9 | Immer da
Kapitel 9 | Immer da
»Oh, I need you more than words can say. Oh, you save me in ways that I can't explain. Always been there for me, now I'll do the same. Oh, I need you more than words can say.«
L I A M
Nach einigen Minuten schafft es J irgendwie mich ins Haus zu befördern und mich aufs Sofa im Wohnzimmer zu verfrachten. Meine Sicht ist komplett verschleiert und ich fang an mich dafür zu schämen, vor ihm geweint zu haben.
Ich bekomme nicht alles sofort mit, ich schaue wieder nur auf einen Punkt vor mir. Meine Gedanken schwirren umher. So viele Gedanken, dass ich Kopfschmerzen bekomme.
War es richtig, jetzt zu J zu gehen? Ist es richtig, ihm gleich alles zu erzählen? Hätte ich einfach in der Wohnung bleiben sollen?
Ich werde erst wieder aus meinen Gedanken gerissen, als Jonas voll gepackt ins Wohnzimmer kommt. In seinen Händen eine Packung Taschentücher, eine Wasserflasche, ein Glas und Tabletten.
Ehe ich reagieren kann hat er eine Decke, die am Ende des Sofas liegt, mir um die Schultern gelegt. Dann schüttet er mir ein Glas Wasser ein.
»Hier, nimm eine Schmerz Tablette. Ich kann ahnen wie viele Schmerzen du gerade hast. In der Küche habe ich angefangen Kakao zu machen.«
Langsam strecke ich mich nach den Tabletten aus und hole mir eine raus. Ich bin ihm gerade für alles dankbar, aber am meisten momentan wohl für die Tabletten. In der Hoffnung, das es funktioniert. Ich möchte wenigstens nicht diesen physischen Schmerz spüren.
Mein bester Freund setzt sich vor mir auf einen Sessel. Dann schaut er mich abwartend an. Sein Blick zeigt wie besorgt er gerade um mich ist. Ich muss mich kurz räuspern und schaue unsicher auf den Boden.
Wenn ich jetzt alles erzähle, gibt es kein zurück mehr. Ich werde ihm von allem erzählen müssen. Somit wird er der erste sein, der davon weiß. Möchte ich das?
»Okay, also... du-du musst mir versprechen während meiner Erzählung still zu sein. Bitte unterbrich mich nicht.« Er nimmt das mit einem Nicken zu Kenntniss.
Und dann fange ich an zu erzählen. Von Anfang an. Wie alles angefangen hat, wie es immer schlimmer und schlimmer wurde. Ich lasse keine Verletzung aus.
Der Gesichtsausdruck von Jonas wird immer fassungsloser und wütender. Ich merke ihm an, wie schwer es ihm fällt mich nicht zu unterbrechen. Doch er hält sich daran.
Dann fange ich an von den letzten Verletzungen zu erzählen. Man sieht gerade zu wie bei J ein Licht aufgeht. Und gleichzeitig wird sein Gesichtsausdruck wütender und wütender.
Bevor ich dazu komme von dem schlimmsten zu erzählen, muss J kurz aufspringen und in die Küche rennen. Fast hätte er vergessen, dass dort gerade Milch auf dem Herd steht. Zurück kommt er mit einer Tasse Kakao für mich.
»Hier. Hoffe es schmeckt dir.«
»Danke dir.« Ich lächel ihm dankbar zu, während er sich wieder auf den Sessel setzt und mich abwartend anschaut.
Ich schaue auf den Boden und fange an nur stockend von den letzten Ereignissen zu erzählen. Das Treffen mit Tim, wie ich nach Hause kam, der überraschende Besuch von den zwei Männern, den Deal, die Verbrennung und zu letzt alles von der Vergewaltigung, an das ich mich erinnern kann.
Beim erzählen tauchen die Bilder in meinem Kopf wieder auf. Es schmerzt, darüber zu erzählen und an alles erinnert zu werden. Die ganze Zeit kann ich dabei nur auf den Boden schauen, ich schäme mich zu sehr als das ich J anschauen könnte. Mein Gehirn ist wir leer gefegt, mein Mund erzählt automatisch und mein Herz schmerzt.
Jedes Wort, jede Erinnerung sorgt dafür, dass mein Herz brennt.
Und dann ende ich die Erzählung, damit wie ich alles gepackt habe und hier hin gegangen bin.
Die nächsten Sekunden ist es ruhig. Das einzige was man hören kann, ist das Ticken der Wanduhr.
»Ich bring ihn um.« Zu erst ist es nur ein Flüstern.
»Ich bring diesen Bastard um!« Ich höre wie Jonas aufspringt und erschrocken schaue ich hoch. Sein Gesicht ist wütend verzerrt.
»Ich bring diesen Mistkerl um! Der wird sich noch wünschen, er wäre nie geboren gewesen!«
Mit diesen Worten sprintet er zur Tür. Mühsam rappel ich mich auf und humpel ihm hinter her. Im Flur sehe ich, dass er sich seine Schuhe angezogen hat, seinen Schlüssel schon in der Hand hat und gerade dabei ist, die Tür aufzureißen.
»Nein. Bitte nicht. Lass mich nicht allein hier.« Meine Stimme zittert und ist leise. Zu mehr bin ich gerade nicht in der Lage.
Sofort dreht J sich wieder um. Schaut mir direkt in die Augen und sieht den Schmerz dort drin. Er kommt auf mich zu und nimmt mich in den Arm.
»Verlass mich bitte nicht.« Es ist nur ein leises flüstern meinerseits gegen seine Schulter. Ich weiß nicht, ob er es verstanden hat. Die ersten Sekunden schweigt er.
»Ich könnte dich nie verlassen. Niemals. Ich werde immer für dich da sein.«
Automatisch fange ich an zu lächeln.
Fünfzehn Minuten später liege ich im bereits im Bett von J. Dieser hat es sich auf seinem Sofa bequem gemacht. Er bestand darauf, dass ich heute in seinem Bett schlafe und nicht auf einem unbequemen Sofa.
Er hat mir versprochen, die nächsten Tage erstmal hier schlafen zu dürfen.
Ich höre wie J bereits schläft und leise vor sich hin schnarcht. Doch ich kann kein Auge zu tun, sofort tauchen die schrecklichen Bilder in meinem Kopf auf. Sofort spüre ich erneut den Schmerz in meiner Brust. Leise bahnen sich tränen aus meinen Augen.
Und irgendwann habe ich mich in den Schlaf geweint.
· · ·
Langsam spüre ich wie ich aufwache. Ich nehme den Geruch von J war, welcher wohl mittlerweile neben mir liegt. Immerhin spüre ich seinen Atmen an meinem Hals. Immer noch im Halbschlaf nehme ich Schritte vor seinem Zimmer war. Dann höre ich wie die Tür geöffnet wird.
»Sag mal Jonas, wie lange möchtest du noch schlaf-? Oh.«
Noch müde und total verwirrt öffne ich meine Augen und schaue zur Tür. Dort steht die Mutter von J total verwirrt im Türrahmen. Dann schaue ich neben mich. Dort liegt mein bester Freund Oberkörper Frei ausgebreitet neben mir. Als ich kapiere, wie das auf sie wirken könnte, schießt mir die Hitze in die Wangen.
Schnell räuspere ich mich und reibe mir den Schlaf aus den Augen. »Guten Morgen, Sabine.«
»Morgen... Liam. Was machst du hier?«
»Tut mir leid. Ich hatte gestern... Stress zuhause. Deswegen kam ich dann mitten in der Nacht hier hin.«
Schnell schaue ich mir ihre Reaktion an, nur um nicht wieder an diese Grausame Tat erinnert zu werden. Mitleidig schaut sie mich an.
»Das tut mir leid. Da bist du natürlich herzlichen Willkommen hier. Isst du gleich mit uns zu Mittag?«
Lächelnd nicke ich. Da spüre ich neben mir wie Jonas langsam aufwacht. Murrend öffnet er seine Augen und lächelt mich leicht an. Dann zieht er mich in seine Arme. »Mama, reicht jetzt mit den ganzen Befragungen. Liam ist schon fertig genug.«
Mit großen Augen schaue ich J in die Augen, dieser grinst mich verschmitzt an. Dann schaue ich zu seine Mama, diese grinst leicht wissend und verlässt mit hoch gezogener Augenbraue den Raum.
Geschockt schaue ich zu meinem besten Freund, welcher mich lediglich anschaut. »Du weißt schon, wie das auf sie wirken wird? Sie hat doch sowieso das Gefühl, wir beide wären zusammen!«
Lachend wuschelt mir J durch meine Haare: »Chill mal, Liam. Ist mir doch so ziemlich egal. Wir sind nur beste Freunde, das soll sie mal verstehen.«
»Seit wann liegst du eigentlich hier im Bett?«
»Das Sofa war zu unbequem.«
Dann dreht sich J um und steht langsam auf. Streckend geht er zu seinem Kleiderschrank. Nur bekleidet in einer Boxershort. Ich möchte echt nicht wissen, was seine Mutter jetzt von uns denkt.
»Soll ich dir Klamotten von mir leihen?«
»Ne, hab welche eingepackt. Aber danke.«
· · ·
Das ganze Wochenende verbringe ich bei J zuhause. Seinen Eltern haben wir lediglich erzählt, dass ich Stress mit meinem Vater habe. Nach gefragt haben sie allerdings nicht weiter. Vor Tim und Vivien haben wir so getan, als wäre alles okay. Nur haben wir beide abgesagt, als Tim uns nach einem Treffen gefragt hat, an dem Sonntag.
Doch Sonntag Abend haben die Eltern von Jonas angefangen mich heimlich immer fragend anzuschauen. Es war ihnen förmlich auf das Gesicht geschrieben, welche Fragen sie alles hatten. Und vor allem, warum ich so lange hier bleibe.
Am Montag wollte ich nicht in die Schule gehen, ich konnte das nicht. Jonas hat das verstanden und mir angeboten, den Tag in seinem Zimmer zu bleiben. Seine Eltern waren erstmal nicht seht begeistert von der Idee, aber schluss endlich haben sie es akzeptiert.
Durch Zufall, als ich mir aus der Küche etwas zu trinken holen wollte, habe ich die beiden über mich sprechen hören. Sie waren besorgt, was das für ein Streit zuhause war. Warum ich so Angst habe, nach Hause zu gehen.
In diesem Moment wurde mir eins klar: Ich darf hier nicht länger bleiben. Die beiden stellen sonst zu viele Fragen. Und ich bin noch nicht bereit, die Vergewaltigung anderen Leuten zu erzählen.
Also schmiedete ich in meinem Kopf einen Plan, was ich tun kann.
Das ich nicht länger als nötig hier bleibe, war für mich eine entschlossene Sache.
[ 02.03.2019 | 1537 Wörter | 10:27 Uhr ]
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