Kapitel 36: Nicht bei klaren Sinnen
Wenige Minuten vergehen, in denen sich mein Körper immer mehr beruhigt. Ich starre ihn stumm an und wehre mich nicht gegen seine Berührungen. Er hat mich auf seinen Schoß gezogen, sodass ich breitbeinig auf ihm sitze, und massiert die Einstichstelle an meinen Hals. Mein hoher Puls ist deutlich gesunken und die ganze Anspannung durch das Zittern hat sich in mir gelöst. Die Schmerzen in meiner Brust sind verschwunden und ich kann wieder normal atmen. Mein Kopf ist wie leergefegt, obwohl ich eben noch vollkommen durchgedreht bin. Mein Körper und Geist fühlen sich so an, als wären sie betäubt. Der Kerl bemerkt, dass die Flüssigkeit vollkommen bei mir angeschlagen hat und grinst glücklich vor sich hin. Restliche Tränen laufen mir über die Wangen und ich mustere sein Gesicht.
„Was hast du mir gespritzt?", möchte ich nach mehreren Minuten wissen und erkenne meine eigene Stimme nicht wieder, weil sie sich so monoton anhört.
„Heroin. Das ist gutes Zeug, nicht wahr?", lächelt er mich an und fährt mit seinem Daumen unter mein Auge, um mir die Tränen fortzuwischen.
„Ja", bejahe ich nickend und lache etwas humorlos auf.
Die Panikattacke hat einfach so aufgehört, ohne dass ich mich stundenlang damit rumquälen musste. Ich fühle mich auf einmal so... so erleichtert. Als würde ich von innen heraus fest umarmt werden. Mich bringen seine Berührungen nicht mehr aus der Fassung. Sie stören mich überhaupt nicht mehr. Ich schließe meine Arme um mich selbst, während ich meine Stirn gegen seine Schulter lehne und leise lache. Wow, ich war in meinem Leben noch nie so sorgenfrei. Als wären meine ganzen Probleme mit einem Mal verschwunden.
„Fuck, wieso fühlt sich das so gut an?", fluche ich und bin so begeistert von dieser Freiheit.
„So gefällst du mir besser", meint der Grünäugige und krault meinen Hinterkopf, wodurch ich meinen Kopf hebe und ihn wieder ansehe.
„Wie heißt du?", frage ich ihn, weil er scheinbar doch nicht so übel ist, wie ich am Anfang dachte.
„Daniel", antwortet er nach langem Zögern.
„Ah, Daniel... Danke. Mir ging es noch nie so gut", murmle ich benommen und kann nicht anders, als dieses warme Gefühl in mir zu genießen.
„Es ist beinahe bedauerlich, dass bloß ich die Ehre habe, dich so süß zu sehen", lacht er über mein Verhalten und hebt mein Kinn etwas an, um seine Stirn gegen meine zu lehnen.
Meine Augenlider flattern zu, während ich unseren Blickkontakt aufrechterhalten möchte, aber er nimmt seine Hand von meinem Kinn weg. Mein Kopf sackt automatisch nach unten, sodass seine Lippen auf meine Stirn treffen, auf der er einen Kuss hinterlässt. Die Müdigkeit nagt an meinen Kräften. Ich kann meinen Arm kaum heben, um ihn von mir weg zu stoßen. Er nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände und küsst meine Wangen. Ich lasse es einfach über mich ergehen. Die Wärme und Zufriedenheit in mir tut so gut, sodass seine Berührungen sich federleicht anfühlen. Ich kann sie kaum spüren. Daniel wandert mit seinen Lippen runter zu meinem Hals und riecht an mir. Er beißt auf einmal in meine Haut und saugt daraufhin an ihr. Eigentlich sollte das weh tun, jedoch spürte ich nichts als ein leichtes Ziehen an der Stelle.
„Hat das weh getan?", möchte er wissen und leckt sich über die Lippen.
„Nein", schüttle ich den Kopf und bringe ihn mit dieser Antwort zum Grinsen.
„Gut so. Ich könnte dich stundenlang ansehen und nicht genug davon bekommen, weil du so hübsch bist. Wie können die anderen bloß ihre Finger von dir lassen?", flüstert er leise und küsst meine Lippen.
Diesmal drehe ich meinen Kopf weg und versuche zurückzurutschen, was er nicht zulässt, da er seine Hände in meine Hüften bohrt und mich an Ort und Stelle hält. Ich sehe ihn trotzdem nicht an, was ihn wütend macht, weil er mich am Kinn packt und mein Gesicht gewaltsam in seine Richtung dreht. Er hat die Augenbrauen zusammengezogen und tötet mich mit seinem Blick, als er sieht, dass ich meine Lippen zusammengepresst habe.
„Hey, sei brav, sonst bin ich nicht mehr so nett zu dir", verlangt er und sieht mich warnend an.
Stumm schaue ich ihm in die grünen Augen und reagiere nicht. Soll er doch machen, was er will. Mir geht es gerade so super wie noch nie. Mein Gott, das ist so ein geiles Gefühl. Als er merkt, dass ich mich nicht mehr wehre, löst er seinen festen Griff und ich lehne mich augenblicklich gegen seine Schulter. Ich fahre mit meiner Hand zu seiner Brust und versuche mich von ihm wegzudrücken, jedoch legt er plötzlich seine Hände auf meinen Hintern und hebt mich mit Leichtigkeit hoch. Überrascht kralle ich mich in seine Schulter und registriere nicht, was er tut, bis ich mit dem Rücken auf dem Boden liege und die kalten Fliesen meine erhitzte Haut kühlen. Ich gebe einen erleichterten Laut von mir und ziehe mein Oberteil weiter nach oben, da es sich so gut anfühlt. Das ist ein Geschenk Gottes. Mir ist so warm, dass dieser kühle Boden wie gerufen kommt. Ich streichle über die Fliesen und könnte auf der Stelle einschlafen.
„Willst du dein T-Shirt ganz ausziehen?", fragt Daniel mich, der zwischen meinen Beinen sitzt und auf mich herabschaut.
Leicht nicke ich und hebe meine Arme hoch. Daraufhin zieht er mir das T-Shirt ganz aus und grinst mich breit an. Er fährt mit beiden Händen von meinen Schultern runter zu meinem Bauch und beugt sich zu mir runter. Er streicht über meine Seite und bleibt über dem Saum meiner Hose stehen, bevor er Küsse auf das Engels Tattoo auf meiner rechten Oberkörperseite verteilt und bei meiner Narbe an meinen Rippen verharrt. Er leckt einmal über diese und saugt an dieser, was etwas mehr zieht als eben und mich zum Wimmern bringt.
„Dir sollte man immer irgendwas spritzen. Du bist so verdammt süß, wenn du nicht an deine ganzen Probleme denkst", flüstert er gegen meine Haut und beginnt an weiteren Stellen auf meiner Brust Knutschflecke zu verteilen.
Unkontrolliert keuche ich an jeder neuen Stelle auf und presse die Augen zusammen. Ich kralle mich in seine Haare und ziehe an ihnen, damit er aufhört, aber er ignoriert es. Seine Hände wandern zu meiner Hose und ziehen sie runter, was ich überhaupt nicht wollte.
„H-Hör auf!", stottere ich und will Abstand zwischen uns schaffen, indem ich wegrutsche, aber er packt mich an den Oberschenkeln und zieht mich eng an sich, sodass ich seine Erregung an meinen Hintern spüre.
„Du bleibst schön hier, verstanden? Huh?", knurrt er mich erst an, jedoch sieht er irritiert in Richtung der grauen Tür, da er irgendwas gehört hat.
Plötzlich ertönt lautes Krachen aus dem Wohnraum und im nächsten Moment wird die graue Tür aufgerissen. Hoffnung macht sich in mir breit, dass die anderen mir helfen werden, aber als ich ausgerechnet Namjoon im Türrahmen stehen sehe, stirbt die Hoffnung. Sein wütender Blick verwandelt sich in einen fassungslosen und er schaut zwischen uns beiden hin und her. Daniel fängt an zu lachen und streicht sich die Haare nach hinten, während er mich immer noch am Oberschenkel festhält und mir keine Chance lässt zu fliehen. Wir wissen beide, dass Namjoon mir garantiert nicht helfen wird, nachdem ich ihm zur Bewusstlosigkeit geschlagen habe.
„Oh, da hast du wohl Pech gehabt, Jeongguk. Wollen wir deinem Mitbewohner eine Show bieten?", teilt er mir mit und schlägt mir ins Gesicht, sodass es zur Seite fliegt, als ich versuche mein Bein aus seinem Griff zu lösen.
„Arschloch", beleidige ich ihn und bekomme noch eine Ohrfeige.
Keine Sekunde später reißt Namjoon ihn von mir runter, indem er von hinten seinen Unterarm an Daniels Kehle drückt und ihn zu Boden schleudert. Ich reiße die Augen auf und starre Namjoons bebenden Rücken an, während ich mich schnell aufsetze und meine Hose wieder hochziehe. Daniel fasst sich an den Hals und hustet sich die Seele aus dem Leib.
„Fuck, ich hasse ihn zwar, aber euch Wichser hasse ich noch mehr! Lass uns dem Kleinen doch eine Show bieten, du beschissener Bastard", sagt Namjoon wütend und stürzt sich ohne weiteres Zögern auf Daniel.
Regungslos presse ich mich gegen die Wand hinter mir und schaue dabei zu, wie Namjoon dem Grünäugigen gar keine Chance überlässt, seine Atmung zu regulieren. Er rammt ihm erst seine Faust ins Gesicht, sodass er auf den Rücken fliegt und sich schreiend die Nase hält, aus der jede Menge Blut läuft. Namjoon setzt sich auf seinen Bauch und greift in seine Haare, um seinen Kopf anzuheben und dann mit voller Wucht auf den Boden zu rammen. Ich zucke zusammen, als ich es knacken höre. Das wiederholt Namjoon mehrmals und immer fester, sodass Daniels Blut sich in kleinen Spritzern auf dem ganzen Boden verteilt. Der Blonde lässt schnaufend von ihm ab und steht auf, als der Schwarzhaarige sich nicht mehr regt. Ich starre den Älteren an, der zum Waschbecken geht und sich die Hände wäscht. Er hat mir doch geholfen. Namjoon hat mir geholfen.
Bei der Feststellung schaltet sich mein Körper endgültig ab, sodass die Müdigkeit meinen ganzen Körper ergreift und mich in weiche Watte packt. Am liebsten würde ich hier und jetzt schlafen. Namjoon trocknet seine Hände mit einem Handtuch und kommt dann auf mich zu. Sein ganzer Körper zittert vor Wut, aber er geht vor mir in die Hocke und entdeckt die leere Spritze neben mir auf den Boden. Ungläubig schaut er mich an und hebt die Spritze auf, um sie mir vor die Nase zu halten.
„Was hat er dir gegeben?", fragt er mich ernst.
„Ich bin müde, Namjoon", murmle ich und merke, wie meine Augenlider schwerer werden und zufallen.
„Hallo, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um zu schlafen. Bleib schön wach und beantworte meine Frage. Was hat er dir gegeben? Heroin? Du kommst mir so rüber, als wärst du auf Heroin", meckert er mich an und haut mir leicht gegen die Wange.
Angestrengt nicke ich auf seine Worte hin und versuche meine Augen offen zu halten. Namjoon flucht vor sich hin und schnappt sich mein T-Shirt, um es mir über den Kopf zu stülpen. Er steckt meine Arme durch die Ärmel und zieht den Stoff über meinen Bauch.
„Mich verstört dein ruhiges Verhalten. Du würdest dir eigentlich die Haut vom Körper kratzen, wenn du klar bei Sinnen wärst. Los, steh auf. Ich bring dich ins Bett", sagt Namjoon und erhebt sich, während er mich an den Oberarmen hochzieht.
Ich lehne mich mit meinem kompletten Gewicht an ihn und vergrabe mein Gesicht in seiner Schulter. Der Blonde seufzt frustriert und lässt seine Hände über meinen Körper wandern, bis er an meinen Oberschenkeln ankommt und mich mit einem Ruck hochhebt. Ich halte mich an dem hellblauen Stoff des T-Shirts fest und fühle mich so wohl in seinen Armen. Als wäre ich wieder ein kleines Kind in den Armen meines Vaters, bevor er so ein Bastard zu uns wurde. Namjoon verlässt mit mir den Waschraum und wir werden auch schon von der Dunkelheit empfangen.
„Ich möchte schlafen", jammere ich leise und schlinge meine Arme um Namjoons Hals, um mit ihm zu kuscheln.
„Dann schlaf, Kleiner. Ich leg dich ins Bett und kümmere mich um den Bastard, okay?", flüstert er mir lieb zu.
„Danke, Namjoon", bringe ich noch heraus, bevor ich endgültig in seinen Armen in den Schlaf gleite.
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Ich habe mir noch nie so viele Videos und Artikel über Heroin angeschaut und durchgelesen.
DIE KURZE BESCHREIBUNG: Ein Konsum von Heroin wirkt beruhigend, betäubend, schmerzlindern und euphorisierend – sodass Gleichgültigkeit und gehobene Stimmungslage wahrgenommen werden. Ängste und Schmerzen werden durch den Konsum unterdrückt.
Keine Ahnung, ob ich das gut rüber gebracht habe. Ich habe mir auf jeden Fall Mühe gegeben 😀
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