17
Shania
Mit dem Paragleiter in der Hand schleiche ich in kleinen, vorsichtigen Schritten über die felsige Klippe. Argwöhnisch spähe ich über den Rand. Weit unter mir befindet sich ein Meer aus Bäumen. Erst jetzt, wo ich hier so stehe, wird mir klar, wie hoch oben wir sind. Verunsichert schlucke ich.
»Bist du dir sicher, dass du es immer noch ausprobieren willst?«
Ruckartig blicke ich hinter mich. Nicht weit von mir entfernt steht Revali. Er stemmt den Flügel gegen seine Hüfte und wirft mir einen amüsierten Blick zu.
»Ja, will ich!«, antworte ich ihm halb so entschlossen, wie gewollt. »A-aber du fängst mich doch, wenn ich f-falle, oder?«
Revali schmunzelt breit, als er mit hinter den Rücken verschränkten Flügen von mir zur offenen Landschaft hinausschaut.
»Ich würde niemals zulassen, dass du fällst, du verschrecktes Hühnchen!«, zieht mich mein Ehemann auf.
Sofort strafe ich ihn mit einem verärgerten Blick. »Ich bin kein verschrecktes Hühnchen!«
»Ja dann...« Auffordernd streckt Revali seinen linken Flügel aus und zeigt auf den Dschungel, der weit unter uns liegt. »Worauf wartest du dann noch?«
Es ist ja so verdammt weit bis nach unten. Auf Revali bin ich zwar schon oft mitgeflogen, aber selbst zu gleiten, nur mit einem Tuch in der Hand, das ist ja wohl etwas völlig anderes.
»Du willst doch nicht, dass das Hochzeitgeschenk der Orni umsonst war, oder? Schließlich willst du doch gemeinsam mit mir am Himmel gleiten.«
Langsam nervt mich das Geschwafel meines Gatten. So stoße ich frustriert die Lust aus und lange mir an die Stirn, während ich mit der anderen Hand das Parasegel immer noch festhalte.
»Nun halt doch endlich den Schnabel, Revali! Ich mach ja gleich.« Dann dämpfe ich meine Stimme und flüstere zu mir selbst: »Mannomann! Jetzt weiß ich, wie sich die kleinen Küken fühlen, bevor sie fliegen lernen.«
»Was war das?« Revali steht direkt neben mir. Ich bin davon überzeugt, dass er mich gehört haben muss.
»Egal, jetzt! Hör auf, mich aufzuhalten!«
»Ich halte dich ja gar nicht auf! Du bist diejenige, die sich nicht vom Fleck bewegt«, scherzt der Orni über mich.
Strapaziert ziehe ich die Augenlider halb herunter und schaue meinen Recken finster an. Er hat ja gut reden, schließlich hat er ja Flügel. Aber nun gut... Jetzt muss ich meine Angst überwinden. Im Grunde ist es ganz einfach. Ich muss das Segel fest in beide Hände nehmen, dann von der Klippe springen und mich vom Wind tragen lassen... Und was ist, wenn ich falle, wie ein Stein? Wer sagt denn, dass dieses dünne Segel mich trägt? Ist es überhaupt an einem Hylianer bereits getestet worden? Ich gehe zwar davon aus, dass Teba mir nichts schenken würde, was nicht vorher ausreichend geprüft worden ist, dennoch, Bedenken habe ich trotzdem.
Als ich mich immer noch nicht bewege und einfach in das Tal hinunterstarre, macht sich Revali weiter lustig über mich. Doch ich höre ihm schon gar nicht mehr zu. Ich überlege mir gerade eine Strategie. Mein Liebster hat mir mal erzählt, die meisten Küken machen beim ersten Flug die Augen zu, wenn sie sich von der Klippe stürzen. Okay... Na dann mal los!
Fest nehme ich das Parasegel in die Hände, werfe es über meinen Kopf und renne los. Kurz bevor ich springe, schlage ich die Augen zu. Oh je! Das kann ja nur schiefgehen. Krampfhaft kralle ich mich in den Haltern des Gleittuchs fest. Prompt spüre ich den Wind am ganzen Körper und keinen Boden mehr unter meinen Füßen. Die Angst schüttelt mich kräftig durch, ich zittere wie Espenlaub. Allerdings, ich scheine, nicht zu fallen. So traue ich mich, die Augen zu öffnen. Ganz zögerlich hebe ich die Lider.
Unter meinen Füßen befindet sich der endlose Dschungel von Phirone. Kaum zu glauben, von hier aus kann ich alles sehen, die vielen Flüsse, die Wasserfälle, die Lichtungen. Die Aussicht ist atemberaubend.
»Shania!«
Erschrocken zucke ich zusammen, als ich plötzlich eine Stimme vernehme. Fester halte ich mich an den Haltern fest, als ich plötzlich einen leichten Windstoß verspüre. Etwas kommt von hinten auf mich zu und holt mich ein. Mit ausgebreiteten Flügeln gleitet Revali neben mir. Fassungslos starre ich ihn an. Mein liebster Orni fliegt tatsächlich an meiner Seite. Das ist einfach unglaublich!
»Was war das denn gerade eben? Du hättest auf den Felsen aufschlagen können, wenn du nicht aufpasst, wo du hinspringst.« Mit leicht säuerlicher Miene schaut Revali mich an, während er weiter an meiner Seite schwebt.
Jetzt, wo ich den Sprung gewagt habe, fühle ich mich frei und schwerelos. Losgelöst lache ich dem Orni ins Gesicht.
»Ich weiß nicht, was du hast. Das habe ich doch prima hingekriegt. Außerdem hast du gesagt, die meisten Küken springen mit geschlossenen Augen.«
Seufzend verdreht der dunkelblaue Ori die Augen. »Ja, aber selbst die stellen sich geschickter an, als du!«
Nun, ich könnte jetzt wütend auf ihn sein, aber ich weiß, dass ich ihm offenbar nur einen Schreck eingejagt habe.
»Ach, komm! Jetzt hab dich nicht so, du miesepetriger Albertross! Es ist ja alles gutgegangen. Sieh doch her, ich fliege!« Überschwänglich vor Glück strample ich in der Luft und lache.
Als mein Mann bemerkt, wie glücklich ich bin, wird sein strenger Gesichtsausdruck weicher.
»Denk allerdings dran, dass du nicht ewig hier oben herumhängen kannst. Irgendwann wird dir die Kraft ausgehen. Sieh also zu, dass du keine Umwege machst und brav in Richtung Boden gleitest. Am besten suchst du dir gleich eine Stelle zum Landen«, rät mir mein Recke.
»Ja, ja, schon gut! Können wir jetzt etwas Spaß haben?« Mit einem Mix aus Vergnügtheit und Hohn schaue ich zu meinem Gatten hinüber. »Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass deine Frau neben dir fliegt, anstatt auf dir draufzuhocken.«
»Ganz offen? Es wäre mir lieber, wenn du auf mir draufhockst.« Das letzte Wort betont er besonders. »Denn da habe ich nämlich Kontrolle über dein Handeln und kann mich entspannen. In diesem Moment jedoch mache ich mir Sorgen, was du als nächstes in deinem Eifer an Übermut anstellen wirst.«
»Du hast kein Vertrauen in mich!« Beleidigt lasse ich meinen Schmollmund für mich sprechen.
Revali blickt unbeeindruckt zu mir zurück. »Pfft! Ich weiß eben, wie unvorsichtig du sein kannst, wenn du den Kopf nicht bei der Sache hast.«
Leider kann ich ihm da nicht widersprechen, schließlich bin ich nur leicht abzulenken, vor allem in so euphorischen Situationen, wie diesen.
»Also gut...«, meine ich und schiele schelmisch zu Revali rüber, denn ich weiß ganz genau, wie ich meinen Liebsten lockerer stimmen kann. »Wie meinst du wohl, kann ich nach rechts schwenken. Kannst du es mir beibringen? Du bist schließlich der legendäre Flugkünstler von uns beiden.«
Bedauerlicherweise bin ich für ihn nur allzu leicht zu durchschauen und er weiß ganz genau, was ich vorhabe. Allerdings scheint er trotzdem, mein Spiel mitspielen zu wollen. Offensichtlich ist es für ihn einfach zu verlockend, den Lehrer zu spielen.
»Wie wär's, wenn du einfach nach rechts neigst?«, schlägt mir Revali mit amüsierter Stimme vor.
Prompt versuche ich mich daran. Etwas zögerlich ziehe ich den rechten Halter nach unten und siehe da, der Paragleiter schwenkt tatsächlich nach rechts. Synchron gleitet auch der Orni in dieselbe Richtung.
Vielsagend blickt er mit einem verschmitzten Lächeln zu mir hinüber. »Gar nicht mal so übel, für eine Hylianerin! Und jetzt nach links!«
Ich lache und juble, als auch das mir gelingt. Auch dieses Mal weicht Revali nicht von meiner Seite und zieht in dieselbe Richtung.
»Sehr schön! Und nun folge mir!«, ruft mir mein liebster Orni zu, ehe er an Geschwindigkeit aufnimmt und an mir vorbeifliegt.
Verwegen grinse ich, als ich ihm folge. Dabei ahme ich jeder seiner Bewegungen nach. Revali schielt während unserer ersten gemeinsamen Flugstunde stets zu mir nach hinten, lässt mich keine einzige Sekunde aus den Augen. Wir lachen beide, haben Spaß, genießen die Zeit. Doch irgendwann bemerke ich, dass meine Ausdauer sich dem Ende neigt.
»Äh, Revali...«, keuche ich, als der Orni ruhig neben mir herfliegt. »Wir sollten langsam landen, denke ich.«
»Gut!«, sagt der Recke und deutet mit dem Schnabel in eine Richtung. »Da ich der Vernünftigere von uns beiden bin, habe ich, während du nur Herumgealbere im Kopf hattest, bereits einen Platz zum Landen für dich ausgemacht.«
»Hey!«, beschwere ich mich lachend bei ihm. »Tu nicht immer so erwachsen! Du hast auch herumgealbert. Sag bloß, du hattest keinen Spaß!«
Revali lacht nur und wird bereits wieder schneller, um mich zu überholen. Ohne zu zögern, folge ich ihm, während ich immer weiter den Bäumen entgegensinke.
Nach einer etwas holprigen Landung sitzen ich und Revali an einem schmalen Fluss. Seufzend strecke ich meine nackten Füße in das kühle Nass. Mein liebster Orni sitzt neben mir. Zärtlich liebkost er mein Haar mit seinen herrlich weichen Federn und seinem kitzelnden Schnabel.
»Lass das!«, kichere ich, als er mit seiner Schnabelspitze gefährlich nah an mein Ohr gekommen ist.
»Und wenn nicht?«, fordert mich mein Recke, der offenbar in Spiellaune ist, heraus und macht weiter.
Verspielt zieht mein Gatte an einer meiner Haarsträhnen, um anschließend meinen Hals entlang zu knabbern. Prustend versuche ich, etwas von ihm zu weichen, doch er gibt einfach keine Ruhe.
»Dann werfe ich dich in den Fluss!«, drohe ich ihm als Antwort an.
Obwohl er mich nicht ernstnimmt, überrascht er mich damit, dass er endlich damit aufhört, seine Flügel um mich schlingt und seinen nervigen Schnabel auf meine Schulter legt.
»Ha, das will ich sehen! Das würdest du selbst in 100 Jahren nicht hinkriegen«, meint Revali belustigt.
Ich ignoriere den selbstgefälligen Kommentar meines Ehemanns einfach und lehne mich zufrieden aufstöhnend an ihn zurück. Die Augen schließend genieße ich seine Nähe, die Art, wie er meinen Arm streichelt und mich an sich drückt.
»Und? Wie war es für dich neben mir zu fliegen?«, fragt er mich nach einer Weile der angenehmen Stille.
Langsam öffne ich die Augen wieder. Mein Blick streift das göttliche Gesicht meines Mannes, als ich zum Himmel hinaufsehe.
»Es ist unglaublich, selbst in der Luft zu schweben, hoch oben über den Baumkronen. Ich habe mich so frei gefühlt.« Von dem unberührten, wolkenlosen Blau schaue ich zurück in Revalis wundersamen, grünen Augen. »Aber das schönste daran war, dass du an meiner Seite warst.«
Als Antwort reibt der Orni seinen Schnabel liebevoll an meine Wange. »Ich war ein toller Fluglehrer, nicht?«
Anstatt auf seine Prahlerei einzugehen, denke ich zurück an den Traum, den ich einst hatte und lasse mich davon hinreißen, meinem Mann davon zu erzählen. »Weißt du? Ich habe schon mal so etwas Ähnliches geträumt, damals im Gerudo-Palast, als ich im Koma lag. Da hatte ich zwar kein Parasegel, aber ich bin mit dir am Himmel geschwebt und du hast mir gezeigt, wie man fliegt. Wir sind beide nebenher geflogen, haben Loopings gemacht, unsere Körper haben sich dabei immer wieder berührt. Ich fühlte mich vogelfrei, wie ein Orni. Es war ein wirklich schöner Traum.«
Revali blinzelt zu mir zurück. Lange Zeit schweigt er, während seine Federn mich immer noch streicheln.
»Schön, dass wir deinen Traum erfüllen konnten!«, meint der Orni schließlich und schenkt mir einen innigen Blick. »Ich habe übrigens auch Gefallen daran gefunden, neben dir zu fliegen und dir meine Flugmanöver aus einer anderen Perspektive vorzuführen, aber...« Mit einem Mal schwingt sein liebevoller Ton um und seine Stimme wird strenger, sein Blick mahnend. »Aber das nächste Mal machst du gefälligst die Augen auf, wenn du von der Klippe springst. Mit dieser Aktion hast du mir einen Riesenschrecken eingejagt. Also mach das bloß nie wieder!«
Unbeeindruckt verdrehe ich die Augen und erwidere meinem Recken: »Ja, ja! Hab verstanden, oberster Recke! Ich werde nie wieder blind über eine Klippe springen, großes, heiliges, oberstes Ehrenwort!«
Seine grünen Augen fixieren mich mit einem intensiven Blick. »Sag mal! Du verspottest mich doch nicht etwa, oder?«
»Nein, das würde ich niemals wagen!«, entgegne ich ihm mit dramatischer Geste.
»Nimm mich gefälligst ernst, gnädiges Fräulein, sonst werde ich...«
Ehe ich fragen kann, was er sonst machen wird, spüre ich bereits seine Fingerfedern auf mir, die mich von oben bis unten durchkitzeln. Schon bald versinke ich strampelnd und kichernd in seinem Gefieder. Nach einer Weile nimmt er auch noch seinen Schnabel zu Hilfe und kitzelt meine Halspartie. Einen Wimpernschlag später habe ich Tränen in den Augen vor lauter Lachen.
»Revali! Das reicht! Bitte, hör auf!«, schreie ich und versuche, ihn mit meinen fuchtelnden Händen abzuwehren, doch wie immer habe ich keine Chance gegen seine heftigen Kitzel-Attacken.
»Nur wenn du dich bei dem großartigen Revali, deinen hochverehrten Ehemann und geschätztesten Recken entschuldigst!« Diese Bedingung stellt er mit einem breiten Grinsen auf dem Schnabel.
»Nein!«
»Dann werde ich auch nicht aufhören.« Ungehindert macht er weiter.
Schließlich, als ich vor lauter Lachtränen gar nichts mehr sehe, bleibt mir nichts anderes übrig, als zu kapitulieren.
»Okay, okay! Es tut mir leid!«
Endlich stellt der Orni seine süße Folter an mir ein.
Mit hocherhobenem Schnabel schaut er auf mich herab und fragt mich mit gebieterischer Stimme: »Was tut dir leid?«
»Dass ich ungezogen und frech war...«, antworte ich ihm mit einem gespielt devotem Blick.
»So und jetzt nochmal, mit Entschuldigung, Erklärung und Anrede!«, verlangt er höchst dreist von mir.
Abrupt starre ich ihn ungläubig an. »Oh, bitte! Das ist doch nicht dein Ernst?«
»Oh doch, Shania! Entschuldige dich anständig bei mir, sonst...«
Schon wieder fängt er damit an, mich zu kitzeln. Doch dieses Mal schlage ich ihm prompt die Flügel weg und rufe: »Gut, gut! Ich mach ja schon, aber bitte hör auf damit.«
»Na schön... Also...« Auffordernd funkelt er mich an.
Laut stoße ich die Luft aus und verdrehe die Augen, bevor ich seinem Wunsch nachgehe. »Großartiger Revali, mein hochverehrter Ehemann und geschätztester Recke, bitte nehmt hiermit meine ergebenste Entschuldigung an, vor Euch ungezogen und frech gewesen zu sein!«
»Oho!« Mit einem Mal werden seine Augen ganz groß. Ich könnte sogar schwören, dass sein Gefieder sich leicht gehoben hat. »Das war mehr, als ich erwartet habe. Du kannst es doch, wenn du willst.«
Revali nimmt mich in die Flügel. Er dreht mich um und zieht mich auf seinen Schoß. Anschließend belohnt er mich mit einem zartschmelzenden Kuss, den ich gierig aufsauge. Während wir uns unserer Zuneigung hingeben, kraule ich leidenschaftlich seine Brustfedern.
Als wir damit aufhören, uns zu küssen, blicken wir uns lange in die Augen. Revali streichelt mit dem Flügel meine Wange. Sein Blick mustert jeden Zentimeter seines Gesichts, als könne er nicht glauben, was sich da vor ihm befindet. Prompt erröte ich unter seinem Augenmerk.
»Aber nur, um eines klarzustellen, das war unfair. Du hast mich zu dieser bescheuerten Entschuldigung gezwungen«, beschwere ich mich bei ihm, obwohl ich weiß, dass es nur spaßiges Herumgealbere war.
»Das war ganz und gar nicht unfair. Eine Entschuldigung war angebracht. Wo kämen wir denn hin, wenn du einfach so frech zu dem obersten Recken sein dürftest?«, erwidert mir mein Gemahl in demselben gespielt empörten Ton.
Einen Wimpernschlag später lachen wir beide über uns niedliches Geplänkel. Unser Gelächter endet in einer innigen Umarmung, die ich tief seufzend genieße.
Die Zeit mit Revali ist wahrlich unbezahlbar. Ich liebe diesen Orni einfach so sehr. Im Angesicht des Glücks schiele ich auf meine Ehe-Reife, die smaragdfarben in der Dschungelsonne glitzern. Revali und ich, ich und Revali, wir beide sind nun ein verheiratetes Paar. Unser ganzes Leben lang werden wir zusammen sein. Ob mit oder ohne Kinder, ich freue mich auf jeden einzelnen Augenblick mit ihm. Der eingebildete Recke mit dem bemerkenswerten Geschick ist mein Leben. Ich werde Himmel und Erde in Bewegung setzen, um dafür zu sorgen, dass es ihm stets gutgehen wird. Oh Hylia, ich danke dir so sehr, dass du ihn mir geschenkt hast und dass ich nun jeden Tag meiner verbleibenden Existenz mit ihm verbringen darf!
Doch plötzlich fällt mir ein, ich hatte da noch einen wundervollen Traum von Revali, als ich tagelang ohnmächtig in meinem Bett lag. Von dem muss ich dem Orni auch unbedingt erzählen.
»Aber von dem besten Traum, den ich je hatte, habe ich dir noch gar nichts erzählt«, meine ich plötzlich und rücke ein Stück von ihm, um meinem Liebsten in die Augen sehen zu können.
Plötzlich wird Revalis Blick etwas anstößig. Er wippt mit den Augenbrauen, nachdem er mich von oben bis unten gemustert hat und meint: »Bist du sicher? Du sprichst sicherlich von dem Traum, als ich eines Nachts von Medoh zurückkam, nicht?«
Prompt werde ich rot und schaue den Orni schockiert an. »Nein, diesen Traum habe ich nicht gemeint! Denk nicht immer so schmutzig!«
Als Revali herzhaft zu lachen beginnt, bleibt mir nichts anderes übrig, als ebenfalls zu schmunzeln.
»Aber nun im Ernst, ich habe geträumt, dass ich dich im Bogenschießen besiegt habe.« Mein verlegenes Lächeln wird zu einem verwegenen Grinsen.
Abrupt zieht mein Gatte seine Augenbrauen hoch und schenkt mir einen Blick, der mich so fühlen lässt, als hätte ich gerade etwas Dummes gesagt.
»Pfft! Schöner Traum! Aber im Gegensatz von dem mit dem gemeinsamen Flug wird das wohl kaum wahr werden.«
Mir ist klar, dass Revali selbst unter den Orni als unangefochtener Bogenschütze gilt. Aber trotzdem gibt ihm das lange nicht das Recht, mir gegenüber so abwertend zu sein.
»Warum denn so herablassend?« Sofort verschränke ich die Arme und verziehe beleidigt das Gesicht. »Du hast selbst gesagt, dass ich bereits gut mit dir mithalten kann. Und wie bemerkenswert meine Leistungen für einen Hylianer sind.«
»Ja, das habe ich... Aber das heißt noch längst nicht, dass es dir je gelingen wird, mich zu besiegen«, antwortet mir Revali entschlossen.
»Wollen wir wetten?«, fordere ich meinen Ehemann heraus.
Einen Augenblick lang mustert mich der Orni-Krieger einfach nur, dann meint er: »Liebend gerne! Aber sieh zu, dass du nicht so hoch wettest, schließlich wirst du verlieren.«
Etwas eingeschnappt ziehe ich die Nase kraus. »Du scheinst ja, deines Sieges äußerst sicher zu sein.«
»Natürlich bin ich das!« Mit überheblicher Pose zeigt er auf seine Brust, während ich immer noch auf seinem Schoß hocke. »Nun lass lieber hören, wie du wetten möchtest.«
»Also gut, Mr. Hochmut! Wenn ich gewinne singst du jede Nacht unserer verbleibenden Flitterwochen für mich.«
»Hm... Du willst also, dass ich für dich singe? Gut, damit könnte ich leben. Aber daraus wird sowieso nichts werden. Und wenn ich gewinne, dann...« Mit nachdenklicher Miene fasst sich Revali an die Unterseite seines Schnabels. Er lässt sich einen Moment Zeit. Schließlich funkeln seine Augen. »Wenn ich gewinne dann backst du mir einen schönen Laib Trauben-Nuss-Brot für mich ganz allein. Im Anschluss tanzt du für mich in deinem äußerst reizvollen Negligé.« An dieser Stelle fühle ich seinen Flügel, wie er mir sanft den Hintern streichelt. »Danach verwöhnst du mich mit einer deiner göttlichen Massage am ganzen Körper. Und wage es ja nicht, nur eine Stelle auszulassen.«
Kritisch blicke ich mit hochgezogenen Augenbrauen auf ihn hinab. »Das sind ziemliche viele Wünsche für einen einzigen Wetteinsatz.«
»Oh, aber ich bin ja noch gar nicht fertig!« Die grünen Augen des Orni schimmern lüstern, als er seinen Schnabel auf mein Ohr zubewegt und mit ganz rauchiger Stimme hineinflüstert: »Und danach wirst du dich vor meinen Augen anfassen und mir dabei sagen, wie bewundernswert doch mich findest. Und dann werde ich dich begatten, auf jede erdenkliche Weise, wie es mir beliebt. Na, wie klingt das für dich?«
Seine Forderung bringt meine langen Ohren zum Zucken. Augenblicklich wird mir heiß und ich spüre, wie ich Gänsehaut bekomme. In diesem Moment wird mir klar, dass ein ziemlich großer Batzen Arbeit auf mich zukommt, wenn er gewinnt. Ich werde den gnädigen Herrn nach Strich und Faden verwöhnen müssen und er wird sich bestimmt auch nicht davor scheuen, mir währenddessen stets vor Augen zu führen, dass ich keine Chance gegen ihn hatte und dass er nun seinen Sieg über mich in vollen Zügen genießen wird. Aber ich bin mir meiner Sache sicher. Ich habe hart trainiert und darüber hinaus kenne ich Revalis Schwachstellen. In meinen Gedanken lege ich mir bereits eine Strategie zurecht, wie es mir gelingen könnte, über den protzigen Vogel zu siegen.
Überrascht glubscht mein Gemahl aus der Rüstung, als ich ihm meine Hand entgegenstrecke und mit fester, entschlossener Stimme zustimme. »Abgemacht!«
»Hm! Bist du dir wirklich sicher? Ich werde meinen Wetteinsatz noch heute Abend einfordern und ich werde nicht darauf verzichten wollen.«
Doch ich halte seinem Blick stand und denke nicht mal daran, einen Rückzieher zu machen. Skeptisch beäugt der dunkelblaue Orni meine Hand einen langen, stummen Augenblick lang. Schließlich schlägt er mit seinem Flügel ein.
»Na schön...«, höre ich ihn heiter gurren. »Ich freue mich schön auf den wundervollen Abend mit dir. Stell dich schon mal darauf ein, dass du eine lange, schlaflose Nacht vor dir hast.« Gierig schleckt sich der Recke flüchtig über den Schnabel.
»Tze! Freu dich bloß nicht zu früh!«
Später, nachdem wir an unserem Übungsplatz zwischen dem Felsenmassiv alles für unseren Wettkampf vorbereitet haben, mache ich mit meinen Bogen bereits Trockenübungen. Mit konzentriertem Gesichtsausdruck spanne ich den Pfeil auf die Sehne. Meine Hände umklammern fest das Griffstück.
Mein Blick streift meine wunderschöne Waffe. Es war Revalis Verlobungsgeschenk an mich. Mein Blumenbogen, der erste Bogen den ich von ihm geschenkt bekommen habe und der mir viel bedeutete, wurde im Kampf gegen Ganon zerstört. So hat der Orni mir einen Neuen von Hertis anfertigen lassen. Der Alte war violett mit Blumenmustern versehen, aber dieser hier ist rot-weiß und mit Shika-Symbolen, sowie mit flügelartigen Mustern verziert. Über das Holz schlängeln sich drei Drachen.
Immer wieder wiederhole ich den Vorgang, spanne den Bogen, ziehe den Pfeil in meine Richtung und peile ein Ziel an. Zu meiner Erleichterung stelle ich fest, dass ich heute eine ruhige Hand habe. Plötzlich schlägt mir jemand auf den Hintern. Erschrocken zucke ich zusammen und lasse den Pfeil los. Er flitzt durch die Luft und zerschellt an einer Felswand. Erbost drehe ich mich nach dem Störenfried um, der mich soeben aus dem Konzept gebracht hat. Prompt blicke ich in das amüsierte Gesicht meines Ehemanns, der sich mit überheblicher Pose neben mich stellt und den Schnabel in die Höhe reckt.
»Mach nur so weiter und du schenkst mir den Sieg!«, höre ich ihn spotten.
Pah! Sein selbstgefälliges Grinsen wird ihm schon noch vergehen, wenn ich mit ihm fertig bin.
»Das würde dir wohl so passen! Du kannst dir sicher sein, dass ich alles geben werde.«
»Mir gefällt deine ehrgeizige Art, mein Täubchen!« Mit einem einer äußerst attraktiven Geste schnallt er sich seinen großen Adlerbogen von dem Rücken. »Aber allein das wird nicht reichen, um mich zu besiegen.«
»Das stimmt...« Herausfordernd funkle ich Revali an, als ich Bogen und Köcher neben mir ablege und anfange mir mein Hemd aufzuknöpfen.
Rivalis Augen weiten sich. Sein Schnabel teilt sich. Verdattert glubscht er mich an.
»W-was machst du da? Soweit sind wir noch nicht. Noch hast du nicht verloren.«
Hämisch lächle ich den Orni an, als ich mir das Hemd vor ihm ausziehe und auf einen Felsen werfe. Im Anschluss streife ich mir auch noch die Hose über die Schenkel. Als ich nur noch in schwarzen Höschen und Büstenhalter bekleidet vor ihm stehe, schnalle ich mir wieder den Köcher über und nehme meinen Bogen in die Hand. Mit wackelndem Hintern schreite ich an Revali vorbei, der mir gierig hinterherstarrt.
»Ich wäre dann soweit. Wir können anfangen«, gebe ich meinem Recken Bescheid.
Unter einem empörtem „Hm!" stemmt Revali den Flügel an die Hüften. Sein Blick taxiert mich von oben bis unten.
»Du spielst mit unfairen Mitteln. So haben wir nicht gewettet!«, beschwert er sich bei mir.
»Ich weiß nicht, was du hast«, meine ich mit Unschuldsmine. »Je weniger ich anhabe, umso mehr Freiheit habe ich beim Bogenschießen. Zuhause in Tabanta kann ich mir das kaum erlauben. Da ist es viel zu kalt dafür, aber hier kann ich meine Bewegungsfreiheit völlig ausnutzen.«
»Bewegungsfreiheit!«, schnaubt er verächtlich. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Ich glaube kaum, dass ein bisschen nackte Haut den großen Revali ablenken kann. Also...« Auffordernd deute ich mit meinem Kopf zu den Zielen rüber. »Beginnen wir nun oder nicht?«
Einen Moment starrt der Orni noch unschlüssig auf meinem Körper. Dann nickt er entschlossen und schreitet mit kampfbereiter Pose zu mir hinüber.
»Na schön! Ich nehme deine Herausforderung an. Aber nur damit du es weißt...« Gierig schielt Revali auf mein Hinterteil hinab. »Ich werde mir heute alles von dir wünschen, was ich will und du wirst mir alles davon erfüllen.«
Oh je! Nun sollte ich es mir wirklich nicht leisten, zu verlieren, denn mir ist klar, wenn Revali gewinnt, wird er als Belohnung zusätzlich mein Hintertürchen bearbeiten wollen und das bedeutet, dass ich dann wieder einen ganzen Tag lang nicht sitzen kann. Aber so leicht werde ich mich nicht geschlagen geben. Ich werde mein Bestes geben und alle Register ziehen, die ich besitze.
Frech zwinkere ich ihm zu und streife dabei ganz „unabsichtlich" seine Schwanzfeder. »Aber dazu musst du erst mal gewinnen, Ravioli!«
Unter einem Krächzen plustert sich ruckartig sein Gefieder auf. Verärgert funkelt mich Revali an, als er nach seiner Schwanzfeder greift, sie von mir wegzieht und anschließend versucht, sein Federkleid wieder glatt zu streifen. Letzteres gelingt ihm allerdings nicht, sein Gefieder bleibt flauschig.
Schelmisch grinse ich meinen Ehemann an, nehme bereits einen Pfeil aus dem Köcher und gehe in Position.
»Wie ich sehe, steigst du aufgebauscht in den Ring. Ob das von Vorteil für dich sein wird?«
»Oh, glaub mir, junges Fräulein! Diese Nacht wird äußerst hart für dich werden.«
»Nun spuck nicht so große Töne und lass uns anfangen«, erwidere ich ihm kess und ziehe den Pfeil bereits auf die Sehne.
Ich höre, wie der Orni zu mir herüberkommt und irgendetwas Unverständliches vor sich hingrummelt. Amüsiert nehme ich bereits meine Ziele ins Visier. Aus den Augenwinkeln heraus erkenne ich, dass der gefiederte Bogenschütze bereits neben mir steht und ebenfalls Haltung einnimmt.
»Also los!«, vernehme ich den Orni neben mir knurren. »Fangen wir an!«
Im nächsten Augenblick schießt Revali einen Pfeil in die Luft. Blitzschnell zieht er bereits das nächste Geschoss auf die Sehne. Unsere Blicke treffen sich. Anspannung baut sich zwischen uns auf. Geduldig warte ich, bis der Pfeil wieder in Richtung Erde stürzt und vor uns im harten Boden stecken bleibt. Dies ist der Startschuss! Abrupt springen wir auseinander. Während der dunkelblaue Orni-Krieger in die Höhe springt, verschieße ich bereits den ersten Pfeil, der voll ins Schwarze trifft. Im Anschluss rolle ich mich ab und treffe die nächsten zwei mit einem Doppelschuss. Währenddessen konzentriert sich der Orni auf die Ziele im oberen Bereich, trifft sauber einem nach den anderen. Zügig räumen wir eine Zielscheibe nach der anderen ab. Insgesamt haben wir 50 aufgestellt. Die Regeln sind einfach, wer die Meisten erwischt, gewinnt.
Schon dezimiert sich die Anzahl der Ziele. Und ich muss sagen, es läuft hervorragend für mich. Die wenige Kleidung führt tatsächlich dazu, dass ich mich besser bewegen kann. Das habe ich mir von den Orni abgeguckt, schließlich tragen die alle auch nur eine äußerst leichte Rüstung, die nur ihren Oberkörper und ihren Lendenbereich bedeckt. Klar, es ist mir durchaus bewusst, dass meine halbnackte Erscheinung meinen Ehemann durchaus ablenken könnte, aber für den großartigen Revali sollte selbst eine kleine Ablenkung kein Problem darstellen.
Atemlos hetze ich von einer Zielscheibe zur anderen, treffe oft zwei oder drei gleichzeitig. Das Adrenalin erfasst mich. Ich fühle mich, wie ein kleiner Wirbelsturm, schnell und unaufhaltsam. Gekonnt springe ich in die Luft, erwische selbst die Ziele über mir. Gerade setze ich zum nächsten Sprung an, doch da huscht plötzlich Revali über mir hinweg und schnappt mir die nächsten beiden Zielscheiben vor der Nase weg. Ärgerlich rümpfe ich die Nase, während der Orni mit angeberischer Miene über mich hinweggleitet. Na gut, dann bringen wir nun etwas Schwung in das Ganze!
Ich konzentriere meine Kraft, um wütend zu werden, rufe Bawos Kraft auf den Plan. Aus dem Nichts lasse ich Stufen in der Felswand entstehen. Unbeabsichtigt erschrickt das Revali so sehr, dass er flügelschlagend in seinem nächsten Angriff in der Luft anhält. Ich nutze die Unachtsamkeit des Orni aus, springe auf die Felsstufen und raube ihm die Ziele, die er bereits anvisiert hat. Sogar von dieser Entfernung höre ich Revali genervt brummen.
Im nächsten Augenblick entbrennt ein erbitterter Machtkampf um die letzten Zielscheiben. Revali und ich geben alles, was wir haben, durchlöchern die Objekte mit unseren Wurfgeschossen. Nun kann ich bereits das letzte Ziel sehen. Beide fixieren wir es, stürzen darauf los. Keiner schenkt dem anderen etwas. Über die Stufen hetze ich die Wand hinauf, während der Orni an mir vorbeistürzt. Ich springe, drehe mich in die Luft, spanne und ziele. Beinahe gleichzeitig schießen wir ab. Angespannt halte ich den Atem an. Erstaunt weiten sich meine Augen, als beide Pfeile die Scheibe genau neben einander treffen, genau im selben Zeitpunkt.
Mit beiden Beinen lande ich auf einem Felsvorsprung. Der Wettkampf ist vorbei. Doch wer hat nun gewonnen? Während ich mich auf dem Weg nach unten mache, lasse ich meinen Blick umherschweifen, zähle bereits die Ziele, die ich getroffen habe, doch das Ergebnis bleibt mir bisweilen unklar.
Als ich den Boden erreiche, landet Revali mit erhabener Pose neben mir. Mit erhobenem Schnabel schreitet er graziös auf mich zu. Als er mir direkt gegenübersteht, verschränkt er die Flügel. Einen kurzen Augenblick lang schließt er die Augen, als er sie wieder öffnet wirken seine Gesichtszüge weich, sogar etwas stolz.
»Zugegeben, deine kleine Vorstellung war schon beeindruckend. Doch wirklich fair, war unser Wettkampf nicht.«
Entsetzt fahre ich zusammen. »Was? Wie kommst du denn darauf?«
»Tu doch nicht so!« Er schüttelt seinen Kopf hin und her, sodass seine Zöpfe von links nach rechts peitschen. Mit einer Fingerfeder zeigt er auf meinen beinahe unbedeckten Körper. »Du hast versucht, mich mit deinen weiblichen Reizen abzulenken.«
Mit unschuldigem Blick sehe ich an mir runter. Als ich Revali wieder ins Gesicht blicke, zucke ich mit den Achseln.
»Wieso beschwerst du dich? Auf mich hast du den Eindruck gemacht, als hätte dich das nicht im Geringsten gestört.«
Auflachend zuckt er mit dem Schnabel. »Den Gefallen habe ich dir auch nicht getan.«
»Dann war der Kampf auch fair.«
»Wie dem auch sei...« Mein Mann schreitet an mir vorbei, bleibt auf halben Weg wieder stehen und zeigt mit dem Kopf zum Felsenmassiv. »Lass uns durchzählen, damit du schon mal zum Backen anfangen kannst!«
Lachend drücke ich mich an ihm vorbei und rufe über meine Schulter: »Oder damit du deine Stimmbänder bereits in Schwingung bringen kannst.«
Mit einem prüfenden Blick zu ihm hinüber, bemerke ich, dass er mit einem winzigen Lächeln auf dem Schnabel den Kopf schüttelt und mir folgt.
Als wir schließlich unsere Pfeile zählen, wird klar, dass es ein ziemlich knappes Rennen war. Vor unserem kleinen Wettstreit haben wir unsere Wurfgeschosse in Farbe getaucht. Revali hat mit grünen Pfeilen geschossen und ich mit roten. Bis jetzt haben wir 15 rote Pfeile gezählt und 17 grüne.
»Ich würde sagen, ich liege klar vorne.« Als diese Worte aus seinem Schnabel kommen, kann ich deutlich sehen, wie er bereits schmunzelt.
»Freu dich nicht zu früh, Revali! Du hast nur einen kleinen Vorsprung. Wir sind noch nicht fertig. Da oben sind noch einige«, erkläre ich dem voreiligen Orni und zeige mit den Finger nach oben.
So erhebt sich der Orni in die Luft, während ich über die Stufen auf die Felsenwand steige. Schon bald bekomme ich 22 rote Pfeile zusammen und 23 grüne. Die letzten fünf Pfeile werden also entscheidend sein.
Mein Gemahl fliegt gerade neben mir her.
Laut zählt er mit: »24, 25, 26, 27. Hmmm... 26 zu 24. Das war knapp!«
Mit einem breiten Grinsen landet Revali auf dem Felsenvorsprung vor mir. Er hat die Flügel verschränkt und schaut mich siegreich an.
»Du hast dich gut geschlagen, Shania! Das muss ich dir lassen. Doch für den Sieg hat es leider nicht gereicht. Auf was soll ich mich wohl mehr freuen?« Übertrieben grüblerisch tippt Revali sich auf den Schnabel. »Auf das schmackhafte Brot. Deine verführerische Tanzeinlage? Deine wohltuenden Hände, die ergeben meinen gesamten Körper massieren? Oder auf...«
Während der Recke bereits mit seinem Sieg geprahlt hat, habe ich nachgezählt. Und ich bin auf ein ganz anderes Ergebnis gekommen, als er.
»He! Du hast dich verzählt!«, bemerke ich und verschränke die Arme.
»Nein, habe ich nicht! Sieh her!« Präsentierend zeigt er mit dem Flügel über die Wand. »Die Ziele da drüben habe alle ich getroffen. Sie tragen meine Farben.«
»Also erstens ist der da drüben eindeutig rot und nicht grün. Und zweitens...« Von dem einen Ziel deute ich zum dem, in dem zwei Pfeile stecken. »... dieses Ziel hier ist ungültig. Es steht also, abzüglich der ungültigen Scheibe. 25 zu 24 und zwar für mich.«
»Na gut... Die eine Zielscheibe zählt vielleicht nicht, aber der Pfeil da drüben ist grün«, beharrt der Orni.
Da wir beide uns nicht einig werden, betrachten wir die Sache aus nächster Nähe. Schon bald stellen wir fest, dass niemand von uns beiden recht hat. Der Pfeil trägt nämlich unerklärlicher Weise beide Farben.
»Der Pfeil ist rot und grün... Aber wie konnte denn das passieren?«, frage ich mich, als ich meinen Finger über den Schaft streifen lasse.
»Keine Ahnung!«, meint mein Gatte, der neben mir auf der Felsstufe steht. »Muss wohl passiert sein, als ich die Pfeile sortiert habe. Die entscheide Frage ist ja wohl, wer den Pfeil geschossen und letztendlich gewonnen hat.«
Ausgiebig stoße ich die Luft aus und schaue Revali unschlüssig an. »Ich glaube, wir wissen beide, dass wir die Frage nun nicht mehr beantworten können.«
»Also zählt dieses Ziel auch nicht!«, kommt der Orni zu dem Entschluss.
»Das bedeutet, dass es unentschieden steht und niemand gewonnen hat.« Milde lächle ich Revali an und zucke mit den Achseln.
»Hmpf! Sieht wohl ganz danach aus!«
»Und nun?«, frage ich den Recken mit unsicherem Blick. »Das heißt wohl keiner bekommt das, was er will.«
»Oder...«, plötzlich erhellt sich die Miene des Orni. Er rutscht etwas an mich heran und berührt meine Wange mit seinem Flügel. »Oder wir bekommen beide, was wir wollen.«
Nun, damit könnte ich leben, wenn wir uns den Sieg teilen würden. Aber...
»Dir ist aber schon klar, dass du dir nur eines von deiner endlos langen Wunschliste aussuchen darfst?«
»Nun... Das klingt fair.« Revali nimmt seine Federn aus meinem Gesicht und lässt seinen Blick zu Boden schweifen. »Ich werde mir eines aussuchen. Aber jetzt sollten wir erst mal heruntergehen und du...« Mit hochgezogenen Augenbrauen starrt er auf meine halbnackte Gestalt. »Du solltest dir wieder etwas anziehen.«
Nachdem wir von der Felsenwand heruntergeflogen sind und ich mir meine Kleidung wieder übergezogen habe, kehren wir zu unserem Baumhaus zurück. Revali und ich einigen uns darauf, dass er nur heute Nacht ein Lied meiner Wahl für mich singt und ich ein Trauben-Nuss-Brot für ihn backen soll.
Der Rest des Abends nach dem Essen läuft im Anschluss wie folgt ab. Ich ziehe mir trotzdem das Negligé für Revali an, doch ich tanze nicht für ihn und mit der Massage verführen wir uns gegenseitig. Danach lieben wir uns, aber auf eine Weise, die für uns beide angenehm ist und mein Hinterteil wird ebenfalls in Ruhe gelassen.
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