5. Kapitel - Programm
Tag 1, Programm - 17:43
Eine Hand, die vor meinem Gesicht herum wedelt, unterbricht meine Gedanken. "Hallo, Stego, bist du noch da?", erkundigt sich Tobi. "Tim hat dich was gefragt."
Verlegen frage ich: "Sorry, was ist denn?"
Tim lächelt. "Wo wohnst du?", wiederholt er seine Frage und wartet auf die Antwort.
"Karlsruhe. Da wohne ich." Toll, das war peinlich, denke ich und mache mich unwillkürlich ein bisschen kleiner- und das, obwohl ich sowieso schon der Kleinste hier bin. Tim und Rafael sind beide riesig und Tobi ist auch relativ groß.
"Lass mal das Programm anschauen.", meint Tobi, zieht den Zettel von Klemmbrett-Frau aus seiner Hosentasche und rettet mich so aus der unschönen Situation. Dann legt er ihn in die Mitte des Tisches.
Rafael deutet auf den ersten Programmpunkt und sagt: "Also das ist schon mal abgehakt."
Ich verrenke mich etwas, damit ich sehen kann, was da steht, meinen eigenen Zettel anzuschauen wäre schließlich langweilig und lese: 17:00 Ankunft der Busse. Ein Blick auf meine Armbanduhr sagt mir, dass unser Bus etwas zu spät da war, der der Anderen ist scheinbar relativ pünktlich angekommen.
"Dreht mal bitte um, damit ich auch was sehen kann.", sage ich. Tim sieht auf, direkt in meine Augen und dreht das Programm um 90 Grad, sodass alle lesen können.
Die meisten Sachen klingen sterbenslangweilig, irgendwelche Fahrten zu Museen, was eigentlich unnötig ist, schließlich haben wir Klemmbrett-Frau und die scheint sich auszukennen, eine Fahrt in deinen Freizeitpark, eine Bootstour an der Ostseeküste entlang, ein paar Städtebesuche und viele andere Sachen in Boltenhagen. Lagerfeuer, fast jeden Abend und eben das Meer.
Ich verstehe nicht, warum manche Programmpunkte verpflichtend sind, fast als wären die random verteilt worden, damit man nicht die ganze Zeit im Camp herumhockt. Das würde schon Sinn machen, ist aber ziemlich bescheuert. So kann man sich nicht richtig aussuchen, was man machen will und was nicht.
"Also Freizeitpark ist doch super!", versucht Tim die Stimmung zu heben.
Tobi schüttelt verunsichert den Kopf. "Ne.", sagt er gedämpft. "Ich hasse Achterbahnen und so."
Rafael schaut ihn fragend an, Tobi entgegnet: "Höhenangst."
Tim beißt sich auf die Unterlippe, wahrscheinlich ist es ihm jetzt unangenehm, das gesagt zu haben. Und besser gelaunt ist dadurch keiner, wir sind eher bedrückt. Keine Ahnung warum. Tobi schaut hilflos weg von den Tischen.
Dann räuspert sich Rafael und fragt: "Wollen wir uns noch kurz selbst im Camp umschauen oder bis zu der Führung warten?" Ich schaue zu Tim, der erst mit den Schülern zuckt und dann nickt. "
"Gute Idee. Umschauen klingt doch ganz gut, wenn wir hier schon so lange bleiben werden.", sagt er schließlich und lächelt aufmunternd.
"Wir können doch zu den Bäumen da gehen."
"Da ist auch Schatten.", füge ich hinzu und deute unnötigerweise auf eine der Baumgruppen.
"Perfekt." Rafael klatscht in die Hände und steht auf.
Die Bäume in deren Schatten wir uns setzen, sind wirklich riesig und in den Lücken zwischen ihnen wachsen dicht aneinander Büsche. Außerdem ein paar Gräser am Rand zu der Lichtung. Ich mag es, hier zu sein, das beschließe ich direkt nachdem wir herkommen. Das Zirpen der Grillen ist so laut und nah, dabei ist es erst später Nachmittag.
In Karlsruhe habe ich das nie so wahrgenommen, aber da wohnen wir auch eher in der Innenstadt und es gibt nicht so viele Gärten.
Tim lässt sich neben mir nieder, Tobi auf meiner anderen Seite und Rafael daneben. Ich beobachte die Leute, die an den Tischen reden oder auf der Betonfläche spielen.
Als ich plötzlich angetippt werde, erschrecke ich mich kurz, bevor Tim mich anlächelt und ich mich wieder beruhige. Ich bin viel zu schreckhaft.
"Hey.", sagt Tim und seine Stimme wirkt so beruhigend. "Schön hier, oder?"
Ich lächele, anstatt zu antworten. Dann nicke ich zaghaft und lege den Kopf in den Nacken, um die Blätter über uns anzuschauen. Da es mitten im Sommer ist, ist das Blätterdach besonders dicht und schützt so perfekt vor dem Sonnenlicht.
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