
Willkommen auf der Erde
BELLAMY
„Ich kann nicht raus, die Wachen", wendet Ocatvia ein. Ich schüttle lächelnd den Kopf und reiche ihr die Maske, sie ist manchmal so stur. Genau wie ich. „Doch du gehst, es wird dich niemand erkennen. Du hast dir ein bisschen Spass verdient", sage ich und sehe wie sie lächelnd die Maske anzieht. Ich öffne die Tür und blicke mich suchend um, keiner zu sehen. Ich winke ihr zu und gehe voraus, sie wirkt überrascht. Für mich sind die Gänge Alltag, doch für Octavia ist alles neu. Kein Wunder nach all den Jahren in diesen vier Wänden aus Metall. Die Musik ist schon von weitem zu hören, sie so zu sehen, so glücklich, ist das Grösste für mich. Meine kleine Schwester musste so viel durchmachen, da ist ihr dieser Abend gegönnt.
Mehr als das.
Als wir zu den tanzenden Menschen kommen, wirkt sie etwas nervös. Ich nicke ihr aufmunternd zu, ich werde sie die ganze Zeit im Auge behalten. Ihr kann nichts passieren, dafür werde ich sorgen. Ich sehe zu, wie sie sich unter die Leute mischt, wie sie sich zur Musik bewegt und Spass hat. Es bringt mich zum lächeln, wann immer ich meine Schwester ansehe, weiss ich, dass sie etwas Besonderes ist. Nicht nur, weil sie die Einzige ist die einen älteren Bruder hat, sondern, weil sie auch nach all den Jahren des Versteckens, noch so fröhlich ist. Sie tanzt mit einem Jungen, sie reden und ich hoffe sie sagt nicht zu viel. Als sich unsere Blicke kreuzen und sie mich anlächelt, atme ich erleichtert aus.
Es geht ihr gut. Sie hat Spass.
Ich entspanne mich und geniesse selbst die Musik, ich schliesse für einen Moment die Augen und lasse alles auf mich wirken. Seitdem ich bei der Wachmannschaft bin, habe ich kaum noch Zeit mich um meine Schwester zu kümmern. Ich bin fest eingespannt, Kommandeur Shumway meint ich würde meine Sache gut machen und ich habe gute Chancen Aufzusteigen. Ich habe meiner Schwester gegenüber Schuldgefühle, deshalb habe ich sie auch mit auf diesen Ball genommen. Ich will, dass sie sich wie ein ganz normales Mädchen fühlt, glücklich und nicht eingesperrt. Als ich die Augen wieder öffne sehe sie nicht mehr. Ich spanne mich an, suche sie in der Menge, doch sie ist weg.
Verdammter Mist!
Ich quetsche mich durch die tanzenden Kids, doch ich kann sie nicht finden. Ich schiebe und drängle mich durch die tanzwütigen Leute, plötzlich erschüttert etwas den Boden und einige fallen um. Geschrei und Panik bricht aus, ich weiss, dass ich mich jetzt darum kümmern muss. Doch ich muss zuerst meine Schwester finden ich sehe, dass einige Wachmänner kommen um die ID – Nummern der Leute zu kontrollieren. Ich muss sie finden und zwar schnell, hektisch bewegen sich meine Beine. Ich suche alles ab und laufe schliesslich Kommandeur Shumway in die Arme, er sieht mich streng an. „Was suchen Sie hier, Blake?", fragt er.
Was soll ich nur tun?
„Ich war gerade auf dem Weg zur Feier", antworte ich und hoffe, dass er mir glaubt. Seine Schlitzaugen mustern mich streng, doch er glaubt mir. Erleichtert will ich ausatmen, doch ich verkneife es mir. Shumway ist ein Mann, der nichts durchgehen lässt.
„Es gab eine Sonneneruption, deshalb müssen wir alle ID – Nummern scannen", meint er während wir zum Ball laufen. Ich halte immer wieder nach Octavia Ausschau, als ich sie sehe beginnt mein Herz zu rasen. Sie steht mit diesem Jungen, mit dem sie zuvor noch getanzt hat da, und wird von einem Wachmann aufgefordert ihre Nummer zu zeigen. „Was ist los?", fragt er den Wachmann. „Diese hier hat keine Nummer", antwortet er und zeigt auf meine Schwester. Shumway zieht Octavia die Maske runter und sieht sie ungläubig an.
„Eine Blake. Die Ähnlichkeit ist verblüffend. Nicht wahr, Wachmann Blake?", fragt er an mich gewandt.
Ich schlucke, blicke in Octavias Augen die mich geschockt und hilfesuchend anstarren. „Holt Aurora", knurrt er. Ich kriege Angst, Panik breitet sich in mir aus. „Nein!", schreie ich und gehe auf Shumway los. Doch dieser ist schneller und befördert mich mit einem Schlag auf den Boden. Ich sehe wie der andere Wachmann sie wegbringt, Shumway geht an mir vorbei. Ich rapple mich auf, halte mir den Kopf und renne los. Was habe ich getan? Wieso habe ich sie mitgenommen? Klar ich habe Schuldgefühle, doch sie können nicht meinen Verstand so dermassen vernebeln. Ich hätte es wissen müssen, ich hätte besser aufpassen sollen. Doch jetzt renne ich durch die Gänge und hoffe, dass ich nicht zu spät komme.
Als ich vor dem Überwachsungsraum ankomme, stellen sich mir zwei aus der Wachmannschaft in den Weg. „Was soll das? Lasst mich durch", sage ich mit fester Stimme und atme schwer. „Du darfst hier nicht rein. Anweisung von Shumway", meint Cancer, dieser Wichser. „Tzz von dir lasse ich mir nichts vorschreiben", erwidere ich und will in den Raum, doch auch der zweite, ein Neuling der sich für etwas Besseres hält, versperrt mir den Weg. „Wir dürfen keinen rein lassen, das ist ein Befehl", sagt der Neuling und sieht mich von oben herab an.
Warte es nur ab, Neuling, dir werde ich es zeigen!
Ich lache ihn aus und wende mich an Cancer, ich kenne ihn gut. Wir haben im selben Jahr bei der Wachmannschaft angefangen, er ist mir etwas schuldig. „Sorry Mann. Aber ich kann es nicht riskieren." Ich schüttle den Kopf, drehe mich um und tue so als würde ich gehen. Doch als ich aus dem Augenwinkel sehe, dass sie sich wieder an Ort und Stelle begeben, drehe ich um und stürme auf die Beiden zu. Cancer verpasse ich eine Kopfnuss und dem Neuen schlage ich ins Gesicht, sodass er nach hinten taumelt und wie ein Sandsack zu Boden fällt.
Dann trete ich ein, sehe wie Shumway meine Mutter verhört. „Was soll das?", zischt mein Vorgesetzter. Das ist mir egal, ich ignoriere ihn und gehe auf meine Mutter zu, schliesse sie in den Arm und atme erleichtert aus. Es geht ihr gut, oder besser gesagt noch. Denn ich weiss wie die Regeln sind, trotzdem werde ich alles dafür tun um sie zu beschützen.
„Bellamy. Wo ist Octavia?", fragt sie mich. Angst fühlt meine Mutter nicht, dennoch sehe ich das sie besorgt um ihre Kinder ist. „Sie ist in Gewahrsam, ich werde gleich nach ihr schauen", sage ich und höre wie Shumway schnaubt. Ich drehe mich zu ihm um und blicke in sein Gesicht, es ist von Falten durchzogen und seine braunen Augen stechen sich in meine.
„Deine Schwester ist tatsächlich in Gewahrsam, aber deine Mutter wird gleich hingerichtet werden. Der Rat hat es so entschieden", meint er monoton wie immer. Ich lache, dieses Mal klingt es bitter. „Das könnt ihr nicht machen, jeder muss zuerst in den Arrest. Erst dann wird entschieden wie es weiter geht", wende ich ein. Mein Vorgesetzter schüttelt den Kopf, erklärt mir das die Regeln sich geändert hätten und der Rat sofort entscheiden kann was mit dem Verbrecher passiert. Als zwei Wachen in den Raum kommen und auf meine Mutter zu kommen, stelle ich mich schützend vor sie.
„Keiner fasst meine Mutter an", schreie ich und fixiere Shumway. „Ergreift ihn!", brüllt er und geht raus. Die Beiden wollen mich abführen, doch ich wehre mich so gut es geht. „Bellamy ist gut. Ich habe gewusst was passiert wenn sie es herausfinden, es ist gut", sagt sie und lächelt mich schwach an. „Nein, Mom. Was redest du da?", frage ich verwirrt, während ich mich gegen die Hände des zweiten Wärters zur Wehr setze.
„Bellamy", sie legt mir ihre Hand auf meine Schulter. Ich spüre den Druck ihrer warmen Finger und höre ihre Stimme, als ich ihr geholfen habe Octavia auf die Welt zu holen. „Deine Schwester, deine Verantwortung." Das waren ihre Worte als ich meine kleine Schwester auf dem Arm hatte. „Lass es gut sein. Ich werde mich der Verantwortung stellen", flüstert sie und lässt sich von den Wachen abführen. Ich sacke zu Boden, fühle diesen Schmerz in meiner Brust. „Scheisse!", fluche ich und knalle die Faust auf den Boden. Was habe ich nur getan?
„Steh auf!", meint plötzlich Shumway. Ich hebe den Kopf und blicke in sein Gesicht, er sieht mich ausdruckslos an. „Du kannst dich von deiner Mutter verabschieden." Seine Gleichgültigkeit macht mich rasend vor Wut, doch ich muss sie zügeln, wenn ich nicht auch noch gefloatet werden will. Denn dann hat Octavia wirklich niemand mehr, der sie beschützen kann und das darf nicht passieren.
Meine Schwester, meine Verantwortung!
Ich stehe auf und folge ihm zum Floatingraum, ich war schon einmal hier als mein Vater getötet wurde. Allerdings kann ich mich daran nicht erinnern, denn ich war noch ein kleiner Junge. Als ich sie sehe, hinter einer Glaswand darauf wartend das sie ins All geschleudert wird, überkommt mich die Wut. „Das ist doch alles scheisse!", schreie ich und trete gegen die Scheibe doch sie zerbricht nicht. Sofort sind zwei von der Garde da und wollen mich festhalten, doch ich hebe die Hände. Ein Zeichen, dass ich nichts weiter tun werde.
Meine Mutter sieht mich mitfühlend an, ein aller letztes Mal höre ich wie meinen Namen sagt. „Pass auf Octavia auf. Weißt du noch, deine Schwester, deine Verantwortung. Du musst sie beschützen, Bellamy", flüstert sie, dann wird sie in eine Kabine gebracht. Ein rotes Licht fängt an zu blinken, wird nach einigen Sekunden grün und dann ist es soweit. Ich blicke in ihre Augen und sehe wie sie ins All geschleudert wird. Ich habe das Gefühl das mein Herz aufhört zu schlagen.
"Nein!"
Es setzt aus und wird nie wieder normal schlagen. Es wird immer unregelmässig schlagen, solange ich lebe. Ich bleibe stehen auch als Shumway mich wegziehen will, spanne mich an so das es ihm unmöglich ist mich wie ein Gegenstand herum zu schieben. Er schickt die zwei Wachen die meine Mutter hergebracht haben weg, nun sind wir alleine. „Dir ist klar das ich dich nicht mehr in der Wachmannschaft lassen kann, oder?", fragt er mich. Ich nicke, blicke stur auf meine Füsse. „Ich würde sowieso nicht mehr hier arbeiten wollen", sage ich nach einer Weile.
„Ich habe viel in dir gesehen, du hast Potenzial. Ich wollte dich als meinen
Nachfolger haben, wenn du soweit bist. Aber das geht jetzt nicht mehr."
Wieder lache ich, für wen hält er sich. Für meinen Vater? „Klar, als würden Sie mir nachweinen. Ihnen ist es doch scheissegal wie es den Menschen geht", schnauze ich ihn an und hebe den Blick. Schaue in seine dunklen Augen und frage mich, was in ihm vorgeht?
„Ich müsste dir jetzt eigentlich deine Waffe abnehmen, aber vielleicht brauchst du sie ja noch", sagt Shumway. Erstaunt hebe ich den Blick, ein gewisser Ausdruck in seinen Augen lässt sich nicht recht deuten. Ich nicke, habe verstanden was er damit meint. Diese Waffe wird mir irgendwann noch helfen, mein Versprechen Octavia zu beschützen, zu halten.
Doch wieso tut er das?
***
Ich werde zum Hausmeister degradiert, und stehe jetzt unter den Mechanikern. Bin auf gleicher Höhe wie die Putzkolonne, die eigentlich mir untersteht. Octavia wurde zu drei Jahren Arrest verurteilt, bis sie 18 Jahre alt ist. Dann endet der Arrest mit ihrer Hinrichtung und das kann ich auf keinen Fall zulassen.
Einen Vorteil hat der Hausmeisterjob, man erfährt so einiges. Denn die meisten Leute sehen mich gar nicht, es ist fast so als ob ich unsichtbar bin. So erfahre ich nach fast einem Jahr als Hausmeister, dass der Rat etwas plant. Etwas grosses, was das aber ist weiss ich nicht. Aber ich kenne jemand der das wissen könnte. Also gehe ich wie jeden Abend zu meinen alten Kumpels aus der Wachmannschaft. Sie sind meine Familie, die einzigen die mir geblieben sind.
Cancer hat die Ausbildung abgeschlossen, wie er behauptet wird er bald Shumways Nachfolger. Das hätte ich sein können, denke ich niedergeschlagen. Aber das Leben ist nicht fair, das ist es niemals.
„Hey Blake. Hab gehört du hast etwas verloren", meint Cancer und wirft mir einen Lappen ins Gesicht. Der Geruch von Essigreiniger steigt mir in die Nase, ich wische mir über den Mund. „Haha sehr witzig", erwidere ich genervt und werfe ihm den Lappen ins Gesicht. Angewidert schmeisst er ihn in eine Ecke, dort wo ihn morgen die Putzkolonne finden wird.
Er reicht mir ein Bier und ich setze mich auf eine leere Kiste, das ist jetzt mein Leben. Ich darf den anderen den Dreck hinterher räumen und mir blöde Sprüche anhören. „Wie geht's meiner Schwester?", frage ich Cancer. Er sieht mich mit einem seltsamen Blick an. Ist er unsicher, ob er es mir sagen soll oder steckt etwas anderes dahinter? Was hat sie ausgefressen, oder hat man ihr etwas angetan?
„Bis jetzt noch ganz gut", antwortet er und zieht eine Braue nach oben. Ich schmiere ihn dafür das er mich regelmässig über den Zustand meiner Schwester informiert. „Was soll das bedeuten?", schnauze ich ihn an. Er grinst dümmlich vor sich hin, wie ich ihn manchmal hasse. „Sag schon, Mann!", brülle ich und stehe auf, bereit mich mit ihm zu prügeln.
Ich hätte Bock darauf, zu lange schon vermisse ich das Gefühl wenn das Adrenalin durch meine Venen rauscht . Es wäre also die perfekte Gelegenheit, doch Cancer, dieser Abschaum, hebt die Hände. „Okay ich wollte nur meinen Spass. Du solltest echt wieder mal ein Mädchen klar machen", meint er. Die anderen Jungs lachen nur doof, es sind manche die ich kenne aber auch solche die mich nur schräg von der Seite anstarren. Für sie bin ich der Typ mit einer Schwester, eine Sensation. Geduldet werde ich nur, weil Cancer der Boss ist und sie sich nicht trauen etwas zu sagen. Alles Weicheier!
„Aber mal im ernst. Wie wäre es mit der kleinen von der Krankenstation", fügt Cancer hinzu. Clarke Griffin. Sie ist etwas jünger als ich, und ein Jahr älter als Octavia.
Sie hat mich verarztet als ich nach der Hinrichtung meiner Mutter ausgerastet bin. Ich habe alles kurz und klein geschlagen, es war mir scheiss egal. Seitdem haben wir uns ein paar Mal in der Bibliothek getroffen, sie ist ganz nett aber nicht mein Typ. Seit ein paar Monaten habe ich sie nicht mehr gesehen, aber es ist mir auch egal.
„Mal im ernst, was plant der Rat?", frage ich Cancer und gehe nicht weiter auf Clarke ein. Meine Stimme zeigt ihm deutlich das er seine Sprüche einstellen soll, sonst trifft meine Faust auf sein Kinn. „Ich weiss nichts richtiges, aber man munkelt das sie eine Reise auf die Erde planen. Die Straftäter sollen runter geschickt werden, aber wie viele es sein werden ist nicht bekannt", flüstert er.
Ich nicke, kann nicht fassen was das bedeutet.
Die Erde ist seit Jahren verseucht, keiner kann da überleben. „Wann?", frage ich ihn. Ich muss es wissen, damit ich meine Schwester beschützen kann. „Schon bald", Cancer zuckt mit der Schulter. Vielleicht hatte Shumway doch recht, als er meinte ich könnte die Waffe, die gut geschützt in meinem Zimmer versteckt ist, gebrauchen. „Sag mir Bescheid, sobald du etwas rausgefunden hast. Und jetzt nerv mich nicht mehr mit der kleinen aus der Krankenstation", beende ich das Gespräch. Ich trinke mein Bier, höre den Witzen der anderen zu und überlege mir wie ich das ganze angehen könnte.
Eine Woche später habe ich mir einen Plan zu Recht gelegt. Cancer meinte, dass sie schon Morgen aufbrechen werden.
Sie sollen in einem Dropship starten, die Anzahl der Sträflinge ist noch immer nicht bekannt, doch das ist egal. Wenn Octavia darunter ist, dann werde ich mit ihr auf die Erde fliegen. Ich treffe mich am Abend mit Cancer, er erscheint eine Stunde zu spät und wirkt leicht geknickt. „Du dummer Wichser, weißt du eigentlich auch was eine Uhr ist?", knurre ich. Er zuckt mit der Schulter und sieht sich immer wieder um.
„Wegen Morgen, ich kann dir nicht helfen. Die haben wohl mitgekriegt das Informationen durchgesickert sind, die schmeissen mich raus und ich habe keine Lust so zu enden wie du", meint er leise. Wut steigt in mir auf, wie kann er mich so hängen lassen. „Du bist mir was schuldig", knurre ich und versuche mich zu beruhigen. Doch als er wieder anfängt das er nicht so enden will wie ich, reicht es mir. Ich hole aus und treffe ihn mit voller Wucht am Kopf.
Er fällt nach hinten und knallt auf den Boden, er bewegt sich nicht mehr. „Scheisse!", zische ich und schaue nach ob er noch lebt. Gott sei Dank atmet er noch. Was soll ich jetzt tun? Während ich über diese Frage nachdenke, starre ich auf seine Uniform. Da kommt mir eine Idee, ich ziehe ihm seine Uniform aus und schleppe ihn dann in einen Schrank, dort wird ihn nicht so schnell niemand finden. Mit der Uniform und einer Chance meine Schwester doch noch zu beschützen, husche ich durch die Gänge der Ark.
In meinem Zimmer hole ich die Pistole heraus und schaue das Magazin an. Alle Patronen sind drin, es kann losgehen. In dieser Nacht schlafe ich nicht, ich liege in meinem Bett und starre an die Decke. Höre das Zischen und Knattern der Ventilatoren des Belüftungssystem.
Als ich aufstehe spüre ich wie mein Herz schneller schlägt und Adrenalin durch meine Venen strömt. Es tut gut es wieder zu fühlen, es zeigt das ich noch lebe. Oder endlich wieder, je nachdem wie man es sieht. Ich warte bis sich die Wachmänner bereitmachen und schliesse mich ihnen an. Ich hoffe einfach nur, dass ich nicht erkannt werde. Sonst bin ich am Arsch, aber so was von. Wir versammeln uns vor der Kapsel, die auf die Erde geschickt wird. Aus einem anderen Teil strömen die Häftlinge hinein, unter ihnen finde ich Octavia. Erleichtert atme ich aus, doch als ich das Mädchen aus der Krankenstation sehe, zieht sich alles in mir zusammen.
Ich frage mich was sie angestellt hat, aber dann erscheint Kanzler Jaha. Er beginnt seine Rede, stellt diese Mission als eine Ehre dar. Pah das ich nicht lache! Es ist keines Wegs eine Ehre, sondern ein Kommando in den Tod. Doch lieber bin ich bei Octavia, als sie alleine sterben zu lassen. Ich habe es meiner Mutter versprochen. Als er endet, salutieren die Männer aus der Wachmannschaft, ich weigere mich. Jaha drückt einen Knopf und der Countdown beginnt. Drei Minuten bis zum Start. Ich werde es schaffen, ich muss nur noch etwas Geduld haben.
2:30....2:00... Noch eine halbe Minute dann kann es losgehen. 1:56...1:45... noch fünfzehn Sekunden. 1:30! Ich renne los, ziehe meine Waffe aus der Halterung und schnappe mir Jaha.
Er ist völlig überrumpelt wie alle anderen auch. „Lasst mich mitfliegen, dann passiert nichts!", schreie ich und halte dem Kanzler den Lauf der Waffe an den Kopf. Er zittert, dieser alte Mann zittert, weil ihn ein zwanzigjähriger Mann bedroht. Wie lächerlich er doch plötzlich erscheint, gar nicht mehr so weise wie er immer tut. Langsam bewege ich mich rückwärts auf die Tür des Dropships zu, meine Hand zittert kein bisschen. Es ist als hätte ich auf diesen Tag hin gefiebert und das habe ich auch. Noch eine halbe Minute. Ich sehe wie die Wächter auf mich zu kommen, ich drücke ihm den Lauf noch fester gegen den Kopf.
„Zurück!", schreie ich und sehe wie sie stehen bleiben. Die ganze Wut auf Jaha bricht aus mir heraus und bevor ich ihn loslasse, drücke ich ab. Die Kugel trifft ihn an der Wange, Blut spritzt und saut mich ein. Ich schubse ihn von mir und springe ins Drophsip, bevor sich die Türen schliessen sehe ich wie er wie ein Sack Mehl zu Boden sackt. Bevor sie gänzlich zu sind, sehe
ich wie Shumway mir zunickt.
Dann sind sie zu und ich habe es geschafft.
„Bellamy!", höre ich meine Schwester. Ich drehe mich um und suche sie, unter den vielen Jugendlichen ist es schwer aber schliesslich finde ich sie. Ich kauere mich vor sie hin und streiche ihr nach einem Jahr wieder über den Kopf. Sie sieht gesund aus, wenigstens geht es ihr gut. Noch!
Denn wer weiss wie es uns geht wenn wir gelandet sind. Ein Ruckeln nimmt mir das Gleichgewicht so das ich auf dem Boden lande. Der Lärm ist ohrenbetäubend, ich halte mir die Ohren zu. Als mich Octavia berührt nehme ich die Hände von meinen Ohren und lächle sie an. „Ich habe es Mom versprochen", sage ich und nehme sie in den Arm.
Das Gefühl ist unbeschreiblich. „Ist er tot?", flüstert sie an meine Schulter. Als ich mich von ihr löse sehe ich Tränen in ihren Augen glitzern. Ich streiche ihr übers Gesicht und weiss nicht was ich sagen soll. „Und wenn schon. Er hat es verdient", flüstere ich nach einer Weile. „Ich habe es für dich getan. Und für Mom", füge ich fester hinzu.
Sie nickt und versucht zu lächeln, es gelingt ihr nicht so recht. Ich umarme sie noch einmal, dann setze ich mich neben sie. Wir schweigen während das Ding auf die Erde zu rast, immer wieder werden wir durchgeschüttelt, doch ansonsten verläuft es ziemlich reibungslos. Wie aufs Stichwort wird das Schütteln stärker und im Innern des Dropships bricht Panik aus. Meine Schwester klammert sich an mir fest, während wir unkontrolliert die Erdatmosphäre durchbrechen. „Bellamy. Ich habe Angst", flüstert sie. Ich habe Mühe sie zu verstehen, denn es ist unsagbar laut. Aber ich blicke in ihre Augen, habe so ein Gefühl in mir, es ist als würde jetzt etwas passieren. Und das tut es auch. Das tut es immer!
Plötzlich hören wie ein Krachen, alle werden herumgeschleudert, ich kann sehen wie Octavia von mir getrennt wird. Sehe wie ihre Finger nach mir tasten, sehe ihren entsetzten Blick. Alle schreien, alle versuchen sich irgendwo festzuhalten. Doch wir werden herumgeschleudert, immer wieder treffen mich Arme oder Beine im Gesicht.
Schliesslich prallen wir irgendwo auf, wieder erschüttert es uns und wir fliegen noch einmal kreuz und quer durchs Drophship. Ich knalle gegen die Wand, mein Kopf prallt als erstes dagegen. Die Wucht ist so heftig das er herumgerissen wird und ich schliesslich auf dem Boden liegen bleibe. Ich versuche etwas zu sehen, doch etwas rinnt meine Augen runter, hindert mich daran sie zu öffnen.
Ich versuche zu atmen, doch es fällt mir schwer. Was mir über die Augen läuft ist Blut, aber nicht von mir. Als ich mich bewege fällt eine blutige Hand runter. Ich reisse die Augen auf und starre auf die abgetrennte Hand, kann keinen Gedanken fassen. Als endlich das Adrenalin durch mich hindurch schiesst, kann ich mich von der Hand lösen und ich versuche aufzustehen. Ich rutsche etwas von der Wand weg, doch als ich etwas blaues über mir sehe, weiss ich das ich nicht mehr im Dropship bin. Ich wurde beim Aufprall rausgeschleudert, liege nun auf einer Wiese. Das Grün ist grell, genau wie das helle Blau des Himmels über mir. Ich setze mich langsam auf, atme gegen den Schmerz in meiner Brust an. Nach einer Weile stehe ich auf und erschrecke.
Denn nicht nur ein Arm lag auf mir sondern ein ganzer Mensch oder viel mehr was von ihm übrig geblieben ist. Denn der Mensch, ob weiblich oder männlich kann ich nicht erkennen, ist auf einem Baum aufgespiesst. Lediglich die abgetrennte Hand ist intakt alles andere ist verbrannt. Ich fühle wie die Galle in mir hochsteigt, kann mich gerade noch wegdrehen, bevor ich mich übergebe. Ich würge bis alles raus ist, schwer atmend halte ich meine Rippen fest. Als ich mich von der verkohlten Leiche abwende, kann ich nicht fassen was ich sehe. Vom Dropship ist nicht viel übrig geblieben, Wrackteile liegen weit verstreut umher. Leichen liegen auf der grellen Wiese, der blaue Himmel über uns. Bäume sind zu sehen, über all nur Bäume. Es wirkt alles so bizarr, als wollten sie uns verspotten.
Doch ich atme, nehme die verschiedenen Gerüche wahr und frage mich wo meine Schwester ist. Als ich sie finde, praktisch unverletzt, schliesse ich sie in die Arme. „Wir können atmen", flüstert sie. Ich kann die Freude in ihrer Stimme hören und beginne zu lächeln. „Willkommen auf der Erde", erwidere ich und träume von einem Leben auf der Erde.
Zusammen mit meiner Schwester.
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Ein weiterer OS aus meiner früheren Bellarke Euphorie :D
Eure Amanda
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