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22. Ein Blick in die Zukunft

Als mein Wecker klingelt und ich ihn schnellstmöglich zum Schweigen bringe, gähne ich lauthals und reibe mir den Schlaf aus den Augen. Verflucht noch einst, wann ist endlich wieder Wochenende?
Auf dem Weg zur Schule entdecke ich bereits von weitem Melodys Rückenprofil. Seltsam, normalerweise begegnen wir uns nie bevor der Unterricht beginnt, da sie eigentlich aus einer ganz anderen Richtung kommt und geht. Während ich sie so mustere, dreht sie sich plötzlich um und lächelt mir freundlich zu. Ich setze mein bestmöglichstes Lächeln auf, doch eigentlich will ich das gar nicht. Jedesmal wenn ich sie sehe muss ich daran denken, wie sie vermutlich innerlich immer wieder am triumphieren ist, dass Nathaniel und ich nicht mehr zusammen sind und ihre Chancen somit wieder auferstanden sind. Naja, die Chancen die sie glaubt zu haben ... Ich bin schon ungewöhnlich mies, wenn die Eifersucht mich einnimmt. Ob es wohl jedem so geht, der damit zutun hat?

Im Unterricht versuche ich mich zu konzentrieren, allerdings schweift mein Blick von der Tafel immer wieder ab, zu Nathaniel, der im Gegensatz zu mir nicht abzulenken ist. Fleißig schreibt er Mrs. Delaneys Gequatsche mit und lässt wahrscheinlich nicht das kleinste Detail aus. Natürlich steht nicht nur sein Abschluss, sondern auch meiner, bevor aber ich schaffe es derzeit einfach nicht privates von schulischem zu trennen. Spätestens im Arbeitsleben sollte ich das unter Kontrolle kriegen. Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder von ihm ab und sehe stattdessen zu meiner Linken, wo Kentin sitzt. Er spürt meinen Blick direkt auf sich und lächelt mich ermutigend an. "Nicht besonders spannend gerade, oder?", flüstert er mir zu.
Ich schüttle leicht mit dem Kopf. "Alles andere ist gerade wesentlich aufregender ..."
"Und wie. Übrigens bin ich heute nach der Schule mit Alexy im Café verabredet."
Überrascht reiße ich die Augen auf und mein Mund öffnet sich leicht. "Nein!", platzt es aus mir raus, was nicht unbemerkt bleibt.
"Ich muss doch wohl sehr bitten, Lisa!!!", ermahnt mich unsere Lehrerin und ich höre belustigtes Kichern aus der letzten Reihe, in der Amber und ihre Anhängsel sitzen.
"Entschuldigung", gebe ich mit schiefem Grinsen zurück.
Mrs. Delaney nickt streng und fährt fort, während ich wieder Kentin anschaue und mir aufgeregt auf die Unterlippe beiße. "Das ist ja toll!", quietsche ich so leise wie möglich.
Er lächelt und seine Wangen erröten sich ein wenig. "Ja ... Mal sehen wie es wird."
"Ich wünsche dir viel Glück!"
"Danke."
Das ist so ziemlich das schönste was ich heute hätte erzählt bekommen können! Endlich sieht es danach aus, als würden die beiden mehrere Schritte nach vorne als zurück machen. Vor allem tut das beiden gut, denn so zufrieden wie gerade habe ich Kentin schon lange nicht mehr gesehen und ich hoffe, dass sich dieser Anblick nur noch weiter häuft.
"Aber eigentlich habe immer noch ich zu danken", fügt er eine Weile später hinzu.
Ein wenig gerührt lege ich meine Hand auf seiner ab, um einmal drüber zu streichen.
Wir waren nie dazu bestimmt ein Paar zu werden, das war mir schon immer klar gewesen und zu wissen, dass er das nun auch weiß, ist wohltuend, denn diese Freundschaft seit Kindheitstagen ist viel zu wertvoll um sie von einem Wirrwarr von Gefühlen zerstören zu lassen.

Die Schulglocke klingelt zur Beendigung des heutigen Unterrichts. Jedoch freut mich das diesmal gar nicht so sehr wie sonst, denn der Berg an Hausaufgaben, die wir heute auf bekommen haben, liegt bereits vor meinem inneren Auge gestapelt auf meinem Schreibtisch. Die Klasse leert sich, was ich als erstbeste Gelegenheit nutze, um auf Nathaniel zuzugehen. Denn glücklicherweise ist Melody bereits außer Sichtweite. "Na du", spreche ich ihn mit einem Grinsen an. Er lenkt seine honiggelben Augen auf mich und ich sehe ihm direkt an, dass er sich freut mich zu sehen. "Na du", gibt er zurück. Und als hätte ich gerade den größten Gedankenblitz aller Zeiten bekommen, spreche ich ihn sofort aus: "Hättest du vielleicht Lust mit zu mir zu kommen und die Hausaufgaben zusammen zu erledigen?" Gleich nachdem ich meine Frage gestellt habe, stelle ich mich automatisch auf eine Verneinung mit Begründung ein, um nicht allzu enttäuscht zu sein, falls dies eintrifft. Jedoch kommt es ganz anders, denn er packt sein Buch von der letzten Stunde ein und nickt einwilligend. "Das hört sich super an", lacht er in sich hinein. "Gerne!"
Erleichtert atme ich aus. "Freut mich! Ich glaube auf diese Art und Weise werden sie mir auch viel leichter fallen."
"Geht mir genauso", erwidert er und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. Da wie mittlerweile alleine sind kann er das völlig bedenkenlos tun. Anschließend zieht er sein Handy hervor und beginnt loszutippen. "Ich sage nur noch eben Bescheid, dass ich später nach Hause komme", erklärt er.
"Und was sagst du genau?", frage ich ein wenig neugierig nach.
"Das Übliche. Schulsprecherpflichten."
Ich kann nicht anders als meinen Mund ein wenig zu verziehen, doch ich reiße mich genauso schnell wieder zusammen. In genau Fünfundzwanzig Tagen hat er Geburtstag und dann wird er nicht länger Ausreden erfinden müssen. Er wird für sich selbst sorgen und verantwortlich sein und muss sich vor niemandem mehr rechtfertigen. Er packt sein Handy wieder weg und sieht mich an, wobei er seine Augenbrauen leicht hochzieht. Eine seiner blonden Strähnen bewegt sich dadurch ein wenig. "Wollen wir?"
"Unbedingt", sage ich lächelnd.
Wie wir so nebeneinander hergehen und einen Augenblick schweigen scheint wirklich alles in Ordnung zu sein. Keine Menschenseele weit und breit, kein Verkehr und ein wenig Sonnenschein. Ich beobachte wie weiter vor uns ein Eichhörnchen die Straße überquert. Ich hätte niemals gedacht, dass ich diese Ruhe irgendwann mal so sehr mögen würde. Schließlich sind wir frisch aus einer Großstadt hierher gezogen und ich war alles andere als das gewohnt. Jetzt möchte ich all das hier nicht mehr missen. Auf einmal spüre ich Nathaniels Blick auf mir und ich komme ihm mit meinem entgegen. Er lächelt mich nur stumm an, ehe er wieder nach vorne sieht. Meine Augen bleiben aber auf ihm haften. So gerne ich gerade auch nach seiner Hand greifen würde, die paar Tage kann ich noch abwarten. Da mir das Ende unserer Heimlichtuerei nun nicht mehr so weit entfernt vorkommt wie anfangs macht sich Geduld allmählich in mir breit. Bald ist dieser ganze Mist überstanden und wir können tun und lassen was wir wollen.
Bei mir Zuhause angekommen stelle ich zu meiner Verwunderung fest, dass meine Eltern außer Haus sind. "Komisch", murmle ich mir selbst zu.
"Was ist denn?" Dem Blondschopf ist das nicht entgangen.
"Normalerweise müssten meine Mutter und mein Vater hier sein."
"Vielleicht sind sie einkaufen?"
"Vielleicht", stimme ich zuckend mit den Schultern zu, auch wenn ich es immer noch seltsam finde, dass hier niemand außer uns ist. "Wollen wir uns im Wohnzimmer ausbreiten oder bei mir im Zim- ... Moment, möchtest du was trinken? Entschuldige, das habe ich vergessen zu fragen."
Er lacht kurz, bevor er einen Arm um meine Taille legt und mich ein Stück näher an sich ran zieht. "Du bist süß", sagt er in einer sanften Stimmlage. "Gegen ein Glas Wasser hätte ich nichts einzuwenden."
"Gut", antworte ich und er beugt sich zu mir runter, um mir einen zu seinem Ton passenden Kuss zu geben. Ich erwidere diesen ebenso, ehe ich in die Küche verschwinde, um ihm besagtes Getränk zu besorgen.
"Ich setze mich schonmal hier an den Tisch", ruft er mir vom Wohnzimmer aus zu.
Mit zwei befüllten Gläsern in den Händen geselle ich mich zu ihm und stelle diese vor uns ab. "Hier ist mehr Platz für den ganzen Kram, der uns bevorsteht, was?", schmunzle ich.
"Du sagst es."
Er hat schon alles was er braucht vor sich ausgebreitet und ich versuche aufzuholen, indem ich sogleich ebenfalls damit beginne.
Zuerst machen wir uns an unsere Hausaufgabe in Chemie ran. Mit gerunzelter Stirn versuche ich die Antwort auf eine der Fragen im Buch zu finden. "Diese Frau macht es einem echt nicht leicht", kommentiere ich leicht gequält, während ich weitersuche.
"Nein, leider gar nicht. Aber eine gute Lehrerin ist sie trotzdem, findest du nicht auch?"
Ich denke ein paar Sekunden darüber nach und nicke schließlich. "Hart aber fair und in der Regel versteht man die Inhalte, die sie versucht uns zu übermitteln."
"Da, schau mal", spricht er plötzlich aus und zeigt auf eine Stelle in dem Buch vor meiner Nase. Sofort sehe ich dort hin und sehe die Lösung für unser Problem. "Polyester, natürlich!" Grinsend rolle ich mit den Augen und mein Freund lacht leise, bevor er anmerkt: "Kunststoffe sind schon nicht ohne aber wir kriegen das hin."
"Auf jeden Fall!" Zufrieden schreibe ich die Antwort mit entsprechender Formel auf das Blatt vor mir nieder. "Weißt du eigentlich schon wo du studieren möchtest?"
Sofort legt er den Stift nieder, den er bislang in der Hand hielt. Er atmet tief aus. "Ehrlich gesagt", beginnt er langsam, als würde er noch nach Worten suchen, "habe ich überlegt irgendwo im Ausland zu studieren ... England würde mir gefallen."
Okay, damit habe ich nun nicht gerechnet ... England?! Jetzt lege auch ich meinen Stift aus der Hand. Wow, das muss ich erstmal sacken lassen ...
"Nun schau doch nicht so erschrocken", bittet er mich mit besorgter Miene.
"England ist nicht gerade um die Ecke ..."
Er presst die Lippen aufeinander.
"Ich hatte mit etwas im näheren Umfeld gerechnet, sagen wir es so."
"Wo möchtest du denn Psychologie studieren?"
"Ich hatte überlegt mich an der Universität Paris V einzuschreiben ... Sofern mein Abschluss dafür reicht."
"Das wird er mit Sicherheit", antwortet er mit einem Lächeln.
"Mhm", gebe ich nur zurück. "Wie bist du überhaupt auf England gekommen?"
"Wenn du mich fragst ist England ein sehr schönes Land. Es ist zwar lange Zeit her, dass ich dort mit meiner Familie für ein paar Tage war aber mir hat die Atmosphäre sehr gefallen. Naja und wie du weißt ist die Oxford University eine hoch angesehene Universität. Dort einen Studiumabschluss zu erlangen wäre optimal."
"Du willst also wirklich Logistik studieren, wie dein Vater?"
Er verzieht die Lippen zu einer leichten Schnute. "Nicht direkt Logistik, ich habe viel mehr an Philologie gedacht."
"Literaturgeschichte?"
"Ja", antwortet er und ein fröhliches Lächeln breitet sich in seinem Gesicht aus. "Das interessiert mich richtig!"
Zweifellos würde das zu ihm passen. Jedoch ... Er in England ... Ich in Paris ...
Fürsorglich legt er seine Hand auf meinem Unterarm ab und lässt seinen Daumen über diesen streichen. "Aber das steht ja alles noch nicht fest", ruft er mir zurück in Erinnerung. "Ich meine ... Ja, wir müssen uns bald einschreiben aber ob wir angenommen werden ist immer noch eine völlig andere Sache."
"Man müsste die Intelligenz dieser hochstudierten Oxford University Gesellschaft schon sehr in Frage stellen, wenn sie jemanden wie dich nicht annehmen würden", schmunzle ich.
Er lächelt wieder und gibt mir einen Kuss auf die Schläfe. "Mach dir darüber jetzt nicht so viele Gedanken, Lisa."
Das sagt er so leicht. Keine Ahnung ob es naiv von mir ist so weit voraus zu denken aber mir gefällt die Vorstellung nicht, dass wir in Zukunft an zwei ganz unterschiedlichen Orten leben.
"Und außerdem", spricht er weiter, "ist das aus meiner Sicht keinesfa-"
Plötzlich ist das Aufschließen der Haustür zu vernehmen und gleich darauf platzt meine Mutter in den Flur hinein. "LISA", ruft sie, in der Annahme ich sei oben, in meinem Zimmer. Doch sofort erblickt sie mich und Nathaniel am Wohnzimmertisch sitzen. "Ach, hallo!"
"Hallo", grüßt er grinsend zurück und zieht seine Hand wieder zurück.
Ich will auch gerade meine Mutter begrüßen, als mein Vater hinter ihr erscheint. "Na sowas, noch ein Besuch?", ist das erste was er sagt.
Wie ... Noch ein?
Folglich verstehe ich was er meint, denn unerwartet kommt hinter meinen Eltern meine Großmutter Rosita ins Haus. "Schau mal wer da ist, meine Kleine!", lacht sie glücklich und breitet ihre Arme aus. Ihr Anblick lässt mich jeglichen negativen Gedanken von vorhin vergessen und ich springe ruckartig vom Stuhl auf, um auf sie zu zulaufen und mich feste von ihr umarmen zulassen. Meine Oma! Hier! Unglaublich! Normalerweise fliegen wir immer extra zu ihr nach Mexiko rüber, um sie zu sehen, aber jetzt ist sie endlich mal wieder zu uns zu Besuch bekommen!
"Ach, meine süße, kleine Lisa! Gott, was rede ich denn da - Du bist nicht mehr klein! Du bist bereits eine Frau! Gute Güte ..."
Ich lockere unsere Umarmung ein wenig auf, um sie anschauen zu können. Sie sieht noch immer so lebendig aus für ihr Alter. "Ich freue mich so dich zu sehen!"
"Ich freue mich auch, Kind. Einen sehr schönen Ort habt ihr euch hier ausgesucht!" Es sieht so aus als würde sie noch mehr sagen wollen, doch auf einmal erweckt etwas anderes ihre Aufmerksamkeit und erst da wird mir wieder bewusst, dass Nathaniel ebenfalls hier ist. "Wer ist denn dieser hübsche, junge Mann dahinten?"
Ich lächle sie an und greife nach ihrer Hand, um mit ihr gemeinsam zu ihm zu gehen. Er steht bereits auf und kommt uns entgegen. "Huch, du bist aber groß", stellt Großmutter grinsend fest, ehe sie ihm ihre freie Hand hinhält. "Ich bin Rosita, Mutter der reizenden Dame hinter uns und Großmutter ihrer noch reizenderen Tochter." Unterstreichend hält sie dabei meine Hand hoch.
"Freut mich, Sie kennenzulernen", grinst er und schüttelt zärtlich ihre mit Fältchen besetzte Hand. "Mein Name ist Nathaniel."
"Ach, lassen wir das mit dem Siezen. Nenn mich Rosi, sonst fühle ich mich nur noch älter, als ich bereits bin." Sie lächelt herzlich. "Nathaniel, hm? Und weiter?"
Damit hat sie ihn ein wenig aus dem Konzept gebracht, denn sein Grinsen verschwindet langsam.
"In welcher Beziehung stehst du, Nathaniel, zu meiner Enkelin?"
"Oh", erwidert er direkt, "ähm, ich schätze ich bin das, was man als ihren festen Freund bezeichnen würde." Jetzt lächelt er wieder und ich sehe ihm an, dass er kurz davor ist rot zu werden. Ich muss kichern.
"Ihr Freund? Soso." Sie beugt sich ein wenig zu mir rüber. "Du musst mir unbedingt sagen, ob es hier noch mehr von solch hübschen Männern gibt!"
"Großmutter ...", lache ich.
"Mutter!"
"Was denn?", entgegnet sie gespielt beleidigt. "Ich bin achtundachtzig Jahre alt, da kann ich nicht mehr selbst wahllos auf die Suche gehen!"
Nathaniel muss sich sichtlich ein Lachen verkneifen.
"Wir beide sprechen uns noch, Nathaniel", kündigt sie nun mit ernsterer Stimme an, "aber vorher muss ich Lisa in den Garten entführen und ein kleines Gespräch mit ihr führen. Geht das in Ordnung? Bestimmt, oder?"
"Natürlich", gibt er wie aus der Pistole geschossen zurück, bevor er seine Augen wieder auf mich ausrichtet. "Ich mache dann schonmal weiter?"
"Okay." Ich lächle ihn an, bevor ich mit Großmutter nach draußen gehe und wir uns auf die Hollywoodschaukel niederlassen. "Es ist unfassbar, dass du hier bist", freue ich mich immer noch.
"Ich musste mal raus aus meiner Bude! Außerdem habe ich euch Drei sehr vermisst und wollte nach dem rechten sehen."
"Das darfst du gerne öfter machen!" Ich drücke sie leicht.
"Es ist schön zu sehen, wie du immer hübscher wirst, Prinzessin. Und dir scheint es bestens zu gehen!"
"Mir geht es tatsächlich ziemlich gut", antworte ich.
"Mit so einem gutaussehenden Freund an deiner Seite wundert mich das auch nicht."
"Danke", lache ich verlegen.
"Allerdings hast du mir gerade nicht darin zugestimmt, dass es dir bestens geht. Du redest von ziemlich gut. Du weißt ja, dass an deiner alten Großmutter nichts vorbei geht."
"Naja", gebe ich zögerlich zu, "ganz so perfekt ist alles natürlich nicht. Wann ist es das auch schonmal?"
"Hast du Probleme in der Schule?"
"Nein, so gut wie gar keine. Mein Abschluss wird voraussichtlich sehr gut, wenn alles glatt läuft."
"Was stimmt dann nicht?"
"Nathaniel und ich, wir sind ..." Eigentlich mag ich gar nicht weitersprechen, weil ich es ungerne ausspreche, aber ich habe seit ich denken kann meiner Großmutter alles erzählt und damit meine ich wirklich alles. "Wir sind nicht öffentlich zusammen ... Nicht mehr. Wir waren es mal."
"Du musst mir da auf die Sprünge helfen, ich verstehe nicht ganz."
Ich versuche möglichst kurz zu fassen, weshalb es zu dem gekommen ist, wie es nun ist. Dabei erwähne ich allerdings nicht, was ich in Nathaniels Zuhause mitansehen musste, damit sie sich nicht unnötig Sorgen um mich macht. Das würde ihrem alten Herz bestimmt nicht gut tun und ich möchte sie im besten physischen Zustand solange wie möglich behalten.
"Das grenzt ja schon nahezu an einem Roman", merkt sie an, "jedoch hoffe ich, dass dies keine Tragödie ist."
Ich lächle schief. "Das hoffe ich auch."
"Aber oft funktionieren Liebesgeschichten eben nicht von A nach B. Da gibt es Umwege von C, über D und manchmal sogar über das gesamte restliche Alphabet. So spielt das Leben und es ist nicht immer einfach aber das, worauf ihr euch immer verlassen könnt, ist die Stärke eures Zusammenhalts. Daraus müsst ihr weiterhin Kraft schöpfen, wenn es mal wieder brenzlich wird. Ihr seid noch jung, das weißt du selbst genauso gut wie ich, aber gerade wenn ihr in diesen jungen Jahren schon sowas mitmacht und euch auf den jeweils anderen einlasst, obwohl ihr wisst, dass das kein Kinderspiel wird, kannst du davon ausgehen, dass das eine Liebe ist, die nicht wieder nach ein paar Monaten ihr Ende findet. Ich kann verstehen warum dein Vater so ein Theater hier veranstaltet hat, als du ihm gesagt hast, dass du wieder mit Nathaniel zusammen bist. Das hätte dein Großvater mit Sicherheit auch gemacht, wenn Catalina das Selbe widerfahren wäre, aber lass dir von einer alten Frau gesagt sein: Dieser Junge, der da drin sitzt und die Schulaufgaben weitermacht, muss dich wirklich lieben, wenn er trotz eines solchen - tut mir leid - Monsters als Vater mit dir um jeden Preis zusammen sein will."
Ich schlucke heftig. Dass sie seinen Vater als Monster bezeichnet wundert mich schon ein wenig, da ich ihr im Prinzip nur gesagt habe, dass Nathaniels Beziehung zu ihm nicht die Beste ist, aber vielleicht hat sie diese Verharmlosung auch durchschaut.
"Ich würde ihn gerne besser kennenlernen, deswegen freue ich mich schon darauf, mich nachher mal mit ihm zu unterhalten", sagt sie nun entspannter und lächelt wieder.
"Nimm ihn nur nicht zu hart dran", kichere ich.
"Besser als deine Pfeife von Exfreund wird er wohl mit Sicherheit sein", schnaubt sie.
"Großmutter ..."
"Ich habe dir gleich gesagt, dass an dem irgendwas faul ist!"
Ein kleines Kichern entwischt mir. "Ich weiß, ich weiß!"
"Ich bin schon lange genug auf der Welt um sowas mit bloßem Auge zu erkennen."
Ich schlinge meine Arme um sie und vergrabe mein Gesicht in ihrem Hals. "Danke", sage ich leise. "Danke für deine lieben Worte."
"Ich liebe dich sehr, Prinzessin. Du bist mit deinen Eltern das Wertvollste in meinem Leben. Ich weiß, dass ich dich nicht vor allem Unheil auf der Welt beschützen kann aber ich möchte bis zu meinem letzten Tag versuchen dazu beizutragen, dass dir nur das Beste widerfährt."
"Ich weiß."
Wir lösen uns voneinander und sie begutachtet noch einmal mein Gesicht, während sie mir durchs Haar streicht. Stolz sieht sie aus und das erfüllt mich augenblicklich mit mehreren guten Gefühlen.
Als ich ins Wohnzimmer zurückkehre ist Nathaniel noch immer die Aufgaben am abarbeiten. Ich schlinge meine Arme von hinten um seinen Hals und lege meinen Kopf auf seiner rechten Schulter ab. "Ich hatte gehofft, dass du schon fertig bist", scherze ich.
Er schmunzelt und nimmt meine rechte Hand, ehe er sie zu seinem Mund führt und einen Kuss auf ihren Rücken drückt. "Leider nicht."
"Macht nichts, vielleicht schaffe ich es ja uns von diesem Ballast zu befreien."
"Deine Großmutter möchte also wirklich unter vier Augen mit mir sprechen?"
"Ja, ich hoffe das macht dir nichts aus. Sie möchte dich bloß ein wenig besser kennenlernen."
"Keineswegs, das möchte ich auch."
Erfreut über seine Antwort drücke ich ihn einmal etwas fester und er steht auf. Bevor ich ihn nach draußen verschwinden lasse, küsse ich ihn noch einmal auf die Lippen. "Ich gebe mein Bestes", verkünde ich. "Denn ich habe wirklich keine Lust noch länger an dem Ganzen zu sitzen!"
"Ich auch nicht", lacht er. "Bis gleich. Aber mach dir jetzt keinen Stress, hörst du?"
"Ay ay, Käpt'n." Grinsend schaue ich ihm nach. Ich sehe dabei zu wie er sich neben meine Großmutter setzt und sie ohne länger zu warten anfängt zu quatschen. Ich hoffe sie hat recht. Normalerweise hat sie das immer aber zu sehr darauf verlassen will und kann ich mich auch nicht. Aber wenn sie es hat, dann würden auch England und Paris kein Hindernis sein ...

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