Olainus
„Du hast deinen Olainus doch dabei, oder?" Mein bester Freund Lou blickte mich aus waren braunen Augen an. „Oh man, das habe ich ja total vergessen!" Ich schlug mir meine Hand and meinen Kopf. „Elaine, ist das dein Ernst? Weißt du eigentlich wie wichtig der heutige Tag für deine Zukunft ist? Du brauchst deinen verdammten Olainus!" Lou blickte mich wütend an.
Der Olainus war ein kleiner Würfel, ausgestattet mit verschiedenen Funktion, die einem in bestimmten Situationen sogar das Leben retten konnten. Von einer Socken bis zur rasiermesserscharfen Klinge war alles dabei.
Wenn man ihn dreimal antippte, erschien ein Hologramm vor der Person, die den Olainus benutzte. Eine Abbildung von verschiedenen Werkzeugen machte sich darauf bemerkte. Man musste sie nur einmal antippen, und schon hielt man das Werkzeug in der Hand, das man gebrauchen konnte.
Alle Jugendlichen ab dreizehn Jahren erhielten diesen Würfel vom Staat, allerdings war er bis zum achtzehnten Lebensjahr in einem sogenannten Prüfungsmodus. Außerhalb der Sporthallen der lokalen Schulen war er nicht nutzbar, zum Schutz aller anderen. Im siebzehnten Lebensjahr vollzogen alle Jugendliche eine Prüfung, in der der Umgang mit dem Olainus getestet wurde. Bestand man, wurde der Prüfungsmodus eingestellt. Nun erhielt man vollen Zugang zu den Werkzeugen, die man auch außerhalb der Sporthallen nutzen konnte. Bestand man die Prüfung allerdings nicht, so wurde der Würfel einem weggenommen. Man konnte und durfte die Prüfung nicht wiederholen, denn so stand es im Gesetz.
Ich habe dies nie als schlimm empfunden. In meiner Vorstellung war das Auskommen ohne des Olainus nicht sonderlich schwer, ja sogar einfach zu bewältigen. Allerdings war es die Reaktion aller Leute, die mir Angst und Sorgen bereitete. Menschen mit nicht bestandener Prüfung wurden ausgestoßen und als unwürdig angesehen. Sie lebten für sich, völlig ausgeschlossen von der Gesellschaft.
Sie mussten sich alles selbst aufbauen, selber Geschäfte, Schulen und Häuser bauen, um ihre Grundbedürfnisse stillen zu können. Nun waren sie sicher, doch sie hatten lediglich die Möglichkeit, für sich alleine zu bleiben, unter andere Menschen, die, die die Prüfung bestanden hatten, hatten sie kaum noch zu Gesicht bekommen.
Meine Familie, besonders mein Vater, hatte hohe Erwartungen an mich. Sie akzeptierten nicht weniger als die Bestleistung, seit sie meiner älteren Schwester bei der Prüfung zugesehen hatten. Sie war sehr erfolgreich gewesen, hatte es geschafft, die größte Punktzahl zu erreichen und gehörte damit landesweit zu den erfolgreichsten Prüflingen. Meine Eltern setzten aus diesem Grund besonders hohe Hoffnungen in mich.
Doch ich war kein Naturtalent. Bei dem Training mit dem Olainus hatte ich nie besonders gut abgeschnitten. Der Durchschnitt, jedoch fallend. Zu mehr hatte ich es nie bringen können, obwohl ich mit jeder einzelnen Trainingsstunde meine Anstrengung verdoppelte, mich immer mehr und mehr bemühte. Doch es brachte nichts. Ein zynischer Seitenblick mit einem fiesen Lächeln hier und da, ein tadelnder Blick meines Lehrers und die kopfschüttelnde Gesichter meiner Eltern, die ich maßlos enttäuschte. Und doch hatten sie immer noch hohe Erwartungen.
Ich hatte Angst. Sehr große Angst. Denn ich wusste, dass Lou Recht hatte. Entweder ich schaffte diese Prüfung und sicherte mir damit mein Leben in der Stadt. Oder ich versagte und wurde für immer ausgeschlossen werden. Mir graute es vor der Prüfung.
„Lou?" In meinen Augenwinkeln sammelten sich Tränen, die ich störrisch wegwischte. „Hey, Elaine, was ist den los?" Sanft blickte er mich an. „Bleibst du mit mir befreundet, wenn ich versage?" Großes Erstaunen war auf seinem Gesicht erkennbar. „Was redest du da? Du wirst das Schaffen!" Entschlossen sah er mir ins Gesicht. Ich schluckte. „Das war nicht meine Frage, Lou." Mein Körper begann zu zittern, meine Nackenhaare stellten sich auf. Wenn er jetzt verneinte, würde ich auf der Stelle in Tränen ausbrechen. „Natürlich bleiben wir Freunde, Elaine." Besorgt sah er mich an. „Ich werde dich besuchen kommen, okay? Aber du wirst nicht versagen. Du schaffst das!" Er nahm meine Hand und drückte sie. Ich nickte und atmete tief durch.
„Nummer 432, bitte auf die Bühne!", schallte eine hohe Stimme aus dem Lautsprecher. Ich horchte auf. Das war ich!
Zögernd trat ich zu den Richtern, die an einem langen Tisch mit Klemmbrettern und Wasserflaschen saßen. „Elaine Mccrory, richtig?" Ein Mann mittleren Alters musterte mich mit seinen eisblauen Augen. Ich nickte.
„Nun gut, wir fangen an. Hol bitte deinen Olainus aus deiner Tasche", befahl er mir. Meine Augen wurden groß. In der Aufregung hatte ich ihn ganz vergessen, trotz Loud Erinnerung. Ich schluckte. „Ich habe ihn leider vergessen, könnte ich mir einen ausleihen?" Mig schmalen Augen überreichte mir ein Richter einen Würfel und notierte sich etwas auf seinem Klemmbrett. Meine Zähne knirschten. Kein besonders guter Start.
„Elaine, navigiere den Würfel bitte so, dass du ein Hammer erhältst." Meine linke schwitzende Hand ballte sich zu einer Faust. Meine Aufregung hatte ihren Höhepunkt erreicht. Ich führte die Aufgabe aus. Glattes Holz lag schwer in meiner Hand.
„Nun zu den Ergebnissen." Ein Richter stand auf. Ich schluckte. Das war der entscheidende Moment. Hatte ich bestanden? Oder hatte ich versagt? Ich biss mir auf meine Lippen und rang mit meinen Fingern. Schweiß tropfte mir den Nacken hinunter.
Meine Gedanken rasten.
„Nicht bestanden."
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