Seelen Farben
Ich verstand es nicht. Ich verstand einfach nicht wie das passieren konnte. Da war sie schon wieder. Die Seele. Die Seele, die jedesmal in Menschengestalt hier erscheint. „Nicht überrascht Tod zu sein?", fragte ich sie. Sie lächelte leicht, schüttelte den Kopf. „Wie heißt du?", fragte er und zupfte an dem Gewand, das ich ihm zum anziehen gegeben hatte. „Taehyung.", antwortete ich und zeigte in eine Richtung. „Ich bringe dich zum Tor, ja?"
Eigentlich wollte ich es so schnell wie möglich wieder hinter mir haben. Diese Seele lockte Monster in Scharen an. Ich hatte nicht sonderlich große Lust gegen noch mehr als gewöhnlich zu kämpfen. „Ich heiße Yoongi.", erzählte er mir. Natürlich hieß er das. Das tat diese Seele jedes Mal. Seit schon mehr als tausend Jahren. Jedesmal aufs Neue hieß sie Yoongi.
Jedesmal wenn diese Seele starb. Ich betrachtete die Seele nur einen Augenblick. Unser Toublemaker. Besser war es wenn ich ihn schnell zum Tor brachte. Dann war er wieder auf der sicheren Erde und ich hatte wieder meine Ruhe. „Du bist nicht sehr gesprächig.", stellte die Seele fest und ich verdrehte die Augen. Blitzmerker. So wie jedesmal. Langsam. Konnte er auch mal etwas anderes sagen. Ich beeilte mich.
Kaum das die Seele durchs Himmelstor getreten war tauchte Jungkook neben mir auf. Er war wie ich ein Sensenmann. „Du hast ihn schon durchgeschickt...", flüsterte er und ich spürte seine Trauer. Das war wohl das meiste das ich an dieser Seele nicht verstand. Warum Jungkook so erpirscht auf sie war. Sie liebte. Ja, Jungkook, mein Bester Freund hatte sich in diese Seele verliebt. Wartete sehnsüchtig darauf, daß sie nach ihrer Lebenszeit wieder in die Zwischenwelt geschickt wurde nur um dann wieder einen schmerzhaften Abschied durchzumachen.
Jedesmal aufs Neue. Mittlerweile konnte ich ihn auch nicht mehr leiden sehen. Er machte es jetzt schon seit Jahrzehnten, seit Tausenden von Jahren. Immer und immer wieder. „Warum tust du es dir eigentlich an, jedesmal wieder nach ihm zu suchen?", fragte ich. An seiner Stelle hätte ich mich wohl noch weiter von der Seele entfernt um den Schmerz nicht mehr zu fühlen. Wir Sensenmänner waren keine seelenlosen Wesen. Wir waren Seelegeborene und unsere Fähigkeiten ließen uns hier in dieser Welt zusammen mit dem Chain Überleben.
Würden wir den Chain ablegen würden wir unweigerlich unsere Fähigkeiten verlieren und nur als Seele weiter existieren. „Seine Seele.", lächelte Jungkook. „Sein Wesen erfüllt mich mit so vielen Farben. Ich sehe ihn anders als dich. Ich liebe seinen Anblick und seinen Charakter. Die Geschichten die er mir erzählt." Stimmt. Da war ja was. Auch meine Sensenmann Fähigkeit spielte bei dieser Seele verrückt. Ich konnte nicht wie Jungkook die Seelen sehen, dafür aber konnte ich sie fühlen. Yoongi fühlte ich schon, wenn er auch nur am anderen Ende dieser Ebene war. Ich fühlte Gefühle. Nicht wirklich Präsenzen.
Wenn Jungkook seine Gefühle versteckte und eine harte Maske aufzog, so konnte ich dennoch verspüren wie er fühlte. Erst wenn ich mich versteckte oder viel Abstand zwischen uns brachte, konnte ich wieder befreiter atmen. Manchmal waren mir Gefühlseindrücke von anderen doch zu viel. Vor allem wenn sie so heftig wurden, daß ich meine kaum mehr von den der anderen unterscheiden konnte. Yoongi erfüllte mich immer mit einem Gefühl von Farbe. Warum das konnte ich nicht sagen. Ich fühlte mich dann immer Magentablau. Es bereitete mir jedes Mal aufs Neue eine Gänsehaut.
„Du kannst unmöglich so weiter machen. Du zerstörst dich.", stelle ich klar und atme tief durch. Jungkook seufzte. „Das musst du mir nicht sagen." Trauer durchzog mich. Seine Trauer. Der Schmerz den er fühlte durchzog mich und die Liebe. Nein. Ich musste ihm nicht sagen, dass er sich damit zerstörte. Genauso wenig wie er mir sagen musste, was er dabei fühlte. Das waren Dinge die wussten wir voneinander. Wir waren wie Brüder.
Zusammen hatten wir unsere ersten Seelen gesammelt, die ersten Monster erlegt und die Seelen zum Himmseltor gebracht, damit sie neugeboren werden konnten. Uns Verband einiges. Auch wenn wir uns nur selten sahen, diese Verbindung war immer da. Seine Trauer war immer irgendwo in meinem inneren.
Jungkook nickte mir noch einmal zu, bevor er sich vom Boden abstieß und einen großen Sprung in die Richtung seines Arbeitsfeldes machte. Auch ich kehrte in meines zurück. Meine Gedanken jedoch waren nicht wirklich bei der Sache. Ich verteidigte mich halbherzig, sammelte die Seelen ohne großes Gefühl ein. Jungkooks Trauer hang mir noch nach. Viel zu sehr. Als ich das zweite Mal an diesem Tag meine Seelen am Himmelstor ablieferte, wusste ich, dass ich es so nicht weitergehen lassen wollte. Ich wollte Jungkook nicht mehr leiden sehen. Ich wollte etwas tun.
Bei meiner dritten Rückkehr zum Himmelstor wusste ich auch endlich wen ich am besten fragte. Fest umgriff ich meinen Chain als ich die Seelen ablieferte, dachte daran dass ich den Wächter der Welten sehen wollte. Ich spürte wie der Chain begann zu pulsieren. Dann war ich schwerelos. „Du hast nach mir gerufen?“, ertönte eine Stimme und ein Gefühl der Liebe durchströmte mich. Ein Gefühl der Bodenlosigkeit, der Allgegenwärtigkeit, der Aufmerksamkeit.
„Hoseok.“, sagte ich bestätigend. Ich war schon öfters auf den Wächter getroffen. Jedesmal wieder durchströmte mich die Ruhe und bodenlose Zufriedenheit. Es war ganz anders hier in der Ebene des Wächters zu verweilen und dessen Gefühle zu verspüren. Hoseok gab kaum Gefühle von sich, er spiegelte eher meine wieder. „Was möchtest du Taehyung?“, fragte er und lächelte mich sanft an. Ich wusste das ohne ihn in seiner menschlichen Gestalt zu sehen. Dafür kannte ich ihn gut genug.
„Es geht um Jungkook. Yoongi macht ihn ganz kirre und ich kann nicht zulassen, dass er weiterhin so leidet. Er macht sich kaputt und sollte er je seine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle halten können, ich weiß nicht was dann passiert.“, erklärte ich meine Sorgen. Starkfühlende Sensenmänner waren gefährlich. Nicht zuletzt weil ihre Fähigkeiten darauf beruhen konnten. Es fühlte sich noch immer an, als würden die Gefühle meines Freundes in mir wabern, doch das konnte hier in der Wächterebene nicht sein.
„Ich verstehe.“ Hoseok seufzte. Seine menschliche Gestalt bildete sich vor mir. Erlöste mich von der Umgebung die sowohl weiß, als auch schwarz zugleich war. Ein nichts. „Wie stellst du dir das vor?“, fragte er und legte seinen Kopf leicht schief. Hoseok begrüßte mich in seiner Welt. Ich wusste er genoss meine Anwesenheit. „Man könnte ihn auch zu einem Sensenmann machen. Dann hätten wir das Problem nicht.“, erklärte ich meine Überlegungen.
„Tae, du musst wissen, es darf nur eine ungerade Zahl an Sensenmännern geben. Die Seelensammler müssen diese Bilden um dem Tod die Entscheidung abnehmen zu können. Wäre sie gleich, so kann ein Gleichgewicht für eine Entscheidung entstehen und das darf nicht sein. Zudem kann es sein das Yoongi diese Arbeit nicht machen möchte.“, erklärte der Wächter und fasste mich vorsichtig am Arm. Er musterte mich. Seine Augen, so allwissend schauten mich durchdringend an.
„Soweit ich das sehe, so wird dies die einzige Möglichkeit sein. Jungkook wird seine Arbeit nicht aufgeben wollen und eine weitere Seele zu finden die diese Arbeit übernehmen möchte und kann wird schier unmöglich sein.“, sagte er schließlich und Strich mir über den Kopf bevor er sich wieder abwandte. Sein Blick glitt ins Unendliche.
Für einen Moment hatte ich schon fast die Hoffnung verloren, bis mir bewusst wurde was Hoseok genau gesagt hatte. Mit seinem Zusatz hatte er mir klar gemacht, dass die Seele mit dem Namen Yoongi durchaus dazu in der Lage war ein Sensenmann zu werden. Noch eine zweite Seele zu finden, das war wie Hoseok es sagte, ein Ding der Unmöglichkeit. Ich konnte mit keiner anderen Seele kommunizieren. Nur Yoongi bildete eine Ausnahme. Er war besonders und das allein konnte ihn zu einem Sensenmann qualifizieren.
Doch wenn er kam musste jemand anderes gehen. Ich fing Hoseoks Blick wieder auf und er nickte zu meinen Gedanken. Deutete mit einem leichten Wink auf den Chain in meinem Händen, bevor er verschwand. Ich tauchte auf der anderen Seite des Tores wieder auf, atmete tief durch. Das war also die einzige Lösung. Ich musste meinen Job an den Nagel hängen, ihn Yoongi überlassen. Unsere Plätze tauschen. Würde ich es für Jungkook tun können?
Die Frage Beschäftigte mich drei weitere Besuche von Yoongi lang. Das erste Mal war er ein Alter Herr, das zweite Mal nur ein 5 jähriges Kind. Jungkook hatte es zerrissen. Noch mehr. Ich sah noch immer vor meinen inneren Auge wie er mit dem Älteren Yoongi erzählte und seine Lebensgeschichte aufnahm, wie er mit dem Kind lachte, es aufmunterte, es umsorgte und schlussendlich mit viel Überredungskunst durchs Tor brachte. Sein Blick, lächelnd, als er mit dem Kind an der Hand durchs Tor trat und sein Blick, schmerzerfüllt, als er allein wieder herauskam.
Sein Gefühl der Trauer und Liebe hatte sich nun sehr in meine Seele gefressem, ließ es mich selbst dauerhaft spüren und dafür musste ich nicht einmal in seiner Nähe sein. Beim dritten Mal, hatte ich Yoongi vor Jungkook abgefangen und ihn gefragt wie er es fände hier zu leben. Diese Arbeit zu tun und er hatte lächelnd gemeint, das er damit keine Probleme hätte. Noch immer erfreute es mich, dass die Seele sich diese Aufgabe anvertraute. Auch ich würde sie im anvertrauen. Und ich vertraue ihm Jungkook an.
Allamiert hatte ich sofort alle meine Sachen genommen und war losgerannt, als ich etwas ganz bestimmtes verspürte. Das Magentablau durchsprang mich wieder. Meine Lungen brannten, denn ich musste vor Jungkook bei dieser Seele sein. Yoongi war wieder zu uns zurück gekommen und ich musste noch etwas erledigen, bevor ich ihn in Jungkooks Hände begeben konnte. Ich hatte den Entschluss gefasst. Ich würde mit Yoongi tauschen. Diesen Job tat ich lange genug. Yoongi war frisch und würde in die Sensenmänner nicht nur neuen Wind reinbringen, sondern auch den Schmerz meines Besten nehmen. Es musste die Richtige Entscheidung sein. Jungkook hatte es nicht verdient weiter so zu leiden.
Ich wurde langsamer und kontrollierte meinen Atem, als ich ihn erblickte. „Hallo.“, lächelte mir diese Seele schüchtern entgegen. Ein Glück war er nicht weit von mir entfernt gewesen. „Hallo Yoongi.“, lächelte ich ihm zu. „Nimm das hier und pass auf es aus ja?“, nickte ich ihm zu und drückte ihn meinen Chain in die Hand. „Lege ihn nie ab und verspricht mir niemanden zu erzählen woher du ihn hast okay? Ich muss nun leider wieder los.“ Er schaute mich verwirrt an und ich nahm das auch nicht übel. Ich wäre an seiner Stelle wohl auch sehr verwirrt.
Kaum dass ich sein Nicken und das Funkeln in seinen Augen sah, sprang ich auf und lief weiter. Meine Arbeit war getan. Ich musste nur noch zum Himmelstor, hindurch gehen und an Yoongis Stelle in den Kreislauf eingehen. Hinter mir und um mich konnte ich die Gefühle wahrnehmen. Viele und doch achtete ich nur auf zwei bestimmte.
Das Tor erschien mir mit einem Mal, so seltsam fremd, wie schon lange nicht mehr. Ich konnte das Glück von Jungkook spüren, wusste dass nie wieder die Trauer darin so Herrschern würde. Er würde mit Yoongi hier glücklich leben können. Für immer mit seinem Liebsten vereint. Dieser Gedanke gab mir den Mut und ich trat durchs Himmelstor. Es wurde Zeit mal ein neues Leben zu leben.
Ende
Es erschien mir ein wenig seltsam aus Taehyungs Sichtweise alles zu erzählen. Wie empfandest du es?
Was denkst du über das Ende?
Stellst du dir auch vor, was für eine Überraschung es für Jungkook und Yoongi sein muss wenn letzterer durchs Himmelstor tritt und auf der anderen Seite wieder rauskommt?
Was denkt ihr, würde Jungkook zu Taehyungs Entscheidung sagen?
(und irgendwie da habe ich das Gefühl es würde etwas fehlen. So als sei etwas nicht korrekt. Ich hoffe ihr mögt es trotzdem.)
Gerry Moon
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