Wüstenromantik
Australia, 2017
„Wohin gehen wir?", fragte ich überrascht, als Alex nach dem morgendlichen Training mit einem Picknickkorb in der Küche auftauchte.
„Hast du dir nicht schon immer mal ein Picknick in der Wüste gewünscht?", gab er zwinkernd zurück.
„Auf jeden Fall", meinte ich lachend. Plötzlich kam mir eine irrsinnige Idee und ich riss die Augen auf. „Oh mein Gott, glaubst du wir können das mit dem Spiegelei ausprobieren? Das wäre ja so cool!" Es war schließlich allgemein bekannt das man in Australien Spiegeleier im Freien kochen konnte. Zu meiner Überraschung fing Alex an zu lachen und hörte fast gar nicht mehr auf.
„Lou, du bist die einzige die auf sowas kommen könnte. Aber ehrlich gesagt habe ich das noch nie probiert, also lass uns ein Ei mitnehmen und das ausprobieren." Als ich in meine Sandalen schlüpfte freute ich mich riesig darüber, den Nachmittag weg von Viola und dem Training zu sein. Ich brauchte einfach mal eine Auszeit, dann würde sich alles wieder einrenken. Hoffentlich. In den letzten Tagen war mir Viola angespannter vorgekommen und hatte mich dabei auch ziemlich gestresst. Wenn ich einen Trick nicht gleich schaffte hatte sie genervt die Augen verdreht und manchmal auch eine nicht nett gemeinte Bemerkung gelassen. Ich war mir sicher, ihr würde ein Tag Pause auch nicht schaden. Nicht umsonst gab es Wochenende, an denen man seine Gedanken frei von Arbeit und jeglichem anderen sortieren konnte.
„Warte mal, hast du Viola Bescheid gesagt?", fragte ich bevor wir uns vollends verdrücken konnten. Alex winkte ab.
„Ne, das geht schon in Ordnung."
„Okay, dann lass uns ein total verrücktes Picknick in der Wüste machen!", meinte ich lachend und wollte gerade die Tür hinter mir zuziehen.
„Louise? Wohin gehst du?!" Viola stand im Flur und blickte mich stirnrunzelnd an.
„Oh, Alex hat vorgeschlagen dass wir ein Picknick machen könnten." Ich zog die Tür noch ein bisschen weiter zu, in der Hoffnung, dass sie uns dann gehen lassen würde." Aber Viola schien ganz und gar nicht begeistert zu sein.
„Moment mal, das kommt überhaupt nicht in Frage! Ihr seid nichts umsonst hier bei mir und einen Tag Verzögerung können wir uns nicht leisten! Außerdem bist du da draußen auf einem Präsentierteller, da hättet ihr gleich in Salzburg bleiben können." Hilflos sah ich zu Alex, der seine Tante gehört hatte und nun hinter mich getreten war.
„Vi, ich kann sehr gut auf Lou aufpassen! Außerdem glaube ich nicht dass sie uns finden könnten, nicht hier und nicht ohne dass wir es bemerken würden. Komm, Lou." Aber Viola wollte schier nicht nachgeben und packte Alex am Arm, der es sich mit einem kleinen Augenzucken gefallen ließ.
„Alex, das Training ist meine Sache. Louise bleibt hier!" Ich wollte Viola wirklich nicht verärgern, aber das ging mir wirklich zu weit.
„Viola, es ist doch nur für einen Tag. Und ich verspreche, mich dafür morgen doppelt so viel anzustrengen!" Ich ließ Viola und Alex stehen und lief nach draußen, um der Situation zu entkommen. Wenn ich etwas noch mehr hasste als Zimmer aufzuräumen, Grünkohl (den ich wirklich verachtete!!) und an einem schönen Tag drinnen zu sitzen, dann war es wenn andere Leute über mich bestimmten. Ich war ein eigener Mensch mit eigenen Entscheidungen, das musste man doch respektieren!
Ich ging zum Landrover, den Alex woher auch immer heuvorgefahren hatte und stieg auf den Beifahrersitz. Kurze Zeit später kam auch Alex und ließ sich mit einem Seufzer auf den Fahrersitz fallen. Den Picknickkorb stellte er auf der Rückbank ab.
„Ist alles in Ordnung mit Viola?", erkundigte ich mich. „Sie wirkte etwas gestresst."
„Ja, das ist sie definitiv." Er seufzte noch einmal. „Manchmal habe ich das Gefühl sie lädt sich mit dieser Aufgabe zu viel Verantwortung auf, sie ist sowieso schon eine Perfektionistin und das mach es auch nicht leichter." Meine er mit der Aufgabe etwa mich?
„Aufgabe? Wenn es nach mir ginge könnte sie sich ruhig mal eine Pause gönnen, wir müssen nicht die ganze Zeit trainieren..."
„Nein, das macht sie doch gerne. Und ich habe das Gefühl das sie sich die Sache mit dir wirklich zu Herzen genommen hat, so zielstrebig wie sie mit dir arbeitet." Hm, nach meiner Meinung hatte sie sich mich etwas zu sehr zu Herzen genommen.
„Ich meine ihre Aufgabe als Leiterin des Ordens", erklärte Alex. „Sie hat viel zu tun und es ist nicht immer ganz ungefährlich... Sie mag es vielleicht nicht zugeben, aber sie ist auch nicht mehr die Jüngste. Wenn es nach mir ginge, hätte ich ihr schon längst ein paar Aufgaben abgenommen, aber sie behütet diesen Posten wie ihren Augapfel. Dabei sollte sie es etwas langsamer angehen lassen." Er ließ den Motor des Wagens an und ich erhaschte im Rückspiegel einen Blick auf die Veranda. Viola beobachtete uns von dort und schien mich mit Blicken zu durchbohren. Mir kroch ein Schauer über den Rücken.
„Das sollte sie wirklich", stimmte ich Alex zu.
„Wow, ich kann nicht glauben dass dir diese Idee nicht schon früher gekommen ist!", rief ich aus als Alex mit einem Lächeln die Picknickdecke unter einem Schatten spendenden Baum ausbreitete. Ich hatte inzwischen gemerkt dass Alex ein Typ für romantische Dates war, ich erinnerte mich nur zu gut an ein ähnliches Picknick in einem Park in St.Petersburg. Aber ich genoss die Vertrautheit der Situation und sah mich staunend um.
Der Baum stand perfekt, zwar der einzige so große in der näheren Umgebung aber dafür mitten auf einem kleinen Hügel, von dem aus man einen wunderbaren Blick über die Steppe hatte. Vielleicht konnte man von hier aus ja sogar wilde Kängurus beobachten!
„Ich dachte ich hebe mir dieses Ass für einen ganz besonderen Moment auf", meinte Alex mit einem Lächeln, dass ich diesmal sogar in seinen Augen sehen konnte. Und wie seine Augen glitzerten!
„Hey, können wir jetzt das mit dem Spiegelei ausprobieren?" Ich war verrückt, das musste Alex spätestens jetzt aufgefallen sein. Er lachte. Okay, vielleicht machte ihm meine Verrücktheit wirklich nichts aus. Vielleicht mochte er sie sogar.
„Wenn Sie unbedingt darauf bestehen, Madam." Er holte das Ei und einen Teller aus dem Korb und schlug das Ei mit einer eleganten Bewegung auf.
„So recht?"
„Ja und jetzt stellen wir es in die Sonne!" Also stellten wir den Teller in die Sonne und ich sah zu wie vor meinen Augen ohne menschliche Einwirkung ein Spiegelei auf dem Teller gebraten wurde.
„Das ist ja der Wahnsinn, Alex." Ich wollte den Teller anfassen, aber Alex zog meine Hand zurück.
„Nicht! Was glaubst du, wie heiß sich Porzellan bei diesen Temperaturen aufheizt?" Ups.
Alex hatte außer dem Ei auch noch zwei gekühlte Flaschen Wasser dabei, (dem Himmel sei dank!) eine Art Mousse aus Avocado und Kiwi, bei dem ich erst etwas zögerte, dann aber doch probierte. Und er hatte nicht zu viel versprochen als er gesagt hatte dass es eine Delikatesse war, es schmeckte kühl, fruchtig und einfach nur hervorragend.
„Na?" Er neckte mich als ich genießerisch die Augen schloss. „Bin ich froh dass es dir schmeckt, die habe ich nämlich selbst gemacht."
Verwundert sah ich auf. „Aber ich dachte du stellst dich in der Küche absolut..."
„Das ist ein Familienrezept und so ungefähr das einzige was ich in der Küche zustande bringe", gab er zu. Ich fing an zu lachen.
„Dafür ist es aber perfekt, Alex." Ich ahnte, dass es wohl viele Dinge gab, die ich noch nicht über ihn wusste und freute mich gleichzeitig auf die vielen Stunden, in denen wir uns gegenseitig peinliche Erlebnisse aus unserer Kindheit erzählen und darüber lachen konnten. Wie klischeehaft. Aber auch süß.
„Alex...", fing ich an. Ich wusste nicht, wie ich es sagen sollte. „Ich wollte mich bedanken. Nicht nur für heute. Für deine Hilfe... und... na ja, alles. Ich weiß nicht wie ich das ohne dich geschafft hätte und es bedeutet mir so viel, jetzt endlich Bescheid zu wissen. Über die Magie, über diese Welt."
„Lou..."
„Es ist bestimmt nicht einfach mich überall mithin zu schleppen und deshalb..."
„Louise, hör mir zu", unterbrach er mich mit leiser Stimme. „Weißt du, wie schwer es ist dir noch eine Sekunde länger zuzuhören wenn ich dich schon die ganze Zeit über küssen wollte?"
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Damit alle Alouise-Shipper noch nicht ganz die Hoffnung aufgeben ;)
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