Chapter Ten
"Wie lange fahren wir noch, Risu?", fragte Timber und rutschte auf seinem Platz ungeduldig hin und her. Er wusste, dass es sich nicht gehörte, aber ihm war langweilig. "Ich weiß nicht, eine Erdenstunde oder so." Kai Chou nickte daraufhin: "Ich sehe mich im Zug um-" "Ich komm mit!", Timber sprang auf und strahlte Kai Chou an, der aber sofort vehement den Kopf schüttelte: "Wir wissen nicht was für Leute hier noch mitfahren." "Du schaffst es nicht auf einen kleinen Jungen aufzupassen, Kai-kun?", Risu grinste mit seinen Augen, "weißt du was? Dann schaue ich mich mit Timber um und du bleibst bei Shiva!" Der Shinigami nahm Timbers Hand und öffnete die Schiebetür des Zugabteils. Kai Chou fuhr sich mit der Knochenhand durch die weißen Haare an seiner Stirn: "Na schön. Shiva ist zumindest nicht so nervig wie ihr." "Oh, was für ein Kompliment", Risu warf Kai-Chou einen Luftkuss zu, dann war die Tür wieder zu. Mit einem gequälten Gesichtsausdruck ließ der Tod sich neben Shivas Füße auf die Bank fallen und sah seinen Diener ohne bestimmte Gedanken an. "... Tee?", fragte dieser schließlich, was Kai Chou nicht ablehnte.
Timber lief fröhlich mit Risu durch den Flur. Sie steuerten die dort an, Risu hatte gesagt dahinter war wahrscheinlich ein Essenswaggon. Bisher hatte Timber keinen Hunger verspürt, aber jetzt war er doch neugierig geworden. Totes Essen? Aber der Drachenmann hatte doch gesagt, dass Essen nicht sterben konnte. Und die Bäume hier? Lebten die oder waren sie tot? Er guckte an Risus Arm nach oben zum Gesicht des Todes. Woran erkannte man denn, ob etwas oder jemand lebte? Natürlich, solche Menschen wie Risu und Chou hatte Timber noch nie gesehen, aber er war bereits auch nur in London gewesen. Von Catface wusste er, dass es noch ganz viele Orte gab, und Kai Chou hatte doch gesagt das Schert sei aus Japan. Vielleicht waren sie aber auch einfach vom Mond. "Da wären wir dann wohl", Risu zog die Tür auf und die beiden merkten sofort den Unterschied. "Ohaaa!", rief Risu, "hier riecht es aber göttlich!" Timber nickte erfreut, denn es stimmte. Es roch nach so viel Essen gleichzeitig, ohne dass sich die Gerüche vermischten. Es war so als können man mit jedem Schritt ein neues Gericht erschnuppern. Der Waggon war bis auf eine spindeldürre in schwarz gekleidete Person komplett leer, aber diese blickte die Neuankömmlinge jetzt sehr erstaunt an. "Es ist so wunderbar hier, da vergesse ich doch glatt meine guten Manieren!", Risu hüpfte wie ein kleines Kind auf den einzigen Gast zu, "dürfen wir uns zu Ihnen gesellen?" Timber hielt sich zurück, ihm war das komische dünne Wesen nicht ganz geheuer. Es war sehr groß. Der Kopf stieß beinahe an die Decke und wirkte unmenschlich langgezogen. Auch der Hals war viel zu lang als er eigentlich sein dürfte. Mit den langen spitzen Fingern fiel es ihm schwer, das Besteck zu halten. "Ich denke hier ist noch genug Platz?", die Stimme war sonderbar ängstlich, was mit dem Aussehen des Außerirdischen sehr im Kontrast stand. "Das ist nett!", Risu setzte sich gegenüber der Fremden und Timber beeilte sich, auch auf die Bank zu klettern. Wieder berührten seine Füße den Boden nicht mehr und er fühlte sich so klein. Vor allem in Anwesenheit dieses Riesen. "Ich bin Risu und das hier ist Timber, wer sind Sie?", der Tod der Eichhörnchen war mal wieder alles andere als zurückhaltend. "Ich... ich heiße Viola-Amélie", sagte das Wesen und nahm schüchtern ihre Hände vom Tisch um sie in ihren Schoß zu legen. "Bist du ein Dämon?", fragte Timber. Es waren nun endgültig zu viele Fragen in seinem Kopf, eine musste er jetzt aussprechen. Viola-Amélie schüttelte rasch den langgezogenen Kopf: "Nein, ich bin ein Nachtmahr." Damit konnte Timber wieder nichts anfangen. Er hatte gedacht es gäbe nur Dämonen und Engel und so. Von Nachtmahren hatte Risu jedenfalls nicht gesprochen. "Wie schön!", sagte Risu und lehnte sich zurück, "ich habe noch nie einen gesehen und hatte mir euch immer viel garstiger vorgestellt." Viola-Amélie entfuhr ein leises überraschtes Oh, und ihre großen schwarzen Augen weiteten sich noch mehr, sodass in Timber die Vermutung aufkam, ihr ganzer Kopf wäre ein einzelnes großes Auge, was aber nur aus den beiden Öffnungen aus ihrer Haut hinausschauen konnte. Rasselnd näherte sich ihnen ein fliegendes Tablett. Was daran so rasselte, war nicht zu erkennen. Auf dem Tablett standen einige Getränke und Speisen, darunter wohl aber nichts was für sie bestimmt war, denn es flog gemächlich rasselnd an ihnen vorbei. "Überrascht Sie das so sehr? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es noch hübschere Wesen als Sie geben soll.", flirtete Risu währenddessen unverwandt weiter, was Timber den Mund verziehen ließ. Er fand Viola-Amélie außerordentlich gruselig und gespenstisch und wollte hier so schnell wie möglich weg. Ungeduldig zupfte er Risu am Ärmel, aber der Shinigami reagierte nicht, also hörte er wieder damit auf. "Das... ich denke schon...", dem Nachtmahr schien das alles ebenso wenig wie Timber zu behagen, und sie fing an, an der Silberkette an ihrem Kleid herumzuspielen, "es ist wirklich sehr nett sich mit Ihnen zu unterhalten aber..." Sie stand auf und vermied dabei den Blickkontakt zu Risu, "ich habe noch etwas zu erledigen." "Oh, sehr schade", Risu seufzte enttäuscht, "ich wünsche Ihnen eine angenehme Weiterfahrt und vielleicht sieht man sich ja mal wieder." Der Tod lächelte der großen seltsamen Frau noch nach, bis sie außer Sichtweite war. "Risu, was ist ein Nachtmahr?", Timber baumelte mit den Füßen in der Luft und hörte schon wieder das Rasseln des schwebenden Tabletts näher kommen. "Ein Nachtmahr ist ein Wesen, das andere Wesen in ihren Träumen besuchen kann. Du bist bestimmt schon mal einem begegnet. Meistens machen sie einem Angst oder sie sind einfach nur da und lenken dich ab."
"Ablenken? Wovor denn?"
"Naja, vor Dingen eben, die man dir verheimlichen will."
"Aber wenn sie Wesen in ihren Träumen begegnen, warum sind wir dann gerade einem begegnet, obwohl wir wach sind?"
Risu zuckte mit den Schultern: "War wohl ein Tagtraum." Dann legte der Shinigami doch nachdenklich den Kopf schief: "Aber war das dann mein oder dein Tagtraum? Wenn wir Viola-Amélie beide sehen konnten, müssen wir ja gleichzeitig den selben Traum gehabt haben... oder einer von uns beiden träumt noch immer und bildet sich den anderen nur ein."
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