Chapter Three
"Halt dich fest", knurrte der Todesengel und stakte das Boot auf den Fluss hinaus. Timber saß auf der schmalen Holzbank und blickte aufs Wasser: "Wo wohnst du denn?"
"Unter einer Brücke", kam die Antwort kurz und trocken. Timber sah zu ihm auf: "Wirklich? Ist es schön da?" Der Erwachsene antwortete nicht, sondern fuhr immer schneller geradlinig auf die nächste Brücke zu. Er sah sehr hoheitsvoll aus wie er dort stand, fand der Junge. Er hatte sehr feine Kleidung und trug sehr merkwürdige Schuhe. Sie schienen nicht für den Winter geeignet zu sein, auch war die helle Hose sehr luftig und flatterte um seine Beine wie seine langen Haare mit den zwei Perlensträhnen um seinen Kopf. Timber sah selten Männer mit so langen Haaren, aber es gefiel ihm. Der kleine Junge fand es sonderbar, dass der Fremde eine Knochenhand hatte, aber es gruselte ihn nicht. Ebenso wunderbar fand er den dünnen Schweif, der sich unauffällig an seinen Beinen ringelte. Manchmal zuckte er damit, um das Gleichgewicht etwas besser auszubalancieren. Plötzlich begegneten sich ihre Blicke, und Timber lächelte ihn fröhlich an. Ihm war zwar ziemlich kalt, aber es war zu aufregend hier über die Themse mit einem Drachenmann zu fahren, da durfte er sich über so etwas keine Gedanken machen. Chou lächelte nicht zurück und blickte nur ernst auf das Wasser als müsse er sich konzentrieren. Die Brücke warf einen gigantischen Schatten auf den Fluss, obwohl die Sonne inzwischen auch über die höchsten Hausdächer gestiegen war. Es sah fast so aus, als wäre dort weder Wasser noch Boden, sondern ein riesiges Loch. "Chou, ich hab Angst", flüsterte Timber und klammerte sich mit seinen kleinen mageren Händen an das dunkle Holz der Gondel. Der Ältere sah zu ihm runter, und sein Gesicht sagte so viel wie: Dein Problem, du wolltest doch mit. Aber er sagte: "Mach deine Augen zu." Timber gehorchte.
Es wurde noch ein Stück kälter als sie aus der Sonne fuhren, und mit einem Schlag war alles weg.
Der Wind: weg.
Die Vögel: weg.
Die Menschen und Droschken auf der Straße: weg.
Die Schwerkraft: weg.
Luft: weg.
Schreiend riss Timber die Augen auf, ihm war als atme er Feuer. Seltsame Stimmen waren in seinem Kopf, die undeutlich seinen Namen riefen. Hände griffen nach ihm, Füße traten nach ihm. Aber er konnte sie alle nicht sehen, er war wie blind. Er hörte seine eigenen Schreie und spürte wie er sich selbst die Augen auskratzte, er weinte und schrie, aber sein Körper wollte ihm nicht gehorchen, sein Körper, war weg.
"Timber?
Hey, Kleiner.
Wir sind da, verstanden?
Kannst du mich hören?"
Timber öffnete blinzelnd die Augen. Der Boden schwankte und alles war so seltsam feucht. Aber warm. Da war etwas weiches warmes, auch wenn er nur sehr verschwommen sah, fühlte er sich wohl und drückte sich an das warme weiche.
"Hör auf damit!"
Jetzt schrak er zusammen, denn das warme weiche verließ ihn und er wurde auf die Füße gestellt. Zwei genervte rote Augen funkelten ihm entgegen. Er hatte Angst vor diesen Augen, obwohl sie gleichzeitig auch wirklich schön waren. Er sah sie noch etwas länger an, und registrierte die schwarzen Streifen unter ihnen, die wie Tränenbahnen seine blassen Wangen zierten. Es sah merkwürdig traurig aus, fand Timber.
"Timber lass mich los!"
"Oh...", er löste seine klammen Hände vom rauen roten Stoff, wo ein paar Falten zurückblieben, dann wurde ihm mit einem Schlag furchtbar übel, und alles wurde schlagartig schwarz und still.
"Das war nur gerecht, schon vergessen was du mit mir gemacht hast?", die Dämonin wollte Kai Chous kauernde Haltung ausnutzen und über das zerknitterte Hemd streichen, aber der stieß sie weg, sodass sie ins nasse Ufergras plumpste: "Hör auf damit Midori, was wird das? Wenn du mich anbaggern willst, such dir erstmal ne Schaufel" er trottete den vereisten Weg hinauf zum Haus, "jetzt komm." Midori rappelte sich hoch und lief ihm nach: "Ich seh schon das wird noch lustig. Sag mal, ist es eigentlich legitim, dass du uns mit hierher genommen hast? Ich meine, hier sind jetzt eine lebende und eine untote Seele zu viel, nicht wahr?"
"Na und. Solange ich hier das Sagen habe, sollte das kein Problem sein", gab Kai Chou ohne viel Bedenken zurück. Die beiden betraten das Anwesen des Monarchen und steuerten auf die Couch zu. "Shiva, Tee!", orderte Kai Chou, kaum dass der Umriss der Eingangstür verschwommen war. "Oh wie elegant. So... nichts sagend und... leer. Hübsch", Midori ließ sich auf die Couch fallen. Hätte sie in ihrem eigentlichen Körper gesteckt, wäre das womöglich anmutig gewesen, aber so war es einfach lächerlich. Außerdem reichten ihre Füße gerade mal bis zur Mitte der Couch, sodass Kai Chou problemlos am anderen Ende sitzen konnte ohne ihr in die Quere zu kommen. Der grünhaarige Shiva kam mit einem Tablett in den Raum und stellte zwei dampfende Tassen auf den hellen Tisch: "Sehr wohl, mein Herr. Wollt Ihr mir verraten, weshalb Ihr diesen Menschen mitgebracht habt?" "Du kannst gehen", Kai Chou machte sich nicht einmal die Mühe, um auf die Frage zu antworten und schickte seinen Diener fort. "Woah!", Timbers Augen waren wieder braun geworden und er sah sich begeistert um. Wie er hierher gekommen war, fragte er sich nicht. Kai Chou nippte an dem Tee und beachtete ihn nicht weiter. Auf dem Tisch vor ihnen lag noch immer das kleine Buch, welches ihn erst auf Timbers Fährte gebracht hatte. "He Kleiner", er sah nun doch zu dem Jungen, der ihn sofort anstrahlte, "das hier ist dein Buch, nicht wahr?" Timber nahm den Gegenstand in die Hand und schlug es auf: "Ja! Ich dachte es wäre auch verbrannt, danke!" Timber warf sich Kai Chou an den Hals: "Danke sehr Herr Chou! Vielen vielen Dank!" "Jaja schon gut", der Shinigami drückte seinen ungestümen Gast von sich, "ich sagte doch, du kannst einfach Chou sagen. Weißt du, wo du dein Buch verloren hast?" Timber blickte auf den schwarzen Boden und drückte das Büchlein an seinen dünnen Körper. Er sah plötzlich sehr verloren und verletzt aus. Es dauerte nicht lang, da fing er an zu schluchzen: "Das Feuer hat alle totgebrannt! Da war nur noch Licht und Rauch, und ich bin rausgerannt", er vergrub sein Gesicht in den Händen, "ich habe sie alle zurück gelassen... Pigsmell..."
Kai Chou saß da und wusste nicht was er machen sollte.
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