-42- ➳ Zwickmühle
Es war kalt.
Und unangenehm hell.
Das grelle Licht stach in meinen Augen und mehrmals musste ich blinzeln, als mich der Wächter in den Raum schubste. Trotz allem verwarf der Raum all meine Erwartungen.
Ein Schreibtisch stand an einem Ende, während eine älter aussehende Chaiselongue, die vor einem großen, doppelflügigen Fenster, platziert war, den Großteil des Raumes einnahm.
Das stechende Licht wurde von einer riesigen Wandlampe ausgestrahlt, doch so langsam gewöhnten meine Augen sich an die Lichtverhältnisse.
„Tut mir Leid für die Wärmeverhältnisse. Doch ich kann mich doch sicherlich damit entschuldigen, dass ich nicht wissen konnte, so schnell Besuch in diesem Zimmer zu empfangen."
Ich zuckte zusammen, als ich Marcus aalglatte Stimme hörte und drehte mich hastig zu ihm um. Er trat gerade durch die Tür, gefolgt von einem Wächter, der sich ausdruckslos an der Tür positionierte.
„Willst du dich nicht setzen, Sophia Smith?" fragte Marcus mich und legte leicht den Kopf schief. Mit einer schweifenden Armbewegung deutete er auf die Chaiselongue und zögerlich, da ich nicht wusste, was ich von dieser ganzen Sache halten sollte, setzte ich mich leicht auf die Sofakante.
„Peterson, Sie können vor der Tür warten. Ich werde Sie reinrufen, wenn ich fertig bin." Ordnete Marcus an und mit einem einfachen Kopfnicken verschwand der Wächter. Die Tür gab nur ein leises Geräusch von sich, als sie erneut in das Schloss einhakte, doch dafür setzte mein Herz einmal aus.
Ich beobachtete mit rasendem Herzen wie Marcus seinen Anzug glattstrich und dann auf mich zukam. Sofort beschleunigte sich meine Atmung und insgeheim fragte ich mich, ob sie mich noch zum Reden zwingen würden. Ein eisiger Schauer jagte meinen Rücken herunter und als Marcus Augen auf meine trafen, konnte ich nicht anders und sah weg.
Leise lachte er auf und ich spürte eine Bewegung neben mir. Das Polster bewegte sich und ich nahm die Präsenz von Marcus, nur wenige Zentimeter von mir entfernt, wahr.
Die Angst, gemischt mit Panik und Wut schoss durch meinen Körper und am liebsten wäre ich aufgesprungen und soweit weggerannt wie es nur ging.
Doch es ging nicht...
„Weißt du, Sophia Smith, irgendwann kommt der Tag, an dem wir uns alle entscheiden müssen, wer wir sein wollen. Und du hast die falsche Wahl getroffen."
Blitzschnell schoss mein Kopf zu ihm hin und in meinem Kopf ratterte es, als ich in Marcus Augen sah. Dunkelbraun. Genau der gleiche Farbton wie die von Liams Augen.
„Was meinst du damit?" meine Stimme klang rauer als sonst.
Seufzend erhob Marcus sich und ging langsam auf das Fenster zu. Es zeigte den Ausblick auf viele kleinere blinkende Lichter, ausgestrahlt von Wolkenkratzern. Der Himmel war in einem tiefschwarz getaucht, aber dennoch konnte man den Mond in seiner vollen Größe scheinen sehen. Das helle Licht hier im Raum bildete dazu einen starken Kontrast.
„Ich wusste nicht, dass wir auf die Freundschaftsebene aufgestiegen sind, Sophia Smith."
Er drehte mich um, sodass er mit dem Rücken zum Fenster stand.
Ich fühlte mich immer noch sehr unwohl und rutschte etwas auf der Sofakante hin und her. Aber ich hatte nichts mehr zu verlieren. Mein Schicksal war bereits beschlossen, alle Hoffnungen erloschen.
Genau deswegen hob ich ein letztes Mal mein Kinn an und sprach mit fester Stimme: „Das sind wir auch nicht, Marcus Payne. Ganz im Gegenteil. Ich habe jeglichen Respekt dir gegenüber verloren."
Leicht neigte er seinen Kopf und musterte mich, als schließlich ein leichtes Lächeln seine Lippen umspielte, bekam ich eine Gänsehaut und augenblicklich bereute ich meinen trotzigen Moment.
„Wusstest du, dass das hier die Skyline von New York ist? Oder besser gesagt, eine Simulation? Die Stadt ist ertrunken, Sophia Smith." Sein Blick wanderte wieder zu der Aussicht und ich tat es ihm mit klopfendem Herzen gleich. „Ist es nicht irrsinnig, dass selbst die Freiheitsstatue binnen weniger Minuten vollkommen verschwunden ist? Das Symbol der Freiheit - einfach weg. Ausgelöscht."
Mein Atem stockte und ich blinzelte. Er verharrte immer noch in seiner Position, sodass ich nur auf seine Rückenansicht starren konnte. Und genau in diesem Moment erinnerte er mich an Liam. An Liam, der mir das simulierte Meer gezeigt hatte.
Schon damals hatte ich das Gefühl gehabt, zu ertrinken...
„Beinahe lustig ist es, dass die Menschen früher so naiv waren. Sie sahen diese einfache Statue, die den Frieden, die Freiheit und die Freude am Leben verkörpern sollte und dachten, dass es so auch sein müsste. Allein diese Statue sollte sie vor allem beschützen, doch schlussendlich kann auch ein Gerüst aus Eisen und Stahl nichts gegen den Verlauf der Zeit anrichten. Sie alle dachten, sie hätten nichts zu verlieren, aber erst als sie vor dem kompletten Nichts, der vollkommenden Zerstörung standen, wussten sie, was sie wirklich alles verlieren konnten. Sie haben ihr Recht auf Leben weggeschmissen, genauso wie das ihrer Familien, kaum zu glauben, oder? Aber wenn man näher darüber nachdenkt..." Innerhalb einer Sekunde drehte er sich wieder zu mir um, das Lächeln war immer noch in seinem Gesicht. „Sophia Smith, wie geht es deinen Geschwistern? Deiner Mutter?"
Mein Herz setzte für einen Schlag aus und es fühlte sich so an, als hätte mir jemand gegen die Brust geschlagen, all den Sauerstoff aus meinen Lungen getrieben. Geschockt konnte ich nichts anderes machen, als ihn anzustarren.
„Es tut mir schrecklich Leid wegen den Unannehmlichkeiten mit deinem Vater, aber wie soll ich es ausdrücken? Wir durften nichts riskieren. Bevor du auf die Fairness plädierst, der Wächter, der in der Kantine deines Vaters etwas zu laut geredet hat, ist auf tragische Weise bei einer Auseinandersetzung im Skyscraper Nord 33 ums Leben gekommen..."
Ich bekam immer noch keine Luft und Marcus schien die Situation recht amüsant zu finden.
„Aber du hast mir immer noch keine Antwort gegeben... Ich habe gehört, deine Schwester, Clovy Smith, nicht wahr?, hat seit ihrer Geburt eine..."
Urplötzlich fand ich meine Stimme wieder und unterbrach ihn zischend. „Lass meine Familie aus deinem perfiden Spiel!"
Amüsiert verzog Marcus seine Lippen etwas mehr und leicht schüttelte er den Kopf. „Aber, aber, Sophia Smith. Wie soll ich dies denn tun? Ich weiß sehr wohl über die kleinen Handlangerdienste deines Bruders Bescheid. Niall reißt wohl jeden mit in den Abgrund, nicht wahr?" Er zwinkerte mir zu, wohlwissend, dass ich mich vor Schock nicht mehr regen konnte.
Sekunden versetzt kam die Panik und nahm mir erneut die Luft zum Atmen.
Langsam hob ich meinen Blick und sah wieder in diese braunen Augen, die mich so sehr an die von Liam erinnerten. Auch er hatte ein Spiel gespielt. Genau wie Niall. Die drei waren sich ähnlicher, als sie sich wohl eingestehen würden.
Aber was auch immer dies hier für ein Spiel sein würde.
Ich wusste auf einen Blick, dass ich bereits verloren hatte.
„Was willst du, Marcus Payne?" Meine Stimme wurde von einem zittrigen Tonfall begleitet, den ich nicht kontrollieren konnte und vor Angespanntheit ballte ich meine Hände zu Fäusten.
Das Lächeln verschwand nicht von Marcus Lippen und ich entwickelte einen unendlichen Hass auf dieses.
Es schien, als würde dieses Lächeln Unheil verkünden. Egal ob Vater oder Söhne es lächelten.
„Ich möchte, dass du den Platz als Freiheitsstatue einnimmst, Sophia Smith." Er sprach die Worte aus, als würde er darum bitten, ihm Tee zu holen. So wie Liam.
Die Bedeutung, die mir noch nicht ganz klar wurde, der Wörter bohrte sich in jede Faser meines Körpers und langsam stand ich auf.
„Was soll das heißen?"
Marcus gab ein Zeichen, dass ich mich wieder setzten sollte und ich tat dies. Meine Beine zitterten so sehr, dass ich wahrscheinlich auch nicht mehr länger auf diesen ausgehalten hätte.
„Tief in deinem Inneren weißt du bereits, was das bedeutet, Sophia Smith. Sicherlich ist dir unsere momentane Lage hier im Skyscraper Nord 44 bewusst?" Ohne auf eine Antwort zu warten fuhr er fort: „Durch den Ausfall unserer Hauptstromquelle, dem Wasserkraftwerk Nord 44, haben wir nicht mehr die benötigte Strommenge. Die ersten Handhabungen waren die erhöhten Strompreise, doch hier oben, wo jeder so viel Geld wie ihr Sorgen hat, ist das nur etwas, was Nebenbei erzählt wird. Es interessiert keinen. Der Strom ist immer noch von Nöten, die Solarzellen helfen dort kaum aus und das Wasserkraftwerk des Skyscrapers 39 kann nicht auf Dauer uns mit versorgen. Dort hat es bereits auch schon zu Stromausfällen geführt..."
„Und deswegen wolltet ihr den Sektor eins isolieren..." unterbrach ich ihn und urplötzlich wurde die Angst durch Hass auf Marcus und seinesgleichen ersetzt.
„Doch dabei wird es nicht bleiben, Sophia Smith." Meinte Marcus Payne kühl, während er sich gegen die Wand lehnte. „Ein Fünftel der Bevölkerung hat überlebt und warten nun auf die Unterstützung der Regierung. Sie wissen nicht, dass wir für ihr Leid erst zuständig waren. Doch vier Fünftel ist zu wenig, um den Stromverbrauch auszubalancieren. Als nächstes wird Sektor 2c kommen, dann Sektor 2b.... Was sagtest du nochmal? Deinen Geschwistern geht es gut? Doch für wie lange?"
Eine Stimme schrie in meinem inneren und rasend vor Wut sprang ich erneut auf. Das Zittern in meinen Beinen war verschwunden, an dessen Stelle wurde das Adrenalin durch meinen Körper gepumpt. Allein bei der Vorstellung, dass die Tiere auch in unsere Wohnung kamen...
Clovy hätte nicht die geringste Chance und mit ihr wären Mum und Sam zu langsam....
„Wie kannst du es wagen!" schrie ich und wollte auf ihn zu stürmen. Ich sah nur noch Rot. Genau das gleiche Rot, wie das vom Blut des Wächters, das langsam den weißen Teppich verfärbt hatte. Genau das gleiche Rot, das wahrscheinlich nun den ganzen ersten Sektor kennzeichnete.
Das gleiche Rot, das wahrscheinlich auch Eleanor, meine beste Freundin, vergossen hatte.
Und alles nur wegen ihm.
Der Mann vor mir, Marcus Payne, der über die Auslöschung meines Sektors, meiner Familie, sprach, als wäre es eine banale Sache. So als wäre es eine einfache Lösung für ein einfaches Problem.
Doch bevor ich ihn erreichte, hob er mit unbeeindrucktem Gesichtsausdruck die Hand und komischerweise stoppte ich. Rasend vor Wut und Panik ballte ich meine Hände zu Fäusten und stand so dicht an Marcus, dass ich ihm mit meinen Fingernägeln das Gesicht zerkratzen könnte.
„Das würde ich nicht tun." Sprach er plötzlich aus, so als hätte er meine Gedanken gelesen. „Und warum?" zischte ich und konnte mich nur schwer unter Kontrolle halten, als er weiterhin lächelte. „Weil du nicht einmal mir wahrhaftig wehtun könntest, bevor Peterson reinkommen und dich überwältigen würde. Außerdem würdest du dann deine einzige Chance auf die Rettung vieler Menschenleben vergeuden... Kannst du das verantworten? Willst du deine Familie tot sehen, nur weil du mit einem kleinen Kratzer auf meiner Wange etwas Genugtuung finden würdest?"
Mein Atem ging unregelmäßig, doch ich blieb still. Wir kannten beide die Antwort.
Niemals würde ich etwas über das Leben meiner Familie stellen.
„Siehe dich als Freiheitsstatue. Du kannst sie alle retten, oder untergehen und sie mit dir reißen..."
„Wie kann ich verhindern, dass ich untergehe?" sprach ich langsam und trat einen Schritt nach hinten, da ich es nicht ertragen konnte, einem Mann, den ich so sehr hasste, so nahe zu sein.
„Indem du das Wasserkraftwerk wieder in Gang setzt und somit die Hauptstromquelle wieder in Gang setzt..."
Seine Aussage traf mich frontal im Gesicht und für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, nach hinten wegzufallen. Vielleicht fiel ich wirklich, vielleicht auch nicht.
Doch das einzige woran ich nur denken konnte, war, dass er mich genauso wie Dad nach draußen schicken würde.
Dad hatte Recht. Er hatte die ganze Zeit Recht...
„Ich würde es niemals alleine schaffen, es ist ein Todesurteil. Es ist das Todesurteil der gesamten unteren Sektoren..." keuchte ich. Meine Sicht verschwamm und klärte sich erst, als ich mehrmals blinzelte.
„Oh, Sophia Smith, wer hat denn gesagt, dass du alleine bist?"
Sofort riss ich meinen Kopf hoch. Ein Schwindelgefühl breitete sich in meinem Körper aus, doch ich fixierte mich dennoch auf Marcus, der immer noch leicht lächelnd den Kopf schief gelegt hatte und seine Hände ineinander verschränkt hatte.
„Alle eurer kleinen Bande, euch hätte eh das Exil erwartet. Niall, Megs, Christopher, Harry, die, die unten überlebt haben: Mason, Jenia. Warum versucht ihr nicht vor eurem Tod das Leben anderer zu retten? Und selbst wenn ihr scheitert, hier oben wäre es nicht weiter bemerkenswert. In zwei, drei Monaten würde sich die Sorge um erneute Tierangriffe auch hier legen...."
Mein Herz schien zu explodieren und meine Gedanken rasten. Verzweifelt versuchte ich alle Puzzleteile zusammen zu fügen. Er sprach von Jenia und Mason, also hatten die beiden überlebt. Aber warum, warum zur Hölle gab er uns die Chance, wenn er doch schon sagte, dass es ihn nicht wirklich interessierte, ob ein paar hundert Menschen mehr oder weniger im Skyscraper Nord 44 leben würden.
Doch dann traf mich die Erkenntnis wie ein Faustschlag in den Magen und mein Blick bohrte sich wieder in den von Marcus. „Du hast nicht die Einverständnis des hohen Rates, habe ich Recht?"
Daraufhin warf Marcus seinen Kopf in den Nacken und lachte.
Und sein Lachen jagte mir erneut tausende kleine Schauer den Rücken hinunter.
„Du hast keine Ahnung von Politik, Sophia Smith. Es ist nur eine Frage der Zeit bis ich Minister Rosewood vollkommen davon überzeugt habe. Man kann ihn leicht beeinflussen, nur die Imperatoren brauchen etwas mehr Überzeugungskraft. Bisher weiß nur unser nördlicher Imperator Bescheid und gibt erst seine Erlaubnis, wenn alle anderen Lösungen fehlgeschlagen sind. Strompreiserhöhung: Fehlgeschlagen und nun kommen wir zur zweiten von drei Lösungen: Die Reparatur des Wasserkraftwerkes. Gefolgt von der dritten, die Eliminierung der niedrigeren Sektoren."
Seine Worte fuhren mir durch Mark und Bein und ich spürte, wie meine Beine wieder anfingen zu zittern. „Aber was ist mit einer Umsiedlung?" warf ich ein.
„Es gibt nicht genügend Platz. Kein anderer Skyscraper würde solche Massen aufnehmen, besonders nicht von so einem geringen Stand. Und hier oben wollen wir sicherlich auch keine im Wohnzimmer sitzen haben..."
„Und stromsparende Möglichkeiten in den höheren Sektoren? Strom wird hier oben doch zum Fenster rausgeschmissen! Keiner braucht bunte Wasserspringbrunnen und riesige Werbetafeln!" Meine Stimme wurde immer hektischer und aufbrausender, genauso wie meine Gedanken.
„Das glaubst du doch nicht ernsthaft. Wenn jemand sich erst einmal daran gewöhnt hat, gibt keiner den Luxus so schnell mehr auf. Solange sie glücklich und zufrieden in ihrer Welt leben, kann man sie leicht unter Kontrolle halten. Nur deswegen kann ein Leben in den Skyscrapern überhaupt möglich sein!"
„Was seid ihr eigentlich für herzlose Monster?" Ich konnte nicht verhindern, dass mir Tränen, vor Wut und Verzweiflung in die Augen schossen und wütend wischte ich sie mir weg.
„Sophia Smith, das ist die Menschheit."
Für einen kurzen Moment war es still. Wir standen uns gegenüber, er mit dem Rücken zum Fenster, ich mit dem Rücken zur Chaiselongue. Ich merkte, wie er mich ganz genau beobachtete, doch ich starrte stur auf die simulierte Skyline von New York.
In der Schule hatten wir darüber etwas gelesen.
Einst war New York die Weltstadt ohnehin. Es war das Machtzentrum der Banken, all jener der vermögend war, hatte dort seinen Sitz.
Doch das, was der Krieg nicht zerstört hatte, hatte sich die Natur wiedergeholt.
New York war versunken wie Atlantis und glich nun nur noch einer sehr alten Legende. Umso erdrückender war die Aussicht. All die riesigen Gebäude, all das Leben... Innerhalb weniger Minuten ausgelöscht.
Genauso wie es jetzt mit den unteren Sektoren passieren sollte...
Und ich sollte von allen die unbewusste Freiheitsstatue sein.
„Und Sophia Smith, wozu entscheidest du dich?" fragte Marcus mich und aus den Augenwinkeln sah ich, dass er mich immer noch beobachtete.
„Hatte ich überhaupt je eine Wahl?" sprach ich meinen Gedanken aus.
„Oh Sophia Smith..." Selbst sein Lächeln konnte ich aus seiner Stimme heraushören. „Jeder hat eine Wahl. Und du hattest sie, als du beschlossen hast, für deine Schwester zu kämpfen und dabei alles zu riskieren. Du hast dich selbst dafür entschieden."
Mein Kopf ruckte zu ihm hin, ungläubig darüber, dass er tatsächlich diesen Fakt in dem komplexen Puzzle wusste. Er schien meine Erstauntheit zu bemerken und beantwortete langsam meine unausgesprochene Frage: „Selbst ein Blinder würde deine Beweggründe erkennen, also verleugne sie nicht. Und falls du nur noch ein Funken dieses Grundes in dir trägst, steht die Entscheidung schon fest. Doch ich kann dich gerne noch einmal vor die Entscheidung stellen..."
Er machte eine Kunstpause, drehte sich etwas zum Fenster und fuhr mit dem Zeigefinger über das Fenster. „Entweder du gehst ins Exil und fällst somit dein eigenes Schicksal sowie das von hunderten anderen, indem du stillschweigend auf dein Ende wartest, oder jedoch du nimmst den Rucksack an und begibst dich auf den Weg zu den Wasserkraftwerken im ehemaligen England..." Er drehte sich wieder zu mir. Braune Augen trafen auf meine grünen, als er weitersprach: „Es liegt bei dir, ob du untergehen willst oder nicht..."
Als sich die Stille wieder zwischen uns breitmachte, fing ich langsam an zu nicken, warf einen letzten Blick auf den Mond über die blinkende Skyline von New York und fragte: „Und was passiert danach?"
„Falls ihr es schafft?" fragte Marcus nach und fuhr sich mit dem Finger an seinem Kinn entlang: „Dann habt ihr noch eine letzte Tag begangen, die ihr stillschweigend mit ins Grab nehmen werdet..."
Mein Herz rutschte mir weg. Und ich vergaß ein weiteres Mal, wie es ging zu atmen.
Es war ein Himmelsfahrtkommando. So oder so. Egal in welche Richtung man dachte, das Ende war immer das Gleiche.
Der Tod war immer der Gewinner.
Ich schluckte schwer. „Okay."
Sie konnten es nicht riskieren, dass wir danach plaudern würden.
Dass wir der Bevölkerung von den Schandtaten der Regierung erzählen würden, wobei es doch hätte diese bessere Lösung gegeben.
Wir sollten still und heimlich sterben. Und das Leben hunderter Menschen würde von uns abhängen.
„ich gebe dir bis morgen Zeit deine Entscheidung zu treffen, Sophia Smith. Ich denke, die Verhandlung vor dem Ministerrat können wir uns sparen, da der Deserteur für den Gasrohrbruch zuständig war..."
Ich schluckte.
Es gab keine Verhandlungen mehr.
Auch wenn ich darin keine Hoffnung gehabt hätte, hatte es etwas furchtbares Endgültiges zu wissen, dass man nicht mehr über mein Schicksal diskutieren musste, da dies bereits besiegelt war.
„Bis morgen, Sophia Smith..." Marcus Payne nickte mir einmal zu, nun war auch das Lächeln von seinem Gesicht verschwunden und er war wieder der Mann, den ich aus den Nachrichten kannte. Unnahbar und kalt.
Nun wusste ich aber, dass dies keine Maske war.
Ich drehte mich nicht um, als er hinter mir die Chaiselongue umrundete und die Tür öffnete. Als sie wieder ins Schloss fiel, zuckte ich zusammen. Ein Doppelklicken ertönte und symbolisierte mir damit, dass man mich eingeschlossen hatte.
Dies hier war meine persönliche Zelle.
Meine Zwickmühle.
Und morgen sollte ich Marcus Payne meine Entscheidung mitteilen.
Eine, die ich bereits schon längst getroffen hatte.
~
(29.12.2015)
Und hier mit wird vielleicht so einiges klar...
Ich weiß nicht, was ich sonst noch zu dem Kapitel sagen kann, außer, dass ich mich echt amüsiert habe, wie ihr auf das letzte Kapitel reagiert habt. Wenn ich ehrlich bin, hab ich gar nicht damit gerechnet, aber umso mehr freue ich mich.
Auch, dass ich euch etwas Angst machen konnte. Damit, was auf Sophia wartet... Aber dies hier war doch nur halb so Schlimm, wie es sich so mancher vorgestellt hat. Ja, ich weiß jetzt, wer sich angesprochen fühlt.... xD Da wurde mir sogar schon gedroht... :'D
Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr, da dies hier das letzte Kapitel in dem Jahre 2015 bei Skyscraper sein wird.
Bevor ich es vergesse, wie ich es bereits beim letzten Kapitel vergessen habe.. (ja sorry, jetzt kommt Eigenwerbung xD) Ich habe seit Kurzem auch eine neue Geschichte veröffentlicht, die sich auch in dem Genre Dystopie wiederfindet. Falls ihr also Lust habt, könnt ihr 'Shattered' auf meinem Profil finden.
Das wars aber auch schon von mir.
Feiert schön Silvester und kommt gut ins neue Jahr! <3
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