Kapitel 4 -Die Skizze-
Genervt knüllte ich das letzte Blatt zusammen und schnappte mir einen neuen Zettel. Langsam skizzierte ich Fred's Gesicht, ließ keine Sommersprosse aus und betonte jeden Schwung seines Schädels. Ich malte zwei kleine W's in seine Augen, hob die Lachfältchen hervor und betonte seine eindrucksvollen, fröhlichen Augen mithilfe seiner Wimpern und der ausdrucksstarken Augenbrauen. Seine Nase malte ich haargenau wie sie war, legte mein Augenmerk auf den markanten Knick. Schwungvoll bannte ich seine Lippen auf das Papier, seine hohen Wangen mit den Lachfalten ließen das Ganze fröhlich aber auch edel wirken. Was nicht passte, radierte ich aus und zeichnete ich neu. Mehrmals musste ich manche Details ausbessern bis sie scheinbar perfekt waren. Im den Hintergund malte ich ein großes Feuerwerk in verschiedenen Farben, skizzierte die Umrisse seiner Familie vor die bunten Lichter. Nachdenklich hob ich das Bild hoch und sah es mir genauer an. "Irgendwas passt da nicht. Es ist Fred und... irgendwie auch nicht. Komisch." Kopfschüttelnd nahm ich das Blatt und steckte es in die Folie meines bunten Schnellhefters. Das, was vorher so gut gewirkt hatte, schien fehlerhaft. Was mir zuvor positiv ins Auge stach, war plötzlich vollkommend unpassend. Die klaren Linien wirkten verschwommen und ungenau, zogen das harte und trotzdem zarte Gesicht ins Karrikativ-Irrwitzige. Diese Skizze war durch und durch ein Desaster.
Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter und ließ mich zusammenzucken. "Clara! Was machst du denn noch so spät?" Ich drehte mich um und sah in die hellbraunen Augen meiner Mutter Hestia. "Wie... Wie spät ist es?" "Halb 1." "Was?" Erschrocken sprang ich auf und sah sie an. "Bist du eingeschlafen?" "Nein. Ich hab an meinem Kunstprojekt gearbeitet." "Darf ich die Zeichnung sehen?" "Das... Das ist nur eine unnötige Skizze. Echt hässlich und so." "Darf ich sie mir trotzdem anschauen?" Seufzend öffnete ich das dünne Mäppchen wieder und schob es meiner Mutter zu. Erstaunt riss sie ihre Augen und fuhr mit ihrem Zeigefinger über die hauchdünne Folie. Ein sanftes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und sie sah mich gerührt an. "Du scheinst diesen Jungen sehr gerne zu haben. Ich habe noch nie gesehen, dass du in eine Arbeit soviel Zeit und Genauigkeit investiert hast." "Das ist nur eine Skizze. Total fehlerhaft." "Es ist wunderschön." Neugierig sah sie mich an. "Fred. Der Neffe von Mr. Snappes. Meinem Kunstlehrer." "Der Fred, mit dem du gestern Essen warst?" Ich nickte und sah mit roten Ohren auf den Tisch. "Ich wusste dass du ihn magst!" Ihre Stimme klang amüsiert. "Klar mag ich ihn. Er ist witzig und so." "Und er sieht gut aus?" Sie deutete auf die Skizze. "Es gib hübschere Jungs." Scheinbar gleichgültig zuckte ich mit den Schultern. "Ahja. Naja egal. Du solltest schlafen gehen." Ich nickte, räumte meine Sachen in meine Tasche und stellte den Teller in die Spüle. Müde trottete ich hoch in mein Zimmer und tauschte meine Klamotten gehe ein Schlafshirt und ein Paar Leggins sowie Flauschsocken ein. Leise tappte ich in mein Badezimmer, putze schnell meine Zähnen und band meine Haare zu einem lockeren Zopf zusammen. Danach schlüpfte ich unter meine Decke und löschte das Licht. Kurze Zeit wälzte ich mich noch in meinem Bett herum, Fred's Lächeln hielt mich vom Schlaf ab. Erst nach einiger Zeit lullte mich die schwere Dunkelheit ein und ich sank in den beruhigenden Schlaf.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro