser kennenzulernen. Vielleicht erfahre ich durch sie auch mehr über ihren Bruder, an dem ich mit jeden Tag immer mehr Gefallen finde.
»Mipha, ich würde gerne Zeit mit dir verbringen! Ehrlich! Ich habe nichts dagegen. So müde bin ich nicht.«
Meine Zustimmung zaubert Mipha ein wunderhübsches Lächeln ins Gesicht.
Nun ja... Schon bald entpuppt sich der letzte Teil meiner Aussage, als Halbwahrheit. Nachdem ich noch mindestens 10 Lanzen fertiggestellt habe, ist es bereits dunkel. Ich bin durchaus erschöpft, aber trotzdem lasse ich es mir nicht nehmen, mich mit der Zora-Prinzessin zu treffen.
Mipha wartet bereits in meinem Gemach auf mich. Dort ziehe ich mich rasch um und danach gehen wir noch eine Runde schwimmen.
Nachdem wir uns ein wenig durch den See bewegt haben, zeige ich ihr den Trick mit den Kiemen, was die Prinzessin deutlich beeindruckt. Gemeinsam mit ihr tauche ich etwas, auch wenn ich in der Dunkelheit kaum etwas sehen kann. Doch erblicke ich in der Ferne etwas Leuchtendes am Seegrund. Als ich auf den schimmernden Gegenstand zeige und Mipha darauf aufmerksam mache, ergreift sie meine Hand und taucht mit mir tiefer hinab. Die Prinzessin scheint offenbar besser im dunklen Wasser sehen zu können, als ich.
Am Grund angekommen bemerke ich, dass auf dem kiesigen Boden verteilt grünleuchtende Pünktchen funkeln. Mipha bringt mich dem hübschen Spektakel immer näher, bis ich schließlich erkenne, dass es sich hierbei um ganz viele Schleichschnecken handelt. Aber wie bringen sie es nur zustanden, im Dunkeln zu Leuchten? Das ist ja der Wahnsinn!
Lange schweben Mipha und ich einfach nur über dem Seegrund und schauen den Schleichschnecken beim Funkeln zu, bis die Zora-Prinzessin es für angemessen empfindet, wieder aufzutauchen.
Wenig später sitzen ich und meine neue Freundin im Regen. Allerdings befinden wir uns auch hier am Ufer, einige Minuten von der Domäne entfernt, nicht in völliger Dunkelheit, denn wir sind umgeben von Leuchtsteinen.
»Was ist das nur mit Ranelle und den Leuchtsteinen? Warum gibt es bei uns in Eldin nicht so was? So etwas wie Schleichschnecken habe ich auch noch nie gesehen.«
»In Eldin gibt es keine Leuchtsteine?« Ungläubig funkelt mich Mipha an, während sie sich räkelt und anschließend zum See hinausblickt. »Wirklich? Dento hat einst erwähnt, es gäbe ein großes Vorkommen um den Vulkan.«
»Möglich!« Nachdenklich wiege ich meinen Kopf hin- und her. »Aber ich habe noch nie welche zu Gesicht bekommen. Ich habe Brohan auch nie welche verarbeiten sehen.«
Plötzlich sieht mich Mipha ganz komisch an. Ich meine schön, ich hätte etwas Dummes gesagt, doch dann meint sie zu mir: »Du tust meinem kleinen Bruder sehr gut. Weißt du das?«
Irritiert starre ich zu ihr zurück. Wie meint Mipha das? Verhält sich Sidon etwa anders, wenn er in meiner Nähe ist? Ja, der Prinz und ich verstehen uns gut. Das muss auch den anderen Zora aufgefallen sein. Auch Sidon hat eine positive Wirkung auf mich. Leider ist nicht jeder der Meinung, dass wir einander guttun.
»Da bist du aber die Erste, die das behauptet. Muzu meint ich lenke Prinz Zidon nur ab.« Gewollt spreche ich Sidons Namen so aus, wie Muzu es immer tut und äffe dabei sein erhabenes Getue nach.
Amüsiert sieht mich Mipha an. Sie nimmt ihre Hand vornehm vor dem Mund und lacht.
»Du wirst es nicht glauben. Aber selbst Muzu hat sich in der Zwischenzeit bereits an dich gewöhnt«, berichtet sie mir. »Er mag es zwar noch nicht so recht zeigen, aber ich glaube, er fängt an, dich zu mögen.«
Wenig überzeugt werfe ich Mipha einen skeptischen Blick zu. »Nmja... Da wo ich herkomme, zeigt man es anders, wenn man jemanden mag.«
Während mich die Zora-Prinzessin freundlich anlächelt, richtet sie ihren mondförmigen Kopfschmuck. »So ist Muzu nun einmal.«
Jetzt, da wir über den alten Berater sprechen, kommt mir plötzlich ein Gedanke.
»Aber sag Mal, Mipha... Warum mögen die alten Zora die Hylianer nicht?«, stelle ich ihr die Frage, die mir schon lange auf der Seele brennt.
Plötzlich verschwindet das Lächeln aus Miphas Gesicht. Mit einem Mal wirkt sie ganz traurig und lässt den Kopf hängen. »Das ist eine lange Geschichte. Sie hat mit Mutter zu tun.«
Inzwischen weiß ich ja, dass Sidon und Mipha ihre Mutter früh verloren haben. Allerdings redet mein Zora-Freund kaum über sie. Von dem Grund ihres Todes weiß ich kaum etwas. »Mit deiner Mutter? Der Königin?«
Mipha nickt zaghaft und antwortet mir ganz leise, ohne mich anzusehen. »Weißt du, Mutter ist schwer krank geworden, als Sidon noch sehr klein war. Damals hatte ich meine Kräfte noch nicht, also konnte ich ihr nicht helfen.«
»Oh...«, murmle ich bedauernd und wende meinen Blick von Mipha ab.
»Es ist okay. Ihr Tod ist schon lange her. Dennoch, sie fehlt uns sehr«, beichtet mir meine Freundin.
»Und was hatte ihre schwere Krankheit mit den Hylianern zu tun?«, möchte ich wissen.
»Sie hat sich von einem Hylianer angesteckt, als sie in dessen Dorf war, um den Bewohnern zu helfen«, erinnert sich Mipha. »Die alten Zora haben das den Hylianern sehr übelgenommen. Aus ihrer Sicht, ist es ihre Schuld, dass unsere Königin sterben musste. Außerdem haben sie nichts getan, um uns zu helfen. Sie konnten einfach nicht. Es gab kein Heilmittel.«
»Das tut mir sehr leid, Mipha. Jetzt verstehe ich, warum Sidon nicht über sie spricht.«
»Oh, nein! So ist es nicht!« Ein trauriges Lächeln erscheint auf den geschwungenen Lippen der Zora-Frau. »Weißt du, Sidon kann sich kaum an Mutter erinnern.«
»Du sagtest, er sei klein gewesen. War er etwa noch ein Baby?«, versuche ich mehr in Erfahrung zu bringen.
»Ja«, antwortet mir Mipha knapp.
Auch wenn die Zora eben erwähnt hat, dass es okay sei, da der Tod ihrer Mutter lange her sei, spüre ich, dass es ihr wehtut, über die verstorbene Königin zu reden.
»Er musste also ohne seine Mutter aufwachsen...« Langsam lasse ich mir die Worte auf der Zunge zergehen, um dessen Bitterkeit zu schmecken. Sidon muss sich in der Vergangenheit bestimmt ziemlich allein gefühlt haben, so ohne Mutter.
»Das musstest du doch auch?«, meint Mipha mit einem Mal recht überrascht.
»Ja, aber ich fühlte mich nie allein«, gestehe ich ihr unter einem Achselzucken. »Es mag dir vielleicht merkwürdig vorkommen, vielleicht ist es das auch, aber ich habe meine leiblichen Eltern nie vermisst. Manchmal da habe ich sogar ganz vergessen, dass ich gar nicht Bludos leibliche Tochter bin.«
Mipha lässt mich augenblicklich spüren, dass sie mich dafür nicht verurteilt, als sie zu mir mit gütiger Stimme sagt: »Offenbar musstest du dich sehr wohl bei den Goronen gefühlt haben, wenn dem so ist.«
»Durchaus! Aber...« Sehnsüchtig blicke ich in die Richtung, in dem ich den Todesberg vermute. »Aus diesem Grund vermisse ich sie auch schrecklich, Paps, Daruk, Yunobo, meine Kumpels... Ich wüsste gerne, wie es ihnen geht. Mipha, ich weiß, dass ihr noch meine Hilfe braucht, aber... Wann denkst du, kann ich nach Hause.«
»Du hast Heimweh... Das verstehe ich!« Verständnisvoll nickt mir Mipha zu. »Leider musst du dich noch etwas gedulden. Alle Wege nach Eldin stehen unter Wasser. Und die Monsterhorden haben sich auch noch nicht hinfortbewegt. Du wirst dich noch etwas gedulden müssen. Es tut mir leid...«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Du kannst nichts dafür. Allerdings macht es mich krank, nicht zu wissen, ob sie alle wohlauf bin.« Frustriert lasse ich den Kopf sinken.
»Loreena...« Überrascht bebt mein Körper kurz auf, als ich Miphas Hand auf meiner Schulter spüre. Aufmunternd leuchten ihre gelben Augen, als sie mich ansieht. »Ich bin mir sicher, dass sich alles zum Guten wenden wird. Mit deiner Hilfe werden wir in der Lage sein, Naydra zu besänftigen. Dann kannst auch wieder nach Hause. Ich glaube ganz fest daran!«
»Danke, Mipha! Aber auch wenn das irgendwann mal vorbei sein wird, ich werde dich und Sidon schrecklich vermissen. Ich mag euch beide sehr gern.«
Tatsächlich spüre ich ein stechendes Ziehen im Bauch, wenn ich daran denke, die Zora-Domäne verlassen zu müssen. Dieser Schmerz verstärkt sich auch noch, wenn ich mir vor Augen führe, meine Zeit nicht mehr mit Sidon verbringen zu können.
»Wir mögen dich auch!« Miphas Augen beginnen plötzlich zu glitzern, als sie mir ihr strahlenstes Lächeln zeigt. »Schön, dass du dich wohl bei uns fühlst.«
Es tut mir gut, zu hören, dass ich gemocht werde.
»Und wie ich das tue!«, lasse ich sie wissen. »Hier bei euch, fühle ich mich wie eine Prinzessin, die an einem Zaubersee lebt.«
Gemeinsam kichern ich und Mipha. Wir genießen noch lange die Gesellschaft des anderen, bis ich irgendwann zu müde werde und wir gemeinsam in die Domäne zurückkehren.
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