4
Shania
Zitternd sitze ich auf meinem Stuhl, während Saki hektisch von der einen in die andere Richtung hetzt. Nervös zupfe ich an meinem flauschig weißen Hochzeitskleid. Während ich einen Blick in den Spiegel wage, beiße ich mir auf die Unterlippe und betrachte meine festliche Gestalt.
Es hat Monate gedauert, bis die Orni-Damen der Schneiderei mein Hochzeitskleid fertiggestellt haben. Alle weiblichen Orni, die im Besitz weißer Federn waren, haben sich darum gerissen, einen Teil zu meinem Brautkleid beizusteuern. Die Schneiderinnen haben sich ja so viel Mühe gegeben. Es ist wunderschön geworden. Mein Traum in Weiß ist bodenlang und besitzt schmale Träger mit Spitze. Das Dekolletee hat einen schmeichelnden, nicht zu übertriebenen Ausschnitt. Zusätzlich ist das Kleid mit Perlen aus dem Orni-See verziert. Schon bei der ersten Anprobe habe ich mich in mein Hochzeitskleid verliebt.
Ob Revali ebenfalls Gefallen an meinem Kleid finden wird? Ist er gerade so nervös, wie ich? Ich bin bereits so aufgeregt, dass mir übel wird. Am liebsten würde ich aufstehen und endlich meinen Recken heiraten. Aus irgendeinem Grund habe ich jedoch das Gefühl, dass ich nicht so schnell fertig sein werde. Saki hat es sich in den Kopf gesetzt, mich perfekt zu gestalten und außerdem ist meine pinkgefiederte Freundin nicht die einzige Brautjungfer, die sich um mein Aussehen sorgt.
»Ist es bei den Orni Sitte, dass die Braut bei der Hochzeit keinen Schmuck trägt?«, fragt sich meine Halbschwester, die hinter mir steht und unschlüssig mein Spiegelbild betrachtet.
»Etwas farbenfrohere Schminke würde dem Mädchen sicher auch guttun«, bemerkt Leyla.
Zu allem Überfluss gibt Urbosa auch noch ihren Senf dazu. »Gibt es denn für die glückliche Braut gar keinen durchsichtigen Schleier um das Gesicht?«
Unter einem genervten Laut dreht sich Saki zu den drei Gerudo-Frauen um und wirft ihnen einen verärgerten Blick zu. »Ihr habt wohl vergessen, dass dies eine Orni-Hochzeit ist. Revali würde in Ohnmacht fallen, wenn ich Shania wie eine Gerudo zurechtmachen würde.«
Entschuldigend blicke ich Tebas Frau durch den Spiegel an, als sie sich mir mit Haarbürste und Spangen nähert.
»Du musst sie schon entschuldigen, Saki!«, bitte ich meine Freundin um Verzeihung. »Das ist ihre erste Orni-Hochzeit... nun ja, meine wohl auch.«
Missmutig hebe ich meinen Blick und sehe in Sakis Spiegelbild.
Als die pinke Orni anfängt, mein offenes Haar bis auf die Strähnen, die Revali mir gestern geflochten hat, zu bürsten, versucht sie, mich zu beruhigen. »Nur ruhig! Es wird alles gut werden. Nachdem du Revali das Jawort gegeben hast, wird die Nervosität verfliegen und du fühlst dich leichter. Glaub mir, mir ist es auch so ergangen.«
»Ja...«, versuche ich mich durch das Gespräch mit meinen Brautjungfern abzulenken. »Deine Hochzeit war bestimmt schön.«
»Oh ja! Es war ein unvergesslicher Tag«, schwärmt Saki augenblicklich, als sie damit anfängt, meine Haare hochzustecken. »Ich werde nie vergessen, wie begehrenswert Teba an diesem Tag aussah in seiner Hochzeitsrüstung.«
»War Revali etwa Tebas Trauzeuge?«, will Urbosa von der Orni wissen.
Saki nickt. »Ja, meine Cousine war meine Trauzeugin und Revali war Tebas Trauzeuge.«
»Nun... Teba ist seinem älteren Bruder deutlich voraus, was die Ehe und Kinder betrifft«, meint Leyla belustigt.
Abrupt versteife ich mich, als ich das Wort „Kinder" vernehme. Genau in diesem Augenblick fängt die kleine Sita auch noch zum Piepsen an.
»Entschuldige mich kurz!« Sofort lässt Saki mein Haar los und wendet sich um.
Durch den Spiegel verfolge ich, wie Tebas Frau zu dem kleinen Orni-Mädchen hinübereilt. Sakis Tochter liegt auf dem gemeinsamen Bett von mir und Revali. Das monatealte Küken ist in einem Bündel aus Kuscheldecken gewickelt, damit sie es schön warm und weich hat. Es berührt mich, als Saki sich nach der Kleinen bückt und ihr beruhigende Worte zuhaucht, während meine Freundin sie vom Bett aufhebt und sachte schaukelt.
Ob ich eines Tages, sowie Saki, eine Mama sein werde? Schon allein der Gedanke daran, mein eigenes Baby in den Armen zu halten, erwärmt mich. Doch leider ist dieser Wunsch in der Vergangenheit immerzu überschattet worden, denn ich und Revali sind uns nicht sicher, ob wir jemals Kinder bekommen können. Der Orni und ich sind jetzt schon seitdem heutigen Tag an, drei Jahre zusammen. Und seitdem hat sich noch nichts ergeben, obwohl ich nicht einmal Bitterkralle zu mir genommen habe, um eine Schwangerschaft zu verhindern. In dem halben Jahr, in dem ich mit Revali verlobt war, habe ich gehofft, dass es vielleicht nun endlich klappen könnte, aber das hat es nicht. Nun scheint für mich, die Hoffnung nach der ersehnten Schwangerschaft, nach und nach stetig zu schwinden. Darüber hinaus hat Revali mir zu verstehen gegeben, dass es sich ebenso vor einer früchtetragenden Vereinigung fürchtet, da ich ihm von einem Hylianer-Orni-Paar erzählt habe, in der die Frau bei der Geburt gestorben ist.
Kraftlos seufze ich und lasse mich auf die Lehne zurückfallen. Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. Erschrocken drehe ich mich um. Es ist Urbosa. Zusprechend schaut mich meine Patentante an.
»Loreena... Mein kleines Mädchen... Mach dir keine Sorgen! Das wird schon. Ich wette mit dir, Revali kann es schon nicht mehr erwarten, dich zu sehen. Wahrscheinlich platzt er gerade bereits vor Ungeduld. Du und Revali, ihr seid füreinander bestimmt«
»Das weiß ich doch«, flüstere ich der Gerudo-Königin zu.
»Na also!« Urbosa tätschelt mir den Oberarm und beugt sich über meine Schulter. »Warum machst du dann so ein Gesicht?«
Einen kurzen Augenblick lang überlege ich, meiner Patentante von meinen Gedanken bezüglich der ausbleibenden Schwangerschaft zu erzählen, doch dann schüttle ich schließlich den Kopf und beschließe, zunächst mein Geheimnis für mich zu behalten.
»Nichts!«, lüge ich. »Ich bin einfach nur aufgeregt.«
»Das sind sie alle«, schaltet sich die Gefährtin meines Bruders ein. »Selbst die härtesten Gerudo-Kriegerinnen verlieren an ihrem schönsten Tag den Kopf. Das ist völlig normal. Aber Saki hat recht. Spätestens wenn du ja gesagt hast, ist alles vergessen.«
»Genau, Schwesterlein! Du schaffst das. Wir sind schließlich bei dir«, baut mich Riju ebenfalls auf.
Bewegt drehe ich mein Gesicht nach den drei Gerudo um. Dankbar lächle ich meine Brautjungfern an. »Ich danke euch!«
Plötzlich grinst Riju schelmisch und greift nach der Bürste. »Kann ich dir jetzt die Haare machen?«
»Was? Nein!« In diesem Augenblick stürmt Saki mit dem kleinen Küken in ihren Flügeln an den Gerudo vorbei und reißt der rothaarigen Prinzessin die Bürste aus der Hand. »Das ist immer noch meine Aufgabe.«
Urbosa lacht, als sie das erstaunte, leicht säuerliche Gesicht ihrer Tochter sieht. Im Anschluss stemmt die Wüstenkönigin ihre Hand an die Hüfte und fragt Saki: »Soll ich dir vielleicht deinen kleinen Schatz abnehmen, damit du der Braut endlich die Haare machen kannst?«
Unsicher wechselt Saki den Blick zwischen Urbosa und ihrer Tochter hin und her. Dabei schaukelt sie Sita unverändert, da die Kleine einfach keine Ruhe geben möchte und ständig weiterpiepst.
»Ich weiß nicht. Sita mag keine Fremden«, meint die rosafarbene Orni unschlüssig.
»Mach dir keine Sorgen!«, beruhigt die Gerudo-Königin meine Freundin. »Ich habe selbst eine Tochter großgezogen. Die paar Minuten wird sich das süße Goldstück sicher bei mir wohlfühlen. Dann besteht für dich auch die Chance, dass du Loreena ohne Unterbrechung fertig machen und du dem Zorn des großen Revali entgehen kannst, wenn seine Braut nicht rechtzeitig fertig wird.«
Saki blickt ein letztes Mal auf ihre Tochter, ehe sie sie widerwillig an Urbosa weiterreicht. »In Ordnung... Aber halte sie ganz vorsichtig.«
»Aber selbstverständlich«, versichert ihr Urbosa. »Ich werde sie wie eine kleine Prinzessin behandeln.« Dann wird ihre Stimme mit einem Mal ganz mütterlich und weich. »Denn das bist du doch, stimmts? Eine richtige Prinzessin!«
Mit einem Mal scharren sich auch die anderen beiden Gerudo um Urbosa und das Küken.
»Wie süß!«, frohlockt Riju strahlend und vergisst dabei ihren Ärger, dass sie mir nicht die Haare frisieren durfte.
Auch Leyla setzt eine entzückte Miene auf. »Ein richtiges Herzblatt!«
Saki hat sich bereits wieder mir zugewandt, als sie die drei Gerudo-Frauen und Sita durch das Spiegelbild betrachtet. Gerade ist der Orni klargeworden, dass ihre Tochter tatsächlich zu piepsen aufgehört hat und sie die rothaarigen Frauen stattdessen interessiert beäugt. So nickt die pinke Orni zufrieden und macht sich erneut daran, mir die Haare hochzustecken.
»Also gut«, wispert Saki mir schließlich zu. »Aber nun sollten wir uns beeilen.«
Eine gute halbe Stunde später erreiche ich mit meinen vier Brautjungfern und der schlafenden Sita, die sich in der Gesellschaft der Gerudo-Frauen offenbar wohlfühlt, das Dorf. Über der Brücke schreite ich zu dem Gerüst des Orni-Dorfes. Mein Blick streift die Statue der Göttin, die den Eingang des Dorfes bewacht. Masuli, der oberste Wächter, hat mich bereits erkannt und marschiert mit einem weiteren Orni-Krieger auf mich zu, um mich mit meinen Brautjungfern zu meinem Ehemann und den Hochzeitsgästen zu bringen. Bevor ich allerdings dazu bereit bin, nehme ich mir die Zeit, der Göttin still zu danken. Meine Augen fixieren die Göttinnenstatue, die mit einem Blumenkranz aus Sonnenblumen geschmückt ist.
»Danke, Hylia! Danke, dass du mich und Revali zusammengeführt hast. Ich werde stets versuchen, dem Recken eine gute Ehefrau zu sein und in allen Zeiten zu ihm zu halten. Ich liebe ihn und nun nur durch dich kann ich mein Leben mit ihm genießen. Also nochmals, vielen, vielen Dank!«
In wenigen Augenblicken werde ich meinen Recken ehelichen. Gerade erst jetzt realisiere ich, was dies bedeutet. Ich werde mein ganzes Leben mit dem liebevollen, dunkelblauen Orni verbringen. Die aufrichtige Vorfreude darauf droht mich zu überwältigen. Wieder meine ich, einen Zitteranfall zu erleiden.
»Seelenbändigerin...«, höre ich plötzlich Masulis Stimme. »Es ist so weit. Die Hochzeitsgäste warten bereits. Bitte folgt mir!«
Erschrocken sehe ich auf. Vor mir steht der oberste Orni-Wächter und ein weiterer Orni. Sie beide sind in eine edle Rüstung eingekleidet. Sanft lächle ich die zwei Vogelmenschen an und nicke ihnen zu.
»Aber natürlich! Danke, Masuli!«, erwidere ich den beiden und folge ihnen mit meinen Brautjungfern.
Während ich über die Treppen zu der Plattform hochsteigen muss, auf der unsere Hochzeitszeremonie standfindet, bin ich dazu gezwungen, mein Kleid ein Stück hochzuheben, damit ich auf dem üppigen Federtüll nicht stolpere. Leyla und Riju helfen mir dabei, sicher über die Treppen zu gelangen. Währenddessen vergewissert Urbosa sich, dass mir auf dem Weg nach oben nichts verrutscht.
Schwer atme ich auf, als ich plötzlich die vielen Gäste auf der Plattform erkenne. Es scheint ja tatsächlich, fast halb Hyrule anwesend zu sein. Abrupt schlottern mir die Knie. Nur noch wenige Stufen sind es bis nach oben, doch plötzlich versagen mir meine Beine den Dienst. Ruckartig bleibe ich auf der Treppe stehen. So viele Leute... Sie sind alle gekommen, um zu sehen, wie ich den obersten Recken eheliche. Warum sind es nur so viele? In diesem Moment habe ich das Gefühl, dass ich Revali unmöglich so vor vielen Zuschauern heiraten kann. Zwar ist dieses Gefühl von kurzer Dauer, doch es hält Furcht in sich. Ja, ich fürchte mich dafür, dass irgendetwas schiefläuft, egal, ob jetzt während der Zeremonie oder in meiner Ehe.
Plötzlich drehen sich die beiden Orni-Wächter, die sich bereits auf der Plattform befinden, um und werfen mir einen irritierten Blick zu. Auch meine Brautjungfern schauen mich ungläubig an.
»Was ist, Loreena? Stimmt etwas nicht?«, fragt mich Urbosa, als sie mein versteinertes Gesicht erblickt.
Nach und nach scheine ich, aus meiner Starre wieder aufzutauen, als mir klar wird, dass Revali dort oben auf mich wartet. Ja, es sind wirklich viele Leute hier, aber das ändert nichts daran, dass ich meinen liebsten Orni heiraten will.
So atme ich noch einmal kräftig durch. Im Anschluss blicke ich nach vorne.
»Ich bin bereit«, flüstere ich und schreite voran, bis ich schließlich die Plattform erreicht habe.
Als ich endlich meinen Bestimmungsort erreicht habe, erhebt Masuli seinen Flügel. Das Zeichen ist der stumme Befehl für Kashiwa. Im nächsten Augenblick vernehme ich die Melodie des Papageis, die den Hochzeitmarsch-Musik der Orni spielt.
Rechts und links von mir stehen etliche Reihen von Hochzeitsgästen, Orni, Hylianer, Gerudo, Shika, Zora und Goronen. In der Mitte ist ein unendlich langer, roter Teppich ausgelegt. Auf diesem Teppich schreitet ein großer, weißbärtiger Gorone auf mich zu. Es ist Daruk, mein Trauzeuge. Seine kullerrunden, blauen Augen schimmern ergriffen, als er mich in meiner weißverhüllten Gestalt erkennt. Schließlich bleibt mein Bruder vor mir stehen. Er legt sein Gesicht schief und nimmt sich Zeit, mich intensiv zu betrachten.
»Boah, Schwester! Mannomann! Mir fehlen die Worte«, schwärmt Daruk hörbar. »Du siehst ja aus, wie eine weiße Wolke, eine hübsche, weiße Wolke.«
Das Kompliment des Goronen zaubert mir ein breites Grinsen auf die Lippen. »Danke, Bruder!«
»Also, Loreena, bist du bereit?« So galant, wie es ihm nur möglich ist, verbeugt sich Daruk vor mir und reicht mir seine Hand.
Die Luft ausstoßend starre ich auf Daruks Hand. Bereit? Bin ich das? Kurz bin ich daran versucht, wieder an die vielen Augenpaare zu denken, die mich alle nun anstarren werden, doch dann sehe ich ihn. Revali steht vor dem Altar. An seiner Seite befindet sich Teba, der Tulin auf dem Flügel trägt. Mein baldiger Ehemann trägt eine festliche grün-blaue Rüstung mit goldenen Schulterplatten. Er sieht so männlich und anmutig aus. Hinzukommen noch seine erhabene Haltung und sein verführerischer Blick. Revalis Erscheinung bringt mich dazu, trotz meiner Nervosität wie hypnotisiert nach Daruks Hand zu greifen und mich zur Musik von ihm zu dem mit Blumen geschmückten Bogen führen zu lassen. Plötzlich habe ich die Menschenmassen völlig ausgeblendet. Fest drücke ich meinen Blumenstrauß an mich und strahle über das ganze Gesicht, während ich mich auf meinen Verlobten zubewege.
Plötzlich fliegen ein paar Orni über mich hinweg. In ihren Krallen halten sie Säcke, die mit wunderschönen weißen Federn gefüllt sind. Ja, im nächsten Moment regnet es Federn... Verzaubert funkeln meine Augen, als ich in den Feder-Reigen eingehüllt werde. Spätestens jetzt fühlt es sich so an, als wäre ich im Paradies angekommen.
Erst als ich die letzten Reihen erreicht habe, erkenne ich meine Freunde, meine Familie, die Prinzessin, die Recken. Mein warmer Blick fixiert jeden nach den anderen. Saki reiht sich mit den anderen Brautjungfern bei den anderen ein, während ich weiter in meiner anmutigsten Gangart auf Revali zuschreite.
Schließlich stehe ich direkt vor meinem Bräutigam. Er sieht so stolz und so glücklich aus. Ich könnte glatt schmelzen.
Daruk bleibt plötzlich mit mir an der Seite stehen und nickt meinem baldigen Ehemann zu. »Im Namen der Goronen übergebe ich dir hiermit meine Schwester. Hier hast du deine Braut! Also pass gut auf sie auf, ja!«
Als ich mich direkt vor dem Orni positioniere, sodass nur noch ein Daumen zwischen uns Platz hat, lächelt mich Revali erweicht an. Er inspiziert jeden einzelnen Zentimeter meines Gesichts mit seinem grünen Blick.
Mein Augenmerk fällt auf Teba, der seinem Bruder als Trauzeuge zur Seite steht und mich glücklich ansieht. Tulin dagegen steht sein kleiner Schnabel sperrangelweit offen, als er mich ansieht.
Als ich wieder zu Revali zurücksehe, erkenne ich ihn belustigt schmunzeln. »Du hast mich warten lassen!«
Entschuldigend zucke ich mit den Achseln und versuche mich an einem charmanten Blick, damit er mir verzeiht. »Tut mir leid... Saki wollte das ich perfekt aussehe.«
»Nun, das ist ihr auch gelungen. Schön siehst du aus!« Der Blick, den er mir zuwirft, macht meine Kniee ganz weich.
Als Gegenzug mustere ich meinen delikaten Bräutigam von oben bis unten. »Du bist aber auch nicht zu verachten.«
»Schön, dass du es endlich geschafft hast, Shania! Dein zukünftiger Ehemann hätte sich fast vor den vielen Hochzeitsgästen gemausert«, vernehme ich Teba plötzlich lachen.
Während Revali den silbergrauen Orni mit einem abfälligen Blick straft, muss ich kichern. Der Recke war noch nie der Geduldigste, aber es ist schön zu hören, dass nicht nur ich nervös bin.
Kaneli, der nun hinter dem reichhaltigen Bogen aus Blumen das dicke Buch auf den Altar legt und es aufschlägt, räuspert sich. Die Menge wird still. Die Musik verstummt. Als der Häuptling zu sprechen beginnt, hebt Revali stolz seinen Schnabel. Unsere Blicke treffen sich. Während der Eulen-Orni seine zeremonielle Rede vorträgt, versinke ich in Revalis grüne, bodenlose Augen, in die ich mich so unsterblich verliebt habe.
»Liebes Volk, sehr verehrte Gäste! Wir haben uns heute versammelt um Zeuge einer besonderen Vereinigung zu sein, einer Vereinigung zwischen unserem Recken Revali und der Seelenbändigerin Shania Loreena. Wir sehen diesem Anlass mit strahlenden Augen entgegen, denn dieses Ereignis ist das Ende eines finsteren Krieges und der Beginn einer goldenen Ära.«
Kaneli blättert um und liest die nächste Seite vor.
»Es gleicht stets einem Wunder, wenn zwei Seelen zueinander finden und mit vereinten Kräften etwas Gutes erschaffen, ein Zuhause, ein Leben, eine Ewigkeit. Mit Hylias Segen und durch die Kraft des mir verliehen Amtes werde ich diese beiden Seelen zusammenführen, wie der Wind die Getreidekörner des Lebens zu Erde bringt. Und selbst wenn ihr einmal getrennt sein mögt, so findet durch den Atem des Windes wieder zusammen. Seid eins unter Hylias Sonne, gebt euch Kraft und Halt, versprecht einander mit all eurem sein und hält zueinander in Reichtum, sowie in Armut, in Gesundheit, sowie in Krankheit, in guten, sowie in schlechten Tagen. Nun gelobt eure Liebe vor den Zeugen der Göttin!«
Es überrascht mich, als Revali plötzlich vortritt und meine Hand ergreift. »Darf ich zuerst?«
Einerseits kommt es mir sehr willkommen, dass mein Recke den Anfang machen möchte. So erteile ich ihm stumm meine Erlaubnis. Mein liebster Orni lässt keine weitere Zeit verstreichen. Abrupt gibt er seinen Bruder ein Zeichen. Daraufhin tritt der silbergraue Adler vor. In den Flügeln hält er eine Schatulle. Er öffnet sie und enthüllt somit die Sicht auf meine Ehe-Reife. Als Teba sie öffnet, schenkt er mir einen stolzen Blick. Da der Bräutigam sich ganz um die Aufgabe kümmert, die Fußringe, beziehungsweise die Ehe-Reife, zu besorgen, sehe ich die Symbole meiner Ehe heute zum ersten Mal. Sie sind grün, wie das Steinchen meines Verlobungsringes, und besitzen eine typische Verzierung der Orni. Auf der Unterseite des Saumes ist unser Hochzeitsdatum verzeichnet und unsere Namen. Meine Augen leuchten fasziniert.
Meine Augen verfolgen jede Bewegung seiner Flügel, als Revali nach einem Reif greift. Gebannt sehe ich den obersten Recken an.
Der dunkelblaue Orni schaut mir in die Augen, als er den Schnabel öffnet und den Eheschwur leistet. »Shania, ich wurde auserwählt, um dich zu beschützen und dich vor Gefahren zu bewahren. Aber dein Beschützer zu sein, reichte mir nicht. Ich wollte deine Liebe, eine Liebe, die nur mir gehören sollte. Es war Hylias Wille, dass ich deine Liebe verdient und erhalten habe. Sie hat uns auserkoren, gemeinsam das Böse zu vertreiben und das Land zu retten. Für viele bist du ein Leitstern, eine Offenbarung, ein Bote Hylias. Doch für mich bist du eine Auserwählte, meine Auserwählte. Deshalb, aus diesem Grund schwöre ich dir, dass ich nie von deiner Seite weichen, dich mit meinen Leben beschützen und stets für dich sorgen werde. Ich werde dich lieben und ehren, bis der Tod uns scheidet!«
Gerührt kämpfe ich gegen die Tränen an, als Revali meine Handgelenke in die Flügel nimmt und mir einen Ehe-Reif nach dem anderen ansteckt. Es gibt so viele schöne Worte, die Revali zu mir gesagt hatte, aber dieser Eheschwur, diese wunderbaren Sätze, sie bedeuten mir einfach alles.
Als der Orni damit fertig ist, mir die Reife anzulegen, streift er mit einer liebevollen Bewegung meine Handgelenke. Überglücklich hebe ich leicht meine Hände, um meine grünen Armschienen besser betrachten zu können. Als ich schließlich zu meinem Liebsten zurückblicke, kann ich etwas in seinen Augen spiegeln sehen. Es ist unsere Liebe. Ich sehe vor mir, wie wir uns damals in der Höhle verliebt und uns Tage später in den verschneiten Bergen Hebras geküsst haben. Seither haben wir miteinander gelacht, geweint, geneckt, gestritten, verloren und gesiegt.
In diesem Moment spüre ich Daruks Arm meine Haut streifen, als er mit einem großen Holzkästchen an mich herantritt. Ich versuche immer noch, meine Tränen zurückzuhalten, als ich beobachte, wie der Gorone die Box öffnet. Revalis Fußringe kommen zum Vorschein. Im Gegensatz zu meinen Ehe-Reifen sind sie eher schlicht, ohne jegliche Art von schmückender Gravur, einzig und allein unser Datum und unser Name ist in dem Metall versehen.
Entschuldigend grinst mich mein Bruder an, als er bemerkt, dass ich nicht an die Box herankomme und bückt sich etwas herunter. Nun nehme ich den ersten Ring in die Hand und wende mich meinem Ehegatten zu. Ich schlucke hart, als ich dem stolzen Orni in die Augen sehe. Revali hat sein Ehegelübde ganz ohne ein einziges Stottern aufgesagt. Ob ich das wohl auch schaffen werde? Wahrscheinlich nicht, aber ich werde es schon irgendwie über die Bühne bringen. Obwohl ich schon wieder schrecklich nervös werde.
»Revali, viele kennen dich als den stolzen Recken, den furchtlosen Krieger oder den aufgeblasenen Orni, der keinen Kampf aus dem Weg geht und sich nicht davor scheut, mit seinen Fähigkeiten zu prahlen.« Als ich mir einen Moment lang eine kleine Verschnaufpause gönne, höre ich die Hochzeitsgäste aufgrund meines Kommentars über den aufgeblaseneren Orni lachen. Ich nutze die kurze Unterbrechung, um wieder zu Atem zu kommen, dann fahre ich fort. »Aber... Du bist so viel mehr. Ich kenne dein wahres Ich und ich danke dir dafür, dass du es mir gezeigt und du mich in dich reingelassen hast. Du hast mir so viel geschenkt, meine Erinnerung, mein Licht und zu guter Letzt bedingungslose Liebe. Glaub mir, wenn ich dir sage, dass ich immer bei dir sein und stets mit all meiner Macht über dich wachen werde. Ich werde dich lieben und ehren, bis der Tod uns scheidet!«
Gespannt starre ich in Revalis Augen. Ich erkenne ein Lächeln und einen gerührten Blick. Mein liebster Orni steht einfach nur da, sieht mich unentwegt an, unfähig sich zu rühren oder irgendetwas zu sagen. Schließlich beuge ich mich langsam herunter, um Revali den ersten Fußring anzubringen. Mit einer Handbewegung öffne ich den Ring und umschließe ihn um seinen Fuß. Als ich jedoch nach den nächsten greifen möchte, lässt Daruk die Box fast fallen. Verlegen kratzt sich mein Bruder am Hinterkopf. Nun nehme ich den zweiten Ring an mich. Als ich meinem Bräutigam den nächsten Fußring ausstecke, schaue ich ihm in die Augen und werfe ihm einen strahlenden Blick zu.
Im Anschluss erhebe ich mich wieder. Revali ergreift meine Hände und hält sie ganz fest. Beide sehen wir dem großen Finale unserer Hochzeitszeremonie entgegen.
»Revali, du darfst die Braut jetzt schnäbeln!«, höre ich, wie Kaneli endlich meinem Recken den feierlichen Befehl erteilt.
Zufrieden tritt der dunkelblaue Orni an mich heran und schlingt seine Flügel um mich. »Ah... Nichts lieber als das!«
Es scheint eine halbe Ewigkeit zu vergehen, während er seinen Schnabel ganz nah auf mich zubewegt. Meine Lippen versuchen seiner Schnabelspitze entgegenzukommen, doch trotzdem geht die Zeit nicht schneller voran.
Ich kann immer noch nicht glauben, dass wir nun tatsächlich heiraten, nach all dem, was wir zusammen erlebt haben. Ganon wollte unsere Liebe mit aller Macht vernichten. Fast wäre es ihm auch gelungen. Doch unsere Zuneigung zueinander war stärker. Nun ist der Dämon fort, Hyrule ist frei. Revali und ich können ein unbeschwertes Leben genießen.
In diesem Moment spüre ich Revalis Schnabel auf meinem Mund. Ich kann es fühlen, wie mein Recke mich noch enger an sich drückt. Ohne zu zögern, erwidere ich diesen leidenschaftlichen Kuss, der für mich alles bedeutet. Meine Finger berühren Revalis Gesicht, als ich ihm noch näher entgegenkomme. Wir lassen uns ewig Zeit, genießen das Finale unserer Zuneigung in vollen Zügen.
»So erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau!« Kanelis Schlussworte hallen nur schwach durch den Lärm der tosenden Menge.
Irgendwann löst der Orni doch seinen Schnabel von mir. Er sieht mir tief in die Augen, reibt seine Schnabelspitze ein letztes Mal an meiner Nase.
Seine leuchtend grünen Augen bannen mich so sehr, dass ich alles um mich herum vergesse. Ich habe Revali gerade geheiratet, ich habe es tatsächlich getan. Mein Herz hämmert, wie verrückt.
Plötzlich deutet mein frischgebackener Ehemann mit dem Schnabel hinter mich. Langsam drehe ich mich um. Hinter mir haben sich einige Orni-Damen aufgestellt. Zunächst schaue ich noch fragend drein, doch als Revalis Blick auf meinen Blumenstrauß fällt, beginne ich, zu verstehen. Nach Hylianer-Tradition muss ich den Hochzeitsstrauß nun werfen. Na gut... Mal sehen, wer die nächste glückliche Braut wird.
Ich sehe Revali grinsend in die Augen, als ich meinen Brautstrauß über die Schultern werfe. Im nächsten Moment höre ich die Orni-Frauen hysterisch kreischen. Als ich jedoch mein Gesicht von meinem Gatten abwende, um zu sehen, wer die Blumen gefangen hat, erkenne ich, dass er sich in Leylas Händen befindet. Verdutzt beäugt die Gerudo den Blumenstrauß in ihren Armen. Offensichtlich stand die Gerudo-Heilerin zufälliger Weise daneben und hat ihn nur versehentlich gefangen. Revali entkommt ein amüsiertes Lachen, als er in Daruks betretenes Gesicht starrt, der offenbar ein wenig Ahnung von den Traditionen der Hylianer hat. Doch Leylas Gesichtsausdruck zu Urteil wirkt auch sie ziemlich überrumpelt. Meine Wenigkeit schmunzelt jedoch nur, denn mir würde der Gedanke durchaus gefallen, demnächst Daruks Hochzeit beizuwohnen.
Händchenhaltend wenden wir uns der jubelnden Menge zu. Revali lässt meine Hand nicht los, als er mich durch die Reihen der Hochzeitsgäste führt und mich vom Altar wegbringt. Der Stoff des Kleids berührt meine weißen Stiefelletten, als ich mit meinem frischverheirateten Ehemann über den roten Teppich schreite. Gemeinsam mache ich mich mit meinem liebsten Orni auf dem Weg zu dem großen Tisch, der extra für uns aufgestellt wurde. Erst als wir beide Platz genommen haben, lässt das Klopfen meines Herzens nach.
Verzweifelt versuche ich es mir, auf dem Stuhl in meinem bauschigen Hochzeitskleid bequem zu machen. Erst als ich meinen plüschigen Rock angehoben habe, gelingt es mir, eine einigermaßen bequeme Position zu finden. Mein Augenmerk ist auf unsere Gäste gerichtet. Zuerst werden die Prinzessin, die Recken und unsere Familie uns beglückwünschen. Nun bemerke ich, dass Urbosa tatsächlich recht behalten sollte. Meine Nervosität ist verflogen.
Genau in diesem Augenblick spüre ich Revalis Flügel auf meinem Knie. Mit sofortiger Wirkung blicke ich in die heilvollen Smaragde meines Recken, die vor Stolz und Erfüllung schimmern.
»Und wie fühlt man sich als Ehefrau des obersten Recken?« Ein breites Grinsen ist auf seinem Schnabel zu sehen, als er mir diese Frage stellt.
Mit überglücklichem Gesichtsausdruck berühre ich die Schwinge des Orni, die nach wie vor auf meinem Knie ruht.
»Nun fühle ich mich komplett«, antworte ich meinem Ehemann mit einem strahlenden Lächeln.
»Ja«, raunt mir Revali mit hocherhobenem Schnabel zu. »Von nun an gehörst du ganz mir und keiner wird dich mir je wieder wegnehmen können.«
Mein Gemahl und ich tauschen einander verliebte Blicke aus, als ich aus den Augenwinkeln heraus bemerke, dass sich nach und nach die Hochzeitsmenge auflöst, um uns an dem Tisch unsere Geschenke zu überreichen. Mir ist jetzt schon klar, dass dies bestimmt ewig lange dauern wird.
Prinzessin Zelda tritt zuerst an den Tisch. Dahinter reiht sich bereits meine leibliche Familie ein. Sofort erhebe ich meinen Blick von Revali, als ich die Königstochter erblicke. Ihr goldenes Haar strahlt mit der Sonne um die Wette und ihre glitzernden, grünen Augen zeugen von ihrer königlichen Erscheinung.
»Shania... Revali...«, höre ich Zeldas Stimme. »Im Namen der Königsfamilie von Hyrule wünsche ich euch alles Gute auf eurem zukünftigen Weg. Möge Hylia stets über euch wachen und euer Handeln stets von Glück gesegnet sein.«
»Danke, Prinzessin!«, bedankt sich Revali bei der Adeligen und verbeugt sich im Sitzen.
»Ihr beide habt so wie alle Recken Unvorstellbares für Hyrule geleistet. Dank euren Mühen ist unser Reich erneut ein sicherer Ort. Also, bitte, lasst mich euch dieses Geschenk im Zeichen ganz Hyrules überreichen.«
Auf Zeldas Befehl hin schleppen plötzlich zwei Soldaten eine gewaltige Schatztruhe heran. Die Prinzessin steht präsentierend daneben, als die gerüsteten Hylianer die Truhe öffnen. Überrascht zucke ich zusammen, als ein Schatz zum Vorschein kommt. Unschätzbar teure Kostbarkeiten, wie königlicher Schmuck, Rubine in all möglichen Farben und edle Waffen geschmiedet aus dem Schmiedeofen des Königshauses sind Bestandteil unseres Geschenks. Selbst Revali beugt sich ein wenig vor, um die edlen Stücke besser bestaunen zu können.
»Wow!«, staune ich laut über Zeldas Gabe. »Das ist ziemlich viel.« Doch dann räuspere ich mich, da ich der Meinung bin, dass sich meine Bemerkung vielleicht nicht geziemt. »Ich meine, vielen Dank, Prinzessin Zelda! Sehr großzügig!«
Zelda überrascht mich, als sie plötzlich ihr Gesicht verlegen von uns abwendet. »Ich hoffe, der Inhalt der Truhe wird euch von Nutzen sein.«
»Aber natürlich«, antwortet ihr Revali augenblicklich. »Euer Geschenk wird uns durchaus bereichern.« Im Anschluss deutet der Recke mit dem Flügel auf einem Platz neben dem Tisch. »Wenn ihr die Truhe bitte dort drüben abstellen würdet.«
Ohne Widerworte schließen die Soldaten den Deckel wieder und stellen die schwere Schatztruhe neben dem Tisch ab. Gerade frage ich mich, wie die Soldaten die Truhe den ganzen Weg von Schloss Hyrule ins Orni-Dorf transportiert haben. Bestimmt war dies kein leichtes Unterfangen.
Im Anschluss kommen Link, Paya und meine Großmutter zu uns an den Tisch. Mein Cousin und meine Cousine stehen jeweils links und rechts von Oma Impa, die mir einen äußerst stolzen Blick zuwirft.
»Meine kleine Loreena«, beginnt die weise, alte Shika-Frau. »Herzlichen Glückwünsch zu deiner Vermählung!«
Als meine Großmutter die Arme öffnet, wird mir klar, dass ich mich mit meinem üppigen Hochzeitskleid erneut erheben muss und dass dies bestimmt nicht das letzte Mal an diesem Vormittag sein wird. Nacheinander umarme ich Impa, Link und Paya über dem Tisch. Anschließend nickt Impa ihrer Enkelin zu, woraufhin meine Cousine ein verhülltes Irgendwas zum Vorschein bringt. Als Link das Tuch herunterzieht, erkenne ich eine seltsame Gerätschaft. Es sieht aus, wie ein kleiner, weißer Roboter. Etwa ein antiker Wächter?
»Dieser kleiner Wächter ist ein Fundstück unserer Urahnen. Er hat lange über unsere Familie gewacht, nun sollst du ihn haben. Er ist einer der vielen inaktiven Wächter, die sich schlafengelegen haben. Doch vielleicht, eines Tages, wird er wiedererwachen, wenn er gebraucht wird, sowie die Titanen«, erklärt mir meine Großmutter und überreicht mir den putzigen, kleinen Roboter. Während ich ihn betrachte, fügt Impa noch hinzu. »Er hört auf den Namen Terako.«
»Terako...«, murmle ich und nehme den kleinen Kerl noch näher in Augenschein.
Schon merkwürdig, irgendwie kommt der Name mir bekannt vor.
Doch dieser Gedanke verflüchtigt sich schnell. Sofort spüre ich Revalis weiche Federn auf meiner Haut, als der Orni sich neugierig zu dem Wächter herüberbeugt.
»Und in wie fern soll der Kleine nützlich sein?«, fragt sich der Orni mit abwertendem Ton. »Versteht mich nicht falsch, aber mit Medoh kann er nicht gerade mithalten.«
Unbeeindruckt starrt meine Großmutter meinen Ehegatten an. »Das liegt daran, dass Terako ein Wächter und kein Titan ist. Aber glaub mir, wenn die Zeit kommen mag, wirst du schon erfahren, welche Fähigkeiten hinter seiner unscheinbaren Fassade verborgen liegen.«
Die Skepsis hinter Revalis Blick schwindet nicht, als er den Wächter erneut mustert. »Nun ja... Wenn du es sagst.«
Stöhnend verdrehe ich die Augen über den halbherzigen Kommentar des Orni. »Danke, Großmutter! Ich verspreche dir, dass ich gut auf den kleinen Kerl aufpassen werde. Euch will ich auch danken, Link, Paya!«
Nachdem mein Cousin und meine Cousine mir nochmals persönlich alles Gute gewünscht haben, ist auch schon Teba mit seiner ganzen Familie an der Reihe. Revalis Bruder hat seinen Flügel um seine Frau geschlungen, die die kleine Sita in den Schwingen hält. Tulin befindet sich am Boden und hüpft aufgeregt auf und ab.
»Alles Gute zur Hochzeit!«, schreit Tebas Sohn zu uns herauf.
»Danke, mein Kleiner!«, erwidere ich dem süßen Orni-Jungen gerührt.
»Der heutige Tag, an dem du doch tatsächlich die Landebahn der Ehe erreicht hast, wird uns allen stets in Erinnerung bleiben, Revali!« Teba hebt leicht seinen Kopf und lächelt seinen Bruder belustigt an.
Revali verschränkt seine Flügel und wirft dem silbergrauen Orni einen amüsierten Blick zu. »Nun werde nicht gleich nicht übermütig, nur weil du einen kleinen Vorsprung hattest.«
Lachend wendet sich Teba mir zu. »Passt gut auf den aufgeplusterten Gockel auf und lass dir von ihm bloß nicht auf der Nase herumtanzen. Etwas eheliche Erziehung würde ihm sicher guttun.«
Als ich sehe, wie Revali leicht beleidigt den Schnabel verzieht, muss ich kichern.
»Nun wollen wir allerdings euch etwas geben. Aber es ist nicht nur von uns, sondern vom gesamten Dorf«, erklärt uns Saki.
»Vom gesamten Dorf?«, rufe ich verwundert.
Auch Revali, der davon offenbar nichts geahnt an, schaut ungläubig aus dem Gefieder.
»Ja...«, meint Teba verschwörerisch und beginnt, etwas aus seiner Tasche hervorzubringen. »Wir alle haben daran gearbeitet.«
»Wir haben lange darüber nachgedacht, was wir euch schenken können und schließlich sind wir alle bei einer Versammlung zu dem Entschluss gekommen, dass es da etwas gibt, dass Shania nicht hat.«
»Und zwar Flügel!«, schreit Tulin ganz aufgeregt und breitet seinen winzigen Schwingen aus.
»Flügel?« Ungläubig blinzle ich Revali an, der mir einen genauso ahnungslosen Blick schenkt.
Kritisch hebt der dunkelblaue Orni seine gelben Augenbrauen. »Ihr habt extra wegen unserem Geschenk eine Versammlung einberufen?«
»Ganz recht!« Tebas gelbe Augen funkeln uns geheimnisvoll an, als er soweit ist, unser Hochzeitsgeschenk zu enthüllen. »Und wie ihr seht, sind wir zu einem Ergebnis gekommen.«
»Tadaa!«, präsentiert Tulin im Singsang, als sein Vater ein großes Tuch aus der Tasche hervorzieht.
Verwundert beäugen ich und Revali den merkwürdigen Gegenstand.
»Verzeihst du mir die Frage, wenn ich gerne wissen möchte, was du da genau in deinen Flügeln hältst?«, bemerkt Tebas Bruder, als er auch nach einer Weile nicht daraufgekommen ist, was das sein soll.
»Das ist ein Parasegel«, offenbart Teba voller Stolz. »Es soll Shania ermöglichen, sowie du in der Luft zu gleiten, damit du nun nicht mehr allein am Himmel herumflattern musst.«
Überrascht zucke ich zusammen. Mit sofortiger Wirkung hat Teba mein Interesse geweckt.
»Ich kann damit fliegen?« Verwirrt schüttle ich den Kopf. »Aber wie soll das gehen?«
»Das ist ganz einfach«, versichert mir Revalis Bruder. »Du musst dich einfach nur festhalten und dich tragen lassen.«
Meine Augen leuchten begeistert, als Teba mir das Parasegel überreicht.
»Wow! Das ist...« Mir fehlen ehrlich die Worte, deshalb sage einfach nur: »Danke, Teba! Danke, Saki! Danke, Tulin! Danke an das ganze Dorf!«
»Gern geschehen!«, entgegnet mir Teba zufrieden.
Als Tebas Familie Platz für die Nächsten macht, wende ich mich an Revali und strahle ihn mit meinen funkelnden Augen an. »Stell dir vor! Nun kann ich tatsächlich fliegen... mit dir... am Himmel. Kannst du dir das vorstellen?«
Vergnügt lehnt sich mein Mann auf seinen Stuhl zurück. »Wie verlockend dieser luftige Lappen für dich auch sein mag, mit meinen atemberaubenden Flügeln, die dich überall hinbringen können, kann er nicht mithalten.«
»Wer weiß, vielleicht will ich ja dann gar nicht mehr mit dir mitfliegen«, gebe ich ihm kess zurück.
»Tse! Das wollen wir ja sehen.«
Bevor ich meinen Recken etwas erwidern kann, sind auch schon Urbosa und Riju an den Tisch getreten. Als ich höre, wie sich einer der beiden räuspert, richte ich meine Aufmerksamkeit augenblicklich wieder auf die Hochzeitsgäste.
»Na? Habt ihr beiden Spaß?«, fragt uns Urbosa mit einem belustigten Ton.
»Ja, hatten wir! Solange, bis du aufgetaucht bist«, scherzt Revali.
»Wie ich sehe, bist du selbst am Tag deiner Hochzeit immer noch der gleiche, unverbesserliche Aasgeier«, kontert die Gerudo.
Revali lächelt einfach nur und lässt ein „Hm!" ertönen.
»Also, liebe Schwester... Revali...« Riju blickt von mir zu meinem Gemahl. »Lasst euch im Namen aller Gerudo unsere Glückwünsche zur Vermählung übermitteln. Bitte nehmt dieses Geschenk als Zeichen unserer Verbundenheit an!«
Mir bleibt die Luft weg, als plötzlich einige Gerudo-Kriegerinnen hinter der Königin und der Prinzessin auftauchen. Eine nach der anderen lädt einiges an Kostbarkeiten auf unserem Tisch ab. Meine Pupillen werden immer größer, denn der Strom an Geschenken will kein Ende nehmen. Schon bald ist der Tisch mit funkelndem Gerudo-Schmuck, seidenen Kleidern, exotischen Spezialitäten und duftenden Bade-Ölen beladen.
Ich höre Revali ächzen, als er den ausgiebigen Geschenkehaufen der Gerudo betrachtet. »Danke dafür, vor allem für die Frostmelonen!« Der Blick des Orni verharrt auf den Berg gestreifter Früchte, die hier im kühlen Norden Hyrules eine Seltenheit sind. »Aber über weniger hätten wir uns auch gefreut.«
»Jetzt fang nicht schon wieder zu meckern an! Man heiratet nur einmal im Leben«, antwortet ihm Urbosa keck.
Prompt schüttelt Revali den Kopf über Urbosas Großzügigkeit. »Wir werden allein für deine Geschenke eine eigene Hütte brauchen.«
Riju kichert ausgelassen, als die Kriegerinnen das letzte Geschenk heranbringen. Sie stellen es auf unserem Tisch ab und gehen wieder. Dieses Mal handelt es sich um ein großes, geheimnisvolles Kästchen.
»Das ist von mir und Mutter. Wir haben es persönlich zusammengestellt«, merkt meine Halbschwester an und schürt meine Neugier.
Als ich jedoch nach den Verschlüssen der Kiste greife, legt Urbosa ihre Hand auf die glatte Oberfläche und bedenkt mich mit einem betretenen Blick.
»Ihr beide solltet es allerdings erst öffnen, wenn ihr allein seid.« Als ich meine Patentante nur verwirrt anstarre, fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu: »Ich bin mir sicher, ihr zwei werdet viel Spaß daran haben.«
Als mein Augenmerk erneut die Kiste trifft, spüre ich, wie ich rot anlaufe. Irgendetwas sagt mir, dass Urbosas und Rijus Geschenk nur etwas für Erwachsene ist. Allerdings macht mich diese Tatsache auch mächtig neugierig. Ob sich in der Kiste Liebesmemoiren verbergen oder haben die beiden Gerudo da ganz andere Dinge da drinnen versteckt?
Bevor ich nicht doch noch einen verstohlenen Blick hineinwerfen kann, nimmt Revali das Kästchen an sich und stellt es an auf die Seite. »Nochmals vielen Dank euch beiden«, wiederholt mein Ehemann mit einem missbilligenden Ton.
Erheitert lacht Urbosa auf. »Wenn du danke sagst, klingt das so, wie fall um und stirb.«
Nachdem der Orni und die Gerudo-Königin ihr Geplänkel beendet haben, treten Daruk, Leyla, Yunobo und Sidon uns gegenüber. Alle vier beglückwünschen uns lauthals. Im Anschluss macht mein Bruder ein paar Anmerkungen zu dem vollen Tisch, der sich bereits unter der Last der Gerudo-Geschenke biegt. Danach entschuldigt sich der Gorone noch einmal, dass Paps nicht kommen kann, denn für meinen alten Zieh-Vater ist die Reise von Goronia nach Tabanta zu beschwerlich. Doch ich sage, dass ich es verkraften kann, denn Revali und ich werden in zwei Wochen nochmal auf goronische Art heiraten und da wird Paps mich sogar zum Altar führen.
Es überrascht mich, dass Sidon mit Daruk, Yunobo und Leyla gemeinsam ein Geschenk besorgt hat. Während mein ehemaliger Verlobter „die kleine Aufmerksamkeit", wie er es nennt, ankündigt, beobachte ich dabei immerzu Revalis Reaktion. Überraschender Weise wirkt mein Liebster sogar recht gelassen. Er sitzt einfach nur da und hört zu, ohne eine abfällige Miene aufzusetzen oder einen verächtlichen Spruch zu bringen.
»Tadaa!«, ruft Sidon, der das Geschenk gemeinsam mit Daruk enthüllt, während Leyla und Yunobo hinter ihnen stehen. »Was sagt ihr dazu?«
»Ein Zora-Bogen?«, mit erhobenen Augenbrauen betrachtet Revali skeptisch die merkwürdige Waffe.
»Oh, das ist kein gewöhnlicher Bogen!«, fügt der Zora-Prinz hinzu und weicht ein Stück zurück, um Daruk Platz zu machen.
Erschrocken zucke ich zusammen, als der Gorone breitgrinsend irgendeinen Mechanismus in Gang bringt und der Bogen sich in ein Schwert transformiert, das nun aussieht, wie eine handliche Version eines Felsenspalters.
»Große Hylia!«, staune ich lauthals und beuge mich auf dem Tisch vor. »Wie habt ihr das denn hinbekommen?«
»Teamwork!« Sidons perlweiße Reißzähne glitzern in der Sommersonne Tabantas, als er sich in eine heldenhafte Pose schmeißt und breit grinst.
Kumpelhaft schlägt Daruk dem großen, roten Zora die Hand aufs Genick. »Richtig! Wir haben beide die Materialien zusammengesucht und unsere besten Schmiede zusammengebracht. Jetzt könnt ihr euch eine Waffe teilen. Wenn Revali sie hat, kann er den Bogen benutzen...«
»...und wenn du sie hast, Loreena, kannst du mit dem Schwert kämpfen«, vervollständigt Sidon den Satz meines Bruders.
»Ihr hättet die beiden sehen sollen«, schaltet sich Leyla plötzlich dazwischen. »Jungs und ihre Spielzeuge! Wochenlang hat nichts anderes mehr existiert.«
Schmunzelnd dreht sich Daruk zu seinem Liebeskiesel um und streift mit dem Daumen über ihr Gesicht. »Hab dich nicht so, kleiner Silberling! Jetzt habe ich wieder genügend Zeit für dich!«
Mir entgeht nicht, dass Yunobo peinlich berührt das Gesicht abwendet, als sein Vater und seine neue Gefährtin sich heiße Blicke zuwerfen. Für meinen Neffen ist es noch relativ fremd, Daruk mit einer neuen Frau zu sehen. Aber der halbwüchsige Gorone versteht sich gut mit der Gerudo-Heilerin, die bereits zu Daruk nach Goronia gezogen und dort zur Schamanin ernannt wurde.
Die Farmerfamilie, die mich bei sich aufgenommen hat, ist ebenso vollzählig erschienen und schenkt uns eine Flasche voll Lavendelöl, auf das ich so stehe. Im Anschluss sind Robelo und Purah an der Reihe, die ich zu Revalis Leidwesen ebenso eingeladen habe. Die beiden Wissenschaftler, die dank mir in Kakariko einkehren durften, um an Projekten zu forschen, überreichen Revali einen antiken Bogen, sowie einen Satz antiker Pfeile. Zufrieden nickend nimmt mein Mann die Waffe an sich.
Wie erwartet, überhäufen uns die Hochzeitsgäste regelrecht mit Geschenken und schon bald haben wir Schwierigkeiten, uns hinter dem Tisch zu bewegen. Obwohl Teba uns bereits im Namen aller Orni beschenkt hat, kommen immer noch reichlich Vogelmenschen, um uns zu gratulieren und die ein oder andere Kleinigkeit zu überreichen, darunter auch Hertis und seine Tochter Molly. Sogar Kashiwa, seine Frau und seine fünf Töchter haben ein Geschenk für uns, ein selbstgeschriebenes Lied. Gebannt lausche ich den Klängen zu unserer Ballade, ein Liebeslied, dass der Papagei uns allein gewidmet hat. Als seine Melodie und der betörende Gesang seiner Frau und seiner Kinder endet, habe ich Tränen in den Augen. Als dann auch noch eine Gruppe Orni-Kinder vor unserem Tisch auftaucht und uns selbstgemachte Geschenke überreicht, bin ich hin und weg. Kaneli, der Häuptling, lässt es sich ebenfalls nicht nehmen, uns unseren Segen zu erteilen und uns etwas zu geben.
Irgendwann, da ist es schon längst Nachmittag, ist die Beschenkung endlich vorbei.
»Um unsere Geschenke nach Hause zu bringen, wird allerdings das ganze Dorf zusammenhelfen müssen. Außerdem frage ich mich, wie wir das alles nur in unserer Hütte unterkriegen sollen? Ich glaube, du wirst wohl oder übel noch einen Anbau dranbauen müssen«, bemerke ich kopfschüttelnd, als ich mich mit Revalis Hilfe von meinem Platz erhebe.
»Uns wird schon etwas einfallen. Vermutlich werde ich das meiste davon zu Medoh verfrachten lassen«, erwidert mir mein Recke mit einem Achselzucken. »Aber jetzt...« Verwundert starre ich meinen Gatten an, als er plötzlich stürmisch seinen Flügel um mich schlingt und mir eindringlich in die Augen sieht. »Jetzt werden wir beide uns amüsieren. Bist du bereit? Für unseren Hochzeitsflug?«
Liebevoll himmle ich meinen Recken an und träume bereits von unserem traumhaften Tanz. Was unseren Hochzeitsflug betrifft, den haben wir monatelang geübt. Da ich nicht fliegen kann, ist dies für uns eine besondere Herausforderung. Aber ich bin sicher, dass wir beide das schon hinbekommen werden, schließlich habe ich mich in den Proben auch nicht so dumm angestellt.
»Ja!« Eilig nicke ich ihm zu. »Ich bin bereit, ich brenne sogar schon richtig darauf.«
»Dann sollten wir die Feier eröffnen!«, meint der Recke und fordert mich mit einem Schnabelwink auf, mich bei ihm unterzuhaken.
Ohne zu zögern, folge ich seinem Befehl und lasse mich von meinem liebsten Orni über den Teppich zur Tanzfläche führen, die eine Plattform weiter oben liegt.
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