8
,,Also kannst du heute oder nicht?", fragte ich Yoona, mein Handy klemmte zwischen meinem Ohr und meiner Schulter, während ich meine Haare bürstete.
,,Ich denke schon. Gib mir zwei Stunden und ich bin fertig. Wo treffen wir uns?"
,,Ich weiß nicht, was Jimin geplant hat", seufzte ich und griff nach der Maskara, um meine Wimpern etwas voller aussehen zu lassen.
,,Ich werde dir schreiben, wo wir sind oder hingehen und du stößt dann einfach dazu."
,,Dann machen wir das so. Bis später, ich hab jetzt ein paar Leuten in den Arsch zu treten~", flötete sie und schon hatte sie aufgelegt.
Mit einem Grinsen im Gesicht band ich meine Haare zu einem Zopf zusammen, tat ein Paar Kontaktlinsen rein und blinzelte, seufzte erleichtert bei der plötzlichen Schärfe der vielen Dinge. So blind wie ein Maulwurf zu sein war nicht schön, ganz und gar nicht. Aber um es nochmal zu betonen; Kurzsichtigkeit ist was anderes als nicht sehen zu können. Ich weiß sehr wohl auch ohne Brille wie viele Finger man mir hinhält, nur erkenne ich halt die Umrisse nicht so scharf.
Ich zog mir meinen gelben Wintermantel über den dicken Pullover und schlüpfte in meine Stiefiletten. Mein Handy packte ich zusammen mit meinem Portemonnaie in meinen kleinen Rucksack, warf diesen über die Schulter. Bevor ich meine Wohnung verließ zog ich mir die rote Mütze von gestern wieder bis über die Ohren.
Die Händen tief in den Jackentaschen vergraben, lief ich die Straße bis zur nächsten Bushaltestelle hinunter. Die Linie fuhr mich über fünf Stationen auf direktem Wege zum vereinbarten Treffpunkt mit den Jungs. Sie waren weltweit bekannte Idole, da gehörte eine gewisse Verkleidung natürlich dazu. Aber an einem Montagmorgen, wo die Kinder in der Schule und die Erwachsenen auf ihrer Arbeit waren... ich glaube kaum, dass der ältere Herr, der auf der mitgenommenen Parkbank saß und die Tauben fütterte, sich um ein Foto oder Autogramm bemühen würde.
Die Zwei stachen mit ihren verhüllten Gesichtern und Haaren wie schwarze Ganzkörperkondome aus der idyllischen Parklandschaft heraus, sodass ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte, als ich auf die zwei zu joggte.
,,Guten Morgen!~ Hast du gut geschlafen?", fragte mich Jimin, der mich in eine herzliche Umarmung zog, während ich nickte.
,,Seid ihr wirklich hier um ein paar Sehenswürdigkeiten mit mir zu besuchen oder wollt ihr den Juwelier um die Ecke ausrauben?"
Hobi lachte und nahm seine verspiegelte Sonnenbrille ab, setzte sie auf seine schwarze Kappe und zog seinen Mundschutz unters Kinn: ,,Das ist einfach nur Eigenschutz, schließlich haben wir gerade 'Urlaub'. Und den verbringe ich ungern mit dem Flüchten vor Kameras."
,,Wohin gehen wir zuerst?", fragte Jimin und wechselte das Thema, zupfte an seiner Wollmütze herum, während er sich in seinem Handydisplay kurz das Haar zurecht strich.
,,Ich würde vorschlagen wir spazieren zuerst ein paar Läden ab und gehen dann zum BBQ? Mittagessen?"
,,Klingt gut", pflichtete mir Hobi bei und wir machten uns auf den Weg.
Hier und da blieben wir stehen und die Jungs machten Selfies, baten ich Fotos von ihnen beiden vor witzigen Statuen oder Straßenschildern zu machen. In einem Souvenirshop kaufte sich Jimin ein Armband und eine Kaffeetasse. Hobi haute mit zwei Pullovern, sechs Schlüsselanhängern, einer Nachttischlampe und einem Schal gleich richtig auf die Kacke.
,,Und wie lebt es sich so in Busan?", fragte Hobi Jimin und mich, als wir am Tisch im BBQ saßen und uns die Schürzen umbanden, das Fleisch auf die kleine Grillplatte in der Mitte legten.
,,Ziemlich gut. Selbst im Winter hat die Stadt etwas Warmes an sich. Ich weiß nicht ob ich es nur so empfinde, weil ich ursprünglich hier her komme, aber gerade zum Aufwachsen hat man hier eine tolle Zeit", antwortete ihm Jimin, der sich mit den Essstäbchen ein paar Beilagen auf den Teller tat.
,,Eure Highlights an Busan?", fragte Hobi weiter und grinste neugierig.
,,Der Strand", antwortete ich direkt, verkniff mir mit einem Seitenblick zu Jimin Steve's Shots.
,,Oh jaa!", schwärmte mein Bruder und machte große Augen.
,,Wir müssen unbedingt noch zum Strand bevor wir wieder fahren. Das ist mein liebster Ort, zu jeder Jahreszeit. Wenn der Wind dir das Haar aus dem Gesicht pustet und du die salzige Luft einatmest, das Rauschen des schier endlosen Meeres hörst."
,,Wie wär's wenn wir morgen zum Strand gehen? Wir könnten uns was fürs Mittagessen mitnehmen und dann ans Meer fahren."
,,Hört sich nach einem Plan an", lachte Hobi und klatschte in die Hände, als sich die Tür des rege besuchten Ladens erneut öffnete und eine vertraute, hochgewachsene junge Frau hereinkam, sich suchend umschaute. Ich wischte mir mit der Serviette über den Mund und hob die Hand, wunk ihr, woraufhin Yoonas Gesicht sich erhellte. Ich hatte sie vor knapp einer Stunde mit dem Einverständnis der Jungs zum gemeinsamen Essen eingeladen.
,,Du musst Yoona sein", begrüßte Jimin sie höflich und machte Platz, damit sie sich mit einem weiteren Stuhl zu uns an den runden Tisch setzen konnte.
,,Genau die", grinste die schwarzhaarige Schönheit und tauschte ihren beigen Mantel gegen eine der roten Schürzen, ehe sie sich zu uns setzte.
,,Und ihr müsst dann Jimin und Hoseok sein?"
,,Einfach nur Hobi", berichtigte dieser und schüttelte freundlich ihre Hand.
,,Gefällt dir Busan, Hobi?", fragte Yoona dann während des Essens, nachdem sich das Gespräch aufgelockert hatte.
,,Sehr. Ich hatte schon ein paar unvergessliche Momente", bejahte Hobi und zwinkerte mir zu, ich nahm mir ein Stückchen Fleisch und grinste in mich hinein.
,,Wo arbeitest du, Yoona?", fragte dann Jimin interessiert.
,,Ich arbeite in einer Kanzlei. Ich bin Rechtsanwältin", antwortete sie und nickte ihm zu, ehe sie an ihrem Wasser nippte.
,,Woah, Anwältin. Wie habt ihr zwei euch denn dann kennengelernt? Jae ist doch dem Ballett verschrieben, gab es irgendwie Probleme..?", überrascht und zugleich besorgt schaute mich Jimin an. Das Salatstückchen in meinem Mund wurde schlagartig bitter und ich würgte es mühevoll herunter. Er wusste von nichts. Weder von dem Tanzunfall noch von meinen tausenden Jobs oder meinem geheimen Hobby.
,,A-also wir haben uns in einem .. Restaurant kennengelernt", kippte Yoona die Situation nervös und lugte zu mir herüber.
,,Wir haben beide alleine gegessen und so führte ein zum anderen; wir kamen ins Gespräch", führte ich die kleine Geschichte weiter.
,,Nichts Spektakuläres", antwortete sie mit einem Lächeln und widmete sich wieder dem Essen.
,,Verstehe"; lachte Jimin und legte seine Stäbchen beiseite, sah mich liebevoll an: ,,Arbeitest du bereits als Tanzlehrerin, oder tanzt du weiterhin nur so?"
,,Also..", mein Mund trocknete aus, mein Arm war zu schwach, um nach dem Wasserglas zu greifen.
,,Du bist eine tolle Tänzerin, ich wette du wirst irgendwann prof-"
,,Also eigentlich hat sie mittlerweile eine andere Leidenschaft"; unterbrach ihn Yoona, die ihre Stäbchen auch beiseite legte. Ich dankte ihr im Stillen dafür.
,,In den letzten Jahren ist viel passiert, Jae hat andere Vorlieben entwickelt."
,,O-oh..", Jimin blinzelte und nickte langsam, ehe er zögernd weiter aß.
,,Und diese andere Leidenschaft ist was?", fragte plötzlich Hobi. Sein Blick lag prüfend auf mir, sein Kopf war leicht schräg gelegt.
,,Ich designe gerne Kleidung", antwortete ich wahrheitsgemäß.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro