Kapitel 1 - Der Pakt
Und sie beginnt ziemlich normal. Ich hatte mich von meinen Eltern nach King's Cross bringen lassen und steckte in schwarzen Muggelsachen. Über meinem Herzen glitzerte unschuldig das neue Abzeichen. Statt allerdings nach Kindern zu suchen, die Hilfe brauchten, versuchte ich erfolglos meinen riesengroßen Koffer die Stufen hoch in den Zug zu schieben. Da wir noch nicht wieder in der Schule waren durften wir nicht zaubern, schon gar nicht hier am Bahnhof.
„Beeil dich mal ein bisschen, Slytherin. Du versperrst die Tür", sagte eine abfällige Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah mich dem Jungen gegenüber, den ich vielleicht am wenigsten von allen Menschen auf dem Planeten leiden konnte. Er war ein Gryffindor und er war vorlaut und immer von einer kleinen oder größeren Schar Verehrerinnen umgeben. Diesmal waren es zwei.
„Geh dir 'ne andere Tür suchen, McCrowley", fauchte ich. „Für dich haben sie bestimmt extra eine mit rotem Teppich."
„Oh", sagte er und es klang fast entschuldigend.
„Klappe, Hesky", versetzte eine der Verehrerinnen.
„Gibt's Probleme?", ertönte eine neue Stimme und meine Freundin Rin stellte sich neben mich und legte mir ihren Arm auf die Schulter. So wie sie es betonte klang es unmissverständlich so, als würde es gleich Probleme geben, wenn die drei Gryffindors nicht zusahen, dass sie Land gewannen. Das taten sie dann auch mit giftigen Blicken. Rin und ich grinsten uns an und schoben zusammen unsere Koffer in ein Abteil. Für Rin war das einfacher als für mich, sie war groß und kräftig, immerhin trainierte sie als Treiberin seit sie zwölf war.
„Moment mal", sagte sie plötzlich und hielt mich am Arm. Ihr Blick war auf mein Abzeichen geheftet. „Du? Vertrauensschülerin? Wieso um Himmels Willen du und nicht Adalyn?"
Ich hob unwissend die Hände. Adalyn wäre perfekt für den Job gewesen, ehrlich gesagt. Sie war fantastisch darin sich um andere zu kümmern und diplomatisch zu sein, sie war ruhig und beständig und viel weniger nervig als ich. „Vielleicht wird Dumbledore wirklich allmählich alt", schlug ich vor, erntete aber nur ernstes Kopfschütteln.
„Du weißt ja wohl, dass das nicht Dumbledores Idee war."
Ich schwieg.
„Snape hat dich vorgeschlagen. Hätten wir uns eigentlich denken können, oder? Immerhin bist du von uns allen die beste in Zaubertränke und irgendwie mag er dich."
Ich wollte nicht darüber reden. Ja, Snape musste mich für den Posten vorgeschlagen haben. Um mir einen Gefallen zu tun? Dann kannte er mich nicht so gut wie er dachte.
Bald tauchten nacheinander Leslie und Adalyn auf und Rin hatte jede Menge Spaß mit den beiden darüber zu rätseln wieso Snape mir den Job gegeben hatte. Als der Zug endlich losfuhr und die Gänge nicht mehr heillos überfüllt waren, machte ich mich griesgrämig auf den Weg zum vordersten Abteil, wo alle neuen Vertrauensschüler sich treffen sollten. Unterwegs traf ich Elliott. Er hatte letztes Jahr ebenfalls an den Quidditch Testspielen teilgenommen, als Treiber, und war ebenfalls nicht in die Hausmannschaft aufgenommen worden. Seitdem war er in meiner Nicht-Hausmannschaft und wir verstanden uns ziemlich gut.
„Allison!", rief er erfreut und machte Anstalten mich zu umarmen, hielt aber inne, als er das Abzeichen sah.
„Elliott", sagte ich und mein Blick heftete sich auf das Abzeichen an seiner Brust. „Nicht dein Ernst."
Wir fingen an zu lachen. „Dieses Jahr wird der Horror", sagte Elliott schließlich. „Vertrauensschüler, Nicht-Hausmannschaft und die ZAG Prüfungen. Wir sollen wir das überleben?"
„Gar nicht", sagte ich, als ich einen Blick durch die Glasscheibe ins Vertrauensschülerabteil geworfen hatte. Die anderen sechs saßen schon alle drin und belegten die Plätze. Unter ihnen waren auch Ethan McCrowley und eine seiner Verehrerinnen vom Bahnsteig, Vivienne Waters. Höchst unerfreut schob ich die Abteiltür auf. Alle blickten zu Elliott und mir hoch, die beiden Ravenclaws sahen aus als würden sie uns gleich einen Vortrag über Pünktlichkeit halten wollen.
„Hi", sagte das Mädchen aus Hufflepuff. „Ich bin Maisie, das ist Rob."
Alle schauten sie an und sie wurde ein bisschen rot. „Ich finde nur wir sollten uns alle beim Namen kennen, oder nicht?"
„Doch", stimmte McCrowley ihr zu. „Ich bin Ethan, das ist Vivienne."
Die beiden aus Ravenclaw hießen Evan und Taylor. Und dann waren da noch Elliott und ich.
„Warum sollten wir herkommen?", fragte ich genervt.
„Wärt ihr eher hier gewesen, wüsstet ihr das", sagte Vivienne.
Bevor Elliott und ich reagieren konnten schaltete sich der pathologische Gutmensch aus Hufflepuff ein. Rob. „Wir sollen ab und zu durch den Zug laufen und schauen, dass alles gut ist", erklärte er geduldig.
„Schön", sagte ich weit weniger geduldig. „Elliott und ich übernehmen die ersten beiden Stunden, was ihr danach macht interessiert mich nicht."
Ich hatte mich schon halb umgedreht, da sagte Evan aus Ravenclaw: „Da ... wäre noch etwas?"
„Was?", fragte Elliott und ich verdrehte die Augen.
„Letztes Jahr hat Umbridge doch dieses Inquisitionskommando ins Leben gerufen", erinnerte uns Taylor. „Und nur Schüler aus Slytherin waren dabei und ihr hattet alle möglichen Privilegien. Zum Beispiel durftet ihr anderen Schülern Punkte abziehen."
„Ich war nicht im Inquisitionskommando", blaffte ich sie an. „Also was willst du?"
„Ich sage nur, dass es deswegen immer noch böses Blut gibt. Und bevor wir alle hier unser Privileg ausnutzen und uns gegenseitig Punkte abziehen und es Streit gibt, dachten wir, wir sollten das klären."
„Was willst du denn da klären? Umbridge ist weg, das Kommando gibt es nicht mehr. Also alles beim Alten."
„Alles beim Alten", wiederholte Rob kopfschüttelnd, „das war auch vorher schon nicht gut."
„Wir schlagen einen Waffenstillstand vor", sagte Evan. „Jeder von uns zieht ab sofort nur noch Schülern aus seinem eigenen Haus Punkte ab. So einfach ist das. Wir lassen uns gegenseitig in Ruhe."
Alle nickten und schienen mit dem Vorschlag vollauf glücklich zu sein, alle außer McCrowley. „Als ob Slytherin sich daran hält", sagte er spöttisch und schaute herausfordernd zu mir hoch. Ich sah Elliott an, der einen Muskel in seinem Kiefer anspannte und eine Augenbraue hob. Ihm war das Ganze Brimborium egal, er wollte nur genauso wenig wie ich, dass ihm jemand vorschrieb, was er tun oder lassen sollte. Aber noch schlimmer war es, wenn man unsere Ehre als Slytherins in Frage stellte.
„Gut", sagte ich also. „Wir sind einverstanden."
Alle waren überrascht. Das genoss ich vielleicht am meisten.
„Man kann euch Slytherins nicht trauen", sagte Vivienne. „Dein Wort ist nichts wert."
„Du bist nichts wert", erwiderte ich kalt. „Warum macht ihr uns den Vorschlag überhaupt, wenn ihr unsere Zustimmung nicht wollt?"
McCrowley warf Vivienne einen Blick zu und sie sagte nichts mehr. Alle anderen schwiegen ebenfalls. „Also dann. Wenn ihr sonst keine Friedensverhandlungen mehr führen wollt gehen wir jetzt und sehen nach ob irgendjemand den Zug in die Luft gejagt hat."
Elliott kam mit mir zum Abteil in dem Rin und die anderen saßen. Adalyn hatte die Arme um Leslie geschlungen und Leslie döste mit dem Kopf auf Adalyns Schulter vor sich hin. Die beiden waren ineinander verknallt gewesen seit sie sich zum ersten Mal gesehen hatten. Es war nicht weiter verwunderlich, eigentlich. Angeblich ziehen sich Gegensätze ja an. Und Adalyn und Leslie waren nicht nur von den Äußerlichkeiten her gegensätzlich; Leslie mit ihren langen roten Haaren und blauen Augen und ihren immer leicht geröteten Wangen, Adalyn mit der dunklen Haut, den schwarzen Locken und so dunklen Augen, dass sie nur bei Sonnenschein braun wirkten.
Leslie war ein Sturkopf und konnte furchtbar aufbrausend sein, wenn ihr irgendetwas nicht passte. Adalyn war da ganz anders und sie war die einzige, die zu Leslie durchdrang, wenn sie in den Stier-Modus ging.
Die zwei gingen seit zwei Jahren aus und waren zusammen sogar erträglich. Sie verbrachten zwar beinahe ihre gesamte Zeit zusammen, aber als Freundin war es trotzdem noch angenehm dabei zu sein. Und es machte Spaß mit ihnen über McCrowley zu lästern, denn wir alle hatten ein ziemliches Problem mit ihm seit er sich mal darüber lustig gemacht hatte, wir seien zu schlecht für unsere Hausmannschaft. Dabei war er wahrscheinlich zu feige gewesen überhaupt bei Gryffindors Auswahlspielen anzutreten.
Elliott und ich unternahmen regelmäßig Patrouillen durch den Zug und beantworteten sogar Fragen der neuen Schüler. Wir beide hatten inzwischen unsere Uniformen an und ich fühlte mich wohl in meiner Haut. Zumindest wenn ich keine Zeit hatte über bestimmte Sachen nachzudenken.
Im Juli war in London eine Brücke eingestürzt und mehr als dreißig Muggel waren dabei ums Leben gekommen. Die Muggel-Nachrichten redeten von fehlerhaftem Material, aber der Tagesprophet schrieb über Todesser, die Anhänger Voldemorts. Seit vor ein paar Wochen bekannt gemacht wurde, dass er offiziell zurückgekehrt war, passierten immer wieder solche Sachen. Eine ganze Stadt im Norden lag in Schutt und Asche, angeblich wegen eines Sturms, aber wir alle wussten es besser. Leslie und Rin kamen aus Zaubererfamilien und konnten sich mit den vielen sterbenden Muggeln nicht sonderlich gut identifizieren, aber Adalyn war Halbblut. Nicht mal die drei wussten von meiner Herkunft aber sie hatten irgendwann akzeptiert, dass ich keine Fragen über meine Familie beantwortete und auch nie von ihr sprach.
Nachdem der alte Zaubereiminister sein Amt niedergelegt hatte, verkündete sein Nachfolger prompt eine erhöhte Sicherheitsstufe für Hogwarts, die vor allem aus neuen Schutzzaubern bestand, aber auch aus Auroren aus dem Ministerium, die dauerhaft auf dem Gelände bleiben sollten. Auroren waren Leute, deren Beruf es war schwarze Magier zu fassen und einzusperren und das war schon mal besser als Dementoren, die nicht mal Menschen waren, aber dennoch ... vielleicht lag es an mir, aber dieses erhöhte Aufgebot an Auroren machte mich eher nervös, als dass ich mich dadurch sicher fühlte. Dann berichtete der Tagesprophet noch von Harry Potter, der angeblich der einzige war, der Voldemort noch aufhalten konnte. Hatten die Leute, die diese Artikel schrieben, Harry Potter schon mal in ihrem Leben gesehen? Er war ein Typ, der sich nie die Haare kämmte, immer mit denselben Leuten rumhing und eigentlich ganz normal aussah. Ein Junge wie jeder andere. Aber gut, von mir aus konnte er für sonst was auserwählt sein.
Draußen wurde es dunkler während die Landschaft wilder wurde. Die englischen Felder mit ihren Schafen und Kühen wichen schottischen Sümpfen und Mooren. Mein Magen knurrte, als wir im Bahnhof von Hogsmeade einfuhren und Elliott musste mich daran erinnern nicht direkt zu den pferdelosen Kutschen zu laufen, die uns hoch zum Schloss bringen würden. Wir mussten die Erstklässler einsammeln, die nicht von alleine zu unserem Professor für Pflege Magischer Geschöpfe fanden, der, groß wie Halbriesen nun einmal waren, auf dem Bahnsteig stand und „Erstklässler hier rüber!" brüllte. Ehrlich, wenn die Kinder nicht alleine zu dem Kerl fanden, der so groß war wie die verdammte Lokomotive, dann konnte ich denen auch nicht mehr helfen.
Ich blieb stehen und suchte in der wuselnden Menge nach kleinen, verlorenen Gestalten. Der Gryffindor kam mit einer ganzen Horde vorbei. Jedes Kind hing gebannt an seinen Lippen, als er von den sich bewegenden Treppen, freundlichen Geistern und der durchsichtigen Decke der Großen Halle erzählte. In diesem Moment fiel es mir schwer, in ihm den eingebildeten Typen zu sehen, denn eins musste ich ihm lassen: Mit den Kindern hatte er im Gegensatz zu mir den Bogen raus.
Es war schon ziemlich leer als Hagrid die Schar noch einmal durchzählte und murmelte: „Einer fehlt noch."
Elliott hatte sich bereits aus dem Staub gemacht und McCrowley und seine Freundin waren mit mir zusammen die letzten Vertrauensschüler. Wir verteilten uns und McCrowley fand das fehlende Kind, ein kleines Mädchen mit blonden Zöpfen, und brachte es zu den anderen. Sie sah ängstlich aus und sie war von allen die kleinste.
„Keine Panik", beruhigte Ethan sie und beugte sich zu ihr herab. „Alles okay. Bereit für das größte Abenteuer deines Lebens?"
Die Kleine schaute ihn einen Augenblick lang an, bevor sie schüchtern nickte.
Am Ende mussten die beiden Gryffindors und ich uns eine Kutsche hoch zum Schloss teilen.
„Und, bist du schon nervös?", fragte Vivienne mich mit genüsslicher Hochnäsigkeit. „Wegen der ZAG Prüfungen meine ich. Snape wird nicht da sein um dir gute Noten in deinen blassen Hintern zu schieben."
„Dass du schlecht in Zaubertränke bist ist nicht mein Problem", entgegnete ich und streckte den Kopf aus dem Kutschenfenster. Dadurch konnte ich sie nicht mehr hören und sah Schloss Hogwarts mit all seinen Lichtern und Fenstern, Zinnen und Türmen in der Dunkelheit auftauchen.
Vor dem Portal herrschte Gedränge. Filch und zwei Zauberer in weiten braunen Umhängen standen davor und bestanden darauf jeden Schüler mit Sonden zu scannen, die anscheinend nach verbotenen Gegenständen suchten. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich ins Schloss durfte und in der Großen Halle wieder auf meine Freunde stieß.
Sie beobachteten gerade den neuen Lehrer, der zwischen Snape und McGonagall am Lehrertisch saß.
„Der neue für Verteidigung gegen die dunklen Künste?", schätzte ich und zwängte mich neben Leslie auf die Bank. Der Lehrer war kugelrund und kahlköpfig mit einem buschigen grauen Schnurrbart. Er redete auf McGonagall ein, die aussah als versuchte sie nicht genervt dreinzuschauen. Dann entschuldigte sie sich um in der Eingangshalle die Erstklässler in Empfang zu nehmen. Der neue Lehrer blickte sich um und fand Snape zu seiner linken. Snape wirkte so unnahbar wie immer, sein langes schwarzes Haar wie ein Vorhang, sein Blick wie eine Steinmauer. Er wurde nicht angesprochen.
Wenig später geleitete Professor McGonagall die Schar Erstklässler in die Große Halle und der Sprechende Hut eröffnete die Auswahlzeremonie wie immer mit einem Lied. Jedes Jahr sang er über die vier Häuser und welche Qualitäten ihre Schüler auszeichneten. Meiner Meinung nach sah es wie folgt aus: Gryffindors waren unerträgliche Nervensägen und Draufgänger, Ravenclaws waren schreckliche Besserwisser, Hufflepuffs waren Loser, die nirgendwo anders reinpassten und Slytherins waren die, denen alle anderen auf die Nerven gingen. Der Hut stellte es vielleicht etwas romantischer dar, aber das war der Kern des Ganzen. Dieses Jahr allerdings erwähnte der Hut die vier Häuser in seinem Lied nur am Rande. Er sang darüber, Grenzen zu überbrücken und als Einheit zusammenzustehen, um größerem Unheil zu trotzen. Am Ende sagte er sogar etwas darüber, dass es vielleicht gar nicht so weise war, die Schüler überhaupt in Häuser einzuteilen. Danach herrschte Stille und erst als Dumbledore anfing in die Hände zu klatschen, folgten alle anderen zögerlich.
Die Auswahl begann. Das kleine Mädchen vom Bahnsteig wurde eine Hufflepuff. Slytherin bekam vier Jungen und fünf Mädchen dazu und dann, endlich, erhob sich Dumbledore um das Festessen zu eröffnen.
„Es gibt viele ernste Dinge zu besprechen", sagte er milde lächelnd und ließ seinen Blick über die vier Haustische schweifen. „Aber nicht auf leeren Magen. Bitte, haut rein!"
Auf sein Zeichen füllten sich die goldenen Teller und Tabletts mit Speisen und wir waren im Himmel.
„Hey!" Leslie stupste mich an und nickte in Richtung eines breit gebauten Jungen. Auch er trug ein Abzeichen auf seiner Brust, allerdings mit dem Buchstaben M.
„Was zum - Urquhart war letztes Jahr nicht mal im Team! Warum ist er Kapitän?", fragte ich aufgebracht. „Seit wann werden Leute zum Mannschaftskapitän ernannt, wenn sie nicht mal in der Mannschaft sind?"
Leslie hob die Schultern und meinte: „Immerhin war er bei den Testspielen dabei. Er war schlechter als du und Warrington, aber er wollte in die Mannschaft."
„Ich wollte auch in die Mannschaft", entgegnete ich bissig. „Warum hab ich dieses dämliche Abzeichen und er kriegt das da?"
Es stimmte, Urquhart hatte im Testspiel mitgespielt und er war recht mies gewesen. Danach hatte er mein Angebot ausgeschlagen, in der Nicht-Hausmannschaft zu spielen, also konnte er mir gestohlen bleiben.
„Aber vielleicht ist er als Kapitän ja brauchbarer als Montague", merkte Adalyn an. „Vielleicht nimmt er Mädchen auf. Wir sollten wieder zu den Testspielen gehen und es zumindest versuchen."
Ich antwortete nicht. Seit letztem Jahr hatte ich eigentlich gar kein großes Interesse mehr an der Hausmannschaft. Meine eigene kleine Mannschaft gefiel mir besser.
Als wir mit dem Nachtisch fertig waren verschwanden die Speisen und Dumbledore erhob sich erneut mit weit ausgebreiteten Armen. „Den schönsten aller Abende wünsche ich euch", sagte er freundlich und gelassen wie immer. Mein Blick fiel auf seine rechte Hand, die seltsam aussah - als wäre sie abgestorben oder verkohlt. Die Haut war vollkommen schwarz. Das Raunen der Menge machte deutlich, dass so ziemlich jeder in der Halle das bemerkt hatte und Dumbledore schüttelte mit einem gutmütigen Lächeln seinen Ärmel darüber und verbarg die Hand. Er hieß uns alle in der Schule willkommen und ignorierte die seltsame Stimmung in der Halle. Er sprach über die Hausordnung und neue Regeln des Hausmeisters und kam dann auf den neuen Lehrer zu sprechen, den er als Professor Slughorn vorstellte. Dieser erhob sich und strahlte in die Runde.
„Professor Slughorn ist ein ehemaliger Kollege von mir, der sich bereiterklärt hat, seinen alten Posten als Lehrer für Zaubertränke wieder einzunehmen."
„Zaubertränke?", hallte es in der ganzen Halle wider und Leslie, Rin, Adalyn und ich tauschten erstaunte und schockierte Blicke. Schnell warf ich Snape am Lehrertisch einen Blick zu, doch er saß da, stoisch und unbeteiligt wie eh und je.
„Professor Snape indes", sagte Dumbledore lauter, „wird der neue Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste."
Irgendjemand am Gryffindortisch auf der anderen Seite der Halle rief laut „Nein!"
Aber bei uns am Tisch herrschte bessere Stimmung. Es war kein gut gehütetes Geheimnis, dass Snape gern Verteidigung unterrichten würde und sein Haus freute sich selbstverständlich für ihn. Alle jubelten und klatschten und Snape hob eine Hand um uns entweder zu danken oder es abzustellen.
Ich hätte nicht mal wirklich erklären können, warum ich ihn so mochte. Er war unnahbar und distanziert und er war nicht freundlich. Dennoch war da etwas an ihm, das ich nicht beschreiben konnte, doch dieses Etwas hatte ihm meine uneingeschränkte Loyalität gesichert. Vielleicht war es das, was uns Slytherins ausmachte. Wir waren den unseren ergeben.
„Nun, wie alle in dieser Halle wissen", fuhr Dumbledore fort, „sind Lord Voldemort und seine Anhänger erneut auf freiem Fuß und gewinnen immer mehr Macht." Wieder ging ein Raunen durch die Schülerschaft, denn Dumbledore hatte den Unaussprechlichen gerade beim Namen genannt. Er war einer der einzigen, die das jemals taten. So war es auch gewesen, nachdem Cedric Diggory gestorben war und Dumbledore uns allen die Wahrheit über seinen Tod erzählt hatte, obwohl das Ministerium es ihm verboten hatte.
Als er weitersprach, war die Stille in der Halle ohrenbetäubend. „Ich kann nicht nachdrücklich genug betonen wie gefährlich die gegenwärtige Lage ist und wie sehr sich jeder von uns in Hogwarts darum bemühen muss alles dafür zu tun, dass wir sicher bleiben. Die magischen Befestigungsanlagen des Schlosses wurden den Sommer über verstärkt. Wir sind durch moderne und noch wirkungsvollere Mittel geschützt und dennoch müssen wir uns gewissenhaft vor möglicher Fahrlässigkeit eines jeden Schülers oder Mitglieds des Kollegiums in Acht nehmen. Ich bitte euch daher dringend, jegliche Einschränkung aus Sicherheitsgründen zu beachten, die eure Lehrer euch möglicherweise auferlegen, egal wie lästig ihr sie auch finden mögt, insbesondere die Regel, dass ihr während der Nachtruhe außerhalb eurer Betten nichts zu suchen habt."
Wir sollten verdächtige Vorkommnisse den Lehrern oder Vertrauensschülern melden und aufeinander achtgeben. Danach schickte er uns ins Bett.
Durch die Flut der Schüler, die zur Tür drängten, kämpfte ich mich in die entgegengesetzte Richtung vorwärts zum Lehrertisch. Snape hatte mich gesehen und wartete auf seinem Platz auf mich.
„Professor", begrüßte ich ihn etwas außer Atem. „Herzlichen Glückwunsch. Und danke, schätze ich." Ich deutete auf mein Abzeichen und Snape folgte meinem Blick.
„Sie sehen nicht sonderlich zufrieden aus."
„Es war sicher nett gemeint", räumte ich ein.
„Nein", sagte er ausdruckslos. „War es nicht. Es geht nicht um Nettigkeit, sondern darum jemanden auszusuchen, der der Aufgabe gewachsen ist. Was wollen Sie?"
Ich war eine Sekunde erstarrt, erinnerte mich dann aber, warum ich hier war. „Das Passwort. Für den Gemeinschaftsraum."
„Invigoration."
Damit stand er auf und verwand mit wehendem Umhang.
Als ich den Gemeinschaftsraum erreichte stauten sich davor die Schüler. Ich rief das Passwort durch die Menge und es wurde wiederholt, bis sich die Wand vor uns öffnete und uns einließ. Der Gemeinschaftsraum lag unter dem See, deswegen war das Licht immer leicht grünlich. Bei Nacht mochte ich es am liebsten - moosgrünes Licht gemischt mit goldenem Fackelschein. Es gab eine Glasscheibe, durch die man direkt in den See blicken konnte - manchmal saugten sich Grindelohs daran fest und beobachteten das Treiben im Gemeinschaftsraum, manchmal brachten Wassermenschen ihre Kinder her um ihnen die Menschen zu zeigen. Wenn man Glück hatte, konnte man sogar einen Blick auf den Riesenkraken erhaschen.
Weil der Raum im Kerker und unter einem Gewässer lag, war es immer recht kühl. Der Gemeinschaftsraum besaß drei Feuerstellen und jeder Schlafsaal hatte ebenfalls einen kleinen Kamin.
Adalyn und Leslie schoben gerade ihre Betten wieder zusammen, die die Hauselfen jedes Mal in den Ferien wieder auseinanderrückten. Manchmal schliefen die beiden auch im selben Bett, aber beide hatten gern mehr Bewegungsfreiheit beim Schlafen.
Alles in Allem war ich froh wieder hier zu sein. Hier, im Schlafsaal mit den anderen kam mir alles so normal vor. Ich kuschelte mich in mein Bett und schaute zu wie Adalyn Bilder von ihrer Familie aufhängte und lauschte dem Rauschen des Wassers aus dem Bad, wo Rin gerade duschte. Morgen würde der Unterricht losgehen und am Ende des Jahres standen die wichtigsten Jahresabschlussprüfungen unserer bisherigen Laufbahn an: Die Zaubergradprüfungen, auch ZAG genannt. Sie bestimmten welche Fächer wir nächstes Jahr belegen durften und für welche Berufe wir uns somit qualifizierten. Dazu würden extra Richter aus dem ganzen Land anreisen, um uns zu prüfen und objektiv zu benoten. Das hatte Vivienne gemeint, als sie sagte Snape könnte mir keine guten Noten in den ZAGs geben. Unsere Lehrer hatten dabei kein Mitspracherecht. Aber es machte keinen Sinn sich jetzt schon darüber Sorgen zu machen. Also schob ich die Gedanken an die ZAGs von mir und dachte stattdessen an Quidditch.
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Lasst mir Kommentare da oder stimmt ab, wenn euch meine Fic gefällt und ihr mehr lesen möchtet. Ich hoffe, es hat euch gefallen :)
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