Kapitel 30
„Ronnie, aufwachen. Jetzt ist Discozeit."
Ich öffne meine Augen und blicke direkt und Lukes Gesicht. Disco? Am Vormittag? Wovon redet er?
„Komm, die anderen warten auf dich."
Erst dann wird mir bewusst, dass ich in Lukes Bett verschlafen habe und es inzwischen ziemlich spät sein muss. Draußen ist es schon dunkel.
„Wie lange habe ich geschlafen?", frage ich und setze mich dabei auf.
„Ein paar Stunden. Wir dachten, du könntest den Schlaf gebrauchen", antwortet er mir. „Maddie hat auf dich gewartet. Die anderen sind schon nach Hause, um sich fertig zu machen."
Noch ganz schlaftrunken steige ich aus dem Bett und strecke mich ausgiebig. Dann gehe ich nach draußen auf die Terrasse, wo Maddie ganz allein sitzt.
„Wurde ja auch Zeit. Komm, lass uns gehen. Wir müssen uns hübsch machen", sagt sie grinsend. Auch wenn ich keine Lust auf die Logos Bar habe, widerspreche ich nicht. Es ist leichter, sich davor zu drücken, wenn Luke es nicht mitbekommt. Sonst würde er mich höchstpersönlich dorthin schleppen.
Wir verabschieden uns vor Luke und nehmen den Weg über den Strand. Ich ziehe wie so oft meine Schuhe aus und laufe durchs Wasser, das mir immer wieder gegen die Füße schlägt.
„Die anderen machen sich Sorgen um dich. Und ich ehrlich gesagt auch. Ich weiß doch, dass dich etwas bedrückt, aber du kannst mit mir darüber reden", fängt Maddie an.
Ich bin kurz davor abzublocken, doch sie ist meine beste Freundin. Ich kann sie nicht immer zurückweisen. Das hat sie nicht verdient.
„Ich werde mit Jason reden. Am besten heute", sage ich fest entschlossen, auch wenn mich das bevorstehende Gespräch jetzt schon nervös macht.
„Über was?", fragt sie nach.
„Einfach über alles. Was zwischen uns passiert ist. Ich brauche Antworten. Ohne die, kann ich nicht so weitermachen, wie bisher."
„Das ist eine gute Entscheidung. Ich denke, dass es euch wirklich gut tut, euch mal auszusprechen", meint Maddie.
„Und was, wenn es alles nur noch schlimmer macht?" Darüber habe ich bis jetzt nicht wirklich nachgedacht, aber es könnte doch passieren, dass es alles zwischen uns zerstört.
„Dann musst du wohl akzeptieren, dass er nicht der Richtige ist. Ich weiß, es kann wehtun, aber immerhin könnt ihr dann nach vorne sehen. Auf die eine oder andere Art. Wenigstens habt ihr dann Klarheit." Maddies Worte hören sich vernünftig an, auch wenn ich hoffe, dass dieser Fall nicht eintritt.
„Da hast du wohl recht", murmle ich.
Ein kurzes Schweigen tritt ein, bis Maddie die nächste Frage stellt. „Warum gerade jetzt?"
„Weil", ich zögere. Aber es bringt doch nichts, das jetzt noch zu verheimlichen. „Wir haben uns gestern geküsst. Beim Sonnenuntergang."
Plötzlich beginnt Maddie zu grinsen. „Bei so einem romantischen Sonnenuntergang habe ich auch nichts anderes erwartet."
Kurz sehe ich sie entgeistert an, doch dann muss ich lachen. „Du bist echt bescheuert."
„Weiß ich doch. Aber ernsthaft, mich wunderts, dass das nicht schon früher passiert ist." Ich zucke nur mit den Schultern. Dass Maddie das so locker aufnimmt, verwirrt mich, aber es soll mir nur recht sein.
„Also wie ist dein Plan?", fragt sie mich geheimnisvoll.
„Weiß nicht. Mein Plan ist es eigentlich, mich vor der Logos Bar zu drücken."
„Aber Jason wird dort sein. Wenn du heute mit ihm reden willst, lässt es sich wohl nicht vermeiden", sagt sie grinsend. Verdammt, da hat sie recht.
„Dann müssen wir wohl dafür sorgen, dass ich hübsch aussehe", antworte ich. Inzwischen fühle ich mich wenigstens schon viel munterer als vorher und je früher ich mit Jason rede, desto besser. Auch auf die Gefahr hin, dass es meine komplette zweite Woche in Griechenland ruinieren wird.
Im Zimmer sucht Maddie mir gerade ein passendes Kleid für heute heraus.
„Ich sehe aus, wie eine dumme Schlampe", beschwere ich mich, als ich ein wirklich kurzes Kleid von ihr anziehe.
„Hey, pass auf was du sagst. Das sind immer noch meine Klamotten. Aber stimmt. Damit schaust du wirklich wie eine Schlampe aus", lacht sie und so wirft sie mir das nächste Kleid zu. Das geht noch einige Male so, bis wir das perfekte Kleid gefunden haben.
„Rot steht dir wirklich ausgezeichnet" ruft sie und klatscht begeistert in die Hände.
„Bist du bereit?", fragt sie, als wir beide fertig sind und sie die Tür hinter mir zusperrt.
„Absolut nicht", antworte ich. Ich versuche meine Nervosität so gut es geht zu verbergen, aber ich kann nicht verhindern, dass meine Hände schwitzig sind und mein Körper verrücktspielt.
„Hey, du schaffst das", muntert sie mich auf und umarmt mich.
„Okay, alles gut", lächle ich und lasse sie wieder los. „Gehen wir. Die anderen warten bestimmt schon."
Die Logos Bar ist schon ziemlich voll, was auch kein Wunder ist. Heute ist der letzte Tag der ersten Woche. Viele reisen morgen schon wieder ab und wollen die letzte Nacht hier noch genießen. Bei uns wird es nächste Woche nicht anders sein.
„Da seid ihr ja", ruft Emma und winkt uns zu ihr hinüber. Sie haben noch einen Tisch bekommen, jedoch müssen wir uns auf der Bank zusammenquetschen, damit alle Platz haben. Jason sitzt mitten drinnen, sodass ich keine Chance habe, jetzt mit ihm zu reden, aber irgendwann wird sich schon eine Gelegenheit dazu anbieten.
Die Getränke kommen und gehen und auch wenn ich nicht vorhabe, mich zu betrinken, schadet es meinen Nerven bestimmt nicht, sich damit ein wenig zu beruhigen.
Jason hingegen, der ja noch nichts von meinen Plänen weiß, scheint es jedoch nicht ruhig angehen zu wollen, denn ich zähle nach einiger Zeit bereits das vierte Glas und das war bestimmt nicht sein letztes. Verdammt, wieso kann er nicht nüchtern bleiben? Was wenn er sich morgen gar nicht mehr daran erinnert? Vielleicht ist heute doch nicht der richtige Zeitpunkt.
„Ist hier zufällig noch frei?", ertönt eine fremde Stimme und sofort drehen wir alle die Köpfe in diese Richtung. Der Junge, der die Frage gestellt hat, ist noch in Begleitung von einem Mädchen. Wenn ich mich recht erinnere, waren das die zwei einsamen Wölfe, die ebenfalls mit auf der Morgenwanderung waren.
„Mehr oder weniger", antwortet Cora freundlich und so kuscheln wir uns noch mehr zusammen, um den beiden Neulingen Platz zu machen.
„Wie heißt ihr?", fragt Emma neugierig.
„Ich bin Sara und das ist mein Bruder Phil", erzählt sie uns.
„Freut uns", spricht Adrian für uns alle.
„Ihr seid doch auch schon die ganze Woche hier, oder?", frage ich nach, obwohl ich mir sicher bin, dass es stimmt.
„Ja und leider reisen wir morgen schon wieder ab. Sorry, dass wir euch stören, aber die Bar ist nun mal ziemlich voll", sagt Sara und sieht sich um.
„Ist doch kein Problem. Ihr stört nicht." Cora ist eindeutig die netteste von uns, was Fremde angeht. „Wollt ihr was trinken?", bietet sie ihnen an und so geht es weiter mit den Runden.
Die Zeit vergeht und ich habe noch immer keine Chance gehabt, mit Jason allein zu sein, während er immer mehr Alkohol konsumiert. Sara und Phil haben einiges über sich erzählt, wobei Phil eher der schüchterne Typ zu sein scheint. Sara hingehen versteht sich prächtig mit uns. Oder zumindest mit den anderen. Aus irgendeinem Grund ist sie mir unsympathisch und ich kann einfach nicht sagen, woran das liegt. Vielleicht, weil sie Jason ständig solche komischen Blicke zuwirft. Was bildet sich das Mädchen bloß ein?
„Ich glaube, ich muss das Gespräch auf morgen verschieben", flüstere ich Maddie zu.
„Ach was. Jason ist ein Mensch. Und jeder Mensch muss mal auf die Toilette. Vor allem, wenn man so viel trinkt. Dann kannst du ihn abfangen."
„Lasst uns tanzen", ruft Sara, die nun auch nicht mehr ganz nüchtern ist. Voller Motivation steht sie auf und Clara, Cora, Emma und Luke folgen ihr.
Vielleicht könnte ich jetzt mit ihm reden? Ob Adrian das nun mitbekommt, oder nicht ist nun auch schon egal. Gerade als ich meinen Mut zusammennehme und ihn ansprechen will, steht Jason auf.
„Ich geh mal pinkeln", nuschelt er etwas unverständlich und geht auf wackligen Beinen davon.
„Er ist viel zu betrunken für so etwas ernstes", jammere ich seufzend. Dann eben morgen.
„Du solltest es wenigstens versuchen, dann wirst du schon merken, ob er dazu imstande ist. Na los, geh ihm hinterher", fordert Maddie mich auf.
Ich versuche zu protestieren, aber Maddie schiebt mich schon von der Bank runter. „Na los!"
Also gut. Ich atme einmal tief ein und gehe schließlich Richtung Toiletten, um davor auf ihn zu warten.
Doch noch bevor ich dort angekommen bin, sehe ich etwas, das mein Herz in tausend Stücke zerbrechen lässt. Tränen bilden sich in meinen Augen. Einen Moment bleibe ich noch wie angewurzelt stehen, doch dann drehe ich mich um und stürme aus der Bar, während die Tränen an meinen Wangen herunterrinnen.
Ich versuche zu vergessen, was ich gerade gesehen habe, doch das Bild von Jason und Sara, wie sie sich gerade küssen, will nicht aus meinem Kopf verschwinden.
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