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7. Die magische Kugel


Kraftlos sackte Cian in den vom Meerwasser aufgeweichten Sand. Seine klitschnasse Kleidung klebte ihm wie eine lästige Klette an seinem Körper und salziges Wasser triefte ihm von seinen zerzausten Haaren übers Gesicht. Noch dazu war ihm kalt. Eiskalt! Er fühlte sich, als hätte ihn eine grobe Hand am Kragen gepackt und ihn bis zum Schopf in ein Eisbecken gesteckt, wo er sich für eine halbe Ewigkeit zu Tode frieren durfte. Am ganzen Körper schlotternd krampfte Cian sich auf der Erde zusammen und würgte mit ununterbrochenen Hustern das teuflische Salzwasser aus seiner Kehle heraus.

Kurz nachdem der Junge von der Flut in die seltsame Höhle hinein gerissen worden war, hatte sich das Tor, das auf diese übernatürliche Art und Weise entstanden war, mit einem lauten Rumsen von selbst geschlossen, und an den wie Knochen knackenden Geräuschen hatte Cian erraten können, dass sich die Risse in der Wand wieder geschlossen hatten. Er war darauf in vollkommener Dunkelheit und einem Wasserbecken gefangen gewesen, das bis zur steinernen Decke reichte und die hm keine Möglichkeit gab, nach Luft zu schnappen. Genau aus diesem Grund war Cians Panik auch gewachsen. Nachdem er sich vorhin nichts schöneres als das Sterben hatte vorstellen können, war er nun wieder bei besserem Bewusstsein gewesen und hatte seine Meinung bezüglich dieses Themas geändert. Er hatte schlagartig Angst davor bekommen, hoffnungslos zu ertrinken, und hatte völlig verzweifelt gegen die Decke der Höhle gehämmert, während er mit Würgegeräuschen um seinen kümmerlichen Sauerstoffgehalt rang. Und dann, als er bereits die Hoffnung aufgegeben und seine Kräfte verloren hatte, waren plötzliche Fluten durch das Wasserbecken gezogen, die sich weiter in die Weiten der Höhle schlängelten. Mit allerletzter Kraft hatte sich Cian gerade noch an einem Felsbrocken von der unebenen Steinwand festklammern können, als das gesamte Wasser auch schon durch den Gang der Höhle abfloss. Zu seinem Glück war Cian kurz nachdem auch die letzten Strömungen angezogen waren nicht besonders tief gefallen und da der Untergrund aus aufgeweichtem Sand bestand, war er auch nicht sonderlich hart aufgeprallt. All das, was geschehen war, hatte jedoch dazu ausgereicht, dass der Junge zu Tode erschöpft war.

Benommen blinzelte Cian. Seine Augen waren immer noch furchtbar am brennen und am liebsten hätte er sie sich mit beiden Händen gerieben, doch er fühlte sich kaum imstande, auch nur einen winzigen Knochen zu rühren. Als hätte man ihm sämtliche Muskeln und Sehnen aus seinem Körper gewissen lag er reglos im feuchten Schlamm, keuchend und um Atem ringend. Er hatte sich selten so elendig gefühlt.

Mit schweren Augen schielte er um sich herum. Doch nur anhand dessen, dass sie vom Reiz des Salzwassers wie verrückt juckten, erkannte er überhaupt, dass er sie geöffnet hatte, denn auch mit offenen Augen sah er gerade genauso wenig wie mit geschlossenen. Nichts als trostlose Schwärze umgab den Jungen; verschluckte ihn förmlich mit all ihrer Düsternis und Einsamkeit. Der einzige Klang, der an den Wänden seines Gefängnisses widerhallte waren die leisen Tropfen, wie von der Decke hinab fielen und mit einem leisen Plitschen auf Cians Haut zerbersteten. Dem Jungen schauderte es und er schüttelte sich, um die lästige Gänsehaut loszuwerden, die seine entsetztliche Angst verdeutlichte. Es bereitete ihm ziemlich Unbehagen, zu wissen, dass er in einer gottverlassenen Höhle auf dem Meeresgrund gefangen war, schwach und durchgefroren wie er gerade war. Seine Schuluniform, die er nun unter Garantie in den Müllschlucker verbannen konnte, schien ihn mit all ihrer Nässe nur so zu erzwängen und gaben ihm das Gefühl, dass ihm selbst ohne Kleidung wärmer wäre.

Mit pochendem Herzen ließ Cian seine Augen weiter durch die Dunkelheit wandern. Er wusste, dass sein Vorhaben nicht das geringste an Sinn ergab, doch der flehende Hoffnungsschimmer in seinem Innersten brachte ihn dazu, ein wenig den Kopf zu heben und zaghaft den Mund zu öffnen. ,,H... hallo?", krächzte er. ,,I... ist hier... irgendwer?" Gespenstisch hallte seine piepsige Stimme an den Steinwänden wider. Schaudernd schluckte Cian, während er fast hoffnungsvoll in die Schwärze hinein lauschte. Nichts. Nicht das geringste Anzeichen einer Antwort von einer Person, die ihm helfen konnte. Enttäuscht seufzte der Junge und ließ seinen Kopf zurück in den Sand fallen. Er hatte es doch gewusst! Er war vollkommen auf sich allein gestellt, ob er überlebte oder nicht lag zweifellos nur an ihm. Seine Chancen, überhaupt weiterleben zu können erschienen ihm äußerst schleierhaft und er konnte sich nicht im Geringsten vorstellen, wie um Himmels Willen er jemals wieder aus diesem verfluchten Loch heraus kommen sollte.

Wenn doch bloß Soraya hier wäre., dachte er verzweifelt. Sie wüsste bestimmt, was zu tun ist! Sie würde nie so kläglich wie ich hier rumgammeln. Nein, sie würde aufstehen und nach irgendeinem Weg hier raus suchen. Immerhin ist sie ein wahrer Optimist und ich... Er brach mitten in seinem Gedanken ab. Ihm war längst klar geworden, dass er im Gegensatz zu seiner Freundin bloß ein hoffnungsloser Kümmerling war, der es nie so weit schaffen würde wie sie. Betrübt zog er trotz seiner Kraftlosigkeit seine Knie an seine Brust und schlang seine Arme um seine Beine. Noch nie in seinem Leben hatte er seine beste Freundin so herbeigesehnt wie jetzt. Er gab es sich selbst nur ungern zu, doch er vermisste ihre pausenlose Rederei und ihre braun-grünen Augen, die ihn immer voller Lebenslust und Hochmut anstrahlten. In so dunklen Zeiten konnte selbst der traurigste Pessimist wie er eine Optimistin wie sie nur zu gut gebrauchen.

In dem Moment leuchteten seine Augen auf und er hob etwas den Kopf. Ihm war eine Idee gekommen, eine Idee, die er sonst nur widerwillig befolgt hätte. Und wenn ich Soraya einfach nachmache?, überlegte er fieberhaft. Wenn ich mir vorstelle, was sie nun in einer solchen Situationen machen würde und es einfach selbst tue? Ein kleines Lächeln spiegelte sich auf Cians Lippen ab. Er war ja nicht sonderlich eingebildet oder so, aber er musste sich selbst gestehen, dass dieser Einfall doch gar nicht so übel war. Ein Funke von Mut glühte in seinem Körper auf und sorgte dafür, dass der Junge ein letztes Mal ein tiefes Seufzen ausstieß, ehe er all seine Kräfte sammelte und seine Hände in die matschige Erde stemmte. Stöhnend stützte er sich langsam auf die Beine, die so weich geworden waren wie der glibberigste Wackelpudding, sodass Cian beinahe wieder in den Sand gestürzt wäre. Er taumelte einige Schritte zurück, schaffte es jedoch, sich  wieder zu fangen und verharrte einige Sekunden mit ausgebreiteten Armen im Stehen, um seinen Gleichgewichtssinn zurück zu gewinnen. Er kam sich dabei beinahe wie ein schnulzendes Eis in der Sonne vor, den das Wasser, was seinen ganzen Körper und seine Kleidung benetzte troff wie feuchter Schweiß an seiner Haut hinab und verpasste ihm mit den kalten Tropfen eine weitere Gänsehaut. Fröstelnd schüttelte der Junge sich und suchte mit seinen Augen die Dunkelheit ab, diesmal allerdings aufmerksamer als zuvor. Die Decke schien ziemlich weit über ihm zu liegen, denn nachdem sich die Wassertropfen mit einem glitschenden Laut von ihr abgelassen hatten dauerte es eine Weile, bis sie mit einem leisen Platscher im Sand landeten.

Mit vorsichtigen Schritten, darauf bedacht nicht wieder hinzufallen, drehte Cian sich langsam um und warf einen Blick auf die Mauer, die sich vorhin noch wie ein Tor geöffnet und ihn mitsamt des Meerwassers hinein gesogen hatte. Der Sand unter seinen Füßen gab mit jedem seiner Schritte ein schmatzendes Geräusch von sich, als er gemächlich auf das verschlossene Tor zu schritt. Unsicher streckte er seine zitterige Hand nach der Wand aus und wartete mit jedem Schritt darauf, den harten, nassen Stein unter seinen Fingern zu spüren. Nach wenigen Sekunden wurde ihm dieses Bedürfnis auch endlich erfüllt und mit pochendem Herzen ließ er seine Hand vorsichtig über die glitschige Mauer streifen. Dann trat er etwas näher an sie heran und hob bereits den anderen Arm, um mit beiden Händen die Wand anzutasten. Ihm war klar, dass dieses Tor, egal ob er einen Weg fand, sie wieder zu öffnen oder nicht, kein besonders guter Weg nach draußen war, wo er doch eine Riesenwelle von Wasser in Empfang bekommen würde. Doch trotz dessen wollte der Junge sich danach vergewissern, ob er so überhaupt wieder rauskommen würde, für den Fall, dass es keinen anderen Weg gab. Er war nämlich noch weniger scharf darauf, orientierungslos durch die Dunkelheit zu stolpern und sich im Endeffekt auch noch zu verkaufen, anstatt dass er sich dem Meer einfach von neuem stellte, auch wenn dies der totale Wahnsinn sein würde.

Mit zitterigen Fingern tastete er die vielen Brocken und Einkerbungen, die die Steinmauer zierten und suchte fieberhaft nach dem Riss, der die Wand vorhin in zwei Türen gespalten hatte. Doch egal wohin er mit seinen Händen entlang strich, nirgends bekam er auch nur ein winziges Anzeichen dafür, dass eine Lücke in der Wand prangte. Frustriert zog er die Stirn kraus. Das gibt's doch nicht! Hier muss doch irgendwo dieser verfluchte Spalt sein, ich bin doch nicht blöd! Doch dann ließ er enttäuscht die Arme sinken. Nichts! Der mysteriöse Riss, der vorhin noch dafür gesorgt hatte, dass Cian hier gelandet war, war wie vom Erdboden verschluckt. Die Steinbauer hatte sich zurück in die Steinmauer verwandelt, die sie vor seinem Erscheinen gewesen war. Bis auf die vielen Kanten und Brocken makellos und vollkommen ohne Spalten.

,,Das kann doch einfach nicht wahr sein!", fluchte Cian verärgert und schlug vor lauter Frust mit geballter Hand gegen die Mauer, was er im nächsten Moment allerdings auch schon wieder bereute. Die scharfen Unebenheiten, die die Wand auszeichneten, waren viel zu hart gewesen, um sie mit so viel Kraft zu schlagen, was für den Jungen daher mehr als für sie Schmerz bedeutete. Entsetzt verzog aus das Gesicht und stieß einen spitzen Schmerzlaut aus, ehe er reflexartig den Rücken krümmte und mit der anderen Hand seine verletzte hielt. ,,Verflixt nochmal!" Zähneknirschend versuchte Cian den pochenden Schmerz zu unterdrücken, der sich über seine Haut zog und richtigere sich langsam wieder auf, wobei er instinktiv seine Hand schüttelte. Er musste nicht sehen können um zu wissen, dass er sich eine satte Prellung eingefangen hatte. Großartig gemacht, Cian!, strafte er sich gedanklich selbst und zog eine missmutige Miene. Das schaffst wirklich auch nur du! So dumm muss man auch erstmal sein um sich auch noch die Hand zu verstauchen!

Grimmig warf der Junge der verschlossenen Mauer aus verengten einen Blick zu. Er konnte sie im Dunkeln zwar kaum erkennen, doch die Tatsache, dass sie überhaupt da war und ihn nicht rauslassen wollte, genügte ihm vollkommen. ,,Sei nicht so verzweifelt, Cian! Du bist schon so weit gekommen, jetzt gib doch nicht einfach auf!" Auch das noch! Wie ein aggressives Tier fletschte Cian die Zähne und wand den Kopf hin und her, nur darauf fixiert, sich endlich auf diesen verfluchten Geist zu stürzten, der ihn mit seiner heuchelnd liebevollen Frauenstimme noch irre machte. ,,Hast du nicht endlich begriffen, dass du mich gefälligst in Ruhe lassen sollst?" Kochend vor Wut bohrte er seine Fingernägel in seine Handinnenflächen und hinterließ dort jede Menge schmerzende Halbmonde, doch er ignorierte das unwohle Gefühl. Er war viel zu vernarrt darauf gewesen, dieser... was auch immer diese Frau für eine Kreatur auch war, ordentlich die Meinung zu geigen. Zu oft hatte sie ihm heute schon in seinem Kopf herumgespukt und ihn damit fast wahnsinnig gemacht, auch wenn sie ihm Hilfe geheuchelt hatte. Doch im Endeffekt war es mit absoluter Sicherheit sie gewesen, die ihn in diese missliche Lage gebracht hatte. Sie hatte dafür gesorgt, dass er sich nun verlassen in einer Höhle tief unter der Erde befand, indem sie ihn dazu gebracht hatte, wegzulaufen und sich wehrlos diesen Wölfen auszusetzen. Und nun dachte sie wieder einmal, sich in seine Probleme einmischen zu müssen? Nein!, dachte Cian zornig. Nur über meine Leiche!

,,Cian,", sprach sie wieder mit ihrer gefühlvollen Stimme auf ihn ein. ,,dir ist das Recht gestattet, wütend auf mich zu sein! Und ich will auch nicht versuchen, es dir zu nehmen, aber bitte vergieße nicht all deine Kraft in die Tatsache, dass ich für all das hier verantwortlich bin und gräme dich nicht darüber, auch wenn ich dich vollkommen verstehen kann!" ,,Dann lass mich doch endlich in Frieden!" Noch nie in seinem Leben hatte Cian sich so zornig gefühlt. Seine Stimme überschlug sich förmlich vor lauter Hass auf die Frau und hallte unüberhörbar an den Steinwänden wider. ,,Du bist überhaupt keine Hilfe für mich, auch wenn du glaubst, das zu sein! Du denkst, du würdest mir mit deinem komischen Geister-da-sein helfen und mich mit deinen ach so tollen Ratschlägen auf den richtigen Weg bringen. Aber soll ich dir mal was sagen? Nichts, überhaupt rein gar nichts hast du bislang für mich getan, außer, dass du mich noch verrückter machst, als ich schon bin! Wo bist du schon gewesen, als ich dich wirklich gebraucht habe? Als mein Onkel damals gestorben ist oder als ich schon am Anfang meiner Schullaufbahn als armseliger Loser abgestempelt wurde? In meinem ganzen beschissenen Leben war niemand richtig für mich da gewesen, als ich vor Trauer fast erstickt wäre. Und jetzt tauchst du auf einmal wie aus dem Nichts auf und meinst, mit deinem geisterhaften Dasein mein Bewusstsein ruinieren zu müssen? Weißt du was, verpiss dich einfach und tu das, was doch eh alle so gut können: mich allein zu lassen!"

Stille. Nichts als das tiefe Schnaufen, das der Junge nach seinem Wutanfall von sich gab, war noch zu hören. Abwartend horchte Cian in die Dunkelheit hinein und erwartete eigentlich, dass sich die nervige Stimme wieder zu Wort meldete und all ihren Stolz in Form von gekränkt sein wiederspiegelte. Vielleicht ist sie gerade einfach nur geschockt., dachte er missmutig. Soll sie es doch sein, sie hat jedenfalls nichts anderes verdient als einmal ordentlich angeschnauzt zu werden! Wahrscheinlich äußert sie sich gleich eh wieder und nervt mich mit ihren hirnrissigen Märchen vom Glück, welches ich nie besitzen werde. Völlig regungslos starrte er in die Schwärze und wartete auf die Antwort der Geisterfrau. Er hatte keine Ahnung davon, wie viel Zeit bereits verstrichen war, die er hier verschwendete, indem er auf diese Stimme wartete. Sekunden oder vielleicht auch schon mehrere Minuten? Das einzige, was er wusste war, dass er mit all der Zeit, die er hier vergeudete, dafür sorgte, dass er seinem Tod immer näher kam, je länger er sich mit dieser ätzenden Frau aufhielt.

Und dann, als wäre es ein Zeichen seines vollständigen Wahnsinns, stach ihm aus der Ferne auf einmal ein schwacher Schein in die Linse. Erschrocken von der plötzlichen Lichtquelle schrie Cian auf und hielt sich reflexartig eine Hand vor die Augen. Er wusste nicht, wie lange er sich hier unten mittlerweile aufhielt, doch es war lange genug gewesen, um wegen der erstickenden Finsternis, in der er zuvor noch gefangen gewesen war, empfindlich auf Licht zu reagieren. Du Idiot!, herrschte er sich in Gedanken selbst an. Erst jammerst du die ganze Zeit herum, dass du ganz allein in der Dunkelheit eingesperrt bist und heulst jetzt auf einmal rum, weil ein klitzekleines bisschen Helligkeit aufgetaucht ist? Sei doch froh, genau das ist es doch, was dir dabei helfen kann, hier raus zu kommen! Jetzt sei gefälligst kein Baby mehr und tu das, was normale Leute in solchen Fällen auch tun würden! Seine innere Stimme hatte es wieder einmal geschafft, Cian zu beweisen, dass er sich manchmal wirklich wie ein absolutes Weichei verhielt, und Cian hasste es, wenn ihm tatsächlich bewusst wurde, dass selbst Logan in so manchen Aussagen über ihn nicht ganz unrecht behielt.

Seufzend nahm er den schützenden Arm wieder hinunter und blinzelte, als er seine Augen widerwillig wieder in die Richtung richtete, wo das Licht ihn gerade noch geblendet hatte. ,,Wow!", hauchte der Junge beeindruckt. Eine Mischung aus Faszination und Ungläubigkeit spiegelte sich in seinem Gesicht wieder, sowie er dem weißen Schein entgegen blickte, der im einen oder anderen Augenblick auch blaue, rote, grüne und gelbe Strahlen aufleuchten ließ. Ohne seinen empfindlichen Linsen weiter Schutz zu bieten starrte er wie hypnotisiert in das magische Leuchten. Noch nie in seinem Leben hatte er einen schöneren Anblick erleben dürfen; es war, als hätte diese geheimnisvolle Magie, die das Licht auszeichnete, Besitz von seinem Körper und Bewusstsein genommen, denn ohne übrhaupt darüber nachzudenken, was er da tat, setzte er langsam einen Fuß nach vorne. Den Blick völlig darauf fixiert, was sich vor ihm abspielte, schritt er langsam darauf zu. Erst waren seine Schritte gemächlich und noch etwas unsicher, doch dann wurden sie immer schneller und schneller. Der Junge wurde von einem sonderbaren Lebensgeist ergriffen, einem belebten Gefühl, welches er nicht einmal in seiner noch fröhlichen Kindheit verspürt hatte. Dieses weißlich-bunte Licht schien einen geheimnisvollen Zauber zu beherbergen, der mit all seiner Macht in Cians Adern eindrang und sie mit enormen Adrenalien durchflutete. Nie zuvor hatte er sich jemals so lebendig wie jetzt gefühlt. Seine Sorgen, seine Wut und seine Trauer... all dies war wie weggeblasen. Vertrieben von dieser atemberaubenden Schönheit, auf die Cian immer weiter und weiter zulief.

Ein breites Grinsen dehnte sich auf seinem Gesicht aus. Er hatte keine Ahnung, was dieser Schein mit ihm angestellt hatte und wie er von der einen auf die andere Sekunde so überglücklich geworden war, wo er kurz zuvor doch noch einen Wutanfall erlitten hatte. Er wusste nur eins: Er wollte, nein, er musste zu der geheimnisvollen Quelle, die diese Magie aussandte. Der Drang eines wilden Tieres hatte von ihm Besitz ergriffen, der ihm durch jede einzelne Ader floss und ihn dazu veranlasste, den Ursprung des Wunders zu jagen. Mittlerweile rannte er sogar und stob mit seinen Füßen den Sand unter ihm auf, doch er achtete nicht darauf. Er stürmte weiter und weiter auf das Licht zu, das mit jedem seiner Schritte immer greller wurde. Begeistert blitzten Cians Augen. Gleich hatte er sein Ziel erreicht und er streckte bereits dermaßen ergriffen von dem mächtigen Zauber den Arm nach vorne aus, um jeden Moment diese besondere Materie spüren zu können.

Doch dann geschah etwas, das der Junge am wenigsten erwartet und gewollt hatte. Als hätte jemand den Lichtschalter umgelegt erlosch das Licht mit einem Male. Und mit ihm erstarben auch Cians plötzlichen Glücksgefühle augenblicklich wieder, so, als hätte ihm die nun wieder herrschende Dunkelheit, die ihn umgab, mit seiner unbarmherzigen Hand sie aus ihm herausgerissen. Der glückliche Ausdruck verließ seine Gesicht und wurde durch pure Verblüffung ersetzt. Was war nur geschehen? Wo war der wunderbare Zauber nur abgeblieben, und wieso hatte er ihm nun wieder all seine Glücksgefühle genommen, die er ihm doch zuerst geschenkt hatte? Der Schock über das Geschehene veranlasste den Jungen dazu, aus vollem Sprint einfach zu stoppen, doch aufgrund das hohen Tempos, das er eingenommen hatte und dem ruckartigen Stehen bleiben ging auch das Gleichgewicht mit ihm durch. Er rutschte im Sand aus, wurde für einen kurzen Moment durch die Luft geschleudert und landete in der Länge auf dem matschigen Untergrund. ,,Au!" Keuchend hob er den Kopf und verzog vor Schmerz das Gesicht. Im Großen und Ganzen war ihm bis auf die Tatsache, dass der Schock ihm immer noch tief in den Knöcheln saß und dass der Aufprall für ein paar schmerzende Rippen gesorgt hatte, nicht viel passiert. Verärgert über sein Missgeschick wischte er sich mit dem nassen Ärmel die klebrigen Sandkörner aus dem Gesicht und spukte einige davon aus seinem Mund heraus, ehe er die Hände in den Boden stemmte und sich fluchend auf die Beine rappelte.

,,Sowas passiert doch auch nur dir, Cian!", murmelte er sich selbst tadelnd und klopfte sich missmutig den Dreck aus der klammen Schuluniform. ,,Allmählich kann ich Logan sogar verstehen, dass er mich all die Jahre immerzu gepiesackt hat. Über so einen Volltrottel wie mich, der wie ein Verrückter auf ein komisches Licht zurennt und sich anschließend volle Kanne auf die Fresse legt, kann man sich doch auch nur lustig machen!" Noch während er weiter Verwünschungen an sich aussetzte und sich prüfend über den feuchten Stoff seiner Jacke fuhr, setzte er mit dem Fuß einen Schritt zur Seite, um seinen Weg gleich fortführen zu können. Irgendwie musste er ja immer noch einen Weg hier raus finden, besonders nach all dem, was hier unten passiert war. Bestimmt würde er in dieser Höhle noch wahnsinnig werden, wenn er weitere solcher kuriosen Haluzinationen durchmachte.

In diesem Moment spürte er plötzlich, wie sein Fuß bei dieser Bewegung etwas, das auf dem Boden lag, streifte. Überrascht und erschrocken zugleich zog er sein Bein ein wenig zurück und blickte zur Erde. Doch wie erwartet wollte ihm die unbarmherzige Dunkelheit nicht den Gefallen tun, dass er sehen könnte, was für einen seltsamen Gegenstand er berührt hatte. Hätte er sich hart und kantig gewesen, hätte Cian sich weniger dafür interessiert, da es sich dann mit Sicherheit um irgendweinen Felsbrocken gehandelt hätte, der hier inmitten vieler anderer Steine und sonstigem Meereszeug bestimmt schon seit Jahren herumlag. Doch so hatte sich dieses Ding einfach nicht angefühlt. Es war genau das Gefühl gewesen, wenn man gegen etwas gläsernes, etwas zerbrechlichem trat, das so empfindlich war, dass es bei der kleinsten falschen Bewegung sofort kaputt gehen könnte. Und dann glaubte der Junge dabei auch noch einen hellen Klang vernommen zu haben, der durch seinen Tritt wohl verursacht worden war. Was hatte ein solcher Gegenstand, den man sich doch sonst als Dekoration ins Wohnzimmer stellte, hier, in dieser seltsamen Höhle zu suchen? Wohnte hier etwa doch irgendjemand, der sich von solchen Dingern nicht trennen konnte? Und wenn ja, warum hatte dieser Jemand vorhin dann nicht auf Cians Hilferuf geantwortet?

Hunderte von Fragen kreisten in Cians Kopf umher, während er die Augen einfach nicht von der Stelle wenden konnte, wo er diesen Gegenstand zu spüren bekommen hatte, obwohl er gerade doch eh nichts außer die pechschwarze Dunkelheit erkennen konnte. Jeder vernünfte Mensch hätte sich mit solchen Sachen erst gar nicht weiter aufgehalten, sondern wäre kopfschüttelnd einfach weiter gegangen und hätte eher nach einem Weg hier raus gesucht, anstatt sich um so unwichtige Dinge zu scheren. Doch der Junge war viel zu neugierig um dies zu tun. Was, wenn er gerade einen legendären Piratenschatz gefunden hatte, der mehrere Milliarden Pfund wert war? Bilder drangen in sein Vorstellungsvermögen und er sah sich mit diesem wertvollen Schatz aus Glas unterm Arm nach Hause gehen, während er dabei stolz über seinen Fund das Kinn reckte und sich aus den Augenwinkeln über Logans sprachlosen Anblick amüsierte, der ihm fast grün vor Neid und voller Bewunderung hinterhersah. Er könnte sich dieses Ding als Zierde ins Zimmer stellen oder einen Haufen Geld dafür einnehmen, wenn er ihn irgendwo einreichte. Er könnte sich endlich ein richtiges Smartphone kaufen, dass seine Mutter ihm eigentlich erst dafür versprochen hatte, wenn er häufiger Bs statt Ds in den Schularbeiten schreiben würde und es gegen dieses gammelige Tastenhandy von Nokia eintauschen, dessen einzige Spezialfähigkeit es war, eine SMS im Wert von drei Pfund pro Nachricht versenden zu können.

Die Vorstellungen darüber, was er damit alles anstellen könnte, brachte ihn ein wenig zum grinsen. Allein die Tatsache, dass er Logan damit eins auswischen konnte, war ihm überzeugend genug, dieses Ding für den Fall, dass es tatsächlich besonders sein sollte, mitzunehmen. Entschlossen kniete er sich in den Sand und betastete mit seinen Händen vorsichtig den Boden. Schon nach wenigen Sekunden stießen seine Fingerspitzen gegen eine kühle, glatte Oberfläche, und sein Herz begann vor Aufregung schneller zu schlagen. Mit zittrigen Händen fuhr er von unten bis nach oben über den Gegenstand, wobei er durch die rundliche Form festellte, dass es sich dabei um eine mittelgroße Kugel aus Glas handelte. Auch wenn der Junge in der Finsternis nichtmal seine eigene Hand erkennen konnte, brannten seine Augen nur so vor Faszination und er fuhr seine Tätigkeit fort, das Ding mit seinen Fingern weiter zu untersuchen. Es gab keinen Zweifel, dieses seltsame Teil musste tatsächlich einen gewissen Wert haben, so glatt und makellos wie es war. Nicht die winzigste Furche schnitt ihm in die Haut, was Cian ein kleines bisschen verwunderte, da solch hochwertige Gegenstände normalerweise doch so empfindlich waren, dass sie schon von den schwächsten Berührungen langer Fingernägel Kratzer für die Ewigkeit bekamen. Wie konnte es also sein, dass dieses Ding hier unten in einer Höhle völlig unbeschadet herumlag, wo hier doch sicher noch viele andere Viecher lungerten, die es beschädigen konnten?

Behutsam legte Cian seine Hände an die Seiten der Kugel und hob sie vorsichtig vom Boden auf. Sie war schwerer als er von der Form her vermutet hatte, jedoch nicht so schwer, als dass er sie nicht halten konnte. Doch kaum hatte er sie überhaupt angehoben, da geschah etwas, das Cian erst erschreckte, dann jedoch von neuem verzauberte. Die Oberfläche der Kugel nahm eine angenehme Wärme an, von der die Finger des Jungen wohlig zu prickeln begannen. Und als wäre das schon nicht besonders genug gewesen entdeckte er auf einmal, wie im Innersten des Gegenstandes ein weißliches Licht entflammte. Erst glühte es noch schwach und war kaum mehr als ein kleiner Lichtball in der Mitte der Kugel, doch dann wurde es stärker und dehnte sich weiter aus, bis es den gesamten Glasball mit all seiner Zauberkraft zum Leuchten brachte. Ungläubig klappte Cian die Kinnlade herunter. Mit vor lauter Faszination geweiteten Augen starrte er auf den sanften Schein, in dem kurz darauf auch kleine, farbige Striemen auglimmen, die wie Fische im Meer durch das Licht der Kugel schlängelten. Nach wenigen Sekunden löste sich nacheinander jeder dieser bunten Fasern in Luft auf, worauf er sich jedoch anschließend in einem anderen Bereich des Balles wieder zu bilden begann und weiter durch den weißlichen Dunst waberte.

Schwups, da war es wieder. Dieses sorglose Glücksgefühl, welches Cian vorhin noch mit so viel Elan erfüllt hatte, war erneut von der einen auf die andere Sekunde zurückgekehrt. Es war, als hätten diese farbigen Fasern eine gewisse Magie auf sich, mit der sie nicht nur für ein atemberaubendes Schauspiel sorgten, sondern auch dem Jungen ein verträumtes Lächeln ins Gesicht zauberten. Genau das war also dieses seltsame Licht gewesen, das Cian vorhin in die Irre geführt und angelockt hatte, bis es wieder erloschen war. Es war diese geheimnisvolle Kugel gewesen, die ihn mit ihrem Zauber wie in einem Netz eingefangen hatte und es immer weiter auf sich zu zog, ohne, dass der Junge sich irgendwie dagegen wehren konnte.

Mit einem verträumten Lächeln im Gesicht strich Cian liebevoll über die von der Magie erwärmte Oberfläche der Kugel und stieß ein tiefes Seufzen aus. All seine Sorgen, seine Ängst, sie waren völlig unwichtig. Das einzige, was für den Jungen in diesem Moment wirklich von Bedeutung war, war, dass er diese wundervolle Magie nie wieder aus der Hand legen musste. Dass er ewig bei diesem besonderen Gegenstand bleiben konnte, der ihm alles Kalte und Grausame aus seinem Körper sog und sie wie in einem Windrauschen davonwehte. Er würde nie wieder in seiner Trauer versinken, würde für immer glücklich sein und müsste sich vor nichts und niemandem fürchten. Er wusste, es war töricht, so etwas verrücktes zu denken, doch er glaubte bereits, dass ihn allein diese zauberhafte Kugel vor dem Rest der Welt behüten konnte.

Auf einmal veränderte sich das magische Schauspiel in dem Glasball. Die bunten Fasern schwammen nun nicht mehr ziellos durch das weißliche Licht der Kugel und lösten sich auch nicht mehr auf. Als hätte jemand einen bestimmten Schalter umgelegt steuerten die farbigen Striemen plötzlich allesamt auf die Mitte des runden Gegenstands zu und verworren sich dort zu einer bunten, runden Masse, die von Sekunde zu Sekunde zu einer seltsamen Form umwandelte. Schiere Verblüffung mischte sich unter Cians Glücksgefühle, während er mit großen Augen und offenem Mund ungläubig durch das durchsichtige Glas des Balles starrte. Zuerst war es für ihn unmöglich zu erkennen, was sich aus diesem Haufen von bunten Linien bilden sollte, doch schon nach wenigen Minuten hatte die Kugel ihr Kunstwerk vollendet und sorgte dafür, dass Cian fassungslos nach Luft schnappte. Die Fasern hatten ein Wesen aus lauser bunten Striemen gebildet. Es war nicht besonders groß, hatte dafür jedoch einen eleganten Körper mit einem länglichen Rücken, der sich wie bei einem Tier mitsamt dem unterhalb anliegenden Bauch auf vier Beinen abstützte, dessen Füße aus breiten Pfoten mit ausgefahrenen Krallen bestanden. Von dem runden Kopf, der anmutig in die Höhe gereckt war, gingen von der dreiecksförmigen Nasenspitze zu beiden Seiten jeweils drei lange Schnurrbarthaare aus, während sich oberhalb des Kopfes zwei spitze Ohren in die Höhe reckten und zwei rote Punkte unterhalb der Stirn in Cians Richtung blickten. Der Junge konnte nicht glauben, was er mit seinen eigenen Augen da sah. Es war eine Katze. Eine bunte Katze, bestehend aus etlichen Fasern, die sich wie die Flechten eines Korbes umeinander schlungen und somit dieses Wesen bildeten.

Fast hätte er die Kugel vor lauter Erstaunen und Überraschung losgelassen, doch noch im letzten Moment fing er sich wieder und verstärkte sicherhaltshalber den Druck, mit dem er mit seine Finger an die Oberfläche drückte. Sosehr ihn das Farbenspiel von vorhin auch schon begeistert hatte, so war diese Kunstwerk hundertmal wundersamer. Das Funkeln in seinen Augen verwandelte sich in ein verliebtes Feuer, während er voller Faszination das Tier in der Kugel anstarrte. Als könnte sie ihn tatsächlich sehen, entgegnete die kleine Katze seinen Blick, fast schon so, als wäre sie irgendwie interessiert an ihm. Neugierig streckte sie ihren Kopf weiter in seine Richtung, wobei die farbigen Striemen, die sie ausmachten, umso mehr glühten und wie die Funken eines Feuers zu prasseln schienen.

Ich wusste es doch, Cian! Erschocken zuckte Cian zusammen, so sehr, dass ihm die Kugel wieder beinahe aus den Händen geglitten wäre. Da war sie wieder! Die geheimnisvolle Stimme war erneut zurückgekehrt. Ich wusste, dass du der Richtige bist! Nur wahre Sorcerer können es mithilfe ihres warmen und mutigen Herzens dazu bringen, dass diese Kugel zu leuchten beginnt. Ich werde dich hiermit zu einem Ihresgleichen segnen, doch bevor ich dies tue, musst du dir selbst gewarnt sein. Dein Leben wird von nun an genauso unsicher und gefährlich wie ein lodernes Feuer sein, das mit seiner Kraft viel vollbringen, jedoch auch von der einen auf die andere Sekunde einfach gelöscht werden kann, besonders, wenn es noch so unerfahren ist wie du. Hüte dich vor ihnen, Cian! Sie sind weitaus unberechenbarer, als du dir vorstellen magst und werden nicht aufhören, dich zu jagen, bis sie dich gefasst haben!"

Cians Atem stockte. Der Zauber, der seine Gefühle voller Lust und Laune durchblutete, war mit einem Mal wie eine Kerze erloschen. Geblieben war nur der Rauch der Angst, der dem Jungen das Herz schneller pochen ließ und ihm eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Eigentlich hätte er jetzt von Neuem wütend und erbittert auf die unheimliche Geisterfrau reagieren sollen und ihr erneut vorschreiben, was sie zu tun hatte und was nicht. Doch diesmal hatte etwas seltsames, etwas ehrfürchtiges in ihren Worten gelegen, die Cian wie eine nett gemeinte Drohung vorkamen.
Ohne wie auch sonst zu allen Seiten zu blicken, in der Hoffnung, diese Frau doch irgendwie finden zu können, ließ er seinen Blick an der Kugel haften, wobei er die magische Katze jedoch kaum noch wahrnahm. Er war in seiner zerstreuten Gedankenwelt gefangen, in der eine Frage und Befürchtung nach der nächsten geboren wurde und seinen Verstand mehr und mehr in die Knie zwangen. Er hatte einen Fehler begannen, schon in dem Moment, als er überhaupt auf die Stimme gehört hatte und weggelaufen war. Er hatte sich auf eine Gefahr eingelassen, die ihm laut der Stimme ein dauerhaftes Leben auf der Hut versprochen hatte, worauf er sich auch immer in Acht nehmen sollte. Doch egal, was dieses scheußliche Schicksal auch sein mochte, es war in jedem Falle eines, welches Cian von nun an das Leben zur Hölle machen würde, wie auch immer er das geschafft hatte, zu bewirken.

Plötzlich wurde der Jungen aus seinen Gedanken gerissen. Denn kaum hatte die Geisterfrau ihm die Gefahr geschildert, in der er sich schon bald befinden würde, war die Oberfläche der Kugel immer heißer geworden. Erst hatte es sich nicht besonders ungewöhnlich angefühlt, doch schon nach wenigen Sekunden spürte der Junge, wie seine Handinnenflächen immer erregter prickelten und schließlich so dermaßen brannten, als hätte er in glühende Kohle gegriffen. Vor lauter Schmerz stieß Cian mit verzogenem Gesicht einen dumpfen Schrei aus und versuchte hektisch, seine Hände von dem erhitzten Glas zu nehmen, doch sosehr er auch mit den Armen an ihnen rüttelte, so funktionierte irgendwie nicht. Die Kugel ließ sich nicht von seinen Händen lösen, als hätte man sie mit dem Stoff einer Heißklebepistole an die Haut geklebt. Verzweiflung machte sich in ihm breit und voller Panik fuchtelte er mit den Armen hin und her, schrie, keuchte und kämpfte verbissen gegen die Tränen an, während ihm der erbitterte Schmerz wie ein Brandeisen die Haut von ihm schmolz. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so elend gefühlt. Er wollte einzig und allein nur noch, dass es aufhörte, selbst wenn er dafür erst sterben musste.

Und dann, als er bereits glaubte, sein Leben würde tatsächlich von dannen gehen, nahmen seine von Tränen verschwommenen Augen wahr, wie sich das Treiben in der Kugel von Neuem veränderte. Als wäre auch die Katze von der schrecklichen Hitze betroffen, reckte sie den Kopf, öffnete ehrfürchtig das Maul und stieß ein stummes Jaulen aus, ehe sie dann auf einmal wie ein Luftballon zerbersteste und die bunten Funken zu allen Seiten ausschwärmten. Allerdings schossen sie nicht wie vorhin in irgendeine Richtung, sondern steuerten in zwei getrennten Schwärmen auf Cians schmerzenden Hände zu. Doch anstatt vor dem Glas, welches sie einsperrte, Halt machen zu müssen, schossen sie ungehindert auf die gläserne Barriere zu und ehe Cian sich versah waren die bunten Fasern kurz nachdem sie die Stelle berührt hatten, an der seine Hände klebten, verschwunden.

Es folgte ein weiterer Schmerz, der sich viel extremer anfühlte, so, als hätte Cian in eine Steckdose gefasst. Als hätte er einen Stromschlag bekommen schoss ihm das Leid höchstpersönlich wie ein Blitz in seine Hände, von dort aus in seine Arme und durchflutete wie eine unbändige Welle den Rest seines Körpers. Er nahm nur noch benebelt wahr, wie sich die grausame Kugel nun doch von seinen glühenden Händen löste und mit einem dumpfen Laut auf den Sand aufschlug. Das einzige, was er neben dem Rauschen in seinen Ohren überhaupt hörte, war sein eigenes entsetztes Kreischen, das mit all seiner Schärfe und dem Leid, welches er gerade durchlebte, an den Steinwänden der Höhle widerhallte. Wenn er vorhin noch geglaubt hatte, das Brennen von dem Glasball wäre schon die Hölle höchstpersönlich gewesen, dann hatte er den momentanen Schmerz noch nicht gekannt. Denn diesmal war es mehr, als nur ein Schmerz. Es waren wenn dann schon hunderte Wehklagen gleichzeitig, die ihm jedes einzelne Körperteil verfluchten. All seine Knochen schienen buchstäblich in Flammen zu stehen, seine Muskeln machten den Anschein, sie würden sich in sämtliche Stücke zerreißen, seine sämtlichen Gliedmaßen ertaubten mit einem Schlag und sein Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment explodieren. Blind vor Schmerz würgte Cian mehrere Male unter seinem verzweifelten Schreien und er verzog unter strömenden Tränen das Gesicht, während sich seine Augen nur so überschlugen.

Nicht lange dauerte es, da schien sich Cians Körper dem Leid zu ergeben. Er spürte, wie er schwächer und schwächer wurde und seine Augen flackerten, wobei sich die Welt um ihn herum wie ein Karussell ununterbrochen drehte. Das Letzte, was sein kraftloses Bewusstsein überhaupt noch wahrnahm, war, wie er mit einem dumpfen Laut seitlich auf die Erde kippte, ehe sich das schwarze Tuch der Bewusstlosigkeit über seine Augen senkte.

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