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19. Abrupter Frust

Ich glaube mir wird schlecht. Ehrlich, ich glaube ich muss mich jeden Moment übergeben. Meint Kentin das ernst?
"Guck nicht so verängstigt", lacht er. "Ich kenne eben deinen glücklich verliebten Blick und ich bezweifle stark, dass der von Castiel hervor gerufen wird, auch wenn er sich das scheinbar sehnlichst wünscht." Untermalend zeigt er auf die Lederjacke, als gäbe es keinen deutlicheren Beweis für seine Aussage. "Aber davon abgesehen hat mich der erste Tag hier überhaupt auf diesen Gedanken gebracht. Weißt du noch? Als wir alleine in dieser Hütte waren, bevor er aufgekreuzt auf ist? Sein Gesicht sprach Bände. Also ... ?"
Ein kleines Zucken durchfährt meinen Körper. Niemals ist das so offensichtlich für ihn. Der will mich doch auf den Arm nehmen! Oder mich testen! Eins von beidem. Mir ist gar nicht bewusst, dass ich die Augen mittlerweile weit aufgerissen und die Augenbrauen zusammengezogen habe, bis der Brünette mich darauf hinweist: "Hey, alles in Ordnung? Jetzt lässt sich nichts mehr vom Verliebtsein in deinem Gesicht erkennen ... Es sieht eher so aus, als würdest du gleich umkippen." Behutsam tritt er ein paar Schritte auf mich zu, um mir sanft über die Schulter, meinen Oberarm entlang, zu streichen. Ein kleines Lächeln setzt er ebenfalls auf, während er mich mustert. Ich bin wie versteinert. Und je mehr ich dieses Schweigen in die Länge ziehe, desto sinnloser erscheint mir eine Antwort. "Hör zu", fängt Kentin langsam an, "ich wollte dich nicht überrumpeln. Ich möchte bloß wissen, was bei dir abgeht. Andauernd reden wir von mir und meinen Gefühlen aber was ist mit deinen?" Nun legt er seine linke Hand an meine rechte Wange und zwingt mich förmlich dazu, ihm weiter in die Augen zu schauen. "Sprich bitte mit mir."
"Ich ..." Mehr bekomme ich nicht über die Lippen. Zu meiner Rettung wird gleichzeitig die Tür geöffnet und unsere Blicke wandern ruckartig auf diese. Der liebe Herr im Himmel meint es mehr oder weniger gut mit mir, denn wie gerufen kommt Nathaniel. Jedoch ist er nicht alleine. Er hat seine Zwillingsschwester im Schlepptau und fürsorglich einen Arm um sie gelegt. Als er aber sieht, wie Kentin und ich ganz aneinander stehen, runzelt er die Stirn. Gleich darauf fällt sein Blick auf Castiels Jacke über meinen Schultern und die Falten vertiefen sich weiter, wobei ich mich wundere, dass das überhaupt möglich ist. Kentin entfernt sich von mir und verstaut die Hände in den Hosentaschen. Ich möchte mir Nathaniels wenig begeisterten Gesichtsausdruck nicht länger antun und sehe stattdessen seine Schwester, die außerdem immer noch meine Zimmergenossin ist, an. Sie hebt den Kopf an und lässt ihre Augen auf meine treffen. Mehrmals blinzelt sie, als würde sie versuchen mich zu fokussieren und dann spricht sie das aus, was ihr Bruder wahrscheinlich vor ein paar Sekunden ebenfalls gedacht hat: "Ist das etwa Castiels Jacke?!"
Darf ich bitte im Erdboden versinken? Bitte!
Vorsichtig streife ich die Jacke von mir ab. Ich nicke. "Ja."
"Warum um alles in der Welt liegt sie um deinen Körper und nicht um seinen?" Ihr Ton ist relativ schneidend, was mich unter Druck setzt.
Unerwartet antwortet Kentin für mich: "Er hat sie ihr praktisch aufgezwungen, also keine Sorge. Lisa hat nicht darum gebettelt." Nüchtern blickt er die beiden Geschwister an und die beiden Blondschöpfe zeigen unterschiedliche Reaktionen. Nathaniel verdreht diskret die Augen, ehe seine Mimik wieder sanfter wird. Amber hingegen scheint weniger überzeugt und sieht zwischen Kentin und mir hin und her. Ich wage kaum zu blinzeln. "Was macht ihr überhaupt hier?", fragt er neugierig.
"Ambers Fieber ist bis jetzt nicht besser geworden. Die Medikamente schlagen nicht an und ihre Mandeln fühlen sich geschwollen an. Ich lasse sie abholen, ist bereits mit Mrs. Delaney abgesprochen", antwortet Nathaniel.
Jetzt mustere ich sie genauer und da fällt mir auf, dass ihre Wangen so gerötet sind, dass man sie glatt mit Tomaten verwechseln könnte. Ihre Augenlider fallen immer wieder nach unten, während sie nicht weiterspricht. Scheinbar war es schonmal deutlich leichter sie offen zu behalten. Ihr Bruder zückt sein Handy hervor, tippt eilig etwas ein, um es sich anschließend ans Ohr zu halten. Dabei kippt er urplötzlich leicht zur Seite, als Amber sich weiter gegen ihn anlehnt. Damit hat er nun nicht gerechnet. Ich wechsle einen flüchtigen Blick mit Kentin, bevor ich Nathaniels Stimme erklingen höre: "Hallo." Es dauert bis er seinen Anruf erklärt. Während er der Person auf der anderen Leitung zuhört, schaut er irgendwann missmutig drein. "Es geht um Amber, sie ist krank. Sie muss heute noch abgeholt werden."
"Wie soll das denn möglich sein?", höre ich Kentin mir zuflüstern.
Ich zucke ratlos mit den Schultern. Allerdings vermute ich, dass mit Geld alles möglich ist und damit mangelt es ihren Eltern an nichts.
"Ja", vernehme ich Nathaniels Stimme weiterhin. "Sie hat hohes Fieber", noch einmal vorsichtshalber kontrollierend legt der seine linke Hand auf ihre Stirn, "und ist wirklich geschwächt." Einige Sekunden kehrt Stille ein und Kentin und ich sehen uns erneut an. Irgendwie ist es unangenehm, dass wir hier rumstehen und zuhören aber keiner von uns beiden scheint sich zu trauen wegzugehen. Zumindest ich traue mich seltsamerweise nicht. Also sehe ich Nathaniel weiter dabei zu, wie er mit irgendeinem seiner Elternteile telefoniert. "Ich weiß, dass wir morgen ohnehin zurückfahren aber sie sollte keine Nacht länger hier bleiben. Vergiss nicht, dass sie kein Zimmer für sich alleine hat, sondern es sich teilt. Es muss vermieden werden, dass sie die Anderen ansteckt." Seine Stimme wird von Mal zu Mal harscher und er lässt kurz seinen Blick über mich schweifen. Er denkt dabei auch an mich, wenn ich das richtig verstanden habe. "Danke. Ich werde mich solange um sie kümmern." Er seufzt einmal schwer und legt dann auf. "Es wird eine Weile dauern aber du wirst abgeholt", spricht er zu seiner Schwester. Diese gibt nur ein heiseres Stöhnen von sich, das wie eine Bestätigung oder ein Dank verstanden werden kann. "Ich bringe dich solange zurück auf dein Zimmer und packe deinen Koffer."
"Soll ich dir helfen?", wende ich ein. Ich spüre dabei Kentins Augen auf mir, doch die sind mir gerade herzlich egal. Auch wenn er bereits ahnt, dass zwischen mir und Nathaniel noch immer irgendwas ist, ich kann ihn nicht einfach mit der kranken Amber davon ziehen lassen, ohne meine Hilfe angeboten zu haben. Unwillkürlich knete ich das Leder zwischen meinen Fingern.
Nathaniel schüttelt verneinend mit dem Kopf. Ich mag mich täuschen aber er macht den Eindruck, als hätte ihm an dem Telefonat etwas nicht gefallen, denn seine Augen sind leicht zusammengekniffen. "Danke", sagt er dennoch sanft und geht mit Amber zurück in die Lobby.
"Sie mag eine Hexe sein", beginnt Kentin, nachdem eine sichere Entfernung zwischen ihnen und uns entstanden ist, "aber sie sieht wirklich bemitleidenswert aus."
"Ich möchte auf jeden Fall nicht in ihrer Haut stecken", gestehe ich.
"Ich auch nicht."
Ich sehe auf die Jacke herab. Es ist Zeit sie wieder loszuwerden, damit mir keine weiteren argwöhnischen Blicke zugeworfen werden. "Ich gehe wieder rein. Kommst du mit?"
Zu meiner Verwunderung gibt er nichts weiter von sich, geht nur auf die Tür zu als Antwort auf meine Frage. Ich hätte eher damit gerechnet, dass er das Thema von vorhin wieder aufgreift. Aber vielleicht sieht er auch keinen wirklichen Sinn darin, da er bereits einen Standpunkt hat und sich diesen von mir auch nicht verändern lassen wird. Das würde zu ihm passen.
In der Lobby hängen wir mal wieder vor dem wärmenden Kaminfeuer ab und diesmal sind auch wirklich alle da. Sogar Charlotte und Li, die ohne Amber zwar nicht verloren aussehen aber auch nicht sonderlich komfortabel. Castiels Jacke ist wieder an ihrem rechtmäßigen Platz und ich erwische mich immer wieder selbst dabei, wie meine Gedanken zu Nathaniel abschweifen. Wie er wohl mit den gegebenen Umständen zurecht kommen mag? Warum hat er meine Hilfe nicht einfach angenommen? Und wann wird Amber wohl abgeholt werden? Etwa mitten in der Nacht? Plötzlich schnipst mir jemand vors Gesicht und ich erschrecke mich, gebe aber zum Glück keinen peinlichen Laut von mir. Ich stoße auf Rosalias beleidigte Mimik. "Du hörst mir ja gar nicht zu, verdammt!"
"E-Entschuldigung", krächze ich zurück.
"Hach, du alte Träumerin. Erzähl mir von deinen Gedanken, damit du mir danach endlich zuhören kannst!"
Ich muss kichern. Welch eine Win-Win-Situation.
"Nun hau schon raus", lacht sie leise und schnippt mir spielerisch gegen die rechte Schulter, die ihr zugewandt ist. Ich ziehe meine Knie näher an mich heran, da der Schneidersitz langsam ungemütlich wird, und lege die Arme auf den Knien ab. "Ich möchte eigentlich gar nicht wieder nachhause."
"Wie? Warum nicht?"
Mit den Schultern zuckend zögere ich meine Antwort ein wenig hinaus, bis ich im Flüsterton mit der Sprache irgendwann rausrücke: "Hier ist es viel weniger umständlich mit Nathaniel Zeit zu verbringen, habe ich das Gefühl. Das liegt vermutlich daran, dass wir einfach auf so engem Umfeld beieinander sind ... Aber eigentlich ist der Grund für meine Ansicht nicht wichtig. Ich möchte bloß noch ein wenig länger hier bleiben."
Meine beste Freundin nickt verständnisvoll. "Ja, in der Schule ist die Größe des Umfelds zwar nicht gravierend anders aber es stimmt schon, dass es Zuhause nicht das Selbe ist, wie hier."
"Außerdem hat diese Fahrt wirklich Spaß gemacht, trotz einiger Missgeschicke." Ich halte mein Handgelenk hoch und schmunzle.
"Aber das", sie zeigt darauf, "hatte doch auch gute Folgen." Ein Zwinkern ihrerseits kann natürlich nicht vermieden werden, wenn sie sowas sagt.
Ich stoße sie lachend weg. "Du lässt einem aber auch keine Gelegenheit melancholisch zu werden, hm?"
"Nie-mals!"
Mein Lachen erlischt wieder und ich fahre fort: "Naja und ich habe noch überlegt wie Nathaniel alleine zurechtkommt."
"Mach dir da wirklich keinen Kopf, Lisa, also bitte. Erstens ist es seine Schwester, um die er sich kümmert und keiner von uns wüsste besser wie mit ihr umzugehen ist, wenn sie krank ist, als er und zweitens ist er der Schülersprecher, falls ich dich nochmal daran erinnern darf. Wo kämen wir denn dahin, wenn er nicht selbstständig arbeiten kann?" Gestikulierend schwingt sie die Hände in die Höhe, um das Ganze zu dramatisieren. Jetzt muss ich doch wieder Grinsen und sie tippt mir gegen die Stirn. "Dein Gehirn muss sich mal etwas mehr entspannen, Süße!"
"Okay, okay!" Ergebend hebe ich die Hände. "Dann leg du jetzt mal los."
"Womit?"
"Was du mir vorhin erzählst hast? Ich habe ja nicht zugehört und jetzt sollst du es wiederholen!"
Sie sieht mich finster an aber ich erkenne direkt, dass das nur gespielt ist. "Tja, du Tröte, durch deine Ignoranz habe ich das bis jetzt wieder längst vergessen! Toll gemacht!"
Wir verfallen in herzhaftes Gelächter und ich könnte mich nicht sorgenfreier fühlen, als in diesem Augenblick. Rosalia ist die beste Freundin überhaupt und sie erfüllt ihren Job mit Bravur!

"Bis morgen", verabschiede ich mich von allen und ein sich dehnendes Gähnen folgt. Ich winke noch einmal, ehe ich mich zurück auf mein Zimmer begebe. Bereits jetzt hole ich meinen Schlüssel hervor. Ob Amber bereits weg ist? Ich habe weder sie noch ihren Bruder gesehen, obwohl ich die ganze Zeit über in der Lobby saß. Eigentlich unmöglich, dass sie abgeholt und er nun wer weiß wo steckt. Ich stoße ein Seufzen aus. Meinen Koffer muss ich auch noch packen. Ich werfe einen flüchtigen Blick auf meine Uhr am Handy. Dadurch dass mein Handgelenk noch immer verbunden ist, trage ich momentan keine Armbanduhr. Kurz vor Zwölf. Wow, doch schon so spät! Immerhin kann ich im Bus schlafen. Zumindest hoffe ich darauf. Ich spiele ein wenig mit dem Gegenstand in meiner Hand herum, sodass es klimpernde Töne von sich gibt. Ein kleines Pfeifen dazu darf nicht fehlen, weswegen ich das kurzerhand hinzufüge. Ich habe keine Lust meine Sachen zu packen. Allerdings weiß ich jetzt schon, dass ich morgen vor zwei noch viel schlimmeren Aufgaben stehen werde: Auspacken und einräumen. Dagegen ist einpacken nichts!
Vor meiner Zimmernummer stehen geblieben, stecke ich den Schlüssel in das entsprechende Loch und drehe ihn um. Die Tür lässt sich öffnen und ich lasse zunächst nur einen kleinen Spalt zu, bis ich erkenne, dass niemand mehr hier drin ist. Ambers Bett ist leer und die Bettwäsche abgezogen. Der überbleibende Rest ist ordentlich gefaltet. Es sieht so aus, als wäre hier nie jemand außer mir gewesen. So ordentlich hat Nathaniel Ambers Seite hinterlassen. Ein wenig enttäuscht bin ich schon darüber, dass er nicht mehr hier ist aber ich hab ja sowieso noch einiges vor mir.
Es dauert knapp eine ganze Stunde, bis ich meinen Koffer endlich problemlos verschließen kann. Hygieneartikel wie Zahnbürste und die dazugehörige Pasta liegen noch am Waschbecken. Die werde ich morgen noch einmal verwenden und anschließend in meinem Handgepäck verstauen. Fertig umgezogen und die Haare noch einmal durchgekämmt, damit ich morgen nicht vollends mit einer Vogelscheuche zu verwechseln bin, werfe ich mich aufs Bett. Ich ziehe mein Handy vom Nachttisch und schaue drauf. Mittlerweile ist es Zehn vor Eins und ich habe keine neuen Nachrichten. Nathaniel hat sich bestimmt direkt aufs Ohr gehauen, nach diesem nervenaufreibenden Abend für ihn. Trotzdem hätte ich mich über eine kleine Rückmeldung von ihm gefreut. Auch wenn Amber und ich nicht die besten Freundinnen sind, sie sah schließlich völlig fertig mit ihren Kräften aus. Das komplette Gegenteil von stark und anmutig, wie sie sonst durch die Schulgänge stolziert. Ich lege das kleine elektronische Gerät wieder weg und mümmle mich ein letztes Mal unter die Bettdecke. Jetzt, wo ich Ruhe finde, spüre ich wie das Kofferpacken mir ein wenig zu schaffen gemacht hat. Er ließ sich ganze dreimal nicht schließen und ich musste alles neu sortieren. Wie dem auch sei, endlich habe ich Gelegenheit zum Abschalten! Es dauert nicht lange bis meine Augenlider schwer werden und meinen Blick in die Dunkelheit eintauchen lassen.

Es klopft.
Einmal.
Zweimal.
Verwirrt schlage ich die Augen auf. Bin ich verrückt geworden? War das gerade in meinem Traum passiert und ich verwechsle es mit der Realität?
Ein drittes Mal klopft es.
Mürrisch sehe ich zur Tür. Nein, ich träume nicht und keine Ahnung wer die Nerven hat jetzt noch bei mir anzuklopfen aber derjenige kriegt jetzt etwas von mir zu hören!
Viermal. Fünfmal.
Und wie derjenige jetzt von mir, der müden Dampfwalze, überrollt wird! Zügig öffne ich die Tür und versende bereits meinen Todesblick, als ich Nathaniels Umrisse erkenne. Der leichte Mondschein gewährt mir nicht die komplette Sicht auf seine Gesichtszüge und die Lichter im Flur sind bereits erloschen. "O Gott, Nath", stöhne ich und meine Miene wird automatisch sanfter. "Wie viel Uhr ist es?"
"Halb Drei."
"Halb Drei, bist du denn wahnsinnig?" Ich versuche ihn anzulächeln, doch das erweist sich als schwieriger, als angenommen. Mein Körper befindet sich noch im Schlafmodus, ganz klar.
"Ich weiß", seufzt er. "Tut mir leid ..."
"Nun komm schon endlich rein!" Ich ziehe ihn am Handgelenk in meine kleine Räumlichkeit und erst da fällt mir auf, dass er in einem schwarzen T-Shirt und einer Jogginghose steckt. Zwar lässt sich die Farbe von dieser nicht eindeutig feststellen aber ich schätze sie ist dunkelgrau. Zudem läuft er auf Socken rum. Sein Gesicht sieht bei weitem nicht so angeschlagen aus, wie meines vermutlich in diesem Augenblick. "Was ist denn los?", frage ich vorsichtig. "Warum schläfst du nicht?"
"Ich kann nicht." Er geht an mir vorbei und wendet mir letztlich den Rücken zu. Unsicher darüber ob ich ihm lieber selbst die Entscheidung überlassen soll weiterzusprechen oder weiter nachhaken soll, gehe ich beinahe lautlos weiter auf ihn zu. Zum Glück gibt er von selbst kund: "Ich habe Amber abholen lassen, wie du weißt, und zu meiner Verwunderung kam nicht einer von Papas Chaffeuren sondern er selbst." Er lässt die Schultern hängen.
"Okay", gebe ich zaghaft zurück, um ihn wissen zu lassen, dass all meine Aufmerksamkeit ihm gilt. Langsam werde ich auch wieder wacher.
"Weißt du, bisher war alles ... Naja, nicht in Ordnung zwischen uns aber auch nicht problematisch. Aber vorhin kam er auf die grandiose Idee mir die Schuld in die Schuhe zu schieben, dass meine Schwester krank geworden ist. Ich hätte mich besser um sie kümmern und auf sie achten sollen." Den Kopf in den Nacken geworfen atmet er tief aus. Ich halte weiter einen gewissen Abstand zu ihm. "Es ist doch komplett zum verrückt werden!", ruft er nun und ich schrecke auf. "Egal was ich mache, irgendwas gibt es immer auszusetzen! Er findet irgendwas, was ich seiner Meinung nach hätte besser machen können. Hätte besser machen sollen!" Der Blondschopf lässt sich mit nun gesenktem Kopf auf der Kante meines Bettes nieder. Frustriert versteckt er sein Gesicht in seinen großen Händen und erneut seufzt er kräftig. "Ich sagte ihm, dass Amber doch kein kleines Kind mehr sei, sie stets warm angezogen war und es mir unergründlich ist, warum sie als Einzige aus der Klasse so schwer krank geworden ist." Er lässt seine Hände wieder ab und legt sie stattdessen auf seine Knie. Sein Blick wandert zu mir. "Und weißt du, was er darauf nur gesagt hat?", zischt er.
Gelinde schüttle ich mit dem Kopf, als Antwort auf seine Frage. Unnötigerweise, versteht sich.
"Dass ich respektloser gegenüber der Familie nicht sein könnte, wenn ich so denke. Respektlos. Nur weil ich nicht rund um die Uhr ein Auge auf Amber werfe? Ich glaube ich habe selten etwas banaleres gehört."
Meine Miene verzieht sich. Ich spüre förmlich wie meine Mundwinkel sich in Richtung Abgrund bewegen. Nathaniel ist unschwer erkennbar wütend und obwohl ich ihm bislang seinen Freiraum gegeben habe, will ich dem jetzt ein Ende setzen. Ich gehe auf ihn zu, setze mich anschließend neben ihn und lege ihm mitfühlend eine Hand auf den Oberschenkel. Plötzlich scheint all seine Wut zu verschwinden, denn als er mich ansieht, sieht er nur noch traurig aus. "Es ist eine Weile her, dass er sich auf diese Art und Weise mir gegenüber geäußert hat", sagt er ruhig. "Ich schätze es hat mich ein wenig aus der Bahn geworfen. Tut mir leid, dass ich gerade laut geworden bin."
"Ist schon in Ordnung, wirklich", besänftige ich ihn.
Er zuckt mit den Schultern. "Jedenfalls habe ich mich dermaßen darüber aufgeregt, dass ich nicht schlafen konnte. Dann fiel mir ein, dass du ja jetzt alleine in deinem Zimmer bist und ich hab nicht viel länger nachgedacht, sondern einfach gehandelt. Jetzt bin ich hier."
"Und das ist auch gut so." Ich lächle ihn an und greife dabei nach seiner Hand, um meine Finger mit seinen ineinander verschränken zu lassen.
"Ich denke das, worüber ich mich so aufgeregt habe, war nicht unbedingt die Tatsache, dass er so mit mir gesprochen hat. Auch wenn es lange her ist, bin ich es gewohnt, nicht von ihm mit Komplimenten und Lob überschüttet zu werden. Viel mehr hat mich verärgert, dass auch wenn ich nächsten Monat ausziehen werde, sich meine und seine Beziehung zueinander nicht ändern wird."
Mir fällt nichts dazu ein. Zwar habe ich das selbe Gefühl aber das kann ich ihm unmöglich sagen. Das würde ihn schließlich nicht aufmuntern, sondern nur zu seiner misslichen Lage beitragen. Ich beginne mit dem Daumen kreisende Bewegungen über seinen Handrücken zu machen und versuche ihn nicht allzu bemitleidend anzusehen.
"Legen wir uns hin?", fragt er nach einer stillen Weile.
"Gerne." Ich lasse von ihm ab, um nach hinten zu rutschen und mich daraufhin hinzulegen. Er aber folgt mir nicht direkt. Zuerst befreit er sich noch von seinem T-Shirt und seiner Jogginghose, was mir nicht nur die Sprache, sondern auch den Atem verschlägt. Das habe ich nun nicht erwartet. "Mir ist ganz schön heiß", begründet er sein Handeln und lässt sich daraufhin endlich in die Matratze fallen. Mit dem Rücken zu mir gewandt und einer Hand unter dem Kopfkissen zieht er meine linke Hand bedacht zu sich. Ich ziehe mich näher an ihn ran, bis mein Gesicht zwischen seinen Schulterblättern eingegraben ist. Sein Atem wird ruhiger und ich kann nicht genau sagen, was er denkt, aber ich vermute, dass ihm meine Nähe ein wenig Abhilfe verschafft. Ich drücke ihm einen sanften Kuss auf seine warme Haut und er gibt mir einen auf meine Fingerspitzen zurück. Keine Ahnung, ob es eine gute Idee ist, jetzt einzuschlafen. Höchstwahrscheinlich nicht, aber seine Körperwärme ist so wohltuend, dass sie mich reibungslos in den Schlaf wiegen könnte.
"Danke, dass du mir zugehört hast", haucht er.
"Nath, das ist wieder so eine Sache, die selbstverständlich ist. Dafür musst du dich nicht bedanken."
"Doch", erwidert er fest entschlossen. "Du weißt einfach wann es angebracht ist etwas zu sagen und wann nicht, wie gerade auch." Er hört sich nicht komplett erholt an aber doch wesentlich besser, im Vergleich zu vorhin, als er hier hereinspaziert ist. Ich beschließe seine Worte erst einmal so stehen zu lassen und warte geduldig ab, ob er noch irgendwas loswerden muss. Doch er sagt nichts. Vielleicht sollte ich ihm noch erzählen, dass sich Kentins Verdacht uns gegenüber weiter verschärft hat. Die Müdigkeit überkommt mich wieder wie eine Flutwelle und mein Herzschlag verlangsamt sich. Oder vielleicht hat das auch noch Zeit bis morgen ... Oder übermorgen ... Oder überübermorgen ... Und ohne es mitzubekommen, versinke ich in einen tiefen und festen Schlaf, aus dem mich wahrscheinlich nicht mal ein Erdbeben reißen könnte.

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