Gebrochene Herzen
Australia, 2017, Kängurufarm
Zusammenbruch. Aufstehen. Sich daran erinnern. Wieder ein Zusammenbruch. So ungefähr hatten die letzten fünf Stunden ausgesehen und ich konnte mir nicht vorstellen, dass dieses Gefühl jemals wieder verschwinden würde. Die Diagnose war mir glasklar, ein gebrochenes Herz. Seit unserer Flucht aus der Hölle, besser gesagt aus Violas Haus waren gerade einmal vierundzwanzig Stunden vergangen. Ja, ich hatte mitgezählt. Das war nämlich die Zeit, seit der ich an meiner Krankheit litt. Die ersten neunzehn Stunden konnte ich es verdrängen, wir waren durch die Wüste gelaufen und hatten genug damit zu tun gehabt, nicht zu verdursten oder uns von Schlangen beißen zu lassen. Aber dann waren wir hier angekommen und plötzlich war alles den Bach hinunter gegangen. Meine Brust hatte sich angefühlt als hätte ich ein Loch darin und ich kannte auch weitere kitschige Ausdrücke, um meinen momentanen Zustand zu beschreiben. Aber anders als bei anderen Krankheiten war diese nicht heilbar.
Klar, mit der Zeit wird der Schmerz kleiner und so was. Aber das glaubte ich nicht. Das hatte sich doch nur jemand ausgedacht, um nicht die Hoffnung zu verlieren, vielleicht um so zu tun als wäre alles okay. Aber das ging nicht vorüber, ich wusste es. Dafür saß der Schmerz einfach zu tief.
Hätte mir nicht von vorne herein klar sein müssen, dass das kommen würde? Jede Beziehung hatte irgendwann ein Ende, und wenn es nur der Tod war der einen der Beiden holte.
Aber ich hatte es ausgeblendet, vielleicht hinter einer rosaroten Brille, vielleicht einfach nur weil ich jeden Moment mit Alex wirklich gelebt hatte und mir nicht hatte vorstellen wollen, was morgen war.
Aber jetzt war die harte Realität über mir zusammengebrochen.
Alex hatte mich belogen und schließlich verlassen.
Und ich hatte es über seine Tante herausfinden müssen, wie erbärmlich war das denn? War Alex nur zu feige gewesen um es mir direkt ins Gesicht zu sagen oder warum sonst hatte er Viola diese Aufgabe überlassen?
Ich war mir inzwischen sicher dass er nicht nur ein kleiner Überbringer von Nachrichten war, wie er vor mir behauptet hatte. Oh nein, Alex war viel tiefer in das spinnunartige Netz der wahren Magier verwickelt als er behauptet hatte. Oder wahrscheinlich sogar einer der Wichtigsten, wenn Viola die Anführerin war. Gewesen war.
Wahrscheinlich hasste er mich jetzt, ich war am Tod seiner Tante beteiligt. Wollte er mich tot sehen? Konnte man jemand den man geküsst hatte so hassen? Ich jedenfalls nicht, so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte den Alex, den ich zu kennen geglaubt hatte, einfach nicht vergessen.
Er hatte mir die ganze Zeit nur etwas vorgespielt, anders konnte ich es mir nicht erklären.
Und jetzt war ich am Boden, war unten angekommen und sah nicht mal mehr ein Glühwürmchen in meiner finsteren Vorstellung. Zusammenbruch.
Aber ich musste stark sein, war ich das nicht schon immer gewesen?
Die Dunkelheit um mich herum schien sich zu verdichten und ich schlang meine Arme um meinen Oberkörper. Ich wollte alleine sein. Aber gleichzeitig schien Gesellschaft nicht das schlechteste zu sein. A. Arschloch. Angeber. Arrogant. Vielleicht urteilte ich zu schnell. Aber andererseits, er würde und hätte einen Weg gefunden mir zu helfen. Nein, Alex war ganz sicher nicht auf meiner Seite. L. Lustig. Manchmal. E. Egoistisch. Eingebildet. X. Ach, egal. Was tat ich hier überhaupt? Analysierte seinen Namen, um mich aus meiner Trauer und Wut zu flüchten?
Das war doch kindisch. So viele Leute trennten sich.
Jeder Mensch hatte einen Seelenverwandten auf der Erde, hoffentlich auch jeder Magier. Und ich hatte meinen eben noch nicht gefunden, auch wenn ich das zeitweise gedacht hatte.
Was, wenn ich ihn nie finden würde? Ich hatte das Gefühl das mir die Kehle zugeschnürt wurde, eine willkommene Abwechslung zu dem Schmerz in meiner Brust.
Was würde ich tun wenn ich ihm jemals wieder begegnete? Eine Ohrfeige schien da nicht genug zu sein, das war kein Vergleich zu dem Schmerz den ich empfand.
Wenigstens hatte ich Emily gerettet, vielleicht sollte ich mich darauf konzentrieren.
Er hatte mich schon mal belogen, unser erstes Zusammentreffen war nicht gerade ein Vorzeigebeispiel gewesen. Alex hatte sich für seinen Großvater ausgegeben. Na gut, weil er mich nicht kannte und sein Geheimnis auf keinen Fall hatte preisgeben wollen. Aber trotzdem, Lüge war Lüge. Und wer einmal log hatte auch keine großen Hemmungen es ein zweites Mal zu tun. Warum hatte ich mich überhaupt in ihn verliebt? Klar, er sah gut aus. Aber das war doch nur ein erster Eindruck. Der Charakter spielte da eine verdammt große Rolle. Alex war charmant, witzig und hilfsbereit. Wenn er wollte. Und trotzdem hatte ich mich so in ihm getäuscht.
Schlussendlich kam ich immer wieder am gleichen Punkt an. Ich war wie ein kleines hilfloses Kind, das sich an den letzten Strohhalm klammerte. Ich hatte mich von ihm täuschen lassen, war auf ihn hereingefallen wie ein ahnungsloses Publikum auf den dümmsten Trick eines Zauberers.
Ich wollte ihn aus meinem Leben streichen, die Zeit mit ihm vergessen. Ihn vergessen.
Eine Träne tropfte auf mein Kissen. Aber das war er nicht wert, er war keine Träne wert, die ich ihm nachweinte.
Jetzt konnte er mich nicht mehr verletzen, jetzt war er hoffentlich weit weit weg und ich würde ihn nie mehr sehen. Und mit einem bisschen Glück würde ich bald nicht mehr an ihn denken. Dann würde ich vergessen wie er mich geküsst hatte. Und dann würden die Züge seines Gesichtes langsam verschwimmen, sobald ich an ihn dachte. Und eines Tages, in ferner Zukunft, würde ich vergessen das ich jemals einen Jungen namens Alex geliebt hatte.
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Ich habe es geschafft noch ein Kapitel zu schreiben! Applaus! :D
Die arme Lou hat das ganze echt nur schwer verkraftet.
Und ich bin mir sicher jeder kennt das Gefühl eines gebrochenen Herzens, oder?
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