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Skye
Mir ist langweilig.
Während draußen die Sterne am Himmel glitzern, kuschle ich mich in ein Kissen vor dem angenehm warmen Kamin. Eigentlich perfekt, wäre ich nicht alleine. Fyre und Ciel haben sich vor einer halben Stunde zurückgezogen und ich möchte gar nicht wissen, was sie gerade tun.
Also starre ich in die Flammen und beobachte, wie sie ein Holzscheit nach dem anderen fressen. Was mache ich nur, wenn das Feuer kleiner wird? Allein traue ich mir kaum zu Holz nachzulegen.
Noch prasselt es aber fröhlich vor sich hin und ich bin mit der unmittelbaren Frage beschäftigt, was ich nun tun soll. Hier gibt es nämlich kein WLAN – ich habe ja nicht mal Lunas Tablet mit katzensicherem Panzerglas-Display dabei! – und auch kein Netflix. Als ich Fyre nach der aktuellen Ausgabe der Cosmopolitan gefragt habe, hat sie nur verwirrt den Kopf geschüttelt und betont, dass sie mir ganz bestimmt keinen Alkohol serviert.
Schlimm, diese Elfen. Kennen nicht einmal die grundlegenden Fakten, die für das Überleben in der Menschenwelt von Bedeutung sind.
Seufzend erhebe ich mich vom Kamin. Ich werde mich wohl selbst beschäftigen müssen. Suchend tapse ich durch das nicht gerade kleine Zimmer des Herbsthauses, in dem ich mich befinde, und muss enttäuscht feststellen, dass nicht einmal ein Wollknäuel herumliegt. Wenn ich die Ohren spitze, höre ich zwar Mäuse in der Wand, aber ich befürchte, die Elfen wären nicht erbaut darüber, wenn ich das Im-Elfenreich-nicht-jagen-Abkommen breche.
An einer Wand steht aber ein Schrank, der meine Aufmerksamkeit weckt. Er ist groß und alt und die verschnörkelten Verzierungen lassen ihn wichtig aussehen.
Gespannt blicke ich hinein – und seufze enttäuscht auf. Der Schrank enthält weder Staatsgeheimnisse noch die Schätze aus »Tausendundeiner Nacht«. Kein Glitzer, kein Funkeln, und auch keine weiteren mysteriösen Gegenstände.
Stattdessen stehen darin Bücher. Nicht mal viele, nur etwa zehn reihen sich auf meiner Augenhöhe aneinander. In den oberen Fächern finden sich Geschirr und Blumenvasen, da sind die Bücher noch das Spannendste.
Kritisch schnuppere ich an den zehn Bänden. Sie sind bereits etwas muffig – wer weiß, wie lange die schon hier herumstehen. Bestimmt ein paar Jahrzehnte, so, wie ihre Aufmachung und ihr Zustand wirken.
Interessiert lese ich die Titel der Bücher. Da hätten wir drei Bände »Die Geschichte des Elfenreichs (1897)«, »Sommermagie«, »Wintermagie« und außerdem drei Bände »Die besten Kochrezepte des Elfenreichs«. Vom vorletzten Buch, »Wolfsgeschichten zum Einschlafen«, nehme ich vorsichtshalber etwas Abstand.
Schließlich steht da noch ein dünner, verschlissener Band in verblichenem Blau, dessen Titel »Über Feen« lautet.
Hm. Das könnte tatsächlich interessant sein. Vorsichtig ziehe ich das Buch mit der Kralle heraus, es sieht so zerbrechlich aus, als könnte es bei jeder unbedachten Bewegung zerbröseln. Dieses Buch ist definitiv älter als nur ein paar Jahrzehnte.
Als ich es auf der ersten Seite aufschlage, muss ich erst mal blinzeln und näher ans Feuer herangehen, um überhaupt etwas lesen zu können. Das Buch ist alt genug, um noch in dieser antiken Schrift geschrieben worden zu sein, die ich kaum lesen kann. Wo ein s aussieht wie ein f, völlig altmodisch.
Feen sind außergewöhnliche, magische Geschöpfe des Wassers. Sie gehören der Rasse der Elfen an und unterscheiden sich von den anderen ihrer Art durch ihre oft farbenfrohen und bunten Schmetterlingsflügel.
Was du nicht sagst. Die ersten Seiten sind voller Bilder und Feenanatomie, gefolgt von einigen Verhaltensbesonderheiten und schließlich einer Auflistung der bedeutendsten Feen. Morgana hat eine ganze Seite für sich allein bekommen – nein, sogar zwei, bemerke ich, als ich umblättere. Wobei die nächste Seite eher wirkt wie der Steckbrief der nächsten wichtigen Fee ...
Die Erbin Morganas
Nach einer Prophezeiung des Sehers Merlin, Morganas Zwillingsbruder, würde keine Elfe jemals wieder so stark und machtvoll sein wie sie, mit Ausnahme einer einzigen. Eines Tages würde Morganas Erbin geboren, mit Magie noch stärker als Morganas, und sie würde die Elfenreiche in Chaos stürzen.
Das war's. Eine kryptische, gruselige Prophezeiung, die das Ende der Welt voraussagt. Cool!
Seltsam zu wissen, dass eine von Lunas Nachfahren eines Tages so bedeutend sein wird.
Was mich aber an dem Text am meisten überrascht, ist, dass Merlin Morganas Zwillingsbruder war. Ich meine, jeder hat doch schon einmal die Legenden von Camelot gelesen oder die zahlreichen Filmadaptationen gesehen. In keiner davon waren die beiden Geschwister, vor allem, da Merlin stets als weiser Greis und Morgana als hübsche junge Frau dargestellt wurde. Außerdem hat da keiner von beiden Flügel ... Aber es macht irgendwie Sinn, dass die beiden mächtigsten Zauberer ihrer Zeit miteinander verwandt waren.
In diesem Moment klopft Luna an die Tür und das Buch ist vergessen. Jubelnd begrüße ich sie und überlege schon, was wir als nächstes unternehmen wollen.
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