-47- ➳ Machtverhältnisse
Die Außenweltler drängten uns in die Mitte des runden Raumes und beinahe stolperte ich über meine eigenen Füße, als wir urplötzlich zum Stehen kamen. Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, doch als ich meinen Blick hob, schnappte ich überrascht nach Luft. Eine Person, gekleidet in einem dunklen Umhang, saß auf dem thronartigen Stuhl. Doch anders als erwartet war es nicht Camden.
Sondern Emerson.
„Was ist passiert? Ich habe den Alarm gehört und... Vater?" Briana stürmte hinter uns in den Saal und schien genauso verwirrt über den Platz ihres Vaters zu sein, wie wir. Ein furchteinflößendes Lächeln machte sich auf Emersons Gesicht breit, als er seine Hände auf den Armlehnen abstützte, sich nach hinten lehnte und sein linkes Bein aufs Knie abwinkelte. „Briana, ich freue mich immer über deine Anwesenheit, doch gerade jetzt habe ich sie eigentlich nicht eingeplant. Josh, wärst du so freundlich und würdest die Flügeltür zusperren, damit nicht noch mehr unerwünschte Gäste erscheinen?" Der Außenweltler neben mir nickte und kam der Aufforderung nach, während Briana immer noch wie perplex danebenstand. Bevor sie jedoch erneut das Wort ergreifen konnte, öffnete sich die zweite Tür, die sich an der Wand hinter der Tribüne befand.
„Bruder, zumindest dein Besuch war eingeplant!" Emerson hob freudig die Arme und schien damit Camden begrüßen zu wollen, der mit schnellen Schritten den Raum durchquerte. Sein Blick streifte uns, bevor er auf seinen Bruder fiel. Er runzelte die Stirn und er schien eindeutig nicht zu wissen, was hier vor sich ging. „Emerson, was ist hier los?"
Die Tür schloss sich hinter ihm und mit einem einzigen Fingerheben von Seiten Emerson schoben sich zwei der Außenweltler mit verschränkten Armen davor. Auch ich versuchte die Situation zu verstehen, doch die bitterböse Vorahnung ließ sich nicht länger verdrängen.
„Was hier vor sich geht, Camden? Nun, ich habe dir doch von Anfang an gesagt, dass mit dieser Truppe etwas nicht stimmt. Aber mal wieder wolltest du mir nicht glauben..." Emerson seufzte dramatisch auf. Mir jedoch raste das Adrenalin und die Nervosität durch die Adern. Mit einem Blick zu den anderen erkannte ich, dass es ihnen nicht anders erging. Besonders Liam stand stocksteif an Ort und Stelle und ließ Emerson nicht aus den Augen. „Aber ich hatte Recht gehabt. Dieser Junge..." Nun zeigte Emerson direkt auf Liam und sein wissendes Lächeln jagte mir einen Schauer über den Rücken. SMir wurde übel und ich hoffte inständig, dass ich mit meiner Vermutung, was als nächstes folgen würde, falsch lag. Doch das Glück war nicht mit uns, „... ist weder ein Deserteur, noch hat er jemals den Namen Harry in seinem Leben getragen. Er ist pures Skygold, Camden. Eigentlich müssten wir eine Verbeugung für Liam Payne, Sohn des Hohen Rat Mitgliedes Marcus Payne persönlich, machen."
Scharf zog ich die Luft ein und bemerkte aus dem Augenwinkel wie auch die anderen zusammenzuckten. Wir waren aufgeflogen.
„Payne?" Camdens Blick schoss zu Liam und dann wieder zu seinem Bruder zurück. Dann verhärtete sich sein Gesichtsausdruck und nickend fügte er hinzu: „Er wird in Gewahrsam kommen, bis es sich bestätigt hat und es eine Erklärung gibt, wieso sich Skygold außerhalb der Skyscraper herumtreiben... oder möchte Liam Payne sich jetzt bereits, außerhalb einer Anhörung, dazu äußern?"
Seine Augen fixierten Liam und nervös sah ich zwischen den beiden hin und her. Bevor Liam jedoch den Mund öffnen konnte, drehte Camden sich wieder zu seinem Bruder um. „Das erklärt jedoch nicht, warum du auf meinem Platz sitzt, geschweige denn die ganze Gruppe hier vorführen lässt. Die Regeln lauten anders."
Emerson brach in schallendes Gelächter aus und lehnte sich zurück. „Nach deinem Gesetz würde ein Verfahren eingeleitet werden, um die Absichten von einem Skygold zu überprüfen, bevor man ihn einfach so wieder laufen lässt. Das weiß ich nur zu gut, Camden." Emerson schwang seine Beine über die Lehne und betrachtete seine Fingernägel, bevor er weitersprach: „Ich habe jedoch etwas anderes mit Marcus Payne abgemacht."
Ich war nicht die einzige, die bei der Erwähnung von Marcus' Namen überrascht die Luft einsog. Die anderen waren genauso perplex wie ich.
„Emerson...", setzte Camden langsam an, „Was willst du damit sagen?"
Emersons Grinsen verrutschte und er ließ seine Hände sinken, während er sich leicht aufrichtete. „Du bist noch naiver als ich dachte, Camden."
Mir wurde speiübel, als ich eins und eins zusammenzählen konnte. Ich konnte regelrecht spüren, wie die Anspannung in der Luft von Sekunde zu Sekunde anschwellte und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie sich die Außenweltler aufrichteten und sich positionierten. Doch konnte dies hier gerade wirklich passieren?
Ich betete, dass ich falsch lag.
„Oh verdammt nochmal, nicht noch ein Bruderdrama." Megs stöhnte auf und bestätigte mir mit ihren Worten, dass auch sie die gleichen Gedanken wie ich hatte.
„Vater?" Briana schob sich an mir vorbei, doch nur mit einem einzigen warnenden Blick schaffte Emerson es, sie zum Stehen bleiben zu bringen.
Camden hingegen ließ den Blick durch den Raum schweifen. Auch er schien die neuartige Stellung der Außenweltler aufzufallen, denn langsam fing er an zu nicken, bevor sein Blick wieder auf seinen Bruder traf. „Ich verstehe... Du warst schon immer von eifersüchtiger Natur gewesen, Emerson."
Emerson kniff die Augen zusammen und verzog seinen Mund. Camdens Worte schienen ihm nicht zu gefallen. „Du bist schwach, Camden." Er spie die Worte quasi aus. „Du bist nicht in der Lage, uns zu führen. Du hast die Skyscraper und uns immer als zwei verschiedene Welten angesehen, ohne zu erkennen, dass wir es sind, die genauso ein Anrecht auf diese Machtstellung wie die Skylander haben." Seine Stimme war so voller Hass und Verachtung, dass es mir eiskalt den Rücken herunterlief.
„Vater, du kannst doch ni-" Briana setzte sich erneut in Bewegung, aber mit einer einzigen Handbewegung seitens Emerson fing Josh neben mir sie ab, bevor Briana weiterlaufen konnte. Er umgriff beide ihrer Arme und zusammen mit einem anderen Außenweltler drängten sie sie an den Rand des Raumes. „Lasst mich los! Josh, was ist nur los mit dir?"
Ohne Josh neben mir, stand ich geradezu unbewacht, doch bevor ich länger darüber nachdenken konnte, wie ich mir einen Vorteil aus dieser Situation ziehen konnte, fing der Außenweltler, der Megs in Schacht hielt, meinen Blick auf. Er kniff seine Augen zusammen und schien mich wie ein offenes Buch lesen zu können. Denn bevor eine weitere Sekunde verstreichen konnte, trat er bereits einen Schritt auf mich zu und zerrte Megs geradezu hinter sich her, um auch nach meinem Arm greifen zu können. „Denk nicht einmal daran", zischte er mir zu. Der feste Griff ließ mich zusammenzucken.
„Arschloch", fluchte Megs, als sie durch die überraschende Bewegung beinahe über ihre eigenen Füße gestolpert wäre.
„Wir haben noch nie die gleichen Ansichten gehabt, Camden. Nicht mal als Kinder waren wir jemals einer Meinung gewesen und es hat sich seitdem nichts geändert. Außer, dass ich eine Person gefunden habe, die meine Visionen teilt..."
„Marcus...", flüsterte ich leise. Ich wusste es, ohne dass Emerson den Namen erneut aussprechen musste.
„Unser Plan ist ausgeklügelt, nahezu perfekt, aber dennoch war es kein Kinderspiel ihn ins Rollen zu bringen." Emerson zuckte die Schultern, fixierte aber weiterhin nur Camden.
Es schien beinahe so, als hätte er bereits vollkommen vergessen, dass auch wir uns noch in dem Anhörungssaal befanden. Es war nicht zu übersehen, dass er dies hier nur erzählte, um seinen Bruder seinen Triumph unter die Nase reiben zu können. „Natürlich brauchten wir mehr Tiere, das lag auf der Hand..."
„Du warst immer so verbissen darauf, mehr Tiere einzusetzen..." Camden ignorierte die zwei Außenweltler, die plötzlich an seine Seite traten. Zwar berührten sie ihn nicht, aber dennoch war unübersehbar, dass sie ihn wie einen Gefangenen flankierten. „Emerson...", sprach er, noch immer mit einer für die Situation viel zu ruhigen Stimme, weiter, „...willst du damit andeuten, dass du für die Tode unserer eigenen Leute verantwortlich bist? Für die, die auf den Kontrollgängen vorgefallen sind? Nur um den Hass auf die Skygold zu schüren, unsere Gemeinschaft zu spalten und mich dazu zu bringen, mehr Tiere als Schutzmaßnahme freizulassen?"
„Unsere Leute?" Emerson lachte. „Nein, es waren nicht unsere."
Bei seinen Worten drehte sich mein Magen um und sofort fühlte ich mich wieder an den Tag der Abendveranstaltung zurückversetzt. Auch dort musste ich hilflos der Situation beiwohnen und Marcus perfiden Plan des Tierangriffes zuhören. Einen Tierangriff von dem ich nun verstand, dass er nur mit Emersons Hilfe möglich gewesen war.
„Ich sehe es eher so, dass ich zwei Fliegen mit einer Klatsche erledigen konnte", redete Emerson weiter, während er erneut seine Beine über die Stuhllehne schwang, seinen Bruder dabei jedoch nicht aus den Augen ließ. „Wie heißt es doch so schön? Die Spreu vom Weizen trennen... Nach und nach konnten die aus den Reihen gesäubert werden, von denen ich wusste, dass sie dir noch immer gutgläubig, wie Schafe einem Schlachter, hinterherlaufen würden, wenn du sie direkt über einen Abgrund schicken würdest. Diese verdammte Loyalität dir gegenüber war zum Kotzen..."
„Tyllis..." Brianas Stimme klang brüchig, aber dennoch war sie laut genug, dass ich sie hören konnte. Brianas Gesicht war kalkweiß und auch sie schien nun zu verstehen, dass so viele ihrer Freunde auf den Befehl ihres Vaters umgekommen waren. Sie blinzelte mehrmals und ließ dann langsam ihre Hände sinken, mit denen sie zuvor noch immer versucht hatte, sich aus Joshs Griff zu befreien.
„Oh nein, es waren nicht unsere Leute, die ich umbringen ließ: Es waren deine. Nach und nach, wie auf einem Schachbrett, fielen deine Figuren. Und du, der König hast es nicht einmal bemerkt."
„Was für ein gottverdammtes Arschloch." Ich konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie Megs den Kopf schüttelte und ihre Hände zu Fäusten ballte. In meinen Gedanken schloss ich mich ihr an.
„Sei still, oder ich sorg' dafür", zischte ihr der Außenweltler, der uns beide im Griff hatte, zu. Ich kannte Megs mittlerweile schon so gut, um zu wissen, wie sie auf solch eine Äußerung reagieren würde. Und ich behielt Recht.
Herausfordern hob sie das Kinn und kniff leicht die Augen zusammen. „Ach ja, und wie willst du das tun? Mich weiterhin mit deinem üblen Mundgeruch ankeuchen?" Megs sprach laut genug, dass auch die anderen es mitbekamen. Mit einem warnenden Blick zu meinem Bruder, ließ ich Sam wissen, dass er bloß nicht auf falsche Gedanken kommen sollte. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um den Helden spielen zu spielen.
Auf einem Blick konnte man erkennen, dass der Außenweltler über Megs Worte verärgert war. Zudem spürte ich es daran, wie seine Hand sich vor Wut fester um meinen Unterarm schlang und ich beinahe vor Schmerz aufkeuchen musste. „Du Bitch, ich werde-"
„Wage es ja nicht, sie noch einmal so zu nennen!" Nun war es Niall, der sich einmischte. Er wollte auf uns zu treten, doch die Außenweltler neben ihn, hinderten ihn daran. „Lasst mich verdammt nochmal los, oder ich schlag euch jeden eurer scheiß Zähne einzeln aus euren hässlichen Visagen, sodass ihr nicht einmal mehr euren verdammt eklig süßen Apfelsaft, den ihr uns andrehen wolltet, herunterschlucken könnt!"
Niall schaffte es sogar, seinen rechten Arm aus dem Griff des einen Außenweltlers zu lösen, doch bevor er seine Drohung wahr machen konnte, wurde er bereits von einem dritten überwältigt. Unruhe kam auf und auf einmal spürte ich ein Kribbeln auf meiner Haut. Als ich meinen Blick hob, trafen meine Augen auf Liams. Mir fiel das Atem schwer, doch leicht fing er an den Kopf zu schütteln, so als wüsste er bereits vor mir selbst, dass auch ich handeln wollte.
„Aber, aber... Nun beruhigt euch doch alle mal..." Emersons Stimme ließ alle verharren, selbst Niall hörte auf sich zu wehren und hob den Blick in Emersons Richtung. Dieser schien nun endlich wieder realisiert zu haben, dass auch wir noch existierten.
Camden hingegen war noch immer die Ruhe in Person. „Du wirst damit nicht durchkommen, was willst du also damit erreichen, Emerson?"
Blitzschnell sprang Emerson von dem Stuhl auf und für einen Moment schien es so, als wollte er auf seinen Bruder zu stürmen, bevor er sich jedoch selbst zurückhielt und anfing den Kopf zu schütteln. Dann hob er sein Kinn an und ließ einmal den Blick durch den Raum schweifen. Als sein Blick auf meinen traf und ich nur zu deutlich das Grinsen auf seinen Lippen sehen konnte, wurde mir erneut eiskalt und das Adrenalin schoss durch meine Adern. Dann wendete er sich wieder seinem Bruder zu, der stolze Ausdruck auf seinem Gesicht war nicht verschwunden. Er verhielt sich bereits so, als würde ihm die Welt gehören.
„Ach wirklich? Das sehe ich anders, ich habe bereits das erreicht, was ich wollte. Der Hohe Rat der Skyscraper wird von Tag zu Tag nervöser. Es kommt zu mehr Unruhen... zu mehr Leistungseinbußungen durch die mangelnde Stromversorgung. Und weißt du auch, wie es genau dazu gekommen ist?" Er machte eine Pause und hob theatralisch die Hände in die Luft, bevor er weitersprach: „Dadurch, dass du die Schließung der Grenzen bewilligt hast, haben sie keinerlei Chancen die Wasserkraftwerke selbst zu reparieren. Nicht nur, dass die Störsignale, die eine so weite Funkübertragung unmöglich machen würden, das einzige Hindernis wäre: Zusätzlich würde es gegen die uralten Gesetze verstoßen, wenn sie unser Gebiet betreten..." Emerson zuckte die Schultern, während es in meinem Kopf nur so ratterte, damit ich seinen Worten folgen konnte. „...Und was passiert, wenn Personen, die die Macht quasi ins Kinderbett gelegt bekommen und es nie anders gekannt haben, auf einmal nicht mehr die vollständige Kontrolle über eine Situation haben? Sie bekommen Angst, dass man ihnen ihr bequemes Leben nimmt. Sie verfallen in Panik und werden sich an Marcus Payne, der eine souveräne Lösung vorschlägt, klammern, als wäre er der letzte Strohhalm, der sie vor dem Ertrinken retten könnte."
„Emerson... was hast du getan?"
„Das einzig richtige verdammt! Etwas, wozu du nie in der Lage warst!" Emersons Stimme füllte den ganzen Raum aus und in seinen Augen brodelte die Wut. „Wir haben ein Anrecht auf ein besseres Leben, ich habe ein Anrecht auf diese Macht!"
„Darum geht es dir also. Um Macht", sprach Camden das Offensichtliche aus. Noch immer schien er aufgrund der Situation nicht in Panik zu verfallen, seine Gesichtszüge waren weiterhin neutral, während er seinen Blick nicht von Emerson abwendete.
„Um die Führung, Bruder. Nenn' es ruhig beim Namen."
„Sie werden dich nicht akzeptieren, nicht auf diesem Wege", entgegnete Camden. Erneut verzogen sich Emersons Mundwinkel zu einem widerwärtigen Grinsen. Er schien geradezu nur darauf gewartet zu haben, dass Camden dies sagen würde. „Oh doch, denn ich werde es sein, der eine neue Generation einläuten wird, ein neues Zeitalter. Der Hohe Rat wird Marcus in voller Verzweiflung gehorchen, sie werden weitere Tierangriffe veranlassen, mehr Randgesellschaften werden ausgelöscht, mehr Unruhen werden aufkommen... die wir nutzen werden."
Meine Kehle wurde innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde trocken, ein Kloß machte sich in meinem Hals breit und hinderte mich daran, richtig schlucken zu können. Zeitgleich schoss die Panik und das Adrenalin durch meinen Körper. Alles in mir schrie danach, etwas zu tun, das das, was Emerson geplant hatte, auf der Stelle verhindern könnte.
Aber der feste Griff um meinen Arm war nicht das Einzige, was mich daran hindern würde.
„Marcus Payne wird an die Öffentlichkeit treten und die ach so dreckigen Geheimnisse der Regierung verraten. Als Whistleblower wird er die Revolution anführen. Er hat genügend Leute, Camden, das kannst du mir glauben. Oh ja, und wie viele mehr werden es erst werden, wenn all diese Menschen in den Skyscrapern von Marcus Payne erfahren werden, dass ein Leben außerhalb der Skyscraper möglich ist... dass es uns gibt?"
Ich sah die Skyscraper. Vor meinem inneren Auge war ich wieder Zuhause, in meinem Sektor.
„Es werden hunderte von Menschen sterben. Keiner gibt seine Macht so einfach auf, Emerson."
Ich konnte mir die Unruhen vorstellen, ich kannte genügend Personen, die so lebten wie wir, um zu wissen, was solch eine Information, solch ein Verrat der sowieso schon verhassten Regierung mit ihnen anrichten würde.
„Und wenn schon! Eine Revolution fordert seinen Tribut und aus dieser wird ein völlig neues Zeitalter auferstehen."
Und ich wusste auch, wie die Antwort der Regierung aussehen würde. Ich sah die Wächter, die Waffen und die geringe Chance zu überleben.
„Und du denkst, du wirst dieses anführen, Emerson?"
Ein so unvorbereiteter Aufstand würde in einem Blutbad enden.
„Ich weiß es!"
Ich musste an Mum und Clovy denken und sofort drehte sich mein Magen um. Hätten sie eine Chance gegenüber den Tierangriffen und der Willkür der Wächter, die herrschen würde, um einen Aufstand niederzuringen?
„Was ich denke, Bruder, ist, dass dir zwar viel versprochen wurde, du aber, wenn überhaupt, wieder nur den Platz des ersten Offiziers einnehmen wirst. Wenn du glaubst, dass jemand wie Marcus Payne seine Macht teilen wird, bist du dümmer, als dass ich-"
„Halt verdammt nochmal deinen Mund!", unterbrach Emerson Camden schreiend. „Du solltest mir mit Respekt begegnen oder hast du immer noch nicht begriffen, dass du nicht länger in der Position bist, so mit mir reden zu können?" Er fuchtelte wie wild mit seinen Armen in der Luft, bevor er einmal tief einatmete. Er schien sich selbst beruhigen zu wollen.
Er verschränkte seine Arme und ließ seinen Blick dann durch den Raum gleiten. Sein Blick blieb an Liam hängen und dieser drückte sofort seine Schultern zurück, sodass er eine aufrechte Haltung einnahm. Er erwiderte den Blick mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck. Selbst die Tatsache, dass zwei Außenweltler ihn an den Schultern festhielten, nahm ihm nicht sein selbstbewusstes Auftreten. „Mein Vater war also selbst für das defekte Wasserkraftwerk verantwortlich", sprach Liam ohne den Blickkontakt mit Emerson zu unterbrechen.
Camden runzelte bei Liams Worte leicht die Stirn und zeigte damit mehr als deutlich, dass zumindest er keine Ahnung hatte, wovon Liam sprach.
„Man kann es so oder so sehen." Emerson zuckte die Schultern, während er einen Schritt auf uns zu ging. „Ich habe veranlasst, den Strom umleiten zu lassen, dein Vater war aber in der Planung involviert... Der Plan lief genauso, wie vorgesehen, aber dann musste dieser Bastard-" Er machte eine Handbewegung in Nialls Richtung. „-unbedingt seine Vaterkomplexe loswerden. Nicht zu vergessen, dass du dich dann auch noch dieser Rasselbande angeschlossen hast! Weißt du eigentlich, wie sehr du damit unsere Pläne gefährdet hast, Liam Payne? Wärst du im Skyland gestorben, hätte weder dein Vater noch ich eine Absicherung gehabt."
„Rasselbande!", äffte Niall gespielt beleidigt nach, während Liam jedoch über eine andere Äußerung Emersons verwirrt schien. Er zog die Augenbrauen zusammen. „Eine Absicherung?"
Erneut überkam mich eine Gänsehaut, als Emerson grinsend noch einen weiteren Schritt ging, bevor er, ohne Liam aus den Augen zu lassen, zu einer Erklärung ansetzte: „Welch eine größere Sicherheit gibt es, als die eigenen Kinder, Liam Payne?"
Mein Blick huschte zu Briana am Rande des Raumes, als mir die Bedeutung hinter Emersons Worten bewusst wurde. An ihrem kalkweißen Gesicht konnte ich erkennen, dass auch sie zu realisieren schien, was er damit ausdrücken wollte.
Sie war genauso ungewollt in diesem machtgierigen Plan verwickelt wie Liam.
Marcus und Emerson hatten beide ihre eigenen Kinder verkauft.
Für ihre eigene Machtsicherung.
Marcus Payne hatte nicht aus Vaterliebe Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um seinen Sohn wieder in die Skyscraper bringen zu wollen.
Sondern aus Machtgier.
Liam nahm eine genauso wichtige Rolle in diesem Plan ein, wie Briana.
Und ohne die beiden würde er nicht funktionieren.
„Ihr seid doch krank." Es war das erste Mal, dass Christopher sich zu Wort meldete, doch er sprach das aus, was wir wohl alle dachten.
„Und manchmal braucht es eine Krankheit, um die Schwachen aus einer Gesellschaft herauszusieben. Erst dadurch kann sie sich mithilfe der Stärksten weiterentwickeln, versteht ihr das denn nicht?" Hätte Emerson die Worte nicht mit solch einem Nachdruck ausgesprochen, dass einem sofort bewusstwurde, dass er selbst davon überzeugt war, hätte ich gedacht, dass man solch eine Äußerung nur als Scherz meinen könnte.
„Ich glaube, ich kotz gleich." Emersons verärgerter Blick schoss zu Jenia, doch bevor er etwas erwidern konnte, ertönte im nächsten Moment ein lauter Knall und ich zuckte erschrocken zusammen.
„Ah, verdammte Scheiße!"
Es dauerte einige Sekunden, bevor ich realisierte, was passiert war.
In mitten des Raumes lag eine Abdichtung, die von der Decke gefallen zu sein schien und einem Außenweltler, der bei Jenia gestanden hatte, zuerst am Kopf getroffen hat. Reflexartig hatte dieser Jenia losgelassen und tastete seinen Kopf ab, bevor er seinen Blick gen Decke hob.
Wir alle taten es ihm gleich und ich konnte den Zugang zu einem Lüftungsschacht erkennen.
„Was zur Hölle..." Auch Emerson schien perplex und trat einen Schritt vor, doch bevor er zu verstehen schien, was gerade passierte, brach Niall in schallendes Gelächter aus.
„Ich wusste, dass es sich lohnen würde, diesen Arsch nicht bei den Tausenden Gelegenheiten, die ich bereits gehabt habe, getötet zu haben."
Mein Herz machte ein Satz, als ich verstand, über wen er sprach.
Mason.
Auch Emerson schien nun den Ernst der Lage zu verstehen, denn wie von der Tarantel gestochen, wich er ein paar Schritte zurück und schrie: „Verdammt, steht nicht einfach so dumm rum, sondern schießt diesen Kerl in der Blechbüchse ab!"
Bevor Josh und die anderen jedoch überhaupt ihre Waffen ziehen konnten, ertönte ein zischendes Geräusch, das sich mit Nialls Lachen vermischte.
Das nächste, was ich mitbekam war, wie ein rot glimmender Stab durch den Schacht auf den Boden fiel.
Hastig sprangen die Außenweltler auseinander, um sich in Sicherheit zu bringen. Auch unser Außenweltler ließ Megs und meinen Arm los, jedoch nur, um uns im nächsten Moment an den Haaren zu Boden zu ringen. Ich schrie auf und als ich mit meinem Gesicht auf den Boden knallte, schoss der Schmerz blitzartig durch meinen gesamten Körper und ließ für einige Sekunden schwarze Punkte vor meinen Augen tanzen.
„Verdammter Mistkerl, reiß mir noch ein weiteres Haar raus und ich werde jedes von dir einzeln ziehen und mir eine Perücke daraus kleben!", fluchte Megs neben mir, als auch sie zu Boden ging und sich gerade so noch mit ihren Händen abfangen konnte. Trotz ihrer verbissenen Art, konnte sie den vor Schmerzen verzogenen Gesichtsausdruck nicht verstecken.
„Ihr Idioten, lasst doch nicht-" Was die Außenwelter nicht sollten, erfuhren wir nicht mehr.
Denn Emersons Worte gingen in einem lauten Knall und einer Explosion aus einem roten Farbenmeer und Rauch unter.
(24.05.2020)
Herzlich Willkommen zurück bei dem ersten Kapitel nach einer zweijährigen Pause!
Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich gefreut habe, als ich nach der Ankündigung, dass es weitergehen wird, gesehen habe, wie viele von euch noch dabei sind und sich über die Fortsetzung von Sky freuen. Das ist nicht selbstverständlich und ich könnte heulen, dass ich so tolle Leserinnen und Leser habe!
Ich hoffe, dass ihr, trotz langer Pause, doch etwas wieder in Sky reingekommen und nicht allzu verwirrt seid, was hier gerade abgeht. Zudem hoffe ich so sehr, dass ihr es weiterhin mögt: Denn innerhalb von zwei Jahren hat sich auch mein Schreibstil etwas verändert und ich musste mich erstmal wieder an die Schreibweise von Sky gewöhnen, nachdem ich die letzten zwei Jahre nur an Parallel Lines geschrieben hatte. Deswegen bin ich so gespannt, was ihr zu diesem Kapitel und der Entwicklung sagt!
Denn wie man merkt folgt nun der große Knall. Emerson und Marcus stecken unter einer Decke, hat das vielleicht schon jemand von euch vermutet?
Und auch wenn so viele von euch Mason gehasst und ihm den Tod gewünscht haben - so erweist er sich jetzt mal wieder als ganz nützlich, oder? ;)
Ich hoffe, es geht euch allen gut!
Bis bald!
Merle
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