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Lulu sah über ihre Schulter und stolperte beinahe.
,,Lulu!" , rief ich noch einmal.
Diesmal blieb meie Freundin stehen. ,,Ich habe dich nicht extra hierher gelockt!" , rief sie, da sie bemerkt hatte, was mich störte.
,,Ich wollte dir was anderes zeigen und dir nicht Harry unter die Nase reiben!" Lulu sah mich bittend an.
Ich seufzte. ,,Was denn?"
,,Mein Bruder hat unsere Jacht neu renoviert!" , Lulu sah sehr glücklich aus. ,,Wir haben jetzt eine neue Wohnzimmer-Einrichtung..."
Ich sah an ihr vorbei und erstarrte.
Harry, der Junge mit dem kurzen Haar und den schönen Augen sah in unsere Richtung. Grinsend winkte er von seiner großen Jacht, die eigentlich seinem Vater gehörte.
Geistesgegenwärtig zog ich Lulu hinter eine Busch. Diese quiekte. ,,Siyna! Was ist los?!"
,,Psscht!" , schimpfte ich. ,,Nicht so laut!" ,,Ist Harry da?" Lulus Auge leuchteten schalkhaft.
,,Lass uns rüber gehen!" ,,Nein! Auf gar keinen Fall!" , schrie ich.
Doch Lulu zog mich aus dem Busch. Verzweifelt wehrte ich mich, doch es nützte nichts.
So liefen wir bald nebeneinander auf die Jacht zu. Harry sah uns mit einem verschmitzten Lächeln entgegen.
,,Hey ihr beiden!"
,,Hey Harry!" , strahlte Lulu ihn an.
,,Wie geht's?" , fragte er und sah dabei mich an. ,,Ganz gut." Ich lächelte zaghaft und schüchtern.
,,Was machst du da?" , fragte Lulu. ,,Ich überprüfe die Jacht meines Vaters." Harry wandte sich ihr zu. ,,Und muss gleichzeitig unten putzen."
,,Uii." Lulu lachte.
,,So lustig ist das nicht." Harry lachte trotzdem mit. Seine Augen strahlten.
Sein Lachen war tief und angenehm, die Haut meiner Oberarme erschauderte beim Klang seiner Stimme.
,,Können wir das Teil mal von innen sehen?" Lulu wurde neugierig.
,,Nenn es bloß nicht 'Teil'!" Harry sah sie entsetzt an. ,,Mein Vater steht da gar keinen Spaß! Er hat viel bezahlt für diese Jacht und musste sie obendrein auch noch aufmöbeln!"
,,Okay, ich lass es. Aber he - können wir?" Voller Tatendrang sah Lulu ihn an.
Harry überlegte. ,,Na gut. Ich hole die Planke." ,,Spitze!" Meine Freundin freute sich und begann rumzuhibbeln.
Als Harry die Planke auslegte, flitzte sie schon hinüber. ,,Wow!"
Ich kam langsamer hinterher.
Als ich fast da war, bot mir Harry seine Hand an. ,,Danke, geht schon" , quetschte ich hervor und sprang auf die Jacht.
Harry führte uns nach unten.
,,Das ist ja eine halbe Wohnungsausstattung!" Lulu war ganz hin und weg.
,,Ja, das kann man so nennen." Harry grinste. ,,Aber das Sofa haben wir schon seit wir hierher kamen!"
Er zeigte auf das große rote Sofa.
Sofort erinnerte ich mich an den Tag, als ich ihn zum ersten Mal sah.
Damals, vor drei Jahren, war ich am Strand gewesen.
Harry saß mit einer Clique, die ich aus der Schule kannte, im Sand, den Blick Richtung Meer.
Ich hatte geträumt und versehentlich einen Ball abbekommen.
Die Clique hatte gelacht. Doch Harry war aufgestanden, war zu mir gekommen, um zu fragen, wie es mir ging.
Das war der Moment, wo ich ihn zum ersten Mal sah und völlig hin und weg gewesen war: Sein freundliches Lächeln hatte sich in meinen Kopf gebrannt und mit seinen blauen Augen sah er mir bis auf die Seele.
Stotternd war ich am Antworten und fand mich nur peinlich.
Die Clique, die ein Jahr älter waren als ich, lachten und tuschelten.
Harry hatte sie lässig ignoriert. Als ich meinte, dass es mir gut ging, hatte er den Ball eingesammelt.
Ich flüchtete. ,,Tschüss Kleine!" , hatte einer aus der Clique mir hinterher gerufen.
Das ignorierte ich aber gekonnt.
,,Das Sofa ist echt toll!" , holte mich Lulu zurück in die Gegenwart. Ich nickte nur zustimmend.
,,Der Tisch da" , meinte Lulu, ,,der hat so schöne Schnörkel..."
Sie lief auf den Tisch zu.
Harry sah beiläufig aus dem Fenster.
Er stockte.
,,Mein Vater kommt!"
Lulu zuckte zusammen. ,,Was wird er sagen, wenn er uns hier unten sieht?" , fragte ich ängstlich.
,,Er wird es nicht gut finden! Kommt schnell mit!"
Harry lief zur Tür, doch es war zu spät.
Die Tür wurde geöffnet und Harrys Vater stand vor uns.
,,Papa! Schön dich zu sehen!"
Der Mann nickte seinem Sohn zu. Dann fixierte er uns. ,,Hast du diese beiden eingeladen?" Seine Stimme war kalt.
,,Ja." Bestimmt sah Harry ihn an. ,,Ich wollte sie gerade rausgeleiten."
,,Dann tue das, Harry. Und denk dran: Nächstes Mal sagst du mir Bescheid und fragst um Erlaubnis, bevor du jemanden einlädst."
,,Natürlich!" Harry nickte. Dann lief er mit uns auf dem Füße weiter.
Lulu und ich liefen über die Planke und durch den Hafen, ohne Harry zu beachten. Sein Vater war uns zu unheimlich.
,,Bis bald!" , rief er uns noch schnell hinterher.
,,Ich dachte, er geht auf uns los!" , meinte Lulu, als wir die Straße zum Dorf erreichten. Sie zupfte an ihrem Kleid.
,,Hast du seine kalten Augen gesehen?" Ich nickte.
Lulu zuckte zusammen. ,,Der Mann ist nur gruselig!"
Ich nickte bloß. An der nächsten Kreuzung musste Lulu rechts abbiegen.
Sie nahm mich in den Arm.
,,Komm gut nach Hause! Bis morgen!"
,,Du auch! Bis morgen!" , wünschte ich ihr.
Lulu lief in ihre Straße und winkte mir.
Ich winkte zurück, bevor ich in die Lavendel-Weg-Straße einbog und vor dem Haus mit der Hausnummer 28 stehen blieb.
Ich war zuhause.
,,Ich bin wieder da!" , rief ich , nachdem ich die Tür aufschloss und in den Flur eintrat.
868+ Wörter
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