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Kapitel 32

Raven

Vorsichtig strich ich ihr eine kleine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sie schon halb aufgegessen hatte, und steckte sie hinter ihr Ohr. Leicht verzog sie ihren Mund und rümpfte ihre Stupsnase. Ich hielt inne, da ich sie nicht wecken wollte. Kurz nach unserem Gespräch war sie tief und fest eingeschlafen. Ihr Kopf lehnte an meiner Schulter. Wenn sie aufwachte, würde ihr diese Situation bestimmt peinlich sein, doch ich ließ es darauf ankommen. Viel zu sehr genoss ich ihre Wärme auf meiner Haut. Ihr Duft nach Pfirsich und Vanille umhüllte mich und vernebelte meine Sinne.

Ich atmete tief ein und schloss für wenige Sekunden die Augen. Dieses Gespräch hatte mich viel Überwindung gekostet. Tagelang hatte ich mir den Kopf zerbrochen, wie ich mich am besten bei ihr entschuldigen sollte. Ich wusste, dass ich mein Verhalten an diesem Tag nicht wieder gut machen konnte. Sie hatte so viel mehr verdient als eine bloße Entschuldigung. Doch auch jetzt konnte ich mich nicht dazu überwinden, ihr die Wahrheit zu sagen. Zu tief saß noch immer der Schmerz, den ich täglich fühlte.

Ich wollte es ihr sagen. Doch gerade war nicht der richtige Zeitpunkt gewesen. Ich wusste nicht, warum ich mich so sträubte, es ihr zu erzählen. Vielleicht war die Angst, erneut verlassen zu werden, zu groß. Wahrscheinlich bin ich immer dieser kleine Junge geblieben, der fürchtete, nie genug zu sein. Das war wohl der Grund, weshalb ich niemanden an mich heranließ. Wenn man nichts hatte, konnte man es auch nicht verlieren.

Mein Blick glitt durch das Flugzeuginnere und blieb an Alice hängen. Dieses kleine Biest machte den Eindruck, dass sie schlief, doch ich wusste es besser.

,,Alice. Du kannst die Augen aufmachen. Ich weiß, dass du nicht schläfst'', warnte ich sie.

Ein winziges Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Behutsam öffnete sie ein Auge, um meine Reaktion abzuschätzen. Auffordernd hob ich eine Augenbraue. Stöhnend richtete sie sich auf und wandte sich mit einem trotzigen Gesichtsausdruck mir zu.

,,Woher wusstest du, dass ich wach war? Ich habe keinen Mucks von mir gegeben.''

,,Ich wusste die ganze Zeit, dass du uns belauscht hast. Spätestens als du dich so weit über deinen Sitz gelehnt hast, dass niemand mehr durch den Gang treten konnte, war es mir aufgefallen'', erwiderte ich schmunzelnd. Ich kannte niemanden, der so neugierig war, wie Alice. Sie war unverfroren und kaltschnäuzig, wenn sie Fragen stellte. Und auf irgendeine verdrehte Art und Weise mochte ich sie, denn ich wusste, wie viel Halt sie Aza gab.

Alice verdrehte die Augen und warf ertappt die Hände in die Höhe.

,,Schon gut, Sherlock. Du hast mich erwischt. Aber mal ganz ehrlich. Wir sitzen hier auf engstem Raum und da glaubst du doch selbst nicht, dass da niemand zuhört? Vor allem wenn ich nur einen Meter neben dir sitze. Übrigens stehst du sowieso unter meiner Beobachtung'', antwortete sie und zeigte warnend mit dem Finger auf mich.

Mein Mundwinkel zuckte verräterisch, doch ich behielt eine ernsthafte Miene. Sonst würde mich die kleine Kratzbürste in Stücke reißen. Ich merkte schon jetzt, wie ich ihr Blut zum Kochen brachte. Ich sollte sie nicht weiter provozieren. Schließlich war nicht ich am Ende der Leidtragende, sondern Carter. Alice schien all meine falschen Handlungen automatisch auf ihn zu übertragen, obwohl er ihr gegenüber nie etwas Falsches getan hatte.

Mein Blick glitt zu meinem Freund, der ebenfalls die Augen geschlossen hatte. Sein tiefes Schnaufen und sein geöffneter Mund waren eindeutige Zeichen dafür, dass er tief und fest schlief. Auch er hatte seinen Kopf an Alice' Schulter gelegt, was sie allerdings nicht zu stören schien.

,,Schon gut, Alice. Ich verstehe deine Wut auf mich und ich weiß, dass du mich nicht besonders gut leiden kannst. Wäre ich an deiner Stelle, würde ich genauso empfinden'', seufzte ich. ,,Ich weiß, dass ich ihr nicht gut tue. Ich versuche sie glücklich zu machen, doch es endet immer damit, dass ich sie verletzte.''

Der Gedanke, dass Aza mich für einen schlechten Menschen hielt, versetzte mir jedes Mal einen Stich. So wie sie mich heute Vormittag am Flughafen ignoriert hatte, zeigte mir nur, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag. Zwar hatte sie meine Entschuldigung angenommen, aber in ihren Augen hatten sich Zweifel gespiegelt. Vielleicht hatte ich sie schon verloren, bevor sie überhaupt ein Teil von mir werden konnte.

Ein Räuspern riss mich aus meinen Gedanken. ,,Hör mir jetzt ganz genau zu, Raven. Du bist ein Vollidiot auf ganzer Linie und ich kann dich nicht ausstehen. Aber wenn ich sehe, wie Aza dich anschaut, geht mir das Herz auf. Ihre Augen strahlen eine Nuance heller und sie blüht förmlich auf, wenn du in ihrer Nähe bist. Ich weiß nicht, warum du denkst, dass du nicht gut genug für sie bist, denn das ist Bullshit. Du machst sie glücklich. Etwas, auf das sie eine lange Zeit verzichtet hatte.''

Alice beobachtete meine Reaktion aus wachsamen Augen. Ihre Worte trafen mich unvorbereitet. Ich hätte nicht gedacht, dass Alice mich trotz meiner Fehler schätzte.

Eine plötzliche Wärme breitete sich in meiner Magengegend aus. Schon seit ich Aza näher kennenlernen durfte, hatte sich diese Wärme in mir eingenistet. Durch ihr Vertrauen bekam ich das Gefühl, weniger leer zu sein. Ihre Gutherzigkeit füllte mich aus und ließ mich menschlicher werden.

,,Ich mache sie glücklich? Ich glaube, ich habe sie in letzter Zeit mehr verletzt, als dass ich sie glücklich gemacht habe'', schnaufte ich.

,,Dem will ich gar nicht widersprechen. Doch darum geht es nicht. Aza würde dir alles verzeihen, egal, wie sehr du sie auch verletzt hast. Du bist ihr Anker, an den sie sich verzweifelt festklammert. Sie hat ihre Seele für dich geöffnet, was für sie einen enorm großen Schritt darstellt. Ganz am Anfang hat Aza mir mal erzählt, dass sie Menschen ungern zu nahekommt, denn dann müsste sie sich darauf vorbereiten, denjenigen wieder zu verlieren. Deswegen kann sie dich nicht loslassen, verstehst du?'', betonte sie eindringlich. ,,Es stimmt, dass ich euch vorhin belauscht habe. Ich urteile nicht über dich. Deine Vergangenheit geht mich nichts an, aber bitte sei wenigstens Aza gegenüber ehrlich. Du kannst nicht erwarten, dass du all ihre Geheimnisse kennst, ohne deine eigenen zu verraten. Du solltest ihr vertrauen, so wie sie dir. Ich gebe es nur sehr ungern zu, aber hinter deiner kalten Fassade schlummert ein warmes Herz. Es wartet nur darauf, von seinen Ketten befreit zu werden.''

Fassungslos starrte ich sie an. Ich hätte nie gedacht, dass solche Worte aus ihrem Mund kommen konnten. Doch egal, wie sehr es mir widerstrebte, ich musste zugeben, dass sie recht hatte. Mit allem. Ich wusste das und trotzdem bereitete mir die Vorstellung, ihr alles zu erzählen, ein ungutes Gefühl. Bevor ich etwas erwidern konnte, sprach Alice schon weiter. Dieses Plappermaul.

,,So, da wir jetzt die Fronten geklärt haben, musst du mir unbedingt eine Frage beantworten. Auf diese Antwort brenne ich schon seit zwei Monaten. Hast du sie sofort erkannt, als du sie zum ersten Mal an der Universität gesehen hast? Hast du sie deswegen vor Jace verteidigt?'', fragte sie mit wissendem Blick.

Automatisch schossen mir Bilder von dem Tag in den Kopf, als ich sie inmitten des Campusgeländes stehen gesehen hatte. Sie hatte ein wenig verloren und allein gewirkt. Ich stand zwischen zwei dicken Eichen und versteckte mich in ihrem Schatten.

,,Ich war überrascht, als ich sie erkannte. Ich entschied mich, auf Distanz zu gehen, da ich mir nicht sicher war, ob unsere Begegnung schlechte Erinnerungen in ihr wachrufen würde. Deshalb ging ich ihr aus dem Weg, so gut ich konnte, doch als ich sie in meinem Wahlkurs sitzen sah, wusste ich, dass es schwer sein würde, mich von ihr fernzuhalten. Und als McKinsey ihr auch noch Angst zu machen schien, konnte ich einfach nicht an mich halten. Ich war rasend vor Wut.'' Sofort fing mein Kiefer an zu zucken und ich ballte meine Hände zu Fäusten. Diese Erinnerungen entfachten jedes Mal die gleichen Reaktionen bei mir.

Alice schmunzelte und klopfte mir beruhigend auf die Schulter. ,,Das erklärt so einiges.''

,,Als sie sich zu mir umgedreht und mich mit ihren großen kristallblauen Augen angeschaut hatte, als wäre ich etwas Besonderes, war es um mich geschehen. Ich erinnere mich nicht genau, aber ich bin mir sicher, dass sie etwas Schönes sagte. Doch alles, was ich hörte, war mein klopfender Herzschlag, der mir immer wieder zuflüsterte: Das ist sie.''

In diesem Moment wusste ich, dass sich mein Leben ändern würde. Ihr Lachen war wie eine Droge für mich. Sie riss mich mit sich wie ein tobendes Gewässer. Nur war ich die Strömung, die sie nach unten zog.

,,So wie du von ihr sprichst, klingt es so, als ob du sie schon länger kennen würdest'', erwiderte sie nachdenklich. Ihr Blick blieb dabei an Aza hängen, die noch immer schlief. Ich lächelte in mich hinein, da Alice wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.

,,Ich kenne sie schon mein halbes Leben'', murmelte ich gedankenverloren. Irritiert starrte mich Alice aus zusammengekniffenen Augenbrauen an.

,,Wie kann es sein, dass sie mir nie von dir erzählt hat?''

,,Wahrscheinlich erinnert sie sich nicht an mich.'' Ich zuckte mit den Schultern. Für Alice musste es so wirken, als ob es mir nichts ausmachte. Doch das tat es.

,,Seit wann kennst du sie?'', flüsterte sie. Sie schien sich Gedanken zu machen. Das erste Mal seit zehn Jahren hatte ich das Bedürfnis jemandem anderem außer Carter zu erzählen, wie es sich angefühlt hatte, als ich Aza begegnete.

,,Ich war zwölf, als ich sie das erste Mal traf. Man könnte meinen, es sei Zufall gewesen. Doch nachdem sie mir in den nächsten Jahren immer wieder über den Weg gelaufen war, glaubte ich nicht mehr an Zufall. Vielleicht war es Schicksal, dass wir uns begegnet sind. Ich war gerade mit meiner Mom und meiner kleinen Schwester auf einem Jahrmarkt, als ich ein kleines Mädchen mitten in der Menge weinen sah. Sie drehte sich immer wieder um und schien jemanden zu suchen. Doch niemand half ihr. Also ging ich zu ihr und fragte sie, ob sie ihre Eltern verloren hatte und wir sie gemeinsam suchen wollten. Ihren Blick werde ich niemals vergessen. Die meeresblauen Augen hatten sich in mein Gedächtnis eingebrannt und ihr breites Kinderlachen ließ mein Herz für wenige Augenblicke schneller schlagen. Sie nahm ganz selbstverständlich meine Hand und erzählte mir von ihrem großen Bruder. Immer wieder sagte sie, dass Evan sie finden würde, egal, wie sehr sie sich auch verirrte. Ich bewunderte schon damals ihre Zuversicht und ihr Vertrauen. Nach kurzer Zeit hatte uns Evan tatsächlich gefunden. Ich dachte, dass ich sie danach nie wieder sehen würde. Trotzdem habe ich ab und zu an das kleine Mädchen gedacht'', schmunzelte ich.

Alice hörte mir aufmerksam zu. Ihre Augen waren glasig und sie rieb immer wieder ihre Hände aneinander.

,,Wann hast du sie das nächste Mal gesehen?'', fragte sie mit brüchiger Stimme.

,,Ungefähr zwei Jahre später. Ich kam gerade von der Schule, als ich sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen sah. Ich erkannte sie sofort und blieb stehen. Ohne auf ihre Umgebung zu achten, stand sie mitten auf dem Fußgängerweg und starrte lächelnd in den Himmel. Irgendwas an ihr faszinierte mich. Ihre Haare waren länger geworden und sie hatte ihre mädchenhaften Gesichtszüge abgelegt. Als sich unsere Blicke plötzlich trafen, erstarrte ich. Sie schenkte mir ein kleines Lächeln und wandte sich daraufhin ab. Sie schien mich nicht erkannt zu haben. In der ersten Sekunde war ich erleichtert, doch im nächsten Moment spürte ich ein dumpfes Pochen in mir. Ich weiß nicht. Es hat mich gestört, dass sie mich nicht erkannt hatte.''

Im Gegensatz zu ihrem Bruder. Dieser war wenige Augenblicke zuvor an ihre Seite getreten. Er folgte ihrem Blick und traf auf meinen. Er nickte mir freundlich zu, ehe er Aza aus meinem Sichtfeld zog. Danach sah ich sie nur in unregelmäßigen Abständen. Manchmal begegnete ich ihr mehrere Monate nicht, doch irgendetwas sagte mir, dass ich sie irgendwann wiedersehen würde. Als ich älter wurde, begann ich immer häufiger an bestimmten Orten nach ihr Ausschau zu halten. Wir wohnten in derselben Gegend, waren aber nicht auf der gleichen Schule. Manchmal sah ich sie auf einer Parkbank sitzen. Sie lächelte immerzu, egal, an welchem Tag ich sie antraf. So vergingen einige Jahre, ohne dass ich sie noch einmal angesprochen hatte. Ihr Lächeln war ansteckend und wirkte wie Medizin auf mich an all den kranken Tagen.

Alice musste leicht schmunzeln. ,,Ist das der Grund, warum du sie so anschaust?''

Ich runzelte die Stirn. Was meinte sie? ,,Wie schaue ich sie denn an?''

,,Wie ein Blinder, der die Sonne zum ersten Mal sieht.''

Sie war viel mehr als das. Doch das wollte ich Alice nicht sagen und so schwieg ich. Wahrscheinlich war das mein persönlicher Fluch. Ich schien mich nur an Orten zu Hause zu fühlen, die mich nicht wollten. Vielleicht verließen mich Menschen, weil es so leicht war, mich zurückzulassen. An mir gab es nichts, was sie hielt. Deswegen war ich immer darauf beharrt, so viel Abstand wie möglich zu halten. Denn wenn man von niemandem etwas erwartete, wurde man auch nicht enttäuscht. Dieser Satz hatte sich in den letzten fünfzehn Jahren in mein Gedächtnis eingebrannt und half mir dabei, Distanz zu bewahren. Dieses Gefühl, verlassen zu werden und nicht zu wissen, warum, wollte ich nie wieder spüren. Es hatte mich viel Kraft gekostet, die Teile meiner gebrochenen Seele wieder zu finden und sie zusammenzufügen. Doch durch Aza hatte ich das Gefühl, ich könnte zum ersten Mal nach einer langen Zeit wieder ganz werden.

Ein stechender Schmerz durchfuhr plötzlich meine linke Schulter. Mit weit aufgerissenen Augen wandte ich mich an Alice, die mich spitzbübisch angrinste.

,,Au! Warum zwickst du mich?''

,,Du musst mir einen Gefallen tun.'' Ich zog fragend die Augenbrauen zusammen.

,,Schaff mir diesen Fettwanst von meinen Schultern. Meine gesamte rechte Seite ist eingeschlafen. Außerdem habe ich Angst, dass er mich vollsabbert, so weit, wie er den Mund aufgerissen hat'', erwidert sie mit gerümpfter Nase.

Ich musste grinsen. Wenn Carter einmal schlief, bekam man ihn nicht so einfach wieder wach.

,,Dann hoffe ich für dich, dass du eine starke Schulter hast. Den bekommst du jetzt nicht wach. Das verspreche ich dir.''

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