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1 - VERGANGENHEIT




VALERIJA LIEBTE ES heißen Kaffee und süß-duftende Leckereien zu servieren. Selbst wenn die Kunden unhöflich waren. Spätestens, wenn sie ihnen mit einem sanften Lächeln ein Stück des hausgemachten Schokoladenkuchens spendierte, waren sie es nicht mehr.

Allerdings hatte sie den Kunden in letzter Zeit immer öfter Kuchen oder andere, kleine Leckereien ausgeben müssen um sie aufzuheitern. Kein Wunder, bei alldem was gerade in Sokovia vor sich ging. Der Bürgerkrieg war nun seit einigen Jahren vorrüber, dennoch befand sich das kleine Land im Norden Europas in einer zarten, zerbrechlichen Phase des Neubeginns.
Es gab kaum jemanden, der nicht mindestens einen Angehörigen an den Bürgerkrieg verloren hatte, niemand der den bitteren Geschmack des Verlustes nicht kannte.

So wie sie auch.

Energisch warf die junge Frau ihr pechschwarzes Haar zurück und drückte auf den Knopf des Radios, der den Sender wechselte. Sie hatte genug von schlechten Nachrichten.

Während sie nun zur Musik summend, die nächste Bestellung vorbereitete - einen Cappuccino to go - fiel ihr Blick auf die Straße vor dem gläsernen Schaufenster.
Das Café befand sich im Zentrum Novi Grads, ganz in der Nähe von Mio's Schule. Langsam wurde es dunkel vor der Glasscheibe und die wenigen Menschen, die dort unterwegs waren, hasteten schnell vorbei um der Kälte zu entgehen. Der Kälte... und der Dunkelheit.

Ein Blick auf die Uhr verriet, dass Mio spät dran war denn die Schulbetreuung war seit über zwanzig Minuten geschlossen. Aber das wunderte sie nicht- kaum ein Kind, dass sie kannte war so fantasievoll wie ihren kleiner Bruder. Er sah kleine Elfen in den Baumwipfeln, magische Tiere in den Schatten der Nacht und Wassermonster im Tümpel hinter dem Haus. Er hatte sich schon oft auf dem Weg nach Hause verspätet weil er sich Fantasiegeschichten - oder manchmal auch Fantasiefreunde - ausgedacht und die Zeit vergessen hatte. Sie kannte das.

Und normalerweise würde sie sich auch keine Sorgen machen. Doch seit einigen Monaten... nun ja, es lief einiges nicht so wie es sollte.

Angespannt beobachtete sie die wenigen Gäste des Cafés.

Es war kurz vor Ladenschluss, neue Bestellungen würde sie nicht mehr aufnehmen und daher musste sie nun nur noch warten bis die Gäste ihren Kaffee austranken und sich in alle Windrichtungen verstreuten. Während sie auf ihren kleinen Bruder wartete, den Blick wachsam auf die Szene vor dem Fenster gerichtet, kassierte sie die letzten Gäste ab und begann die Kaffeemaschine zu putzen.

Als sich der letzte Gast verabschiedet hatte und sie seinen Tisch abräumte, bemerkte sie, dass der ältere Herr seine Zeitung liegengelassen hatte. Das geschah oft, dass Leute ihren Müll im Café ließen. Ihre Kolleginnen regten sich über so etwas immer auf, aber Valerija störte es eigentlich kaum. Sie musste ohnehin aufräumen, dann konnte sie die Zeitung des Alten auch noch mitnehmen.

Doch als sie die Zeitung vom Tisch hob, kam darunter ein Flyer zum Vorschein. Es war eine Vermissten-Anzeige. Unwillkürlich verknotete sich ihr Magen. Aktuell fand man Flyer wie diese überall und es versetzte ihr einen leichten Stich, als sie erkannte, dass sie das Gesicht auf dem Flyer noch nicht kannte.

Seit Monaten verschwanden Menschen in Novi Grad. Spurlos. Mittlerweile müssten es um die zwanzig sein. Die Verschwundenen besaßen keinerlei Verbindung zueinander, waren wie vom Erdboden verschluckt. Es existierte kein Muster, kein System, nichts das helfen würde herauszufinden was es mit alldem auf sich hatte.

Einige waren schon seit Monaten verschwunden, andere, so wie dieses Mädchen auf dem Flyer erst seit einer knappen Woche.

Die Behörden tappten im Dunkeln, die Polizei war ratlos.

Und die Menschen? Ganz Novi Grad lebte mit der grausamen Gewissheit, dass es wieder geschehen würde und der selbstsüchtigen Hoffnung, dass wenn es geschah, wenigstens die Liebsten verschont bleiben würden.

Immer weniger Menschen gingen am Abend hinaus, immer mehr blieben im vermeintlichen Schutz ihres Hauses.

Der einzige Grund, warum Valerija in diesem Moment nicht vollkommen kopflos in Panik verfiel, war der, dass noch nie Kinder entführt worden waren. Um genau zu sein, wurde niemand unter 18 entführt- wenn sie denn entführt wurden, das wusste schließlich niemand so genau.

Mit schwerem Herzen, musterte sie den Flyer. Die junge Frau hatte stechend-blaue Augen und helles, goldenes Haar, so wie es in Sokovia viele Menschen hatten. Ein unbeschwertes Lächeln schwebte auf ihren dünnen Lippen. Und jetzt? Jetzt war sie wahrscheinlich tot.

Oder Schlimmeres.

Es war fast halb 8 als ihr kleiner Bruder unversehrt und in Gedanken vertieft im Café eintraf.

"Mio!", entfuhr es ihr ein bisschen zu erleichtert, "Da bist du ja."

"Hi Vali", grinste der Jüngere und eine Zahnlücke kam zum Vorschein, "Ich hab' auf dem Pausenhof eine Kastanie gefunden, die hat die Form von einem Herzen - die hab' ich für dich mitgenommen."

Die Angst, die langsam aber stetig in ihr hinaufgekrochen war, verflog bei den begeisterten Erzählungen ihres Bruders beinahe sofort. Zurück blieb nur das dumpfe Gefühl einer dunklen Vorahnung.
Etwas, dass sie dieser Tage oft verspürte.

"Oh, das klingt ja toll", sagte sie und lächelte, "Die werd' ich zuhause an einen ganz besonderen Platz legen!"

"Und ich hab' ein Blatt gefunden, das sieht ein bisschen aus wie eine Dino", erzählte Mio stolz, "Aber wirklich nur ein bisschen."

Sie lächelte, denn sie wusste, wenn sie das Blatt sehen würde, dann wäre es alles, nur nicht dinosaurier-förmig. Mio hatte einfach sehr viel Fantasie.

"Das musst du mir zuhause alles in Ruhe zeigen", schmunzelte die Ältere und wuschelte ihrem Bruder belustigt durch die dunklen Locken. Sie hatte ihn immer um diese dichten Locken beneidet, die er von ihrer Mutter geerbt hatte.
Ihre Haare waren spiegelglatt. Zwar ebenso pechschwarz wie die ihres Bruders aber nicht einmal halb so voluminös.

"Mach' ich", Mio strahlte und ein fleissiges Funkeln ergriff seine dunklen Augen.

Die nächsten 20 Minuten vergingen wie im Flug. Während Valerija die letzten Ecken des Cafés putzte, erzählte ihr kleiner Bruder von der Schule. Sie hörte aufmerksam zu, nickte immer wieder und stellte einen Haufen Fragen. Genau so hatte es ihre Mutter früher bei ihr getan, als Mio noch nicht auf der Welt gewesen war.

Ihre Eltern hatten sich immer viele Kinder, eine große Familie gewünscht. Doch umsetzbar war dies zu Zeiten des Bürgerkriegs nicht gewesen. Deswegen hatte es ganze 14 Jahre nur Valerija gegeben. Mio war ein ungeplantes Kind gewesen, geboren zu den Hochzeiten der Unruhen in Sokovia. Ein Kriegskind.

Vielleicht hätte Valerija es wissen müssen. Kriegskinder waren unter keinem guten Stern geboren.

Sechs Jahre nach Mio's Geburt waren sie gestorben. Einfach so.
Eine Bombe hatte ihre Eltern entzweigerissen, zerfetzt und dafür gesorgt das sie nun von der großen Schwester zur Ersatz-Mutter werden musste.

"Du könntest Mama und Papa einige der Kastanien auf das Grab legen", schlug Valerija vor, da ihre Gedanken sich nicht von ihren Eltern lösen konnten.

Bald war ihr Todestag. Kurz davor fiel es ihr immer besonders schwer zu vergessen.

"Ich könnte Kastanienmännchen für sie basteln", Mio strahlte.

Sie nickte und öffnete die Tür: "Die Idee ist sogar noch besser!"

Kühle Nachtluft strömte ihnen entgegen und unwillkürlich zog Valerija ihren Mantel etwas enger an sich.

Als sie eine Straße überqueren, ergriff sie die Hand ihres fröhlich plappernden Bruders. Nur zur Sicherheit. Er war oft zu abgelenkt um die Autos zu bemerken.

Der Weg zu ihrer Wohnung am anderen Ende der Stadt war zu Fuß in einer halben Stunde zu erreichen. Vorallem im Hochsommer liebte sie die Abendspaziergänge mit Mio.

Jetzt, im Frühling, war es abends kühl und wurde noch früher dunkel. Natürlich hätte sie auch einen Teil mit dem Bus fahren können, doch das Ticket kostete immerhin fast so viel wie eine Packung Nudeln.
Das waren mindestens drei Abendessen für die Beiden, vier wenn sie auf ihre Portion verzichtete.

Auf halber Strecke beschloss Valerija eine Abkürzung durch den Park zu nehmen.

Der Park war vorallem im Sommer ein beliebtes Ziel, mit den Weiden, die sich im Wind wiegten und den kleinen Tümpeln in denen man die Entenfamilien beobachten konnte. Doch jetzt war der Park wie leergefegt. Die Angst, die seit dem ersten Verschwinden ständig in den Menschen schlummerte, hatte die Oberhand gewonnen. Wenn man nicht unbedingt unterwegs sein musste, blieb man lieber zuhause.

Die Straßenlaternen flackerten und ein Windhauch peitschte ihr die langen, schwarzen Haare ins Gesicht. In den langen Schatten der Bäume war es beinahe unmöglich zu sehen ob sich gerade noch andere Menschen im Park aufhielten- doch sie bezweifelte es. Vielleicht ein, zwei Hundebesitzer, aber angesichts der Stille war selbst das eher unwahrscheinlich.

Abwesend lauschte sie Mio's Erzählungen, während ihr Blick ruhelos umherhuschte. Sah dieser Busch dort vorne nicht ein wenig aus wie ein Mann, der sich in den Schatten versteckte? Nein, nur ein Busch.

Sie merkte kaum, wie sich ihre Schritte immer weiter beschleunigten und Mio mit sich zog. Ihrem Bruder entging dies allerdings nicht.

"Renn' doch nicht so", maulte er und wollte sich aus dem Griff ihrer Hand lösen.

"Mio, nicht jetzt, okay? Lass' uns schnell nach Hause gehen, mir ist kalt", bat sie ihn eindringlich. Sie wusste nicht was es war, doch irgendetwas sagte ihr, dass hier etwas falsch war. Sie fühlte es. Irgendetwas war nicht so wie es sein sollte, sie wusste nur noch nicht was es war. Und das machte ihr Angst.

"Aber da war eine Ente in dem Teich!", protestierte ihr kleiner Bruder, "Die wollte ich mir noch anschauen!"

"Das machen wir morgen, okay?", versprach sie und wischte sich mit einer fahrigen Bewegung eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Eigentlich war sie nicht der Typ, der ihrem Bruder Dinge verbot. Doch da war dieses kribbelnde Gefühl in ihrem Bauch, dass ihr zuflüsterte, dass sie lieber schnell laufen sollte...

Ein weiteres Mal huschte ihr Blick über den leeren Park, den verschlungenen Weg, der sich tagsüber zwischen malerischen Weiden und den kleinen Tümpeln entlangzog.

Es sah aus wie immer- nur eben dunkel. Warum also fühlte sie sich so unwohl?

"Füttern wir dann die Enten auch?", wollte Mio wissen und ein kleines Lächeln hatte sich auf seine Lippen geschlichen.

Ihr Blick folgte dem ihres Bruders- und dann erkannte sie, was es war. Das gelbe Licht der Straßenlaternen war erloschen. Es spiegelte sich nicht länger im Tümpel, es flackerte nicht länger zwischen den hängenden Ästen hindurch.

Die Straßenlaternen waren aus.

Jede einzelne von ihnen.

Als sie den Park betreten hatte, waren sie noch angewesen, das wusste sie. Das flackernde, gelbe Licht hatte sie an einen Horrorfilm erinnert.

Das mulmige Gefühl in ihrer Magengrube verstärkte sich, wurde zu einem Klumpen aus Angst, Vorahnung, Panik.

Sie umklammerte die Hand ihres Bruder, wollte ihn an sich heranziehen.

Doch die Erkenntnis kam zu spät.

Ein gedämpfter Knall. Ein gellender Kinderschrei. Pochender Schmerz.

Und dann die erlösenden Arme der Dunkelheit, die Valerija auffingen, als wären sie alte Bekannte.

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