
Decision
Einige Tage verliefen vollkommen ereignislos. Harry hatte seinen Beschluss eingehalten und seitdem nicht mehr mit Draco gesprochen. Ab und zu hatte er seinen Blick zum Tisch der Slytherins schweifen lassen und Malfoy beobachtet. Er schien wieder etwas lockerer als vor seinem Verschwinden. Als ob eine Last von ihm abgefallen wäre. Aber da waren Zweifel. Verdammt. Er musste wissen was noch passiert war.
Draco hatte versagt, aber das hieß nicht dass der dunkle Lord ihn jetzt in Ruhe ließ weil er genug von ihm hatte, sondern vielmehr dass er ihn umbringen würde, sobald er ihn in die Finger bekam.
Sicherlich wusste Malfoy nicht so genau was jetzt eigentlich passieren würde. Er wusste nicht mehr auf welcher Seite er eigentlich stand.
Es war später Abend in Hogwarts und die letzten Schüler erhoben sich vom Abendessen um sich in ihre Schlafsäle zu begegen. Harry saß noch neben Ron und Hermine die miteinander Muggelschach spielten und sah ab und zu zu Draco hinüber. Natürlich so, dass er es nicht bemerkte. Er würdigte ihn so oder so keines Blickes.
"Ha! Schachmatt!" rief Ron und kickte Hermines Spielfigur brutal vom Feld. Verärgert bückte sie sich um sie aufzuheben und ihr Lockenkopf tauchte kurz darauf wieder unter dem Tisch auf. "Musst du die Figuren so durch die Gegend feuern?!"
"Wir könnten auch einfach Zaubererschach spielen." meinte Ron trotzig. "Aber das ist dir ja zu brutal."
Sie seufzte. "Meinetwegen nächstes Mal. Aber jetzt sollten wir langsam wirklich ins Bett."
Sie begann das Schachfeld zusammenzufalten und legte es dann zusammen mit dem Figuren in die Schachtel. Dann klemmte sie sich unter den Arm und stand auf. Verwundert blickte sie zu Harry der nicht wirkte als hätte er vor sich von der Stelle zu rühren. "Harry?"
"Hm?" Er schreckte hoch, seine Gedanken daran wo Malfoy gewesen sein konnte wurden jäh unterbrochen. "Was denn?"
"Wir gehen hoch. Kommst du?"
"Äh...ja. Ja klar." stimmte er schnell zu. Bis auf wenige Schüler war die große Halle leer. Bald würde sowieso Filch hier durchfegen und alle Verbleibenden vertreiben.
Hastig stand er auf und lief hinter Hermine und Ron her, zum Gemeinschaftsraum.
Als er sah, dass Potter und seine Freunde die Halle verließen, erhob sich auch Draco zum Gehen. Er hatte Pansys und Zabinis Gespräch über eine neue Methode zur Herstellung von Zauberstäben gelauscht und war irgendwie darin versunken, ohne zu merken wie spät es bereits war.
"Ich gehe." stellte er schnell klar und machte sich auf den Weg.
"Gute Nacht!" rief Pansy, aber sie bekam keine Antwort mehr.
Draco bog in den etwas spärlich beleuchteten Teil von Hogwarts ein, in dem sich sein Zimmer befand und erschrak fast zu Tode, als Snape plötzlich direkt vor ihm stand.
Er trat einen großen Schritt zurück. "Verdammt, was soll das?"
"Sei still du törichter Tölpel." fuhr Snape ihn im Flüsterton an."Wie ich sehe hast du dich schnell wieder in den Schulalltag eingefunden."
Malfoy sah Snape abwartend an.
"Aber dir ist doch klar, dass du etwas tun musst? Du hast das Verschwindekabinett fast repariert. "
"Was wollen sie mir sagen? Raus damit!" keifte Draco aufgebracht. Tief in seinem Inneren wollte er von dieser Sache nichts mehr hören.
"Ich bin mir sicher, dass der dunkle Lord dir noch vergeben wird wenn du deine Aufgabe zueende bringst. Damit meine ich selbstverständlich alle Bestandteile deines Auftrags."
Draco wurde bleich. "Aber Professor.."
"Du dachtest doch nicht du kannst dich einfach aus der Affäre ziehen oder? Deine Eltern zählen auf dich, das solltest du wissen."
Der Junge schluckte. "Ich..ich kann doch gar nicht...mein Zimmer wird bewacht." widersprach er schwach, in einem letzten Versuch den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
"Ich verschaffe dir die nötigen Gelegenheiten." versicherte Snape. "Aber wenn du es dir anders überlegen solltest, musst du mit deinem Schulleiter sprechen. Du kannst nicht einfach nichts tun Draco."
"Ich wurde dafür auserwählt." beharrte Draco mit leicht zittriger Stimme. "Ich schaffe das."
"Wie du willst. Du kannst morgen Abend an deinem Vorhaben weiterarbeiten. Ich werde dafür sorgen."
Snape wandte sich rasch um und rauschte mit wehendem Umhang in die Richtung aus der Draco eben gekommen war. Er runzelte die Stirn, in seinem Kopf drehte sich alles. Was sollte er tun? Einfach so weitermachen wie bisher?
Auch wenn es nur wenige Tage gewesen waren, die er nicht hier gewesen war, es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Er war gerettet worden. Aber es war nicht vorbei.
Draco entschied dass er dringend noch ein Glas Kürbissaft brauchte bevor er in sein Zimmer gehen konnte und drehte um, um noch einmal in die große Halle zurückzukehren.
Sie war leer, bis auf ein paar Rawenclaws die sich über eine Pergamentrolle beugten und...Potter, der unter dem Tisch der Gryffindors herumkroch. Langsam schritt er an ihm vorbei und sah gerade noch wie er eine kleine weiße Schachfigur aufhob und wieder unter dem Tisch hervorkrabbelte. Dann hörte er seine Stimme. "Hey, Malfoy."
Malfoy blieb stehen, wartete einen Moment und drehte sich dann um. "Was willst du, Narbengesicht?"
Er spürte selbst dass seine Stimme kraftlos klang. Auf einmal war der gesamte Druck wieder da. Er konnte nicht die Todesser in dieses Schloss lassen, am Ende würden sie sogar andere Schüler töten. Und so weit wollte er nicht gehen. Und außerdem und ganz besonders, konnte er Albus Dumbledore nicht töten. Bevor er überhaupt seinen Zauberstab in die Richtung des alten Magiers erheben würde können, wäre er tot.
Harry betrachtete Malfoy aufmerksam. Mit einem Mal sah er wieder so gehetzt und bleich aus. Die Entspannung die man ihm vorher noch angesehen hatte, war verschwunden. "Ist was passiert?" fragte er deshalb ohne auf Dracos schnippische Begrüßung einzugehen, wissend dass er auf diese Frage keine Antwort bekommen würde. Aber Dracos Gesichtsausdruck reichte schon. Er verzog das Gesicht zu einer bitteren Grimasse. "Geht dich nichts an!" herrschte er ihn an und setzte seinen Weg fort. "Lass mich gefälligst zufrieden."
Harry seufzte und sah Draco zu wie er an der Tafel der Slytherins Platz nahm und ein Glas Kürbissaft mit einem großen Schluck austrank. Er wischte sich den Mund mit seinem Ärmel ab und sah zu Harry hinüber, den Arm immer noch an den Lippen. "Was stehst du da noch rum?" schnarrte er.
Ein wenig von dem Saft klebte ihm noch am Kinn und Harry fand dass es irgendwie etwas Anzügliches hatte. Außerdem stellte er sich vor,man könnte...
Nein so etwas sollte er sich wirklich nicht vorstellen. Oder doch? Draco konnte ja schliesslich nicht unwissentlich in seinen Kopf schauen.
Langsam trat er ein Stück auf Draco zu und stützte sich auf den Tisch. "Was denn? Du bist doch nicht etwa schüchtern?"
"Geht das schon wieder los, Potter?" fragte Draco genervt.
"Was meinst du?"
"Dieses Spielchen."
"Spielchen..?" fragte Harry und versuchte dabei so unergründlich und brav wie möglich zu klingen. "Nein, nur ich als Schwuchtel wie du mich ja bezeichnet hast, konnte nicht umhin zu bemerken dass deine Haare außerordentlich gepflegt sind. Sag mir, wie machst du das?"
"Willst du mich verarschen?" Entgeistert lehnte Draco sich ein Stück zurück, weg von Harry.
"Ja. Um genau zu sein."
"Ich weiß was du im Schloss tust. Draco." sagte Harry plötzlich.
Das war eine Lüge. Er hatte keinen Schimmer.
Aber Draco wurde bleich. "Ich tue gar nichts." widersprach er. Das war keine Lüge. Im Moment tat er ja wirklich gar nichts.
"Du musst dich nicht rausreden. Sollst du...jemanden töten?" erkundigte Harry sich weiter. Er musste auf gut Glück nach der Antwort suchen, wenn Draco sie ihm nicht freiwillig geben wollte. Aber diesmal blieb sein Blick fest. "Nein. Ich soll gar nichts."
"Verstehe. Dann hast du doch gar keinen Grund dazu dich nicht ein wenig mit mir zu vergnügen oder?" wechselte Harry schnell das Thema.
"Wie bitte?" Draco verstand langsam gar nichts mehr. Seine Verwirrung nutzend beugte sich Harry noch ein ganzes Stück weiter vor, sodass sich fast ihre Nasen berührten. Draco erstarrte. "Du weißt schon. Draco. Ja? Ich hab es dir doch gesagt."
"Verdammt.." knurrte Malfoy. "Bist du vollkommen wahnsinnig?!" Er schubste Harry mit einem heftigen Schlag gegen die Brustzurück und sprang auf. "Lass mich in Ruhe mit diesem Gehabe."
"Aber ich meine es doch ernst mit dir." schmollte Harry und musste sich innerlich einen heftigen Lachanfall verkneifen. Draco sah ihn verwirrt und ärgerlich zugleich an und machte dass er weg kam. "Wage es ja nicht mich wieder anzusprechen!" rief er, als er schon an der Tür der großen Halle war.
Harry grinste. Irgendwie spürte er dass Draco nicht ganz abgeneigt war. Und er hatte ihn auf andere Gedanken gebracht. Jetzt konnte er zumindest mit einem besseren Gewissen einschlafen.
Als Harry am nächsten Morgen die Blicke über den Slytherintisch schweifen ließ war Malfoy nicht da. Er versuchte sich einzureden dass ihm das auch verdammt egal sein konnte, nach dem wie der im Krankenflügel mit ihm umgesprungen war.
Aber als er dann schließlich doch die große Halle betrat, konnte er nicht umhin zu bemerken, dass die Entspannung die er kurz nach seiner Rückkehr an Draco wahrgenommen hatte sich jetzt komplett verflüchtigt hatte.
Malfoy sah aus als würde er wieder enorm unter Druck stehen. Er hatte eine in sich eingesunkene Körperhaltung und war viel blasser geworden, seine Umgebung schien ihn nicht zu interessieren, seine Freunde die versuchten ihn anzusprechen als er sich müde auf die Bank fallen ließ, ignorierte er vollkommen. Er starrte auf das dunkle Holz des Tisches als wollte er ein Loch hineinbrennen. Malfoy grübelte und hielt dabei einen Becher Kürbissaft fest umklammert, den er ansonsten noch nicht angerührt hatte.
Harry entging nicht, dass Snape seinen Lieblingsschüler unentwegt anstarrte als wollte er irgendein Geheimnis in seinem Blick ergründen. Ihm war bereits aufgefallen dass sich sein ehemaliger Lehrer für Zaubertränke Malfoy gegenüber dieses Jahr ganz anders verhielt. Irgendwie distanzierter, als wollte er nicht dass jemand darauf aufmerksam wurde, dass eine engere Beziehung zwischen ihm und Malfoy existieren könnte. Die es aber zweifelsohne gab, da war Harry sich sicher. Und er war sich des weiteren sicher, dass es mit Snape zu tun hatte dass Draco auf einmal wieder so gequält vor sich hin starrte.
Draco sah auf und bemerkte Snapes eindringlichen Blick, schrak zusammen und begann schnell seine Suppe aufzuessen. Anschließend stürzte er das Glas Kürbissaft hinunter und stand aprupt vom Tisch auf. Pansy Parkinson hielt ihn am Arm fest und rief ihm irgendetwas zu, das Harry nicht verstehen konnte. Malfoy entriss ihr seinen Arm mit einer unwirschen Geste und stapfte davon. Als er an Harry vorrübereilte würdigte er ihn keines Blickes, aber Harry meinte zu hören dass er angestrengt schnaufte.
Sobald Malfoy die große Halle verlassen hatte, sprang er ebenfalls auf und eilte ihm hinterher. Er rannte aus der Tür und übersah Malfoy fast. Der hatte sich an einen steinernen Bogen gelehnt, durch den man auf die Ländereien von Hogwarts gelangte und versuchte anscheinend angestrengt nicht loszuheulen. Er kniff die Augen zusammen und atmete langsam und tief ein und aus.
"Na, Draco?" begrüßte Harry ihn und konnte eine mitleidige Note nicht aus seinem Tonfall verbannen. Malfoy zuckte zusammen, versuchte sich aber nicht anmerken zu lassen wie sehr Harry ihn überrascht hatte. Betont langsam öffnete er die Augen und sah Harry unverwandt an. "Was willst du?"
"Ich wollte dich nur fragen ob alles in Ordnung ist.."
"Ich dachte man kann nicht mit mir reden." meinte Draco ruhig und starrte an die gegenüberliegende Seite des Steinbogens. "Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft dich endlich los zu sein."
"Glaub ich dir nicht." sagte Harry. "Jetzt sag schon.."
"Ich bin langsam zu müde um dich zu vergraulen Potter. Gibs endlich auf."
"Vergiss es." Harry grinste. "Ich hab dich gerettet schon vergessen? Ich will dich das nächste Mal nicht tot auffinden."
"Die Wahrscheinlichkeit ist leider hoch." meinte Draco ohne nachzudenken. "Meine Chancen stehen nicht so besonders gut."
"Deine Chancen bei was?"
"Mann, ich habs dir doch gesagt." brach es aus Malfoy heraus."Ich sollte jemanden umbringen und habs nicht geschafft. Und ich werde es auch nicht mehr schaffen. Ich will es auch gar nicht schaffen."
"Aber sie haben dich doch zurückgelassen." merkte Harry an und betrachtete Malfoy eindringlich. "heißt das nicht, sie haben dich aufgegeben?"
"Vielleicht." gab Malfoy zu. "Aber da gab es noch eine andere Aufgabe. Wenn ich die beende wird man die Ehre meines Vaters wiederherstellen und ...naja, alles wird wie früher..denke ich."
"Du bist bescheuert." antwortete Harry.
Daraufhin sah Malfoy ihn verwirrt und verärgert an. "Bitte?"
"Nichts wird mehr wie früher Malfoy. Früher war Voldemort nicht da. Wenn er bleibt dann ist es nicht wie früher, kein bisschen. Und wenn er besiegt wird, wird dein Vater als sein Unterstützer vermutlich lebenslang in Azkaban eingesperrt. Verdammt Draco, du musst akzeptieren dass manche Dinge sich nicht zurückholen lassen. Ich hatte einen Paten weißt du...mein letztes Familenmitglied...und deine Tante Bellatrix hat ihn umgebracht. Ich dachte ich könnte eine Art Vater haben, aber das wurde nichts. Und das lässt sich auch nicht mehr ungeschehen machen. Ich muss einfach damit leben und versuchen die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen."
Malfoy sah ihn nur an, dann drehte er den Kopf in die andere Richtung. "Das versuche ich ja auch. Ich weiß das es nicht mehr wie damals wird...aber vielleicht annähernd.."
"Ich verspreche dir was." sagte Harry und Malfoy hob den Kopf. "Was?"
"Ich werde Voldemort besiegen egal was kommt. Und alle die ihm gedient haben werden ihre gerechte Strafe kriegen. Danach solltest du deine Entscheidung ausrichten. Wenn du dich für etwas entschieden hast was mich interessieren könnte kannst du mir Bescheid geben. Ich stehe hinter dir."
"Schwing nicht so große Reden, Potter." erwiderte Malfoy unwirsch und etwas verlegen. "Sowas kannst du mir nicht einfach versprechen."
"Und wenn ichs nicht halten kann, dann bin ich eh tot, dann ist es mir egal." meinte Harry schulterzuckend.
An diesem Abend traf Draco seine Entscheidung. Als er in dieser Nacht aus seinem Porträtloch stieg erwartete ihn Snape schon. Noch dachte er wohl, dass Draco versuchen würde seinen Auftrag zu erfüllen. Er hatte gesehen dass der alte Zauberer auf seinem Porträt eingeschlafen war und nicht aufwachte egal welchen Lärm er machte. Langsam näherte er sich Snape und schluckte.
"Du hast drei Stunden." merkte Snape an. "Ich habe Fillius in einen Schlaf versetzt, aber länger lässt dieser Quacksalber sich nicht täuschen."
"Ich brauche nicht so lange. Ich mache das nicht mehr." Malfoy schritt mit verschränkten Armen auf Snape zu und hoffte dass dieser nicht bemerkte wie sehr er zitterte.
Der alte Zauberer hob eine Augenbraue und sah ihn erstaunt an. "Woher..dieser plötzliche Sinneswandel?"
"Das geht sie gar nichts an!" schnappte Draco.
"Du solltest an deine Eltern denken." wies ihn Snape auf das Offensichtliche hin.
"Meine Mutter hat mich zurückgelassen."
"Das hat sie, aber ich darf dich daran erinnern, dass.."
"Ich weiß" unterbrach Draco ihn hastig. "Ich weiß. Aber es hat keinen Sinn. Ich kann das was von mir verlangt wird nicht tun."
"Nun, ich werde deine Entscheidung dem dunklen Lord mitteilen müssen...beizeiten. Er wird dich zweifelsohne töten wollen."
"Na und?"
Snape sah ihn abwartend an.
"Ich weiß er will Potter noch viel mehr töten und bisher hat er es nicht mal annähernd geschafft."
"Du kannst dich natürlich entscheiden wie du willst." erwiderte Snape ohne darauf einzugehen. "Nun, dann solltest du in deinen Schlafsaal zurückkehren. Und ich würde dir außerdem raten dich zu baldiger Stunde dem Schulleiter mitzuteilen. "
"Warum sollte ich mit dem reden?"
"Weil er zwar weiß dass Potter beschützt werden muss, doch von dir weiß er das nicht. Und ich werde dir diesen Gefallen sicherlich nicht tun." Und damit wandte der Professor sich um und rauschte mit wehendem Umhang den dunklen Gang hinunter.
Malfoy blieb einen Moment stehen, dann kletterte er wieder in seinen kleinen Schlafsaal und kroch unter seine Bettdecke. Er schlief ein und war dabei irgendwie sehr erleichtert. Erst jetzt wurde ihm klar dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Als Harry und Dumbledore einige Tage später aus der Höhle der Untoten in der einer der Horkruxe Voldemorts verborgen gewesen war, zurückkehrten, kam niemand um Albus Dumbledore zu ermorden wie es geplant gewesen war. Statt auf dem Astronomieturm zu stehen saß Draco nervös auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch des Schulleiters und wartete. Immer wieder wanderte sein Blick zu dem Phönix der ihn aus klaren interessierten Augen musterte. Das Stundenglas ließ den Sand unterschiedlich schnell durchsickern und Malfoy versuchte bis jetzt ein System hinter dem Ganzen zu finden.
Als sich die Tür des Büros öffnete fuhr er herum. Dumbledore kam herein, er sah deutlich mitgenommen aus, aber er lächelte ihm freundlich zu und Draco glaubte auch ein Zwinkern zu erkennen. Als er sich wieder zum Tisch umwandte sah er dass der gesamte Sand auf einmal auf den Boden der Sanduhr gefallen war.
"Guten Abend Draco." wurde er begrüßt.
"Professor." Diesmal klang Malfoys Anrede mehr anerkennend als verachtend.
"Ein wunderschöner Abend nicht wahr?" fragte Albus und umrundete den Tisch um sich Draco gegenüber zu setzten. "Möchtest du etwas trinken? Ich habe hier..diese höchst sonderbare Mixtur die unter anderem Flubberwürmer beinhaltet...aber sie soll recht schmackhaft sein."
Malfoy machte eine abwehrende Geste. "Danke, ich verzichte."
"Immer noch unter deiner Würde was?" erwiderte Dumbledore und umrundete seinen Schreibtisch um sich Draco gegenüber zu setzen. "Also was kann ich für dich tun?"
"Snape hat gesagt ich soll ihnen sagen dass ich..
"Professor Snape, wenn ich bitten darf." unterbrach Dumbledore freundlich.
"Professor Snape sagte sie sollten wissen dass ich mich von..Voldemort abgewandt habe."
"Hast du, ja?"
"Ja."
Der Schulleiter verschränkte seine langgliedrigen Finger und stüzte seine Hände auf den Tisch. Dann sah er Draco einen Moment lang aufmerksam an.
"Dann hast du sicher nichts...gegen einen kleinen Test mit Veritaserum. Glaube mir, ich bin äußerst vertrauensselig. Aber das stellte sich als eine meiner schlechten Eigenschaften heraus...in solchen Zeiten."
"Ich habe nichts dagegen Sir." sagte Draco mit fester Stimme. Er war sich sicher gewesen als er eingeschlafen war und auch als er wieder aufgewacht war hatte er keine Sekunde lang an seiner Entscheidung gezweifelt.
Der Professor stand auf und holte eine kleine bläuliche Glasphiole aus einem Schrank. Er entkorkte sie und gab ein Schlückchen davon in eine weiße Tasse. Dann füllte er den Rest mit rötlichem Tee.
"Trinken sie das."
Malfoy zögerte keinen Moment und setzte die Tasse an seine Lippen.
Dumbledore setzte sich wieder. Er schenkte sich ebenfalls eine Tasse ein und nahm einen vorsichtigen Schluck.
"Nun sagen sie mir Draco...sind sie bereit ihre Eltern im Stich zu lassen um Voldemort den Rücken zu kehren?"
"Ja.." antwortete Draco.
"Sie haben also vor..loyal auf unserer Seite zu stehen und sich wenn nötig..und das kann passieren Draco...ihrem eigenen Vater entgegen zu stellen?"
Malfoy zögerte kurz, dann antwortete er. "Ja, das habe ich vor."
Er war selbst erstaunt darüber dass dies tatsächlich die Wahrheit sein sollte. Er war bereit. Sein Vater jagte ihm keine Angst mehr ein, keinen Respekt. Und er verdiente auch seine Bewunderung nicht mehr. Sein Vater hatte sich verrannt und nie wieder auf den richtigen Weg zurückgefunden.
"Gut, das reicht fürs Erste." beschloss Dumbledore. "Sie können gehen, schlafen sie ein bisschen, das war sicher eine anstrengende Entscheidung."
"Danke Professor..." meinte Draco leise und stand auf.
"Schlafen sie gut Draco." meinte Dumbledore und sah ihm hinterher, ein schwaches Lächeln auf den Lippen.
Malfoy war überrascht Harry vor dem Büro des Direktors anzutreffen, als er aus dem Portal trat das zu dessen Büro hinaufführte. Er lehnte an einer Steinmauer unter einer Fackel und schien auf jemanden zu warten.
"Potter, was tust du hier?" fragte er.
"Ich warte auf dich."
"Woher wusstest du dass ich hier bin?"
"Ich habe dem Professor vorher noch bei etwas geholfen. Er hat mich gebeten draußen zu bleiben, weil du anscheinend etwas mit ihm besprechen willst."
"Ja." gab Draco zu. "Ich habe meine Entscheidung getroffen.
Harry hob erstaunt eine Augenbraue, dann lächelte er. "Und wie fühlst du dich jetzt? Erleichtert?"
"Ich bin erleichtert, ja. Aber ich habe Angst am Ende gegen meine Eltern kämpfen zu müssen. Mein Vater ist auf dem falschen Weg...aber er ist dennoch mein Vater.."
"Wow." hauchte Harry. "Hat man dir was in deinen Futternapf geschüttet? Du bist auf einmal so zutraulich."
"Dumbledore hat mir Veritaserum gegeben um meine Vertrauenswürdigkeit zu testen, Potter."
Harry überlegte einen Moment. Theoretisch konnte er Draco jetzt alles fragen was er wollte und er würde ihm die Wahrheit sagen. Allerdings würde er sich natürlich daran erinnern dass Harry ihn ausgenutzt hatte und das würde sich für ihre Beziehung nicht gerade als förderlich erweisen, das war jetzt schon klar.
"Darf ich dich fragen...wie du dich mit deinen Eltern verstehst?" meinte er schließlich zögerlich.
"Nein darfst du nicht." erwiderte Draco mit unerbittlichem Tonfall. "Es geht dich absolut nichts an, aber so wie ich dich kenne, Potter, fragst du sicher trotzdem."
"Nein." Harry schüttelte den Kopf. "Sonst würde ich ja nicht um Erlaubnis fragen oder? Naja dann...gute Nacht." Harry drehte sich um und wanderte los, in Richtung Gryffindor Schlafsääle.
"Gleichfalls." antwortete Draco knapp und fragte sich wie Potter es geschafft hatte so persönliche Gespräche mit ihm anzufangen ohne dass er das Bedürfnis hatte ihm vor Abscheu ins Gesicht zu spucken. Es musste der Krieg sein. Snape hatte irgendwann einmal gesagt, der Krieg ändere alles. Manche Dinge waren im Endeffekt nur Kindereien und nicht im Geringsten wichtig. Was zählte es schon wie viele Hauspunkte Potter wegen ihm verloren hatte, wie oft er das Wiesel und das Schlammblut beleidigt hatte, wie viele Erstklässler er schubste, wenn außerhalb der Mauern eine Armee von Todessern lauerte, bereit ihnen allen den Garaus zu machen. Nicht zu vergessen, der dunkle Lord.
Manchmal war er tatsächlich zu weit gegangen, das sah er jetzt. Besonders die Angelegenheit mit dem Hippogreif Seidenschnabel wurmte ihn. Zugegeben damals hatte er das Spektakel genossen, Harry und seine Freunde so leiden zu sehen. Und das Vieh war ihm egal gewesen.
Aber da war er noch jünger gewesen. So langsam dämmerte ihm, dass er nicht das Leben eines Tieres beenden sollte nur weil er Hagrid als Lehrer für die Pflege magischer Geschöpfe absolut lächerlich fand.
Erstaunlicherweise reagierte Ron nicht so negativ wie Harry erwartet hatte, als er ihm erzählte auf welcher Seite Draco jetzt offiziell stand.
"Das hört sich ja gut an und so..." meinte er. "Aber das könnte ja auch eine Lüge sein und.."
"Nein, nein." unterbrach Harry ihn vorsichtig. "Er hat Dumbledore erlaubt ihn mit Veritaserum zu testen."
Hermine rutschte an den Rand des Sofas und starrte in die flackernden Flammen im Kamin. "Harry, ich bin mir sicher du weißt mehr als wir."
"Ja!" stimmte Ron aufgeregt zu. "Würdest du uns jetzt endlich mal aufklären? Was mit Malfoy passiert ist meine ich."
"Malfoy hat..." Harry zögerte. "Er sollte ein Kind mit dem Cruciatus Fluch belegen.."
Hermine schnappte nach Luft und sah ihn entgeistert an, Ron reagierte gar nicht. Er starrte weiter wie gebannt auf den Boden.
"Er hats nicht geschafft." fuhr Harry fort. "Er hat gesagt, er schafft so etwas nicht und will es auch gar nicht."
"Ja, er ist eine widerliche kleine Kakerlake." meinte Ron. "Aber für nen Mörder oder sowas hab ich ihn auch nicht gehalten."
"Nein." Hermine schüttelte den Kopf. "Dafür ist er echt zu feige."
"Moment." warf Harry etwas verärgert ein. "Ich weiß wie schwer er es uns gemacht hat und wie ekelhaft Malfoy sein kann, aber um seinen Eltern den Rücken zu kehren nur um das Richtige zu tun..ganz so feige kann er nicht sein."
"Ist ja gut Harry." Ron hob die Arme, in der Absicht seinen Freund zu beschwichtigen. "Aber ich kann ihn nunmal echt nicht leiden."
"Egal was er macht." stimmte Hermine zu. "Aber das ist auf jeden Fall eine gute Neuigkeit."
"So..." meinte Harry. "Nachdem das jetzt geklärt wäre...ich hab gestern nochmal mit Dumbledore gesprochen, er hat mich aufgehalten als ich gerade ins Bett wollte.. und...er hat mich um etwas gebeten. Er sagt, dass er es gerne selbst tun würde, aber er fühlt sich verpflichtet hier zu bleiben und für die Sicherheit der anderen Schüler zu sorgen..., es geht um Folgendes.." Er stockte und starrte ins Feuer. "Wir sollen Voldemorts verbliebene Horkruxe suchen und zerstören...oder sie zu Dumbledore bringen wenn wir es nicht schaffen."
Harry hatte seinen Freunden von den Horkruxen erzählt als er mit Dumbledore in die Höhle aufgebrochen war um das Amulett zu holen das dort versteckt war. Sie starrten ihn an, warteten offenbar, darauf dass er noch etwas sagen würde.
"Ich weiß das kommt...unerwartet." meinte Harry. "Aber das ist auch der Grund warum ich euch von Malfoy erzählt habe. Eigentlich wäre es ja egal. Aber Dumbledore sagt es wäre gut wenn wir ihn mitnehmen."
Ron sprang auf. "Wie bitte?!!"
Auch Hermine runzelte verärgert die Stirn. "Harry das geht nicht.."
"Er will es so." beharrte Harry. "Dumbledore ist der Meinung er könnte so noch etwas über Mut und Freundschaft lernen."
"Aber es ist auch so schon schwer genug!" beschwerte sich Hermine.
"Malfoy ist doch ein feiges Frettchen, was soll er uns bitte nützen?" giftete Ron. "Den will ich keine drei Sekunden in meiner Nähe haben."
"Ich habe zugestimmt." stellte Harry ruhig fest. "Es ist keine schlechte Idee denke ich. Aber wenn ihr das nicht möchtet steht es euch natürlich frei hier zu bleiben."
Er erntete geschockte Blicke von beiden Seiten. "Wir würden dich nie allein gehen lassen." kam es fast gleichzeitig von seinen Freunden.
Harry musste unwillkürlich grinsen. "Aber ich hätte doch Malfoy."
"Der zählt nicht!" ereiferte sich Ron. "Na gut. Wenn es sein muss. Ich bleibe auf keinen Fall hier."
"Ich auch nicht." meinte Hermine. "Aber glaub ja nicht, dass wir nett zu ihm sein werden."
"Ja, der wird zu spüren kriegen wie das ist." knurrte Ron und jeder wusste was er meinte, aber Harry setzte sich auf. "Ihr müsst nicht nett sein, aber ihr werdet ihn auch nicht runtermachen. Wollt ihr etwa auf gleicher Stufe mit ihm stehen?"
Ron sah Hermine zweifelnd an. "Ja, nein, aber hat es verdient."
"Ja." stimmte Harry zu. "Hat er. Aber man kann auch versuchen Dinge gut sein zu lassen. Ich hab dir auch vergeben als du mir im vierten Jahr nicht geglaubt hast dass ich meinen Namen nicht in den Feuerkelch geworfen hab. Und gerade da hätte ich dich wirklich gebraucht und du bist mir in den Rücken gefallen."
Rons Gesichtsfarbe wurde fast so rot wie seine Haare. "Okay. Meinetwegen."
"Ich hab damit auch kein Problem." meinte Hermine gleichmütig. "Ich bin nicht wie Malfoy."
Ron stieß ein tiefes Seufzen aus und wanderte im Raum umher. Er griff nach einer Tüte mit Bertie Botts Bohnen die eigentlich Katie Bell gehörte und nahm sich ein paar heraus.
"Ron!" empörte sich Hermine. "Die gehören dir nicht!"
Angesprochener verdrehte genervt die Augen. "Auf den Schock brauch ich jetzt erstmal was zwischen die Zähne."
Hermine warf ihm noch einen strengen mahnenden Blick zu und wandte sich dann wieder an Harry. "Weiß Malfoy es schon?"
"Was?"
"Dass er uns begleiten soll."
"Bisher noch nicht." gab Harry zu.
"Wer schagt dasch ers macht?" mampfte Ron. "Alsch ob."
"Dumbledore wird ihm keine Wahl lassen." erklärte Harry. "Er bietet ihm seinen Schutz und Rückhalt und im Gegenzug wird Draco uns helfen. Auch um uns zu beweisen dass er wirklich auf unserer Seite steht."
"Das heißt wenn..Malfoy es nicht macht, lässt Dumbledore ihn im Stich?" fragte Hermine zweifelnd. "Das würde er nicht tun."
"Nein." Harry nahm Ron die Tüte mit den Süßigkeiten aus der Hand und steckte sich ein Toffee in den Mund das nach Karamell schmeckte. "Aber Malfoy kennt Dumbledore lange nicht so gut wie wir."
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