𝑉𝑖𝑒𝑟𝑢𝑛𝑑𝑑𝑟𝑒𝑖ß𝑖𝑔
Da wir ungefähr wussten, wo sich Jesper befunden hatte, als er das Herz hervorgeholt und es die Kräfte der Bändiger gestohlen hatte, flogen wir mit unserer Energie zuerst nach dort.
Natürlich war es nicht da, wo wir es vermuteten. Das wäre auch zu schön gewesen. Doch wir gaben nicht auf und flogen weiter. Irgendwo hier musste es sein.
„Sind wir hier richtig?", fragte Finn.
„Eigentlich schon, aber es scheint sich nicht mehr in der Nähe zu befinden."
Wir waren nun schon mehrere Minuten sinnlos umherbezogen und hatten noch immer nichts entdeckt. Uns lief die Zeit davon. Wir mussten endlich von der Raumstation verschwinden und uns ein Versteck suchen, sollte der Krieg anhalten.
„Das Herz ist nicht auffindbar", erklärte ich Kazumi und den Reforten. „Was sollen wir machen?"
„Das ist nicht gut", kommentierten diese wenig hilfreich. „Dann kommt am besten wieder zurück und wir kümmern uns erst einmal um uns. Vielleicht finden wir in der Station irgendwo ein Gerät, mit dem man ins Internet gehen kann. Dann können wir uns so ansehen, wie es gerade um die Erde steht."
„Einverstanden."
Wir brachen die Seelenverbindung ab und ich betrat zum wiederholten Mal die Raumfahrt-Station. Es fühlte sich falsch an, wieder hier zu sein. Noch immer klebten überall die Kampfspuren. Außerdem würden die Bändiger hier als erstes nach uns suchen, wenn sie darüber Bescheid wussten, was vorhin passiert war.
Wenn William ihnen davon berichtete.
Ich wusste nicht, wo Jesper, Romy und er gestrandet waren, nachdem sie die Reiche zerstört hatten. Immerhin hatten sie sich in ihnen befunden, als sie die Quellen entfernt hatten.
Sie hatten danach noch gelebt, weswegen ich davon ausging, dass sie einfach auf die Erde gebracht worden waren.
Hoffentlich ging es ihnen gut. Romy und Jesper waren wirklich ganz großartige Menschen ... oder Feuerbändiger ... oder eine großartige Hybrid und ein großartiger Halbhybrid. Wobei keiner von beiden mehr die Energie besaß.
Was auch immer sie nun waren. Es spielte gerade keine große Rolle. Fakt war nur: Sie waren meine Freunde und ich sorgte mich um sie.
„Ich habe etwas gefunden!", rief Pia in diesem Moment. Sie hielt ein Handy in die Höhe.
Wir hatten uns auf unterschiedliche Räume aufgeteilt, um nach möglichen internetfähigen Geräten zu suchen.
Natürlich war es in einer hochentwickelten Station nicht schwer auf welche zu stoßen, doch alles war mit unzähligen Passwörtern und Firewalls geschützt. Selbst wenn wir einen Code durch Zufall erraten konnten, würden uns noch tausend weitere den Weg versperren.
Ein Handy war da schon mal besser. Vielleicht konnten wir durch die Fingerabdrücke auf dem Display den Code herausfinden.
„Versuch es mal", antwortete ich Pia und gab dann selbst meine Suche auf, um mich zu ihr zu stellen.
„Anhand der Abdrücke müssten die Ziffern zwei, fünf, sechs, sieben und null der Code sein, aber natürlich habe ich keine Ahnung, in welcher Reihenfolge ich die Zahlen anordnen muss."
„Es klingt, als wäre es ein Geburtsdatum. Vielleicht das des Partners, des Handybesitzers. Versuch mal so was wie: 25.06.70"
Natürlich knackte Marie den Code nicht beim ersten Mal, doch mein Tipp war ein guter gewesen. Bei 06.05.72 entsperrte sich das Handy.
„Juhu!", riefen wir jubelnd und machten uns sofort auf den Weg zu den anderen.
Wir versammelten sie in einem Bürozimmer und legten das Telefon in die Mitte des Tisches, so dass es hoffentlich jeder sehen konnte.
Dann klickte Pia auf das Google-Icon und öffnete den Livestream einer deutschen Tageszeitung.
Die Reporterin befand sich außerhalb des Studios, auf einer verlassenen Straße.
Da wir mittendrin eingeschaltet hatten, verstand ich nicht sofort, wovon sie gerade sprach.
„... fluchtartig den Tatort verlassen haben. Es scheint, als haben sie ihre Niederlage akzeptiert und wären nun zurück in den Untergrund geflüchtet. Wenn wir der Ansage der jungen Frau glaube schenken können, die vor wenigen Minuten über der ganzen Welt verkündet wurde, scheinen sie kapituliert zu haben. Es ist wieder sicher, sich nach draußen zu begeben! Im Anschluss hören sie nun eine Liveschaltung zu einem amerikanischen Partnersender. Dieser hat den König des Tagreichs in einem ersten Interview. Sverre der III. wird uns noch einmal in aller Ausführlichkeit erklären, was es nun mit ihm und seinem Volk auf sich hat. Und wie sie uns all die Jahrhunderte verschweigen konnten, dass es sie gibt. Vielen Dank."
Das Bild der jungen Frau verschwand und stattdessen erschien Sverre auf unserem Bildschirm. Eine Welle der Erleichterung überkam mich.
Deshalb hatten wir Sverre nicht aufgefunden. Er war auf dem Weg zurück zur Zivilisation gewesen, um den Menschen ganz geordnet von uns zu erzählen. Das war ein ziemlich guter Gedankengang gewesen.
Meine Freunde hörten Sverre nun aber nicht zu. Wir kannten unsere Geschichte und mussten sie deshalb nicht noch einmal in aller Ausführlichkeit von ihm hören.
Stattdessen begannen wir zu jubeln. Die Reporterin hatte uns bestätigt, was wir so inständig gehofft hatten.
Die Feuerbändiger hatten den Krieg beendet! Es herrschte Frieden und die Erde war gerettet! Wir hatten es geschafft.
Mich wunderte nur, wo die Bändiger hingelaufen waren. Hatten sie in meiner Rede nicht verstanden, dass auch sie Teil des Friedens waren? Sie waren ebenso frei wie die Natesim und die Menschen.
Ich hoffte, dass sich dieses Missverständnis noch klären konnte und die Bändiger nicht vor uns weggelaufen waren, weil sie sich ohne ihre Kräfte machtlos und schutzlos gefühlt hatten. Ich hoffte, dass sie nicht aufgegeben hatten, weil sie waffenlos und in Unterzahl gewesen waren, sondern, weil sie gelernt hatten, dass wir ihnen nichts Böses wollten.
Doch das konnten wir zu einem späteren Zeitpunkt noch immer klären. Nun zählte erst einmal, dass wir frei und in Sicherheit waren. Alles war gut!
Ich umarmte meine Schwester stürmisch und dachte dabei an Luna, Lance, Drew und meine Eltern. Hoffentlich ging es auch ihnen gut und es würde bald die Möglichkeit geben, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Ich vermisste sie unendlich und wusste noch nicht, wann ich sie wiedersehen konnte und wo es uns hin verschlagen würde. Denn das Zuhause der Natesim gab es nicht mehr.
Da fiel mir wieder ein, was das für die Erde bedeutete. Es waren plötzlich doppelt bis dreifach so viele Personen, die Verpflegung und einen Unterschlupf brauchten. Und die ganzen Feuerbändiger waren in dieser Rechnung noch nicht inbegriffen.
Das waren viel zu viele Person! Niemals könnte die Erde sie alle versorgen und vor allem nicht sofort. Es würde Jahre brauchen, bis wir alle ein Dach über dem Kopf haben könnten und bis dahin wäre uns schon der Hungertod überkommen, da wir auch weder Geld noch eine Arbeit besaßen.
All das war mir vorher nicht in den Sinn gekommen. Immerhin war es nicht Teil unseres Plans gewesen, dass alle Natesim auf der Erde leben sollten.
Eigentlich sollten Tag- und Nachtreich weiter bestehen und nur Einzelpersonen zwischen diesen wechseln. So dass Menschen, Natesim und Bändiger entscheiden konnten, wo sie wohnen wollten und das Portal für alle offen stand.
Doch nun hatten wir ein Problem. Zumindest, wenn ich nichts etwas daran änderte.
„Leute ...", sagte ich pflichtbewusst zu meinen Freunden. „Ich glaube, wir haben noch etwas zu tun."
„Was ist los Marie?", fragten sie sofort besorgt.
„Wir sind den Natesim etwas schuldig. Sie haben all ihre Energie für uns gegeben, damit die Erde bestehen kann. Und dafür sind ihre Reiche zerstört worden. Es funktioniert nicht, dass man sie mit offenen Armen auf der Erde empfängt. Es sind viel zu viele."
„Ich weiß", sagte meine Schwester hilflos. „Aber was können wir dagegen unternehmen?"
Nun lächelte ich. Meine Idee war riskant, da ich noch immer das Ausmaß meiner Kräfte nicht genau kannte. Doch ich war mir sicher, dass wir hinbekamen, was ich vorhatte.
„Wir bringen das Tag- und das Nachtreich zurück."
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