NOTHING but Reality..?
Es war so ein Moment in dem keiner der beiden wusste, was er sagen sollte. Malfoy lehnte sich immer noch in gewagter Haltung über den Tisch und Harry musste daran denken wie wunderbar man jetzt wahrscheinlich seinen Hintern betrachten könnte wenn man nicht direkt vor ihm säße. Merkwürdig, eigentlich war es gar nicht das was er attraktiv fand. Generell war es eher die Körperhaltung, die allgemeine Statur, der Eindruck, das Grinsen. Dracos Grinsen um genau zu sein.
Er versuchte normal zu blinzeln, schwer wenn das gesamte Sehfeld mit Draco Malfoy gefüllt war. Draco und seine leicht nach unten gezogenen Mundwinkel, die alles heißen konnten. Dass er traurig war, ängstlich, mit sich selbst kämpfte, verkniffen, konzentriert. Gerade sah es so aus, als wüsste er nicht genau ob er es gut fand was er gerade tat oder nicht. Dracos Augen, seine Haare. Nichts davon fiel Harry im Einzelnen auf, nicht bewusst, er sah das Gesamtbild und es faszinierte ihn in seiner Wirkung , zusammengesetzt durch all diese kleinen Details.
Als ihm auffiel wie lange er Malfoy bereits auf eine Antwort warten ließ, räusperte er sich. Etwas nervös. Seine Stimme klang krächzig in seinen Ohren als er antwortete. "Ich dachte ich soll aufhören mit dem Nageln?"
Draco schnaubte kurz, es klang amüsiert, wie ein kurzes Lachen. "Ja, sicher, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass ich dich so einfach loswerde."
"Ist das nicht Wunschdenken?"
"Also hast du vor aufzugeben?"
"Ich habe aufgegeben."
"Wieso?"
"Du bist ausgerastet."
Draco hob die Schultern, lehnte sich gefährlich weit zu Harry nach vorn und leckte sich über die Lippen. Harry schluckte und ihm wurde heiß, verdammt heiß.
"Ich bin momentan nicht ganz bei mir, schon vergessen?" fuhr Draco mit rauer Stimme fort.
"Und betrunken." wies Harry ihn darauf hin.
"Jaah, und?" hauchte Draco. Sicherlich absichtlich, denn jetzt konnte Harry den Feuerwhiskey in seinem Atem riechen.
"Du.." Harry zögerte. Er wusste, dass Draco das vielleicht nur tat, weil er etwas getrunken hatte und weil seine Stimmung sich schneller änderte, als Gryffindor ein Tor gegen Hufflepuff warf.
"Ich was?" fragte Draco nun nach.
"Du willst das nicht."
"Was will ich nicht?"
"Das hier.
"Was ist das hier?"
"Weißt du nicht was du da tust?"
"Keine Ahnung. Impulsiv."
"Implusiv?"
"Ich bin momentan sehr impulsiv."
"Ich wiederhole mich vielleicht ,aber ich glaube du bist hauptsächlich betrunken?"
"Und du nicht? Potter?" Draco hob den Blick und sah Harry direkt in die Augen. Amor hatte seinen Pfeil abgeschossen. Diese bescheuerte Putte. Das war nicht der Moment um sich in Draco Malfoys Augen zu verlieren, aber dummerweise war er es doch. Weil Harry es tat.
Er schluckte. "Weißt du was es bedeutet, wenn man uns so hier sieht?"
"Gerüchte." gab Malfoy ungerührt zurück. "Ja und?"
Dann grinste er kurz, ein Anflug dieses schäbigen Grinsens, das Harry so viele Male schier in den Wahnsinn getrieben hatte.
"Und das macht dir nichts aus?" hakte Harry nach. Ihm fiel auf, dass Draco langsamer sprach und dass seine Stimme schwerer geworden war. Seine Eigene bestimmt auch, er konnte sich selbst nicht hören. Ihm war heiß und sein Kopf fühlte sich an wie mit der unendlichen Zuckerwatte aus dem Honigtopf gefüllt. Trockener Mund. Wie typisch.
Malfoy machte ihn an, er machte ihn wirklich an.
Draco kam ihm ein wenig näher und das machte es alles nicht besser. "Nein, die denken sowieso was sie wollen."
Das verwunderte Harry jetzt doch. "Seit wann ist dir egal wie andere von dir denken?"
"Ich hatte nie wirklich einen Grund mich darum zu scheren." gab Malfoy zurück und klang leicht beleidigt.
"Ach. Also ist es dir wirklich egal."
"Ja."
"Weil du betrunken bist Malfoy."
"Und wenn schon."
"Hey, Malfoy, was wird das?"
"Was?"
"Das. Jetzt gerade. Du weißt es."
"Was ist damit?"
"Soll das ein Scherz sein?"
Draco setzte einen unwissenden Gesichtsausdruck auf, die Augen weit geöffnet, mit hinuntergezogenen Mundwinkeln. "Ich weiß nicht. Vielleicht." Er schüttelte den Kopf. "Ich bin wirklich ein wenig betrunken. Vielleicht nicht."
"Tja, da wir uns nicht leiden können, eher ersteres.."
"Sei nicht albern Potter, wir.."
"..wir haben getrunken." unterbrach Harry ihn. "Das gilt nicht."
"So viel war das nicht. Es gilt." beharrte Draco.
"Dann finden wirs raus."
Draco blieb stumm.
"...ob es ein Scherz war."
"Wie?"
Harry blinzelte. "Na das kannst du dir doch denken."
"Bitte?"
"Kannst du nicht?"
"Nein Potter, kann ich natürlich nicht." Er hob sein Glas.
"Küss mich." sagte Harry trocken und musste sich zusammenreissen nicht in hysterisches Gelächter auszubrechen. Malfoy, der gerade einen Schluck von seinem Whiskey getrunken hatte verschluckte sich und begann heftig zu husten. "Bitte?" brachte er hervor.
"Du hast mich schon verstanden." Harry grinste verschlagen. "Vielleicht bevor du wieder agressiv wirst und mich Schwuchtel nennst."
"Das hat nichts mit Agressivität zu tun, ich kann dich auch so in deiner Sexualität beleidigen."
"Ach...ja?"
"Harry Potter!" Malfoy erhob die Stimme, räusperte sich. "Harry Potter ist eine Schwuchtel, eine Schwu.."
Daraufhin fletschte Harry die Zähne, packte Draco am Kragen und zog ihn zu sich heran. "Pass auf, noch ein Wort und ich.."
Er hielt inne, weil Malfoy plötzlich in die andere Richtung sah. Harry folgte seinem Blick in Richtung des Eingangs. Und dort stand Ron und starrte sie an. Malfoy schien plötzlich zu verstehen und zog sich augenblicklich ein Stück zurück.
Schnellen Schrittes marschierte Ron auf sie zu, vermied es aber sie direkt anzusehen. "Sorry.." keuchte er, als er bei ihnen angekommen war. "Ahm, ich wollte nur..äh.."
Irgendwie war sein bester Freund röter angelaufen als er selbst. Er sah ihn immer noch nicht an.
Draco ließ sich laut ausatmend wieder auf die Bank fallen.
Ron tauchte etwas fahrig unter dem Tisch ab und schien etwas zu suchen. Malfoy warf Harry einen kurzen Blick zu, den Harry nicht deuten konnte. Er war hin und her gerissen zwischen Verzweiflung und einem heftigen Lachkrampf.
Auch Ron, als er schließlich wieder auftauchte, schien das nicht so recht zu wissen. "Ähm, Hermine hatte nur ihre Tasche oben vergessen...ich, wollte sie nur schnell holen."
"Kein Problem." meinte Harry und versuchte nicht peinlich berührt zu klingen. "Ich..komm auch gleich hoch."
"Oh...nein, ist schon gut." meinte Ron, schulterte nur die Tasche und krächzte ein "Viel Spaß noch", bevor er genauso schnell wie er gekommen war die Halle wieder verließ. Harry sah ihm nach, mit einem undefnierbarem Gefühl im Magen.
Erst als er den Blick wieder von der Tür abwandte bemerkte er, dass Malfoy den Kopf mit dem Gesicht voraus auf die Tischplatte hatte sinken lassen. Und dass seine Schultern zitterten.
Das ungute Gefühl verstärkte sich. Erschrocken beugte er sich über den Tisch, wagte es aber nicht ihn anzufassen.
"Malfoy...?
Malfoy quiekte.
Und Harry machte augenblicklich einen Satz zurück. Sein Gesichtsausdruck musste unglaublich belämmert aussehen. "Was zum.."
Draco lachte auf. Er lachte in den Tisch, die Hände verzweifelt zu Fäusten geballt und eine Träne lief ihm über die Wange.
"Malfoy!" Harry wusste wirklich absolut nicht wie er jetzt damit umgehen sollte.
"Hast du...hast du nicht sein Gesicht gesehen?" presste er unter heftigem Lachen hervor. Er schnappte nach Luft.
Er war immer noch Harrys entgeistertem Blick ausgesetzt. Er hatte Draco seit er ihn kannte noch nie SO lachen sehen.
Bei Merlin, es war niedlich.
So echt, so liebenswürdig.
So sehr, dass Harry jetzt ebenfalls kichern musste. Wirklich, das musste so merkwürdig ausgesehen haben für Ron. Und diese ganze Situation vorhin, diese Peinlichkeit, das war wirklich beinahe lächerlich.
"Ich wette wenn ich hochkomme weiß es jeder." kommentierte Harry.
"Nein, nein...so wie der ausgesehen hat, sagt er es auch nie auch nur einer Menschenseele." japste Draco und Harrys musste noch einmal auflachen.
Wie skurril. Das alles. Ihm wurde das jetzt erst bewusst. Und warum konnte Draco jetzt auf einmal wieder mit Homosexualität umgehen?
"Ich glaub es reicht für heute." meinte er, immer noch leicht amüsiert und erhob sich vom Tisch.
Draco sah zu ihm auf. Er wischte sich mit dem Ärmel das Gesicht ab und räusperte sich. "Da könntest du ausnahmsweise mal Recht haben, Potter."
Harry stellte erleichtert fest, dass er keinen Kater hatte. Langsam schwang er die Beine aus dem Bett und blinzelte in die aufgehende Sonne die durch das Fenster hereinschien. Es war wohl Zeit sich wieder den ernsten Dingen des Lebens zu widmen.
Gestern war lustig gewesen, ja, und Draco schien ausnahmsweise mal am Ende nicht wutentbrannt davongestapft zu sein. Aber jetzt mussten sie so schnell wie möglich mit Dumbledore reden und mit ihm besprechen, wie sie an den nächsten Horkrux kommen konnten. So sehr ihm der gestrige Abend auch im Kopf herumspukte.
Gähnend erhob er sich und ging hinunter in den Gemeinschaftsraum, wo er Hermine mit einem Buch im Schoß, auf dem Sofa vor dem Kamin vorfand. Sie hob den Kopf und lächelte ihn an. "Morgen, Harry."
"Morgen." murmelte er immer noch verschlafen. Ob Ron Hermine etwas erzählt hatte? r versuchte irgendwelche Anzeichen dafür in ihren Augen zu erkennen aber da war nichts. Stattdessen lüftete sie das Geheimnis indem sie einfach sagte: "Ich hab gehört du hattest gestern ein bisschen Spaß mit Malfoy."
"Toll..." Er kratzte sich am Kopf. "Also eigentlich kam Ron nur zum denkbar unpassendsten Zeitpunkt."
Sie zog die Augenbrauen hoch und ein kurzes Grinsen huschte über ihre Lippen. "Aber er hat gesehen was er gesehen hat."
"Du bist erstaunlich entspannt." stellte Harry fest. "Ron war...da weniger.."
"Er hatte auch nicht eine Nacht Zeit um sich seine Reaktion zu überlegen."
"Und das hast du?"
"Sozusagen."
"Inwiefern."
"Dahingehend, dass Malfoy inzwischen ganz erträglich ist und du machen darfst was du willst...aber Harry..."
Er ließ sich neben ihr auf die Sofalehne sinken. "Was?"
"Wie kann sowas passieren, nach diesem Desaster in der Bibliothek letztens?"
Harry seufzte. "Ich hab keine Ahnung. Das beunruhigt mich auch ein bisschen.."
"Ich hab immer noch das Gefühl, dass irgendwas mit ihm nicht stimmt.."
"Und..was?"
"Wenn ich das wüsste.." meinte Hermine. "Aber kommt dir das nicht merkwürdig vor? Diese schnellen Stimmungswechsel...und diese Sache gestern mit dem Blut, das ist.."
"..fragwürdig, ja." ergänzte Harry. "Aber ich glaub Malfoy weiß es selbst nicht. Er hat mal angedeutet, dass er sich so krank fühlt..."
"Es ist so...seit sein Vater gestorben ist oder?"
"Meinst du es hat was damit zu tun?"
Hermine zuckte die Schultern. "Ich vermute es, aber man weiß nie.." Sie legte das Buch zur Seite. "Wir haben eine Nachricht von Dumbledore bekommen, er will so bald wie möglich mit uns reden."
Harry stand wieder auf. "Dann werd ich Malfoy holen, während du Ron aus dem Bett schmeißt."
"Okay, dann würde ich sagen, wir treffen uns in der großen Halle?"
"Ja, bis dann."
Die Ereignissse des vergangenen Abends wurden weder von ihm noch von Draco mit auch nur einem Wort erwähnt. Eine kühle Begrüßung, ein Abnicken und sie machten sich auf den Weg zu Dumbledore. Malfoy sah blass aus und Harry wollte nachfragen wieso.
Natürlich tat er es nicht.
"Harry...es ist schön dass ihr so schnell kommen konntet."
Dumbledore warf ihnen unter seinen halbmondförmigen Gläsern hervor ein fadenscheiniges Lächeln zu. "Es haben sich gestern einige Komplikationen ergeben, aber umso glücklicher schätze ich mich, dass Mr. Malfoy offenbar beschlossen hat ihnen beizustehen. Sie sollten sich allerdings noch ein wenig ausruhen."
Malfoy sah aus, als müsste er sich jeden Moment übergeben, seine rechte Hand umklammerte die Stuhllehne. Und er zitterte. Harry lief ein kurzer kalter Schauer über den Rücken.
"Harry, erinnerst du dich an die Erinnerung der Hauselfin von Hepzibah Smith?"
"Jah.." erwiederte Harry unbestimmt. "Tom Riddle war dort und sie hat ihm zwei Relikte der Häuser von Hogwarts gezeigt."
"Genau. Das Medaillion und den Kelch von Helga Hufflepuff."
Harry nickte.
"Was denkst du?"
"Sie meinen es liegt nahe, dass er aus jeweils einem Besitztum der Gründer von Hogwarts Horkruxe gemacht hat, nich wahr?" platzte Hermine heraus, deren Hirn Harry neben sich geradezu rattern gehört hatte.
"Sie denken wie immer hervorragend mit, Mrs. Granger. Nun, es liegt nahe, dass der Gegenstand den Bellatrix Lestrange in ihrem Verließ in Gringotts aufbewahrt der Trinkpokal von Hufflepuff ist. Und dieser..ist dann höchstwahrscheinlich ebenfalls ein Horkrux."
"Das ist schön und gut Sir, aber wie kommen wir da rein? Nach Gringotts?" fragte Harry.
"Nun, das dürfte sich als etwas schwieriger erweisen."
Dumbledore wartete einen Moment ab, in dem alle ihn erwartungsvoll ansahen. "Nun ergibt es sich zu unserem Glück, dass ich einen Kobold kenne, der gegen gewisse Bedingungen bereit ist, uns ein Verließ zu öffnen."
"Aber Sir.." brach es nun aus Hermine heraus. "Wie sollen wir überhaupt hineingelangen?"
"Sie müssen nur fälschlicherweise angeben Geld abheben zu wollen. Nun, weder Mr. Weasley noch Mrs. Granger haben dort ein Konto, für dich Harry wäre es zu auffällig dort aufzutauchen, also habe ich darauf gehofft erneut auf sie zurückgreifen zu können, Draco."
Draco hob den Kopf. Aber Ron verzog das Gesicht. "Aber er wird doch sicherlich von den Todessern gesucht, ist das nicht genauso auffällig?"
"Es ist, in der Tat, auffällig. Dennoch schätze ich ihn als die am wenigsten risikobehaftete Möglichkeit ein."
"Es gibt keinen Weg ohne Risiko." meinte Harry und erntete von Ron daraufhin einen Blick der ihm so viel sagte wie: Ich weiß, du musst mir das nicht sagen. Ich mein ja nur.
Malfoy sagte immer noch nichts. Er schien seine Übelkeit überwunden zu haben, aber dennoch, er war immer noch sehr still und blass.
"Was meinst du, Malfoy?" fragte Harry.
"Ich soll also in Gringotts einbrechen."
"Nicht allein." merkte Dumbledore an. "Natürlich werde ich sie begleiten. Und es ist ja nicht direkt ein Einbruch. "
Malfoy sagte nichts und Harry hatte den Eindruck, dass er gleich den Kopf schütteln würde und fragen warum gerade er das tun sollte. Es stand ihm zu, zu denken, dass er bereits genug getan hatte.
Aber zu seiner Verwunderung nickte er langsam und sah auf. "In Ordnung."
Dumbledore nickte ebenfalls, er sagte nichts aber Harry sah dass er Draco diesen einzigartigen Blick zuwarf, wenn man etwas getan hatte was einem seinen Respekt einbrachte.
"Der Name des Kobolds ist Perupheek." sagte Dumbledore schließlich. "Er ist nicht freundlich, wie die meisten von ihnen aber er verabscheut die Zaubererschaft nicht so sehr. Dazu kommt dass er eine außerordentliche Schwäche für koboldgearbeitete Astronomie Werkzeuge hat, von denen ich zufällig einige besitze."
Harry musste an den kleinen silbernen Kompass denken, den er einmal auf dem Tisch des Schulleiters hatte liegen sehen und dachte, dass dieser auch eines der genannten Werkzeuge gewesen sein musste, so fein und detailreich wie er gearbeitet worden war.
"...er wird uns, sobald wir im Wagen sitzen.." fuhr Dumbledore fort. "...zum Verließ von Bellatrix Lestrange bringen. Aber ich denke wir werden dennoch nicht um die Nutzung eines unverzeihlichen Fluches herumkommen."
"Dem Imperius Fluch." ergänzte Draco und der alte Mann nickte wiederrum. "Wenn alles gutgeht, dann werden wir Gringotts vollkommen unbehelligt wieder verlassen, als hätten sie tatsächlich nur einen Beutel Galleonen aus ihrem Verließ geholt."
Natürlich war dem nicht so. Harry glaubte auch keinen Moment daran. Es lief nie glatt, es war nie immer einfach nur gutgegangen. Aber Dumbledore wusste das ebenfalls und er hatte sicherlich einen Plan B gehabt. Nur war der, allem Anschein nach nicht wie geplant verlaufen und Plan C, D und Z schienen nicht durchführbar gewesen zu sein, denn als Harry, Ron und Hermine die Nachricht erreichte, dass Dumbledore zurückgekehrt war, wurde ihnen im selben Atemzug mitgeteilt, dass Draco im Krankenflügel lag.
Harry atmete scharf ein und war hin und hergerissen zwischen dem Verlangen nach Malfoy zu sehen und Dumbledore aufzusuchen um den Verlauf der Mission zu erfragen.
Schließlich entschied er sich für Dumbledore, weil es Malfoy durch seine Anwesenheit auch nicht besser gehen würde. Wenn nicht sogar schlechter, ha.
"Wir kommen mit!" entschloss Hermine energisch und sie und Ron folgten Harry auf dem Fuße zu Dumbledores Büro.
"Sir!" rief er als sie durch das Portal traten. Er erwartete den alten Zauberer wieder verwundet zu sehen, aber er saß vollkommen ruhig hinter seinem großen Schreibtisch und betrachtete einen goldenen Pokal vor sich. Die Frage ob die Mission mit Erfolg gesegnet gewesen war, hatte sich damit bereits erledigt.
"Ahhh, Harry. Wie du siehst..." Er schob den Pokal in seine Richtung. "sind wir nun im Besitz eines weiteren Teils von Voldemorts Seele."
"Ich sehe es Sir." meinte Harry, ließ seinen Blick den Bruchteil eines Moments auf dem Horkrux ruhen und sah dann eilig wieder auf. "Was ist passiert? Wurden sie erwischt, haben sie...ich meine, warum ist Malfoy.."
"Immer mit der Ruhe, mein Junge." wehrte Dumbledore mit besänftigender Stimme ab. "Wir haben es erstaunlicherweise geschafft unbehelligt in das Verließ einzudringen und die Bank ebenso unbemerkt zu verlassen. Nur hat sich Mr. Malfoys Zustand durch die Anstrengung und das Apparieren nur noch verschlechtert."
Hermine und Ron wechselten einen Blick und Harry spürte wieder dieses Gefühl in seiner Magengrube. Als hätte jemand einen großen Stein darin begraben der ihn nach unten zog. "Sein...Zustand, Sir. Welcher Zustand?"
"Ich bin mir sicher, dass dir etwas aufgefallen ist. Ihnen allen."
Harry musste an Rons Schwangerschaftsbemerkungen denken. Ja, ihnen war allen aufgefallen, dass Malfoy sehr launenhaft war. Und dass er krank zu sein schien.
"Aber das würde ich gerne mit ihnen allein besprechen, Harry." ergänzte Dumbledore. "Er wird jemanden brauchen dem er vertrauen kann und dieser Person kommst du wohl momentan am Nächsten."
"Wir jedenfalls nicht." bemerkte Ron etwas schlaff. Er sah Hermine kurz fragend an und erhob sich dann. Sie lächelte Harry aufmunternd zu, versuchte es zumindest, denn es fiel etwas schwach aus. Dann verließen die beiden den Raum.
"Sir!" rief Harry aufgebracht. "Was ist los?"
"Beruhige dich."
Harry atmete tief durch und lehnte sich zurück. Er sah Dumbledore abwartend an und der schob seine Brille wieder auf die Nase. "Nun es gibt aller Wahrscheinlichkeit nach ein Problem, was den Tod von Dracos Vater angeht." Wieder sagte Harry nichts, er zwang sich ruhig zu bleiben und Dumbledore nicht zur Eile anzutreiben.
"Es hat sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht so ereignet wie Mr. Malfoy glaubt."
"Moment, aber er war doch dabei!" fuhr Harry jetzt dazwischen und verstand auf einmal gar nichts mehr.
"Ja, damit hast du Recht. Aber was auch immer sich dort ereignet hat, muss Mr. Malfoy in ebenjenem Moment so entsetzlich und unerträglich vorgekommen sein, dass er selbst die Tatsachen verändert hat."
"Sie meinen er hat es verdrängt..." überlegte Harry.
"Etwas in dieser Art. Er hat sich selbst unbewusst mit einem Zauber belegt, einem Paenitendi. Dies ist eine abgewandelte Form des Vergessenszaubers, sie lässt einen Dinge nicht vergessen sondern nur anders sehen, man denkt etwas erlebt zu haben und man glaubt daran, als wäre es wirklich geschehen. Man..verändert seinen Geist."
"Sie meinen..das ist alles gar nicht so passiert."
"Oh Lucius Malfoy ist tot, das wissen wir ja, aber die Umstände seines Todes sind möglicherweise vollkommen frei erfunden. Das ist allerdings nicht das Problem hierbei. Denn wenn es Mr. Malfoy hilft etwas zu glauben, selbst wenn es nicht so geschehen ist, dann würde ich ihm nicht den Schmerz bereiten wollen, ihm die Wahrheit aufzudrängen."
"Er ist so krank...wegen diesem Zauber oder?"
Dumbledore stützte die Hände auf den Tisch. "Die Nachwirkungen beginnen mit leichter Verwirrtheit, Stimmungsschwankungen und Appetitlosigkeit. Sie steigern sich in Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Panikgefühle, Angst, Agressivität,und später erleidet man zuweilen innere Blutungen, Ohnmachtsanfälle und Fieberanfälle sowie eine gesteigerte Form aller anderen Symptome."
Harry sah Dumbledore erschrocken an. "Als Draco uns befreit hat, hat er Blut erbrochen."
"Ja, Madam Pomfrey hat mich vorhin davon unterrichtet."
"Und was passiert jetzt?"
"Nun solange man nichts unternimmt, werden die Folgen sich weiter steigern und sich noch einige Wochen hinziehen. Möglicherweise auch einige Monate. Doch im Endeffekt würde Mr. Malfoy in diesem Fall einem kollektiven Organversagen erliegen."
Als Harry entsetzt nach Luft schnappte, hob Dumbledore die Hand. "Zum Glück." sagte er sehr beschwichtigend. "..ist dieser Zauber nicht allzu schwer aufzulösen, wenn man ihn erst einmal erkannt hat. Das einzig wirklich Schlimme an der Situation ist, dass Mr. Malfoy sich erinnern müssen wird, was wirklich passiert ist."
"Sein eingebildete Version fand ich schon schlimm genug." knurrte Harry missmutig.
"Das macht mir ebenfalls Sorgen." stimmte Dumbledore bedächtig zu. "Aber wir haben keine Wahl. Nicht in diesem Fall. Jeder muss mit den Dingen fertig werden, so wie sie geschehen. "
"Also werden wir..."
"Ja, nun, Mr. Malfoy muss über seine Lage informiert werden. Und wir sollten natürlich so schnell wie möglich die nötigen Maßnahmen ergreifen. Ich werde hinunter in den Krankenflügel gehen, wenn es dir nichts ausmacht, wäre ich froh wenn du mich begleitest."
"Natürlich." stimmte Harry sofort zu. Sein Kopf schwirrte immer noch vor dem neuen Wissen, dass er eben erhalten hatte. Und abgesehen davon konnte er sich nicht vorstellen, was noch schlimmer sein könnte, als das was Malfoy über den Tod seines Vaters zu wissen glaubte. Vielleicht wenn es jemand anders gewesen war, der ihn getötet hatte. Voldemort möglicherweise. Oder Bellatrix hatte ihn gefoltert.
Malfoy war wach, als sie den Krankenflügel betraten und Harry bemerkte mit einigem Entsetzen, dass in seinen Mundwinkeln schon wieder leichte Blutspuren zu sehen waren. Mit finsterem Blick sah er ihnen entgegen.
"Wie geht es dir, Draco?" fragte Dumbledore sanft und ließ sich auf den Stuhl neben seinem Bett sinken. Harry stellte sich etwas unsicher ans Bettende.
"Ich würde sagen, den Umständen entsprechend." gab Malfoy schroff zurück und wandte sich ab.
"Wir müssen uns unterhalten Draco."
"Ich wüsste nicht worüber."
"Warum bist du so zickig?" fragte Harry.
"Warum? Der tolle Ausflug hat mich fast umgebracht."
"Das ist ja wohl kaum Dumbledores Schuld."
Draco schnaubte.
"Du hast deinen eigenen Zustand also schon selbst bemerkt nicht wahr?"
"Jah, und? Ich hab mir was eingefangen...was echt Beschissenes." Er sah Harry daraufhin einen Moment lang an. Und Harry konnte seine Gedanken geradezu hören. Sicherlich dachte er: Und mit der hat der ganze Mist angefangen.
"Draco du bist nicht krank." stellte Harry fest. "Jedenfalls nicht direkt." Seine Stimme wurde wieder ein wenig ruhiger, als er daran dachte was sie Draco gleich offenbaren würden.
"Bitte?"
"Bitte beschreibe uns doch noch einmal welche Symptome du seit einigen Wochen verspürst."
Malfoy verzog sichtbar unwillig das Gesicht, öffnete dann aber den Mund um sich noch einmal aufzuzählen.
"Nun.." Dumbledore beugte sich ein wenig nach vorn. "Es liegt nahe, dass du dich selbst verhext hast. Mit einem Paenitendi."
Draco schien zu wissen, was für ein Zauber das war. Denn sein Gesicht verzog sich in ungespielte Fassungslosigkeit. "Wie soll das denn bitte passiert sein?"
"Du weißt sicher, dass dieser Zauber zumeist unbewusst ausgesprochen wird. Ich denke es ist passiert als dein Vater starb."
Harry registrierte, dass Malfoy allein bei der Erwähnung des Ereignisses zusammenzuckte und seine Gesichtszüge sich verhärteten.
"Draco, was du glaubst was geschehen ist, ist nicht die Realität."
Jetzt bekam Dumbledore keine Antwort mehr. Draco knirschte mit den Zähnen, er sah irgendwie wütend aus.
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