Chapter Fourteen
Kai Chou sah dem Zug keine Sekunde hinterher sondern wandte sich ab, kaum dass er sich vergewissert hatte, dass Risu ihm folgte. Stumm lief er die kleine Anhöhe hinauf, wo er Timber auf dem nebligen Boden absetzte und den Kopf in den Nacken legte, als wolle er Vögel beobachten. Nur dass dort keine Vögel waren und auch sonst nichts anderes als der übliche graue Wolkenschleier. Dass er damit nur aufkommende Tränen zurückhalten wollte, ahnte nur Risu. "Und jetzt?", fragte Timber verwirrt. Der kleine Junge war noch immer wie benebelt, außerdem hielt er sich den Kopf, den Schmerzen durchpochten. Er hatte das Gefühl etwas sehr wichtiges verpasst zu haben, alles erschien ihm so rätselhaft dass er sich fragte, ob er nicht noch immer in Viola-Amélies Traum feststeckte. Oder wie auch immer die seltsame Frau hieß. Chou sagte etwas, aber Timber konnte ihn nicht hören. Er konnte sowieso gar nichts hören außer sich selbst. Kurz wunderte ihn das etwas. Dafür lag vor ihm ein leuchtender Pfad aus Millionen dieser Lichterwesen. Neugierig zeigte er drauf: "Müssen wir da lang?" "Ja klar!", sagte eine Stimme, die in seinem Kopf zu sein schien, "dort findest du Pigsmell." Unwillkürlich lächelte der Junge und fing sofort an auf die Lichter zu zu rennen - aber Kai Chou packte ihn am Kragen und hielt ihn fest. "Darf ich nicht schon einmal vorgehen? Bitte!", Timber versuchte sich loszureißen aber er war zu schwach, sodass er aufgab und sich in eine andere Richtung ziehen ließ. Ein Schluchzen stieg in ihm hoch. Er wollte nur seine Freunde wieder sehen, warum ging das nicht? "Hör nicht auf den Drachenmann", sagte die Stimme wieder, "er macht nur, was er für sich selbst am besten hält." Timber nickte und sah zu Kai Chou hoch, der mit einer ausdruckslosen Miene durch den Nebel lief. Stark sah er aus. Unverwundbar. "Chou...?", er versuchte die Aufmerksamkeit des Shinigami auf sich zu lenken, aber dieser beachtete ihn überhaupt nicht. Als wäre Timber bereits eine tote Seele die er jetzt gleich in die Hölle schmeißen wollte. Der Junge bekam es mit der Angst zu tun und fing an zu zappeln und sich gegen den Griff zu wehren. "So wird das nichts Kleiner. Du brauchst etwas womit du ihn schlagen kannst. Ein Hilfsmittel!", riet ihm die Stimme und er sah an sich hinab. Ein Hilfsmittel? Sollte er... das Schwert benutzen? Ruppig zog Kai Chou ihn weiter und er strauchelte kurz. Ach was, das Schwert würde einem Tod doch wohl nichts ausmachen. Trotzig zog Timber die Waffe und stach Kai Chou damit in den Oberschenkel, sodass dieser ihn augenblicklich losließ und Timber fliehen konnte. "Danke!", sagte er lächelnd zum Nebel, weil er nicht wusste, wo die Stimme herkam. Wahrscheinlich ein Gespenst, sagte er sich. Mit dem kleinen Schwert noch immer gezückt rannte Timber ungebremst über die Wiese. Das Leuchten der Lichterwesen zeigte ihm den Weg und er fühlte sich von einer inneren Wärme durchströmt. Er war seinem Ziel sehr nah, das wusste er. Und dann würde er endlich seine Freunde wieder sehen! Ein kurzer Blick über die Schulter sagte ihm, dass ihm niemand folgte. Da war nur dichter Nebel und sonst nichts. Hier standen nicht einmal mehr sehr viele Bäume und die Landschaft war von leichten Hügeln durchzogen. Wenn hier nicht immer so viel Nebel wäre, wäre es fast schön, dachte er sich. Es war seiner Welt nicht einmal so unähnlich. Plötzlich stolperte er und rutschte den Hügel auf seinem Hinterteil hinab. Die Waffe entglitt seinen Händen und sie fiel vor ihm in den Nebel. Irgendwohin, wo Timber sie nicht mehr sehen konnte. Das war ihm aber egal, denn sie war ihm sowieso im Weg gewesen und besonders viel damit anstellen, konnte er auch nicht. Am Fuß des Hügels angekommen, entdeckte der Junge eine kleine Höhle, wie ein Fuchsbau. Unsicher blickte er hinein. Es war sehr dunkel, aber ganz hinten schimmerte ein kleines, goldenes Licht. Wie der Schein einer Laterne oder Kerze. Und er vernahm Stimmen! Sie waren zu weit weg um sie zu verstehen, aber doch nah genug, um den Jungen lauschen zu lassen. Die Stimmen vieler Kinder - und einer Frau. War das nicht Miss Chuckley? "Hallo?", rief Timber und kroch ein Stück in den feuchten erdigen Tunnel. Die Hose an seinen Knien begann durchzuweichen und er stieß sich den Kopf an einem Stein. Sehr muffig hier unten, ging es ihm durch den nun schmerzenden Kopf. Sollte er da wirklich rein? Es kam ihm ein bisschen so vor, als wäre das ein Grab. Überall Erde um ihn herum, der Geruch war auch nicht angenehm und das Licht war so weit weg. Aber was, wenn dort wirklich Miss Chuckley war? Die anderen konnten dann auch nicht weit sein!
"Fahr zur Hölle!", rief Kai Chou nun schon zum zweiten Mal und enthauptete einen Yokai mit seiner Sense. Sie hatten keine Ahnung wo Timber war. Im Nebel war es unmöglich gewesen ihm zu folgen und die eisige Erde bot keinerlei Informationen über Fußabdrücke. Andererseits war er sowieso nicht zu sehen, da eigentlich so gut wie gar nichts zu sehen war außer dem Weg. Risu hatte Eichhörnchen beauftragt Timber zu finden, aber da er ihnen weder Richtung noch sonst etwas hatte angeben können, würde das eine miese lange Zeit in Anspruch nehmen. "Denkst du, es lag an Midori?", fragte Risu und lehnte sich erschöpft an einen Baum. Kai Chou nickte: "Sie hat ihn wahrscheinlich Dinge sehen und hören lassen, die nicht da waren. Wir hätten bedachter vorgehen müssen!" Wütend fällte er den Baum an den Risu lehnte mit einem Hieb, und der Tod der Eichhörnchen sprang quiekend auf. "Es war doch klar, dass Midori sich sträuben würde! Sie ist eine Yoma, ich habe sie unterschätzt", grimmig fuhr Kai Chou sich mit der Hand über das noch immer schmerzende Bein. Die Wunde hatte sich schon wieder so gut wie geschlossen aber er war gerade sauer auf alles. Außerdem waren seine Haare klitschnass ebenso wie seine Klamotten. Wieso gab es hier so viel Nebel? Damit die Dämonen-Melonen besser wuchsen oder was. "Hör mal", sagte Risu beruhigend, "ich bin mir sicher, dass wir ihn finden. Das wird alles wieder Kai-kun. Wir schaffen das. Okay?" Der Shinigami legte seinem Kumpanen eine Hand auf die Schulter und sah ihn an. Er sieht so traurig aus, dachte Risu, so völlig zerstört und entkräftet. "Du brauchst eine Pause. Lass uns zu Luzifers Ruine gehen und dort warten. Da ist es nicht so nass", ohne Widerworte zu akzeptieren packte Risu Kai Chous Arm und zog ihn zurück auf den Weg und von dort aus zur Ruine. Sie war nicht mehr weit und stand auf einem kleinen Berg, sodass man ihre Umrisse bereits erahnen konnte.
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