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9

Shania


Revali sitzt immer noch am Feuer, während ich allein mit dem Bogen übe. Die Pfeilspitze steuert auf das Ziel zu und bleibt in der Mitte stecken. Zufrieden nicke ich.

Während ich weitertrainiere, schiele ich hin und wieder zu der Schützenhütte zurück und hoffe insgeheim, dass mich der dunkelblaue Orni beobachtet, aber mein Lehrmeister lässt sich nicht blicken. Enttäuscht schaue ich zu den Zielen zurück. Vermutlich wird der ehrgeizige Orni-Krieger sich noch eine Zeit ausruhen, bevor er die Stelle am warmen Feuer wieder verlässt. Er hat es versucht, es so gut wie möglich zu verheimlichen, doch ich konnte ihm sichtbar die Erschöpfung anmerken. Ich vermute, dass er bereits den ganzen Morgen über am Trainieren war. Mir war ja bewusst, dass Revali nicht zu Unrecht der stärkste Krieger ist, aber dieser Aufwind, das Manöver in der Luft und die Art, wie er den Bogen spannt, das alles hat mich wirklich sprachlos gemacht. Außerdem habe ich es genossen, zu zusehen, wie der Wind mit Revalis Zöpfen spielt, während er ein Ziel nach dem anderen traf. Auch das faszinierende Muskelspiel unter seiner blauen Federpracht war wahrlich ein Augenschmaus. Am Himmlischsten finde ich allerdings seinen konzentrierten Blick, dann schimmern seine grünen Augen nämlich, wie zwei funkelnde Smaragde. Ja... Revali mag zwar manchmal ein selbstverliebter Vogel sein, aber er sieht schon ziemlich gut aus.

Augenblicklich schüttle ich den Kopf. Gerade habe ich wieder danebengeschossen. Frustriert verziehe ich das Gesicht. Schnell schaue ich über meine Schultern, um mich zu vergewissern, dass Revali nicht doch aus dem Schützenhaus getreten ist, doch Hylia sei Dank, er ist immer noch nicht zu sehen.

Gerade fällt mir auf, dass der Orni seit gestern irgendwie anders zu mir ist, weniger voreingenommen und freundlicher. Ich werde es nie vergessen können, wie verzweifelt er klang, als er mich in die Quelle gelegt hat. Und dann noch seine Stimme... Sie war so voller Fürsorge. Wieder schüttle ich den Kopf und zwinge mich dazu, mich endlich wieder zu konzentrieren.

Als es mir gelingt, diese neuen Gedanken zu verdrängen, treffe ich ein Ziel nach dem anderen. Zwar nicht gerade mittig, aber immerhin fast.

»9 von 10 Ziele... Nicht übel!«, höre ich plötzlich jemanden mich loben.

Mit gesenktem Bogen drehe ich mich um. Ein paar Schritte vor mir steht Revali. Er wirkt immer noch ziemlich ermüdet.

»Ich habe mir Mühe gegeben«, murmle ich und hoffe insgeheim, dass ich meinen gefiederten Lehrer beeindrucken konnte.

»Naja...« Rivali lächelt schalkhaft. »Du weißt aber schon, dass du eigentlich den roten Punkt in der Mitte treffen solltest.«

Ich vernehme keinen Spott in seiner Stimme, es wirkt eher so, als würde er mich aufziehen wollen. Irgendwie gefällt mir diese neuentdeckte Seite an Revali.

»Was? Und das sagst du erst jetzt?«, scherze ich amüsiert.

»Willst du noch länger trainieren?«, fragt er mich und lässt seinen Blick über die unberührten Ziele schweifen.

Eigentlich wollte ich schon, aber ich merke es Revali an, dass er gehen und sich weiter ausruhen will. Er könnte ja allein Nachhause fliegen, aber irgendetwas sagt mir, dass er vermutlich so lange hierbleiben wird, wie ich mich hier aufhalten zu gedenke.

So schüttle ich den Kopf. »Nein, ich wollte nur ein bisschen üben, damit ich mich davon überzeugen kann, dass ich es noch kann!«

»Dann lass uns gehen!«, fordert mich der Orni auf und winkt mich mit einem Flügel herbei.

Milde lächelnd schreite ich auf Revali zu. Geduldig wartet er, bis ich bei ihm angekommen bin. Seite an Seite verlassen wir den Übungsplatz über den angelegten Weg.

»Willst du nicht nach Hause zurückfliegen?«, frage ich den Recken nach einer Weile.

Der Vogelmensch schaut nach vorne, als er mir antwortet. »Ich bleibe lieber bei dir.« Seine Worte lassen mein Herz aus irgendeinem unerklärlichen Grund höherschlagen. Doch als Revali fortfährt, legt sich das wieder, den plötzlich bedenkt er mich mit einem strengen Blick. »Diese Yiga, wie du sie genannt hast, könnten immer noch hinter dir her sein, aus welchem Grund auch immer. Du hättest übrigens auch nicht allein herkommen dürfen. Ab sofort darfst du das Dorf nur noch mit meiner Begleitung verlassen. Hast du verstanden?«

Enttäuscht wende ich mein Gesicht von Revali ab. »Ja, ich habe verstanden...«, grummle ich.

Doch im nächsten Moment wird sein Ton und seine Gesichtszüge wieder milder. »Ich habe übrigens gehört, du verstehst dich gut mit Hertis.«

Durch die Schlucht gehen wir weiter. Vor uns taucht der verschneite Tannenwald auf.

»Ja, er ist ein echt netter und geschickter Orni! Ich mag es, ihm bei der Arbeit zu zusehen. Das wirkt so...«

Abrupt stoppe ich, als mich der Orni plötzlich ganz merkwürdig finster ansieht.

»Habe ich etwas Falsches gesagt?« Ich klinge ziemlich verwirrt.

Revali räuspert sich plötzlich und dreht sein Gesicht beschämt von mir weg. »Nein, hast du nicht! Es ist nur...« Hektisch blicken seine grünen Augen im Wald umher, als würde er in den Bäumen die Antwort suchen. »Ich... ja, also... Stimmt, Hertis ist ein guter Bogenbauer! Also an meinem Bogen hat er wirklich ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die Waffe ist ein wahres Wunderwerk und besitzt eine ausgezeichnete Handhabung im Kampf. Außerdem ist Hertis Tebas bester Freund, die beiden kennen sich schon, seitdem sie aus dem Ei geschlüpft sind.«

Auch wenn er sich nun anders verhält, Revali wird mir immer ein Rätsel bleiben. In einem Moment ist er freundlich, im nächsten Augenblick benimmt er sich wieder komisch. Aber ich muss gar nicht schlau aus ihm werden, das ist nicht meine Aufgabe.

»Mir ist schon aufgefallen, dass dein Bogen etwas Besonderes ist. Er gleicht keinem anderen, nicht mal den deines Bruders«, bemerke ich, um die Stimmung wieder aufzuhellen.

Es funktioniert. Kaum habe ich auch noch Revalis Bogen, den er auf seinem Rücken geschnürt hat, einen respektvollen Blick zugeworfen, erhebt er stolz den Schnabel.

»Man hat die besten Materialen dafür verwendet, die ich eigenhändig heranbeschafft habe«, prahlt er.

Eigentlich regt mich Revalis Prahlereien sonst immer auf, aber heute finde ich sie irgendwie amüsant. Der Orni gibt weiter mit seinem Adlerbogen an, als ich plötzlich nicht weit von hier ein großes, wolliges Tier mit einem Horn auf der Nase zwischen den Bäumen entdecke. Augenblicklich bleibe ich stehen. Als Revali mein überraschtes Gesicht erkennt, verharrt auch er mit sofortiger Wirkung und macht Anstalten nach seinem Bogen zu greifen.

»Was ist?«, flüstert er scharf.

»Da vorn! Was ist das?« Mit dem Finger deute ich auf das Wesen.

Erleichtert atmet Revali die Luft aus und lässt seine Flügel wieder sinken. »Das ist ein Wollhorn, wie ein Nashorn, nur mit Fell. Sagt dir das etwas?«

Ich schüttle den Kopf.

»Im Gegensatz zu den Nashörnern sind Wollhörner recht friedlich und ziemlich scheu. Ein Wunder, dass er uns noch nicht gesehen hat«, erklärt mir der Orni mit gedämpfter Stimme.

»Können wir noch ein Stück näherkommen? Ich habe so ein Tier noch nie gesehen.« Mit strahlenden Augen schaue ich zu dem Wollhorn hinüber.

Revali zögert zunächst, doch dann nickt er. »Aber nicht zu weit, ja?«

Stumm stimme ich zu. Vorsichtig schleiche ich voran. Revali folgt mir. Es macht mir Spaß mich von Baum zu Baum zu bewegen. Ich fühle mich, wie ein Kind, das verstecken spielt. Das Wollhorn sucht weiter im Schnee nach etwas Essbarem. Bis jetzt hat es uns immer noch nicht bemerkt.

»Wir sind nahegenug. Das reicht jetzt!«, höre ich den Orni hinter mir.

Doch ich will noch ein Stückchen näher, so gehe ich weiter.

»Shania!«, zischt mein Beschützer herrisch.

Doch da wird der Wald plötzlich von einer gewaltigen Windböe erfasst. Mir geschieht nichts, doch Revali, der eben seine Flügel drohend erhoben hat, wird vom Wind abrupt nach vorne geschupst. Ich drehe mich um und sehe gerade noch, wie Revali mit geweiteten Augen auf mich zugerast kommt. Der Orni schlägt die Krallen in den Schnee und verlagert sein Gewicht nach hinten, um abzubremsen. Direkt vor mir kommt der Vogelmensch zum Stehen. Sein Schnabel ist nur noch wenige Zentimeter von meiner Nase entfernt. Augenblicklich röten sich meine Wangen vor Verlegenheit. So nah war ich dem Orni noch nie. Ich kann sogar leichte Kratzer auf der Oberseite seines Schnabels erkennen, die nun feuerrot angelaufen ist. Mit einem Mal wird das Gefieder des Orni ganz fluffig. Wenn ich nicht gerade so peinlich berührt von der Situation wäre, würde ich mit der Hand seine bauschigen Federn berühren. Allerdings glaube ich nicht, dass er recht angetan davon wäre.

Eine ziemlich lange Zeit starren wir uns einfach nur an, Auge um Auge, Nase um Schnabel. Doch dann vernehmen wir ein lautes Poltern. Das Wollhorn nimmt reisaus und verschwindet tiefer in den Wald hinein.

»Oh, jetzt ist es weg...«, bemerke ich, immer noch etwas beschämt.

»Ja...« Revali räuspert sich.

Endlich gelingt es uns, uns voneinander zu entfernen. Schweigend kehren wir ins Dorf zurück.

Die rote Abendsonne schielt bereits müde hinter den Bergen hervor, als wir die ersten Stufen des Orni-Felsen betreten.

»Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast!«, sage ich zu meinem Beschützer, der sich ein paar Schritte vor mir befindet.

»Es ist meine Aufgabe, dich unversehrt zurück zu bringen«, erwidert mir der Recke trocken.

Wieder könnte ich enttäuscht den Kopf hängenlassen, aber dieses Mal lenkt mich Tulins und Tebas Anblick ab. Die beiden spielen Fangen vor ihrem Haus. Vater und Sohn machen einen echt berührenden Eindruck. Revali folgt meinem Blick.

»Ich finde, du besuchst deinen Bruder echt selten«, äußere ich mich plötzlich ganz unerwartet.

Revali legt seinen Kopf schief und wirft mir einen überraschten Blick zu. »Also...«

Bevor mir der Orni etwas erwidern kann, kommt Tulin auf uns zugerannt. Teba jagt ihn. Der Kleine kreischt, als sein Vater ihn packt und auf seine Schultern setzt. Der Junge quiekt vergnügt. Lachend gesellt sich Revalis Bruder zu uns.

»Pünktlich zum Abendessen sind alle wieder da«, bemerkt Teba vergnügt.

»Was gibt's denn heute?«, erkunde ich mich, während Revali ausdruckslos danebensteht.

Der dunkelblaue Orni gönnt sich so selten positive Emotionen. Ob es dafür einen Grund gibt?

»Röstnüsse!«, ruft Tulin erfreut.

Teba bedenkt seinen Sohn mit einem erweichten Blick, anschließend guckt er verschwörerisch zu seinem Bruder hinüber. »Als Nachtisch gibt es Traube-Nuss-Kuchen. Wäre doch ein Grund für dich auch zum Essen zu bleiben.«

Unschlüssig wechselt Revali den Blick von Teba zum Boden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er ablehnen möchte, doch dann sieht er mich an.

»Gut... Warum nicht?«, meint er nur ziemlich gefühlskalt.

Unbemerkt verdrehe ich die Augen. Wahrscheinlich würde es Revali umbringen, wenn er einmal Danke sagt.

So folgen wir Teba und Tulin ins Haus. Stumm gibt sich Saki über das Erscheinen ihres Schwagers überrascht. Während Teba seinen Sohn in die Mitte des Raumes absetzt, setze ich mich schon mal den Tisch. Verdutzt zucke ich zusammen, als sich der Revali neben mich setzt. Schon bald stellt Saki eine große Schüssel mit den verschiedensten Nüssen auf den Tisch. Mann, riecht das fabelhaft! Jeder nimmt sich eine Portion. Der kleine Tulin nimmt sich das meiste, allerdings isst er aber auch nicht alles, so wie immer. Revali dagegen gibt sich mit einer Handvoll gerösteter Nüsse zufrieden. Hat er nach all dem anstrengenden Training denn überhaupt keinen Hunger?

Als alle satt sind, steht Saki von ihrem Sitzkissen auf und verschwindet in der Küche. Mit einem dunklen Kuchen auf einer großen Platte kehrt die pinke Orni-Frau wieder an den Tisch zurück. Tulin reibt sich bereits die Flügel, als Teba den Kuchen anschneidet. Jeder bekommt ein Stück, nur Revali holt sich zweimal Nachschlag. Ich blinzle verwundert, offenbar hat sich der Orni-Krieger den ganzen Appetit für den Nachtisch aufgehoben. Wie süß!

»Offensichtlich scheinst du Kuchen recht zu mögen«, bemerke ich an Revali gewandt.

Teba beginnt, augenblicklich zu lachen. »Oh, das ist nicht irgendein Kuchen! Ich sage nur eins, Trauben und Nüsse. Revali ist ganz verrückt danach.«

»Was Besseres gibt es nicht«, erwidert mein Beschützer und schiebt sich das nächste Stück in den Schnabel.

Es ist wirklich entzückend dem Orni dabei zuzusehen, wie er den Kuchen genüsslich verzerrt. Na so was, der große Revali scheint ja doch irgendwo Gefühle zeigen zu können.

»Ich mag den Kuchen auch!«, ruft Tulin und haut mir dabei seinen kuchenverschmierten Flügel fast in das Gesicht.

Als ich dem Kleinen ausweiche, spüre ich plötzlich Federn an meinem Rücken. Ich drehe mich um und bemerke erschrocken, dass ich so weit zurückgerutscht bin, dass ich nun auf Revalis Schoß sitze. Revali zuckt zusammen und dann plustert sich plötzlich sein Gefieder auf, so wie vorhin, als der Windstoß ihn fast in mich hineingestupst hätte. Sofort klettere ich von dem Vogelmenschen herunter und räuspere mich halb verlegen, halb kichernd. Revali sieht wirklich so flauschig aus, wenn er das macht. Aber warum passiert das eigentlich? Ist ihm etwa kalt? Oder ist er sauer, weil ich ihn berührt habe? Keine Ahnung, ich weiß wirklich nicht viel über Orni.

Saki und Teba werfen sich jedenfalls einen höchst merkwürdigen Blick zu, den ich nicht deuten kann, scheint jedenfalls eine Mischung aus Überraschung und Belustigung zu sein.

Nach dem Essen finde ich mich lesend auf meinem Bett wieder. Revali hat sich wortkarg von uns verabschiedet, nachdem ich mich versehentlich auf seinen Schoß gesessen habe. Immer wieder grüble ich darüber, ob ich den Orni damit verärgert haben könnte. Denn seither würdigt er mich keines Blickes mehr. Apropos würdigen... Das Buch mit dem Legenden der Orni habe ich der Bibliothek wieder zurückgeben. Seitdem ich die Geschichte von Ganon gelesen habe, fürchte ich mich davor, nachts schlafen zu gehen. So hoffe ich, da das Buch jetzt weg ist, dass die Albträume nicht wiederkehren. Stattdessen bin ich gerade in einem Liebesroman vertieft. Ich lese gerade eine schöne Geschichte über ein Orni-Paar, das sich zu Anfang gar nicht ausstehen konnte, doch dann finden sie doch irgendwie zueinander. Am besten gefällt mir der Teil, wo sie gemeinsam über den Wolken schweben. Es muss wirklich ein tolles Gefühl sein, fliegen zu können. Träumend lege ich das Buch zur Seite und schlafe mit dem Gedanken ans Fliegen ein.

In meinen Träumen finde ich mich auf einem Berg wieder, hoch über den Wolken, doch auf diesem Berg liegt kein Schnee und es ist ziemlich warm. Rauch qualmt aus einem der Gipfel nicht unweit von mir. Der qualmende Berg ist ziemlich groß und stattlich. Er kommt mir ziemlich bekannt vor.

»Offenbar sehnst du dich nach Liebe und Leidenschaft. Habe ich nicht Recht, meine kleine Hexe?«

Ich schrecke zusammen und drehe mich augenblicklich um. Sein leuchtend rotes Haar und seinen olivfarbenen Hautton erkenne ich sofort wieder. Augenblicklich schaue ich in das Gesicht des düsteren Mannes.

»Du schon wieder!«, blaffe ich wenig erfreut. »Wer bist du eigentlich?«

Augenblicklich kommt er mir näher. »Du kannst dich wirklich nicht mehr an mich erinnern? Wie schade...«

Sofort trete ich zurück, doch dann stelle ich fest, dass ich bereits vor einem Abgrund stehe.

»Lass mich gefälligst in Frieden!«, schnauze ich den Unhold an.

»Dein Temperament...«, murmelt der Finstere erregt. »Sag mir, dass es allmählich zurückkehrt! Sag mir, dass deine Unsicherheit verschwunden ist!«

Als er mir zu nahekommt, stoße ich ihn von mir. Doch das scheint, ihm auch noch zu gefallen. Er grinst amüsiert.

»Ich bin mir sicher, tief in deinem Innern bist du noch dieselbe. Lass mich dir zeigen, wer du wirklich bist!«

»Dann sag mir erst, wer du bist!«, verlange ich erneut von ihm.

»Gut...«, meint der Mann. »Ich habe viele Namen... Viele Kulturen nennen mich den Schatten, andere kennen mich als den Dämonenkönig, in der Wüste bin ich der Gefallene. Aber du, meine Liebe, kannst mich gerne Ganon nennen.«

Plötzlich geben meine Kniee nach. Die Luft entweicht aus meinen Lungen und ich habe das Gefühl, zu ersticken. Unsanft lande ich auf den Boden. Halb ohnmächtig starre ich auf die Beine des Dämonenkönigs.

»Braves Mädchen!«, höre ich Ganon zufrieden raunen. »Geh auf die Knie!«

Augenblicklich spüre ich seine große Hand auf meinem Kopf. Zunächst streichelt sie sanft mein Haar, doch dann packt er zu und schleift mich an den Haaren über den Boden. Schmerzerfüllt schreie ich auf, versuche mich zu wehren, doch ich fühle mich geschwächt, finde keine Kraft, mich gegen den Dämon zu erheben. Mit dem Bauch voran wirft er mich gegen einen Felsen und drückt mir augenblicklich seinen Fuß ins Kreuz. Ich unterdrücke einen weiteren Schrei.

»Ich wollte dir doch zeigen, wer du bist.« Sein Mund ist gefährlich nah an meinem Ohr. Ordinär leckt er mir meine Wange ab. Angewidert verziehe ich das Gesicht. »Du bist mein! Du weißt es nur nicht mehr.«

Obwohl mich meine Angst lähmt, bekomme ich es fertig, ihm zu kontern. »Das ich nicht lache! Ich wüsste nicht, dass da irgendwo an mir dein Name draufsteht.«

Plötzlich beginnt Ganon, finster zu lachen. Im nächsten Moment wünsche ich mir sehnlichst, dass ich besser meine vorlaute Klappe gehalten hätte. Ohne Vorwarnung zerreißt der Dämonenkönig mein Oberteil. Oben ohne presst er mich weiter gegen den Felsen, als ich mit einem Mal ein Feuer neben uns bemerke. Ganon hält plötzlich eine Eisenstange in der Hand, die er kurz in die Flammen hält.

»Meine liebe, kleine Sklavin! Du überraschst mich immer wieder mit deinen brillanten Ideen!«, brummt der Dämon erregt.

Ich weite die Augen, als mir klar wird, was er vorhat. Mein volles Gewicht stemme ich gegen den Felsen, als ich versuche, von Ganon loszukommen, doch gegen seine Kraft komme ich nicht an. Es wirkt so, als würde er mich mit seiner gesamten Körperkraft auf dem Felsen fixieren. Langsam zieht er das glühende Eisen aus dem Feuer an meinem Gesicht vorbei. Boshaft lächelnd betrachtet er den Brandstempel.

»Ich könnte es schnell gehen lassen«, meint Ganon geradezu amüsiert. »Aber es wird mir mehr Vergnügen bereiten, dir jeden einzelnen Buchstaben meines Namens ganz langsam auf die Haut zu drücken.«

Wieder winde ich mich in der Hoffnung, mich aus den Fängen des Satanisten zu befreien, doch ohne Erfolg. Doch dann, als ich das heiße Eisen bereits über meinem Rücken spüre, halte ich still. Es vergeht ein Atemstoß. Nichts geschieht. Gerade als ich denke, er könnte es sich anders überlegt haben und mich verschonen, presst der Dämon mir das heiße Metall auf die Haut. Ich schreie entsetzlich laut, strample, winde mich, doch Ganons Griff lässt nicht locker. Tränen rinnen mir über die Wange, als er den Brandstempel zurückzieht.

»Das war der Erste«, frohlockt der Finstere. »Bleiben noch vier!«

Mit einer Handbewegung verändert er den Buchstaben auf der Spitze des Metallstocks von einem G zu einem A. Wieder reicht er sein Folterwerkzeug ins Feuer. Mit Sorgfalt dreht er die Spitze in den Flammen. Erneut versuche ich, mich zu erheben.

»Ts! Ts! Ts! Böses Mädchen! Wir sind noch nicht fertig!«

Erneut versengt Ganon meine Haut. Tief kralle ich meine Fingernägel in den Felsen, jedes Mal, wenn er das tut, bis schließlich sein ganzer, verdammter Name quer auf meinem Rücken steht. Der Fuß des Dämonenkönigs hebt sich von meinem Körper. Schwer atmend vor Schmerzen bleibe ich mit nacktem Oberkörper auf dem Felsen liegen, wage es nicht, mich zu rühren. Wimmernd zucke ich zusammen, als der Fiesling mit seinen Fingern über den eingebrannten Namen fährt.

»Sehr schön!«, lobt er sich selbst, als er sein Werk betrachtet. »Jetzt wirst du mich so schnell nicht mehr vergessen!«

Strampelnd und schreiend wache ich auf. Hektisch blicke ich in der Dunkelheit umher. Es dauert ewig, bis ich bemerke, dass ich unversehrt in meinem Bett liege. Augenblicklich greife ich nach meinem Rücken unter mein Oberteil. Da ist nichts! Keine frische Brandwunde, gar nichts! Ich zittere vor Angst. Das war so real, die Schmerzen, sein Lachen, alles. Das kann kein Traum gewesen sein. Plötzlich höre ich Schritte vor meiner Hütte. Erschrocken ziehe ich die Decke an mich, suche mit dem Blick nach den Doppelklingen, die ordentlich verstaut in einer Truhe am anderen Ende des Raumes liegen. Gerade als ich aufstehen möchte, um mir meine Waffen zu holen, erkenne ich Teba, der zögerlich mein Zimmer im hellen Schein des Mondes betritt.

»Ist alles in Ordnung? Ich und Saki waren zufällig noch wach und dachten, wir hätten dich schreien gehört.« Besorgnis regt sich in seinen gelben Augen.

Entkräftet setze ich mich in meinem Bett auf. Ich wage es nicht, den silbergrauen Orni anzusehen, als ich kleinlaut vor mich hinmurmle: »Es ist alles gut! Ich habe offenbar nur schlecht geträumt.«

»Eine Erinnerung?«, fragt mich Revalis Bruder.

»Ich hoffe nicht«, entgegne ich, während ich mir die Tränen aus dem Gesicht wische.

Teba schweigt, sieht mich jedoch noch lange an. Erst als ich mich wieder hinlege und die Decke über den Körper ziehe, wendet er sich wieder ab.

»Falls du jemanden brauchen solltest...« beginnt er, doch ich will einfach nur in Ruhe gelassen werden.

»Ist schon gut...« Meine Stimme klingt kalt und emotionslos. »Ich lege mich wieder hin. Tut mir leid, falls ich jemanden geweckt habe.«

Ein letztes Mal sieht der Orni zu mir zurück, dann verlässt er ohne ein weiteres Wort mein Zimmer. Erleichtert atme ich auf und versuche mich, irgendwie wieder zu entspannen, doch es gelingt mir nicht. Ich bleibe noch lange wach, bis es allmählich dämmert.

Immer wieder muss ich an das hässliche Gesicht des Dämons denken und an sein finsteres Lächeln, als er mich gequält hat. Niemand darf es je erfahren, dass Ganon mich in meinen Träumen heimsucht. Wieder kommen mir die Tränen, als mir klar wird, dass ich eine herbe Enttäuschung bin, denn ich kann nicht die Auserwählte sein, die würde sich nämlich nicht von einem Dämon so fertigmachen lassen.

Der Wind weht mir eine Haarsträhne ins Gesicht und versperrt mir die Sicht auf die Ziele. Ich senke den Bogen noch einmal, um mein Gesicht frei zu machen, um gleich darauf die Sehne wieder anzuspannen. Nacheinander treffe ich ein Ziel nach dem anderen, bis ich Revalis Stimme höre und mich keuchend innehalten lässt.

»Die Zeit ist abgelaufen!«, ruft er mir zu. »17 Ziele von 20... Nicht schlecht. Hören wir für heute auf!«

Einen Moment lang beuge ich den Bogen. Mein Atem geht schnell und wirft kleine Wölkchen wegen der Kälte, doch dann hebe ich den Bogen wieder. Ich will heute aber noch nicht aufhören, ich will weitermachen, denn ich muss mich ablenken, damit ich diesen scheußlichen Traum vergessen kann.

»Lass uns erst noch die andere Wand ausprobieren!«, schlage ich meinem Lehrmeister vor.

Die Verwunderung in seiner Stimme ist nicht zu überhören. »Ist das dein Ernst? Du weißt, dass die andere Wand viel anspruchsvoller ist. Die Höhenunterschiede bist du noch nicht gewohnt.«

Ernüchtert schaue ich zu Boden. Revali glaubt nicht an mich. Eigentlich sollte mich das nicht wundern, aber es enttäuscht mich trotzdem.

»Ich bin bereit!«, rufe ich entschlossen zu ihm herüber, ohne ihn anzusehen.

»Na gut...«, lenkt der Orni ein. »Wenn du dich bereit fühlst, warum nicht? Hol dir ein paar neue Pfeile, dann legen wir los.«

Gesagt, getan. Gemeinsam mit Revali befülle ich meinen Köcher. Anschließend machen wir uns auf dem Weg zur zweiten Wand. Dieses Mal sind es 25 Zielscheiben. Einige von ihnen befinden sich hoch über mir. Anfangen muss ich allerdings ganz hinten, bei den niederen Zielen. Ich weiß jetzt schon, dass der Parcours mir einiges abverlangen wird, aber ich bin entschlossen, Revali zu zeigen, dass ich mehr draufhabe. Der Orni-Krieger kann schließlich auch drei Pfeile gleichzeitig auf eine Sehne legen und das auch noch in der Luft.

»Bist du bereit?«, fragt mich der Orni schließlich.

Ich nicke und antworte ihm lauthals: »Kann losgehen!«

Augenblicklich legt Revali die Sanduhr um. Ich beginne mit den fünf untersten Zielen genau vor mir. Meine leichteste Übung. Spannen, zielen, loslassen! Spannen, zielen und loslassen! Wieder und wieder. Anschließend treffe ich die zwei Ziele etwas weiter oben, sie stehen ein Stück auseinander, daher brauche ich schon wieder etwas mehr Zeit.

»Gut, Shania!«, erteilt Revali mir seine Anweisungen. »Ziele können zwar nicht weglaufen, aber beweg dich etwas mehr. Falls du es nicht bemerkt hast, die Zielscheiben sind etwas weiter voneinander entfernt.«

»Danke für den Tipp!«, raune ich leise, sodass er mich nicht verstehen kann.

So schaffe ich es nie, Revali von mir zu überzeugen. Ich muss mich mehr konzentrieren. Was hat mir der Orni nochmal geraten? Ruhige Atmung, ruhige Hand, schnelle, flüssige Bewegungen! Ich kann das! Das weiß ich!

Nun ziele ich, während ich mich bewege. Der erste Schuss geht ins Leere, doch beim zweiten Mal treffe ich.

Mit einer Schweißperle auf der Stirn seufze ich auf. Noch so viele Ziele hängen an der Wand, doch ich kann das Rinnen der Zeituhr bis hierher spüren. Schneller, Shania! Schneller!

Nun hetze ich regelrecht durch den Parcours. Während ich seitwärts die Wand entlanglaufe, spanne und ziele ich bereits. Zweimal daneben, viermal getroffen... Verdammt! Das geht auch besser. Genervt stöhne ich auf. Meine nächsten Versuche werden energischer. Zu meinem Glück treffe ich immer mehr Ziele. Zum Schluss sind nur noch die über meinem Kopf übrig.

»Du kannst nicht fliegen, aber du kannst springen, also...«

Doch bevor Revali seinen Satz zu Ende sprechen kann, hüpfe ich leichtfüßig auf den Felsen, nur um danach festzustellen, dass der Stein ziemlich rutschig ist. Mit den Händen fuchtle ich unbeholfen herum. Irgendwie gelingt es mir, meine Balance wieder aufrecht zu erhalten. Zufrieden nicke ich und setze meine Übung fort. Das hat mir bestimmt wieder viel Zeit gekostet, doch ich gebe nicht auf. Revali hat schließlich auch nicht aufgegeben. Nach Halt suchend schlittere ich schnellst möglichst über den Felsen. Das Zielen und Schießen allerdings fällt mir so nicht gerade leicht, deshalb treffe ich die ersten zwei Male nicht. Wieder greife ich nach meinem Köcher. Entsetzt muss ich feststellen, dass sich nur noch sieben Pfeile darin befinden... sieben Pfeile für sieben Ziele. Das schaffe ich doch niemals, dabei habe ich vorhin sowieso ein paar Scheiben verfehlt. Egal, ich muss das Beste aus der mir verbleibenden Zeit herausholen.

Beim nächsten Schuss halte ich die Luft an. Spannen... Zielen... Und loslassen! Der erste Pfeil trifft. Auch der nächste Schuss trifft ins Schwarze, zwar nicht mittig, aber trotzdem, getroffen ist getroffen. Nur noch fünf Ziele. Von hier aus gelingt es mir jedoch nicht, die nächste Scheibe zu treffen. Das nächste Wurfgeschoss zerbricht an der nackten Wand. So bewege ich mich weiter vorwärts auf den nächsten Felsen zu. Ich springe, dann spanne ich den Bogen bereits... und rutsche ab. Es gelingt mir nicht, mich rechtzeitig festzuhalten, denn ich verheddere meine Hände in der Sehne. Die Waffe entgleitet mir. Samt Pfeilen und Köcher stürze ich hinab in den Abgrund. Mit dem Oberkörper treffe ich auf einen herausragenden Felsen auf. Das tut weh. Ich schreie, dann falle ich weiter. Schon bald sehe ich den kleinen Teich am Grund des Abgrunds vor mir. Doch bevor ich aufschlage, schlagen sich Klauen in meine Kleidung und tragen mich die Luft empor. Ehe ich mich versehe, lande ich im weichen Schnee, genau dort, wo ich abgestürzt bin.

Mein Herz rast schneller, als mir lieb ist. Sitzend ringe ich nach Luft. Als ich vom Schnee aufsehe, blicke ich in zwei vorwurfsvolle, grüne Augen.

»Was soll das bitteschön gewesen sein?« Revali klingt ziemlich aufgebracht.

»Hast du das nicht bemerkt?«, entgegne ich ihm etwas gereizt. »Ich bin abgerutscht, als ich die Ziele treffen wollte.«

»Die glatten Felsen als Sprunghilfe zu nutzen, war ja nicht gerade eine schlaue Idee. Selbst neugeborene Küken würden das nicht mal in hundert Jahren versuchen.«

Seine empörten, erniedrigenden Worte bringen mich zum Schweigen. Beschämt lasse ich den Kopf sinken. Da drehe ich mich plötzlich ungewollt und bekomme sofort einen stechenden Schmerz zwischen Brust und Rippen zu spüren. Ein Zischen entweicht mir. Der plötzliche Pein lässt mich zusammenfahren. Mein Blick fällt auf meinen Oberkörper. Augenblicklich beginne ich an meinem Mantel herumzuhantieren, lasse es aber dann doch sein. Vielleicht möchte ich gar nicht wissen, was für eine Verletzung ich mir bei dem Sturz zugezogen habe. So beschließe ich lieber, auf zu stehen und schleunigst das Weite zu suchen. Doch dann sehe ich Revalis Füße direkt vor mir stehen. Langsam blicke ich zu ihm auf. Verwundert schaue ich in sein Gesicht. Jegliche Art von Vorwurf und Verärgerung sind verschwunden, stattdessen sehe ich Sorge.

»Bleib liegen!«, befiehlt er mir mit auffälliger ruhiger Stimme. »Wo tuts weh?«

Der Orni beugt sich zu mir herunter. Ich schlucke, als sein Flügel meinen Mantel berührt.

»Ist schon gut«, erwidere ich ihm abweisend. »Wird schon nichts Schlimmes sein.«

»Davon will ich mir lieber selbst ein Bild machen«, beharrt mein Beschützer stur.

Mir wird wohl nichts anderes übrigbleiben, als Revali Folge zu leisten. Tja, ich bin selbst schuld dran!

»Na gut...«, gebe ich klein bei und beginne meinen Mantel zu öffnen.

Anschließend kremple ich mein darunterliegendes Hemd hoch und entblöße eine ziemlich böse Schürfwunde. Um die Wunde herum bin ich komplett blau.

»Das sieht aber gar nicht gut aus«, stellt der Orni fest. »Ich bringe dich zurück. In meiner Hütte habe ich Medizin, die dir helfen kann. Außerdem muss ich nachsehen, ob etwas gebrochen ist.«

Augenblicklich verziehe ich mein Gesicht zu einer misstrauischen Grimasse.

»Erstens...« beginne ich. »Kann ich mich selbst heilen. Schon vergessen? Zweitens bist du kein Arzt.«

»Sei nicht so stur!«, sagt er zu mir. »Ich bin ein Meister im Heilen von Prellungen und Knochenbrüchen. Was wenn du dich jetzt heilst und deine Knochen schiefzusammenwachsen? Ich denke, das ist keine besonders gute Idee.«

Na super! Ich will nicht, dass der Orni an mir herumdoktert. Aber Strafe muss sein, die Suppe habe ich mir selbst eingebrockt, jetzt muss ich sie auch wieder auslöffeln.

»Von mir aus«, gebe ich nach.

»Gut...«, meint der Orni-Mann nach einer Weile. »Ich hebe dich an deinen Schultern hoch und fliege dich ins Dorf zurück zu meiner Hütte.«

Ungläubig funkle ich ihn an. »Warum lässt du mich nicht einfach auf deinen Rücken steigen, so wie damals bei der Quelle?«

»Falls etwas gebrochen ist, verschlimmert es sich nur, wenn du jetzt auf meinen Rücken kletterst!« Revali zeigt auf meinen Oberkörper.

Die Kälte brennt auf meiner nackten, verwundeten Haut, also bedecke ich mich wieder und schlinge auch den Mantel um mich.

»Also schön...«, sagt er schließlich zu mir. »Bleib einfach sitzen und beweg dich nicht. Okay?«

Ich schweige als Antwort. Abrupt schlägt Revali mit den Flügeln. Vorsichtig greift er mit den Füßen nach meinen Schultern. Ich spüre, wie sich seine Krallen um mich legen und mich emporheben, das nicht gerade schmerzfrei. Schon bald befinden sich meine Füße in der Luft. Der Wind bläst mir ins Gesicht und rötet meine Wangen. Gut, so merkt niemand, dass ich mich gerade bestialisch schäme und das nur, weil ich mich vor Revali beweisen wollte. Das habe ich ja super hingekriegt.

Revali trägt mich über die verschneiten Berge und fliegt schon bald über das Orni-Dorf hinweg. Mir entgeht nicht, dass uns so mancher Orni fragend nachschaut. Doch schon bald kommt Revalis Hütte in Sichtweite, das auf Stelzen etwas abseits vom Dorf erbaut worden ist. Der Vogelmensch fliegt niedriger und landet auf dem Balkon seiner Behausung.

Mit beiden Füßen berühre ich das Holz. Wortlos führt mich der blaue Orni in die Hütte hinein. Ich sehe mich kurz um. Sein Zuhause ist groß und geräumig. Links von mir befindet sich eine Hängematte mit bunten Mustern und in der Mitte des Raumes liegen einige Sitzkissen verstreut, daneben steht ein großer Spiegel. Ganz hinten befindet sich eine Kochstelle.

»Setz dich hierhin und zieh dein Hemd aus!«, weist mich Revali an und zeigt auf die Sitzkissen.

Ich denke gar nicht daran, ihm zu widersprechen. Also setze ich mich hin und tue das, was von mir verlangt wird.

Während ich meinen Mantel aufknöpfe und zu Boden lege, muss ich an den Tag zurückdenken, als mich Revali in die Quelle gelegt hat und wir uns anschließend am Feuer aufgewärmt haben. Auch damals musste ich mich vor dem Orni ausziehen, damit ich meine tropfnasse Kleidung ablegen und ans Feuer zum Trocknen legen konnte. Anfangs war es mir unangenehm, wollte es aber vor ihm nicht offen zeigen. Als ich mich dann allerdings an sein warmes Gefieder geschmiegt habe, verflog jede Scham. Eigentlich muss ich mir eingestehen, dass ich mich sogar sehr wohl in seinen Flügeln gefühlt habe. Seine Präsenz wirkt inzwischen vertraut und eigentlich habe ich meinen Beschützer sogar gerne um mich, wenn er nicht gerade ununterbrochen von sich selbst schwärmt.

Nun ziehe ich mir mein Hemd über den Kopf. Mein Oberkörper wird nur noch von einem ockerfarbenen Büstenhalter bedeckt, der meinen Busen an Ort und Stelle halten. In der Zwischenzeit hat sich Revali ein Töpfchen Salbe und einen Verband geholt. Der Orni hockt sich neben mich hin und stellt die Sachen ab.

»Jetzt leg dich hin!«, höre ich ihn sagen.

Auch dieses Mal mache ich das, was er von mir verlangt. Dabei versuche ich es gezielt zu vermeiden, in seine smaragdfarbenen Augen zu sehen.

»Das wird jetzt vielleicht ein bisschen wehtun«, warnt mich der Orni-Krieger vor. »Aber ich muss nachsehen, ob etwas gebrochen ist und das geht nur mit tasten.«

Wieder schlucke ich, aber ich vertraue ihm.

»Okay...«, stottere ich.

Einen Wimpernschlag später spüre ich Revalis weiche Federn auf meiner Haut. Sanft betastet er die wunde Stelle mit seinen Fingerfedern. Ja, es tut weh! Doch ich versuche, so gelassen, wie nur möglich zu wirken. Obwohl es schmerzt, heiße ich Revalis Berührung willkommen. Ich fühle mich in dem Moment in der Höhle zurückgesetzt, als er mit seinem Flügel meinen Körper bedeckte und wir unbeschwert miteinander redeten. Plötzlich hebt Revali den Blick. Nun kann ich es nicht mehr vermeiden, ihn in die Augen zu sehen. Ich verliere mich in den Weiten des Grüns seiner schönen Augen.

»Es ist nichts gebrochen«, verkündet er mit sanfter Stimme. »Du kannst dich also heilen, aber ich möchte dir trotzdem etwas von dieser Salbe auftragen und dich verbinden. Es kann nicht schaden, denke ich.«

Ehe ich ihm widersprechen könnte, führt er seine Federn in das Töpfchen hinein und nimmt etwas Salbe auf. Mit einer streichenden Bewegung reibt er meine Verwundung mit der heilenden Creme ein. Ich beiße die Zähne zusammen, denn das Zeug brennt. Doch als ich aufsehe und Revalis behutsamen Blick erkenne, vergesse ich den Schmerz voll und ganz. Mein verkrampfter Körper entspannt sich. Ich lehne mich zurück auf das Kissen und lasse es geschehen. Bald beginne ich, den Moment zu genießen und lasse mir Zeit den hübschen Orni genau zu betrachten.

Die vier geflochtenen Zöpfe, hinter seinem rabenähnlichen Kopf, bestehen aus gelben und schwarzen Strähnen, fixiert sind sie jeweils mit einem grünen Ring. Wie Rivali wohl aussieht, wenn er sein Haar offenträgt? Doch ich mag seine Zöpfe, so wirkt er ziemlich attraktiv. Ich mag auch die weißen Musterungen an seinem Körper, die sich an den Rändern seines Kopfes und an seinen Flügeln befinden. Auch sein gestählter Körper und seine muskulösen Arme machen einen echt beindruckenden Eindruck. Er ist ein wirklich reizvoller Orni-Mann.

Und schließlich verliere ich mich ganz und gar in meiner Fantasie. Wieder sehe ich uns beide in der Höhle, wieder bin ich halbnackt und wieder kuschle ich mich an seine Federn. Doch dieses Mal küsst er mich. Es ist ein ziemlich leidenschaftlicher Kuss, voller Liebe und Hingabe.

Doch bevor ich diesen beunruhigenden Gedanken zu Ende denken kann, vernehme ich Revalis Stimme. »Sitz dich auf! Ich lege dir den Verband an.«

Erschrocken zucke ich zusammen. Einen Moment lang befürchte ich, der Orni hätte meine Fantasien in meinen Augen gesehen, doch sofort beruhige ich mich wieder. Revali mag sich zwar für großartig halten, aber er kann keine Gedanken lesen.

So setze ich mich auf und gleich macht der Vogelmensch sich daran, den Verband um meine Wunde zu schlingen. Dieses Mal bemühe ich mich darum, meine Gedanken zu verdrängen. Zugleich bin ich auch schockiert darüber, dass ich überhaupt von so etwas träume. Ich und Revali? Wie absurd! Ich mag ihn zwar inzwischen, aber das... nein, das geht doch nicht. Doch irgendwie... der Gedanke an den Kuss, er war schon angenehm.

Revali kommt zum Ende. Der Verband sitzt perfekt auf meinem Körper.

»Ich bin fertig!«, verkündet er.

Einerseits bin ich froh über seine Worte, andererseits, hätte es von mir aus noch länger andauern können.

Revali hebt mein Oberteil vom Boden auf und überreicht es mir. Augenblicklich wendet er seinen Blick ab und räuspert sich kaum merklich. Irre ich mich etwa oder ist die obere Seite seines Schnabels eben etwas rot geworden? Während ich weiter über Revalis Reaktion nachdenke, ziehe ich mich wieder an. Dabei fällt mein Blick auf das große breite Bett im Zimmer.

»Ich dachte Orni schlafen in Nestern?«, murmle ich ungläubig, als ich mein Oberteil wieder anhabe.

Unbeeindruckt schaut Revali vom Boden auf. Sein Blick wechselt zwischen mir und dem Bett.

»Wir liegen nur in Nestern, wenn wir krank, verletzt oder frischgeschlüpft sind. Das weiß doch jedes Küken«, erklärt mir der Orni spottend.

Schon wieder dieser herablassende Ton... Kann der Orni nicht einfach etwas ganz normal erklären, ohne einem das Gefühl zu geben, dumm zu sein?

Beschämt schaue ich in die andere Richtung. Also der kleine Tulin schläft sowieso in einer Hängematte und das Zimmer von Saki und Teba habe ich mir nie so genau angesehen.

»Tut mir leid, dass ich mit den Sitten der Orni nicht so gut vertraut bin, wie du«, schnaube ich etwas verärgert.

Seufzend steht Revali vom Boden auf.

»Vielleicht solltest du damit anfangen, jetzt, da du schon eine Weile hier bist.« Nun klingt seine Stimme wieder sanfter. »Könnte sich lohnen für dich. Dann musst du mir nicht mehr so solche Fragen stellen.«

Erbost drehe ich mich zu Revali um, da bemerke ich, dass er lächelt. Meine Gesichtszüge mildern sich, auch ich muss schmunzeln.

Ah... Das war also wieder ein Scherz. Verstehe einer diesen Orni! 

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