-25- ➳ Sorgenfreier Juni
Ich öffnete die Tür zum Waschraum und wollte mich gerade erschöpft umziehen, als ich von einer freudestrahlender Leo überrascht wurde.
„Was machst du denn hier? Hast du dir nicht frei genommen? Ist was passiert?"
Sie jedoch viel mir nur um den Hals und sprach mit einer unnatürlich hohen Stimme: „Sophia! Ich bin Tante eines kleinen Mädchens! Sie ist so süß, oh mein Gott, du musst sie sehen!"
Ich drückte meine Freundin etwas von mir weg und betrachtete sie erstaunt. Als ich dann realisierte, was es bedeutete, schlich sich ein breites Lächeln auf meinem Gesicht und sofort schlang ich meine Arme wieder um sie. „Herzlichen Glückwunsch! Wie geht es Syra?"
Mit glänzenden Augen drehte sich Leo mehrmals im Kreis, sodass ihr gelbes Kleid etwas nach oben flog, doch es war ihr egal.
„Ihr geht es gut... Syra geht es gut..." Dabei fing sie an zu lachen und hob die Hände gen Decke. Schmunzelnd musste ich meinen Kopf schütteln, erschrak aber, als sie plötzlich nach meinen Händen griff und mich mit sich mitziehen wollte.
„Was hast du vor?"
„Du musst meine Nichte sehen!" Leo sprang auf und ab und ihre braunen Locken folgten jeder ihrer Bewegungen. Im ersten Moment war ich wie verzaubert, doch dann landete ich knallhart wieder in der Realität. Es war eine Sache Syra bei ihr in der Wohnung in Sektor 15a zu besuchen, aber eine völlig andere, einfach so zu einem Baby-Besuch ins Krankenhaus von 15c zu marschieren...
„Leo..." stockte ich und machte mich los. „Ich werde sicherlich nicht dort reinkommen. Du weißt, wie die Vorschriften sind..."
Sie wusste, dass ich eine 2b war und nur mit einer Genehmigung einen Ort besuchen durfte, der allein für die Bewohner eines strikten Sektors war.
Leo ließ jedoch nicht von ihrer guten Laune ab und schüttelte den Kopf. „Ach Quatsch. Du bist bei mir und Bryan wird dir schon eine Genehmigung besorgen. Es ist doch nur ein Besuch und keine Behandlung. Und nun zieh dich schnell um, sonst sind die Besucherzeiten gleich wieder vorbei... Oh Gott, Babys wachsen doch schnell, oder? Stell dir mal vor, sie wächst innerhalb weniger Tage so schnell, dass ich kaum hinterher komme mit den Besuchen... Mama hat schon die Kamera rausgeholt und viel zu viele Fotos geschossen... So viel Platz haben wir an der Wand gar nicht mehr, also müssen wohl oder übel meine alten Kinderfotos weg... Aber oh Gott, für die süße June würde ich jeden Platz der Welt räumen... Nun beeile dich, Sophia! Du musst sie sehen!"
Leo redete ununterbrochen, während ich mich in einem Rekordtempo umzog. Kaum hatte ich mich in meine Hose gestrampelt und war in meine Stiefel geschlüpft, da nahm Leo mich schon an der Hand und zog mich hinter ihr her.
Mit gemischten Gefühlen folgte ich Leo, die mich zielstrebig durch den Sektor 15c zum Krankenhaus führte. Alles war hell erleuchtet und ein simulierender Sonnenuntergang würde mir all meine Sinne rauben, wären da nicht die Blicke von den Menschen, die ich mehr als deutlich auf mir spürte. Mehrmals musste Leo Wächtern versichern, dass sie ihre Begleitung war und eine Genehmigung vom Krankenhaus bekommen würden. Mir war mehr als unwohl zu mute.
„Wir sind gleich da." Leo grinste mir über die Schulter aufgeregt zu und lotste mich an einem Springbrunnen in einen neuen Korridor. Ein paar Wohnungstüren, fein säuberlich angestrichen und mit einem Messingschild versehen, reihten sich hier an einander. Hin und wieder wurde die Wohnreihe durch ein kleines Geschäft unterbrochen und als wir auf dem zweiten Sammelplatz ankamen, fragte ich mich, wie es wohl wäre, hier zu leben. 15c war noch etwas beeindruckender als 15a, der Wohnort von Syra und Bryan, dann wollte ich gar nicht erst wissen, wie es in 20c aussah.
Wie wäre es, in einer Welt voller Licht, frischer Luft, Sonnenschein und Spaziergängen zu leben, anstatt in einer voller Dunkelheit, Müll, verrauchten Pubs und Streitereien um den letzten Brotlaib auf dem Markt.
Bevor ich schlechte Laune bekam, richtete ich meinen Blick auf die strahlend weiße Wand vor mir. Über eine breite Doppelflügelige Glastür hing das vertraute Rote Kreuz, das die medizinische Versorgung symbolisierte. Mum arbeitete auch in solch einem Gebäude.
Auch wenn sich das mehrere Etagen tiefer befand und sicherlich nicht einmal ein Zehntel von diesem hier war.
Lautlos glitten die Türen beiseite und wir schritten durch die kleine Empfangshalle auf den Tresen zu, hinter der eine Frau mit zurück gesteckten roten Haaren saß. „Was kann ich für Sie tun." Fragte sie freundlich und schenkte uns beiden ein aufgesetztes Lächeln. „Wenn es sich um einen Notfall handelt, werde ich sofort Dr. Coates rufen lassen..."
An ihrer schwarz-weiß karierten Bluse hing ein Namensschild. Mira Andersson.
Für einen kleinen Augenblick blieb ihr Blick an mir hängen, doch schnell wanderte ihr Blick wieder zu Leo. Aber nicht schnell genug. Ich wusste, dass ich nicht sonderlich erwünscht war, aber 15c war ein relativ hoher Sektor und hier wurde verlangt, dass das Personal freundlich war.
„Ich bin die Schwester von Syra Knowles, Leore Delin. Sie hat heute Morgen entbunden und ich war vorhin schon hier. Meine Bescheinigung ist schon hinterlegt worden..."
„Natürlich, einen Moment bitte, Ms. Delin." Mira Andersson schenkte ihr ein freundliches Lächeln und widmete sich dann ihrem Tablet, tippte dort drauf herum und nach ein paar Sekunden ertönte ein leises surrendes Geräusch. Ich beobachte sie dabei, wie sie aufstand, zur Schaltfläche ein paar Schritte hinter dem Tresen auf ihren Absatzschuhen stöckelte und zwei Papierstreifen aus dem Drucker zog.
Immer noch lächelnd kam sie wieder auf uns zu und meinte: „Ich habe hier eine Aufenthaltsbescheinigung für Leore Delin und eine gewisse Sophia Smith – ich nehme an, das sind Sie?" Sie bedachte mich mit einem freundlichen Blick und ich nickte nur.
„Dann brauche ich noch einmal bitte eure ID-Karten zur Registrierung." Schweigend reichten wir beide ihr sie und nach nur ein paar Sekunden bekamen wir sie wieder.
„Das wars auch schon. In Bereich A2 werden sie von meiner Kollegin erwartet. Miss Smith, sie müssen leider noch einmal durch die Grundreinigung. Dies ist für Besucher unter Sektor 9 verpflichtend, da wir Krankheitskeime so gut es geht meiden wollen. Aber keine Sorge, es wird nicht länger als zehn Minuten dauern." Sie schenkte mir erneut ein Lächeln, aber ich nickte nur und wendete mich dann zu Leo, die sich bei der rothaarigen Ärztin bedankte und dann den Weg zum Bereich A2 einschlagen wollte.
„Ach und herzlichen Glückwunsch! June ist wirklich ein hervorragender Name!" zwitscherte Mira Andersson uns hinterher und ich verdrehte meine Augen.
„Insgeheim hasst sie mich doch." Grummelte ich leise und Leo flüsterte genauso leise zurück: „Insgeheim wollte ich ihr das dämliche Grinsen aus dem Gesicht wischen."
Wir sahen uns beide an und brachen dann in schallendes Gelächter aus.
Ein paar Leute sahen uns verwirrt an, doch uns war es egal. Mir war es nun auch egal, dass ich durch weiße Gänge an Büros vorbei lief und überall mit skeptischen Blicken bedacht wurde. Die Wächter wirkten mit ihrer schwarzen, bedrohlichen Uniform regelrecht fehl am Platz und das einzige was die daran hinderte, mich wieder in den Fahrstuhl, paar Etagen tiefer fahrend, hinderte, war die Aufenthaltsgenehmigung, du mir Leos Familie besorgt hat.
Es tat gut ohne jegliche Sorge und lachend an den Wächtern vorbei gehen zu können, wissend, dass sie mir diesmal nicht schaden konnten.
Die Krankenschwester, die auf uns im Bereich A2 wartete war eine haargenaue Kopie von Mira Andersson. Die einzigen Unterschiede waren, dass auf ihrem Namensschild Polly Hills stand, sie eine ID-Karte um den Hals trug und die hochgesteckten Haare nicht in einem kupferrot, sondern in einem ascheblond glänzten.
Entschuldigend lächelnd bat sie Leo und mich in den Waschraum. Während Leo sich nur die Hände desinfizieren musste, reichte mir die ein Duschset, sowie ein Beutel, auf dem Besucher Größe 36 drauf stand. Als erstes betrachtete ich beides nur verwirrt, aber als Krankenschwester Polly mich dann in eine Dusche schob, ging bei mir ein Licht auf.
Einerseits empört darüber, dass sie meine Hygiene so schlecht einschätzten, anderseits voller Freude auf die erste richtige Dusche in meinem ganzen Leben protestierte ich nicht. Aber als Polly Hills mir dann ihre Hilfe lächelnd und Augenklimpernd anbot, wehrte ich schnell ab. Als sie dann den Raum mit den Worten verließ, dass das Wasser drei Minuten lang verschiedene Säuberungsetappen durchlief, wusste ich, dass sie insgeheim froh war, nicht einer 2b wie mir zu helfen.
Bevor ich aus meinen Sachen schlüpfte, sah ich mich misstrauisch um. Man wusste ja nie, ob hier irgendwo Überwachungskameras hingen. Als ich jedoch nichts anderes als die strahlend weiße Kachelwand erblickte, schloss ich die Duschtür und stellte mich unter die Brause.
Auf einmal wurde ich etwas unsicher, dann jedoch drückte ich den einzigen Knopf, den es hier gab und mit einem Piepen wurde eine kleine Anzeigetafel zu meiner rechten Seite angezeigt. Gerade als ich sie mir näher anschauen wollte, rasselte das Wasser auf meinem Kopf und das wars mit der Interesse an den vielen Formeln, Ziffern und Abbildungen.
Es war himmlisch.
Ich war im Himmel.
Deswegen war alles weiß.
Für einen kurzen Moment beobachtete ich fasziniert, wie das Wasser zuerst verdreckt in den Abfluss rinn und schließlich immer klarer wurde.
Dann konzentrierte ich mich wieder voll und ganz auf das Gefühl, dass das lauwarme Wasser auf meiner Haut hinterließ. Nach ein paar weiteren Sekunden, die ich wie in einem Dämmerzustand verbrachte, ertönte ein leises Piepen und der Wasserstrahl veränderte sich. Ein Geruch, nach Desinfektionsmittel und Rosenblätter machte sich in der Duschkabine breit und stieg mir in die Nase. Im ersten Moment zuckte ich zusammen, als der härtere Wasserstrahl auf meine blauen Flecke traf, doch dann entspannte ich mich und genoss die Wassermassage auf meinem Rücken.
Es piepte erneut und das Wasser wurde abwechselnd warm und kalt. Grinsend hob ich mein Gesicht zur Brause, ließ das Wasser in meinen Mund laufen, bis es wieder an meinen Mundwinkeln entlang rinn. Es schien, als würden all meine Sorgen und Probleme für diesen Moment von mir abgespült und mit dem Wasser in den Abfluss gerissen werden...
Viel zu schnell war es vorbei und seufzend griff ich nach einem einfachen weißen Handtuch, um mich trocken zu reiben.
Das waren die schnellsten drei Minuten meines Lebens, die sich dennoch aber in einer gewissen Weise zu einer kleinen Unendlichkeit hingezogen haben.
Kaum war ich in die Klamotten – eine, mir viel zu weitgeschnittenen und rutschenden Jeans und einem einfachen grauen T-Shirt – geschlüpft, öffnete sich die Tür und Polly kam wieder herein.
„Die Dusche ist toll, finden Sie nicht, Ms. Smith? Sie riechen nun so toll nach Rosen, da kann man ja glatt neidisch werden." Lächelnd machte sie sich, ohne mich zu fragen, an meinen nassen Haaren zu schaffen und steckte sie in einen ordentlichen Dutt hoch. Sollte ich ihr verraten, dass so etwas nie lange bei mir hielt?
„Ich werde Ihre Sachen hier lassen, damit Sie sich nachher wieder umziehen können. Ihr ganzer Körper wurde bereits desinfiziert, Ihre Begleiterin, Miss Delin, wartet bereits. Wollen wir nun zu Mrs. Knowles gehen? June ist ja so ein entzückendes Mädchen!"
Ich war so entspannt und glückselig, dass ich mich noch nicht einmal wegen dem falschen Lächeln und der mehr als deutlich heraushörender vorgetäuschter Europhie ärgern konnte...
Polly Hills führte uns zu einem kleinen Zimmer und drückte ein weiteres Mal mit einem Lächeln, das jedem hier wie ins Gesicht gemeißelt schien, ihre Freude über die Geburt von Leos Nichte aus. Dann betraten wir das Zimmer, nachdem wir vorsichtig angeklopft hatten.
Es war nicht sonderlich groß. Ein Bett nahm den größten Teil ein, genauso wie dem mit Blumen, Luftballons und kleinen anderen Geschenken vollgestellten Nachtschrank.
Syra lag halb sitzend im Bett unter einer dicken Decke, ein kleines Bündel in dem Arm und Bryan saß neben ihr auf einem Stuhl. Beide strahlten uns entgegen, als wir auf sie zukamen.
„Sophia!" rief Syra begeistert und schaukelte dabei das Bündel in ihrem Arm hin und her. Erst als ich näher heran trat, bemerkte ich, dass es das Baby war.
„Herzlichen Glückwunsch euch beiden." Meinte ich überwältigend und konnte kaum meinen Blick von dem kleinen Mädchen nehmen. Bryan jedoch stand auf und schloss mich in eine Umarmung. „Danke."
Leo ging gleich zu Syra, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und beugte sich dann zu ihrer Nichte herunter. „Na du kleine Maus. Ich bin's wieder, die coolste und hübscheste Tante, die es in den gesamten Skyscrapern gibt. Du kannst verdammt stolz darauf sein... irgendwann, wenn es dir klar wird, zumindest."
Syra warf mir einen Blick zu und verdrehte die Augen. Dabei lächelte sie aber.
„Und das hier ist Sophia. Sie ist auch echt cool, nicht ganz so cool wie ich, aber mit der darfst du auch spielen." Als Leo mir grinsend ein Zeichen gab, dass ich näher kommen sollte, ging ich etwas auf das Bett zu und beobachtete wie June friedlich in den Armen ihrer Mutter schlief.
„Wir zeigen dir, welcher junge cool ist und welcher nicht. Wehe du schleppst mir als deine Tante so einen Möchtegern-Macker an."
„Hey!" meldete sich sofort Bryan zu Wort und verscheuchte Leo von seiner Tochter. „Meine Prinzessin wird gar keine Jungs anschleppen. Da sperre ich sie lieber ein."
„Du wirst ganz sicher nicht unsere Tochter einsperren, Bryan." Meldete sich nun auch Syra amüsiert zu Wort.
„Doch, wenn sie mit dem Thema Jungs anfängt... Ich will auf jeden Fall noch nicht mit vierzig Opa sein..."
Es breitete sich eine Stille aus, aber als dann unsere aller Blicke aufeinander trafen, fingen wir zusammen an zu lachen, denn viel zu absurd war die ganze Situation.
„Prophezeie und plane doch nicht das Leben von ihr voraus, wenn es gerade erst angefangen hat." Warf Leo schließlich nach Luft japsend ein. Es war ein Wunder, dass das Baby noch nicht aufgewacht war, so laut wie wir waren...
„Musst du gerade sagen, coolste und hübscheste Tante der ganzen Skyscraper." Meinte Bryan sarkastisch. Doch Leo zuckte nur die Schultern. „Das sind die Fakten, mein lieber Bryan."
Syra fing an zu kichern und ich stieg mit ein.
Als wir uns alle wieder beruhigt hatten, Syra ihre kleine Tochter wieder auf den Arm hatte und Leo nach sah, ob es draußen auf den kleinen Wägelchen noch eine Flasche Wasser gab, betrachtete ich verträumt das kleine Baby.
Als mein Blick aber zu Bryan wanderte, der gerade an den Geschenken zugange war, war ich plötzlich wie vom Blitz getroffen. All die Süßigkeiten, Spielzeuge und bunten Anziehsachen leuchteten mir entgegen und ich hatte nichts dazu beigetragen.
„Syra, Bryan..." stockte ich und überlegte, ob Mum vielleicht ein Paar Socken stricken konnte, die wir nachträglich schenken konnten. Als ich deren beiden fragenden Blick auf mir bemerkte, räusperte ich mich und sprach äußerst unwohl weiter: „Ich wusste nicht, dass du heute im Krankenhaus bist. Ich habe leider kein Geschenk..."
„Ach Quatsch!" unterbrach mich Syra, als sie kapierte, worauf ich hinaus wollte. „wir wollen gar keine Geschenke und erwarten auch keine. Denn das größte Geschenk, das wir bekommen konnten, liegt in unseren Händen. June Eve Knowles..."
Bryan nickte seiner Frau unterstützend zu und legte dann eine Hand auf ihre, die June hielt.
Sie schienen jedoch zu bemerken, dass ich mich immer noch etwas unwohl fühlte, deswegen fing Syra erneut an zu sprechen: Weißt du, warum wir uns für diesen Namen – June Eve – entschieden haben?"
Langsam schüttelte ich den Kopf und Bryan fing mit einem Gesicht voller Freude auf seine Frau und Tochter gerichtet, an zu erklären: „June, Juni. Meine Mutter hatte mir damals immer Geschichten erzählt, von der Welt, bevor die Skyscraper gebaut, die Kriege und Naturkatastrophen kamen und alle noch friedlich mit einander gelebt haben. In den Skyscrapern ist jeder Monat gleich. Es ist egal, ob man seinen Tag im Park im Januar oder im August verbringt. Doch dort draußen.. dort draußen ist alles ein stetiger Wechsel. Und der Juni... Es ist der Beginn des Sommers. Meine Mutter erzählte immer, dass dieser Monat nur vor Lebensfreude gesprüht hatte. Die Sonne schien, hatte jeden glücklich gemacht und die Luft roch nach Gräsern, Blumen und Hitze..."
„June verkörpert das Leben. Genauso wie unsere kleine Prinzessin..." führte Syra anstelle von Bryan fort und hielt dabei den Blick auf June gerichtet. „Und es wird überliefert, dass Eve die Hüterin von Eden ist. Ein besserer Platz in der richtigen Welt. Und genau das hoffen wir für unsere kleine Prinzessin."
Sie hob den Blick und ich versank beinahe in dem Blau ihrer Augen.
„Was hofft ihr?" fragte ich stockend nach.
„Wir hoffen, dass sie irgendwann die Möglichkeit hat, einen richtigen Juni mit zu erleben..."
Und in diesem Moment kamen mir so langsam die Tränen. Denn mir wurde klar, dass ich mir das gleiche für meine Geschwister wünschte.
Clovy sollte über richtige Wiesen unter einer richtigen Sonne rennen. Und diese Illusion, die ich mit Syra und Bryan teilte, zerstörte ich für diesen Augenblick nicht, obwohl ich ganz genau wusste, dass dies nie der Fall sein würde.
Denn die Welt dort draußen, wo es damals einen Juni voller Lebensfreude und dem Geruch von Gras gab, war tot.
Doch es fühlte sich zu gut an, um die Wahrheit einzugestehen.
Als Leo mit der Wasserflasche wiederkam, war es auch bereits Zeit zu gehen. Lächelnd verabschiedete ich mich von den beiden und wünschte ihnen alles Gute, dann machten Leo und ich uns schweigend auf dem Weg meine Sachen wieder zu holen.
Ich verschwand aus der Welt der besseren Schicht, kaum hatte ich meine eigenen Sachen an, die mir unangenehm an der Haut klebte. Aber sie roch nach meinem Zuhause und das beruhigte mich.
Diesmal konnte ich die Blicke gut ignorieren und als wir wieder im Fahrstuhl standen, drehte ich mich zu Leo um und flüsterte: „Danke."
Ich wusste, dass sie mich nicht einfach nur so mitgenommen hatte und es bewies sich, als sie, ohne sich zu mir umzudrehen, antwortete: „Jeder verdient einen Tag ohne Sorgen, Sophia."
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(02.10.2015)
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