-43- ➳ Probleme
Es war idiotisch von ihnen, wenn die Außenweltler wirklich glauben würden, dass wir einfach Däumchen drehend und stillschweigend auf unseren Betten sitzen und Zeit totschlagen würden.
Es war das komplette Gegenteil.
Briana blieb nicht lang genug, um mit uns zu reden und auch alle Fragen unsererseits auf den Weg zurück hatte sie ignoriert. Schlussendlich mussten noch zwei weitere von ihren eigenen Wächtern uns flankieren, damit Niall und Mason nicht komplett austickten.
Für einen kurzen Moment, bevor sich die Tür hinter uns geschlossen hatte, hatte ich einen Blick auf Brianas Gesicht erhaschen können.
Und ich habe den puren Schock gesehen.
Nun ging Niall hier in unserem Aufenthaltsraum die Wände hoch.
Dieses Mal konnte ich ihn verstehen, denn wie im Schnelldurchlauf spielte sich immer und immer wieder die vorgefallene Situation in meinem Kopf ab.
Die Skylander waren hier in der Nähe.
Und sie haben die Außenweltler angegriffen, gar zwei getötet.
„Was zur verfickten Scheiße hat das alles zu bedeuten!", schrie Niall, als er den Stuhl, den er bereits einmal durch den Raum geworfen hatte, erneut mit seinem Fuß bearbeite.
„Ich zweifle daran, dass wir jetzt noch ein Visum bekommen werden", sprach Jenia langsam und lehnte sich mit geschlossenen Augen gegen die Tür.
„Glaubt ihr, das ist ein Zufall oder...", setzte Christopher an, verstummte jedoch. Auch die anderen wurden still und jeder schien nun in Liams Richtung zu sehen. Liam war der einzige, der sich nach außen hin weiterhin völlig ruhig gab, doch das Zucken seines linken Auges verriet ihn.
Auch ihm behagte die gesamte Situation nicht.
„...oder ob sie wegen mir hier sind? Wolltest du das sagen, Christopher?", beendete er Christophers angefangenen Satz und stand langsam auf.
Christopher blieb stumm und presste die Lippen aufeinander. Dafür antwortete Mason: „Ja, genau das wollte er sagen, Harry."
Er trat aus seiner Ecke hervor und verschränkte die Arme vor der Brust. Langsam musterte Liam ihn, bevor er anfing den Kopf zu schütteln.
„Das kann natürlich gut sein, aber ich bezweifle es stark. Es passt nicht zusammen."
„Was soll daran nicht zusammen passen, rich boy?", spottete nun Megs und zog die Augenbrauen zusammen. „Daddy möchte sein Schoßhündchen zurück haben und wie wir alle nur zu gut wissen, zögert er nicht davor über Leichen zu gehen."
„Da stimme ich dir auch zu, so sehr ich es mir auch anders wünsche, aber ihr habt das Wichtigste übersehen", setzte Liam erneut an und trat einen weiteren Schritt in die Mitte unseres Kreises hervor. Selbst Niall schien nun neugierig und beugte sich leicht vor. „Dann spuck endlich aus, was vielleicht etwas Licht ins Dunkle bringt, Bruderherz."
Liams Blick traf auf den von Niall und für einen kurzen Moment schienen sie auf einer nonverbalen Stufe miteinander zu kommunizieren.
„Emerson hatte etwas davon gesagt, dass es schon öfter vorgefallen wäre. Und wie lange sind wir im Exil? Knapp über zwei Wochen. Und Cambridge liegt erst wenige Tage zurück. Sie können wohl kaum innerhalb von drei, vier Tagen mehrere Außenkommandos überfallen haben. Diese Sache muss schon länger laufen und somit nichts mit uns oder mit mir zu tun haben. Zumindest nicht hauptsächlich..."
Nachdem Liam nichts mehr sagte, blieb es zunächst still. Jeder versuchte die Worte von Liam aufzufassen und zu verstehen.
Langsam nickte ich. Es machte Sinn was er sagte, aber zeitgleich verwirrte es mich.
Was hatte dies alles auf sich?
„Das würde bedeuten, dass die Sky-Regierung zu hundert Prozent von der Existenz der Außenweltler weiß...", begann Megs, während Niall ihren Gedankengang weiter ausführte: „...und auch, dass ein Leben außerhalb schon immer möglich war."
„Was für beschissene Schweine!", fluchte Christopher und ballte seine Hände zu Fäusten. „Warum zur Hölle wurden nicht schon längst Maßnahmen eingeführt, um ein Leben außerhalb der Todeszone wieder aufzubauen?"
Keine Sekunde, nachdem er die Frage ausgesprochen hatte, wusste ich die Antwort.
Die einzige plausible, die es geben konnte.
Und sie war unglaublich egoistisch und ekelerregend, dass mir augenblicklich schlecht wurde.
Doch ich war nicht die einzige, die diese Schlussfolgerung hatte.
Mit leiser Stimme entgegnete Megs: „Machtverlust."
Es war so leise, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. „Das ist einzig und allein der Grund. In den Skyscrapern haben sie uns alle beisammen und können ihre Macht ausleben." Ihr Blick wanderte über jeden von uns und als sich das intensive Blau ihrer Augen in meine bohrte, stockte mir automatisch der Atem. „Wir haben nur vier Imperatoren. Einen für die nördliche, einen für die südliche, einen für die westliche und einen für die östliche Gruppe der Skyscraper. Dann die Minister und die hohen Räte für die einzelnen Skyscraper. Hochgerechnet verteilt sich da viel Macht auf nur wenige Personen."
Jeder von uns konnte ihr folgen. Das Regierungssystem der Skyscraper war mit dem Imperatoren-, Minister- und Hohen Rat einfach gestrickt und nun wurde mir bewusst, dass es dadurch wirklich so gut wie keinen Machtausgleich gab.
„Und wer einmal die Macht hat, will sie nicht wieder hergeben", beendete ich Megs Gedankengang mit leiser Stimme.
Keiner antwortete, wir versanken in Schweigen.
Doch dass sie mich alle verstanden hatten, war eine unausgesprochene Tatsache.
Doch genauso schnell, wie sich die angespannte Stille über uns gelegt hatte, verschwand sie auch wieder.
„Verdammte Scheiße, mir ist es scheißegal, was diese Leute wollen, aber ich werde jetzt auf der Stelle gehen und den beschissenen Wichsern aus den Skyscrapern eine reinhauen!"
Blitzschnell drehte Niall sich um und lief zur Tür.
Ich reagierte nicht, denn ich hatte eine bitterböse Vorahnung.
Sie bestätigte sich, als Niall die Türklinke hinunter drückte – und nichts geschah.
„Was zur Hölle?" Niall rüttelte an der Klinke, schlussendlich an der ganzen Tür, bevor er langsam von ihr abließ und einen Schritt nach hinten trat.
„Nun ist es offiziell, jetzt werde ich nicht nur den Arschlöchern aus den Skyscrapern eine reinhauen, sondern auch Emerson und Camden. Die haben uns doch nicht gerade etwa wirklich eingeschlossen!"
Er drehte sich zu uns um und ich konnte sogar aus der Entfernung die roten Wutflecken in seinem Gesicht erkennen.
„Wie es aussieht, sind wir nur in gewisser Maßen Gäste des Hauses", spottete Christopher, während ich bemerkte, wie sich Mason wieder mit einer grimmigen Miene in seine Ecke verzog.
„Sie können uns doch nicht ewig hier einsperren, oder?", fragte Jenia nach und leicht hörte ich bereits den Anflug von Panik in ihrer Stimme heraus. Mein Blick wanderte wie automatisch zu Liam.
Er sah mich bereits an und als sich unsere Blicke verhakten, legte er leicht den Kopf schief.
„Wir sollten dafür sorgen, dass wir hier so schnell wie möglich wegkommen. Mit oder ohne Visum", umging Megs Jenias Frage. Doch ich sah sie nicht an.
Einzig und allein starrte ich in Liams braunen Augen. Langsam fing er an zu nicken und ich verstand ihn. Sobald wir die Möglichkeit dazu hatten, sollten wir die Beine in die Hände nehmen.
Ich riss mich von seinem Blick los, legte einen Arm um die Schulter meines jüngeren Bruders und wandte mich dann an Megs.
„Ich glaube, es wird Zeit für einen Plan."
Trotz des Verlustes des Zeitgefühls ertönte das Klicken der Tür viel zu schnell.
Es war sicherlich noch nicht so viel Zeit vergangen, dass sich Niall endlich wieder einigermaßen beruhigt hatte.
Innerhalb von einer Sekunde waren wir jedoch alle von unseren Betten aufgesprungen und standen wie unter Strom vor der Tür, nicht sicher, was uns erwarten würde.
Keine Sekunde später erschien Briana im Raum und mit einem Mal schien sich die Spannung vollständig zu entladen.
„Du verdammte-", fing Niall an zu knurren und als er anstalten machte, auf sie loszustürmen, hielt ihn Megs mit einer einzigen Handbewegung davon ab.
Briana jedoch hatte nur einen Blick für Niall übrig und entgegnete mit einem schwachen Lächeln: „Wie gut, dass ich dich gerade nicht verstanden habe, denn ich bin mir sicher, dass es nicht sonderlich charmant war."
Dann löste sie ihren Blick und schüttelte einmal den Kopf. Sie sah anders aus als heute Morgen. Um einiges abgekämpfter und müder, ihre blonden Haare waren strähnig und ihr Gesicht leicht fleckig.
Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss und sie war alleine mit uns.
„Ist es wirklich so schlau, alleine zu uns zu kommen, wenn ihr uns schon hier wegsperrt, als wären wir gemeingefährliche Tiere?", sprach Mason aus seiner Ecke. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht von seinem Stuhl aufzustehen. Stattdessen kippelte er gegen die Wand und betrachtete mit ausgestreckten Händen seine Finger.
Nun seufzte Briana auf und schüttelte den Kopf.
„Es tut mir Leid, es war nur eine Sicherheitsmaße und sollte euch keinesfalls vor den Kopf stoßen oder das Vertrauen-"
„Welches Vertrauen?", unterbrach Megs sie und trat einen Schritt vor. Nun war es Niall, der ihr einen warnenden Blick zu warf.
Briana betrachtete sie lange und auch streifte ihr Blick Megs geballte Fäuste. Dennoch schien sie keine Angst zu haben.
„Vielleicht sollte ich es anders formulieren-"
„Das wäre ein Anfang."
„-und sagen, dass ihr euch nun wieder frei in diesem Gang bewegen dürft. Wir mussten einen internen Notfall klären. Besondere Sicherheitsmaßnahmen sind bei Vorfällen wie diesen üblich und haben nichts mit eurem Status als unsere Gäste zu tun."
„Also dürfen wir endlich wieder die weißen Wände bestaunen und die stark desinfizierten Toilettenbrillen ablecken? Immerhin sind dies die einzigen Orte, die wir neben diesen Raum sehen...", sprach Niall sarkastisch und trat einen Schritt zurück.
„Das Ablecken von öffentlichen Sanitäranlagen würde ich unterlassen – wobei dies bei unseren Hygienestandards sicherlich möglich wäre – aber ja, wenn es eine ernst gemeinte Frage war: Ihr seid weiterhin nur Antragssteller und habt somit keinen Zugang zu den gemeinschaftlichen Räumen", antwortete Briana ohne mit der Wimper zu zucken.
„Den Antrag haben wir schon gestellt und auch schon ausgesprochen bekommen, also dürfen wir jetzt gehen, oder etwa nicht?", sprach Liam neben mir und leicht verdutzt darüber, dass er gesprochen hatte, drehte ich mich zu ihm um.
Brianas Blick fiel auf ihn. „Harry, richtig?"
Mein Herz schmerzte, als sie diesen falschen Namen aussprach, aber Liam nickte, ohne sich etwas anmerken zu lassen. „Okay, Harry. Aufgrund der Umstände muss ein neuer Antrag gestellt werden, es gab noch keine schriftliche Niederschreibung."
Der Protest ging innerhalb einer Millisekunde los. „Das kann doch verdammt nochmal nicht wahr sein!", schrie Megs auf und boxte gleichzeitig gegen das Bett, während Nialls Lippen schmallippig wurden und er mit seinem Blick geradezu Briana erdolchte.
„Und wann wäre das?" Liams Stimme blieb ruhig und ich bewunderte ihn für seine Selbstbeherrschung.
„Ein paar weitere Tage aufgrund der Umstände..."
„Aufgrund der Umstände...", äffte Mason Briana nach und in diesem Moment hätte ich dies auch am liebsten gemacht.
Wir hatten keine Zeit für ‚aufgrund der Umstände'. Vielleicht waren die Skylander nicht hauptsächlich hinter uns her, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis ihnen bewusst werden musste, dass wir hier waren.
Wenn die Außenweltler bis dahin nicht bereits herausgefunden hatten, dass der wahre Harry Styles hundert Kilometer entfernt in einem Hinterhof einer Industrie begraben lag und sie hier den Sohn eines hohen Rat-Mitgliedes im Keller sitzen hatten...
„Es tut mir Leid, dass es nicht anders funktioniert, aber-"
Ein weiteres Mal wurde Briana von Mason unterbrochen: „Du bist doch die Tochter vom fucking ersten Offizier, also sprich nicht heuchlerisch deine nicht ernstgemeinten Entschuldigungen, sondern verschaff uns dieses verfluchte Visum. Oder wie sieht es mit Steff aus? Wie ich mitbekommen habe, scheint sie sich auch ziemlich hoch integriert haben."
Bei diesen Worten konnte ich das erste Mal sehen, wie das leichte Lächeln von Brianas Lippen verschwand. Es schien, als wäre Briana bei Bemerkungen zu ihrem Vater und zu Stefanie nicht gut Kirschen zu essen.
„Mason, bevor du so über andere Personen sprichst, solltest du vielleicht dich selbst einmal reflektieren. Wenn es dir schwer fallen sollte, kannst du nur zu gerne einen Blick auf deine Akte werfen. Sie ist höchst interessant und ich verstehe nun, wieso Steff damals alleine gekommen ist. Sie muss dich echt gehasst haben."
Im nächsten Moment schien der Raum zu explodieren. Mason sprang auf und schrie vor Wut auf. Doch bevor er sie überhaupt erreichen konnte, hatte Briana sich umgedreht und den Raum mit zwei großen Schritten verlassen. Masons Fäuste prallten gegen die Tür, bevor sie überhaupt wieder ins Schloss fiel. Doch er machte keine Anstalten, die Türklinke herunter zu drücken und Briana zu verfolgen.
„Sie kann mich nicht gehasst haben!", schrie er und bearbeitete dabei immer und immer weiter die Tür mit seinen Fäusten. „Sie kann mich nicht so sehr gehasst haben, wie ich mich selbst!"
Vollkommen geschockt starrten wir auf den Jungen, der sonst jedem den Tod wünschte und nun vollkommen aufgebracht und verzweifelt war. Von einer Sekunde auf die nächste schien ihm die Kraft zu verlassen. Das Trommeln wurde schwächer und schlussendlich sackten seine Schultern nach vorne. Ich starrte auf seinen Rücken und konnte nicht realisieren, was gerade hier passierte.
„Sie darf mich nicht gehasst haben", flüsterte er leise und als seine Schultern anfingen zu zucken, konnte ich es zuerst nicht einordnen. Aber als er dann die Hände vor sein Gesicht schlug und auf die Knie sank, wurde mir bewusst, was gerade passierte.
„Mason weint?", flüsterte Sam neben mir und klang dabei nicht weniger erstaunt. Keiner von uns regte sich, denn keiner wusste, wie er die Situation einschätzen sollte.
Ein leichtes Wimmern erfüllte bereits die Luft, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Ich runzelte die Stirn, als ich Liam dabei beobachtete, wie er sich aus seinem Stand löste und an mir vorbei schritt. Sein Blick war nur auf Mason gerichtet, selbst die Haarsträhne, die ihm ins Gesicht fiel, ignorierte er.
Und dann passierte das Unglaubliche.
Ich hielt die Luft an und für einen kurzen Moment kam es mir so vor, als könnte ich das Gefühl der Erstauntheit in der Luft ergreifen.
Denn Liam hockte sich neben Mason und legte ihm zuerst einen Arm um die Schulter.
Dann folgte der zweite.
Das Erstaunlichste war aber, dass Mason ihn weder von sich stieß, noch ihm ins Gesicht schlug.
Stattdessen lehnte er sich gegen Liams Oberkörper und weinte in sein T-Shirt.
In diesem Moment wurde mir ein weiteres Mal klar, dass hinter Masons verbitterte Fassade so viel mehr steckte.
Und dieses ‚so viel mehr' umfasste seinen Selbsthass und Stefanie als seinen Schwachpunkt.
Die Tür war wirklich wieder aufgeschlossen.
Nach dem emotionalen Zusammenbruch von Mason, hatte ich es keine Sekunde länger in dem Aufenthaltsraum ausgehalten und mich mit leisen Worten auf die Toilette verabschiedet.
Die anderen waren zurückgeblieben, zu tief saß der Schock noch über Masons bereits unentdeckte Seite. Ich fragte mich, wofür er sich so sehr selbst hasste.
Was war damals genau zwischen ihm und Stefanie vorgefallen?
Meine Schritte hallten in dem Flur nach und unwohl blickte ich mehrmals über meine Schulter. Es war keine Menschenseele da, vor der ich hätte Angst haben können, doch die Einsamkeit des Flures jagte mir umso mehr einen Schauer über den Rücken.
In dem einen Moment schlossen sie uns ein und im nächsten ließen sie uns wieder unbeaufsichtigt durch den Gang streifen?
sie mussten viel Vertrauen in ihr Chipkartensystem der Türen haben.
Langsam schüttelte ich den Kopf, um zu versuchen, das flaue Gefühl so loszuwerden.
Doch es blieb.
Bei den Sanitären Anlagen angekommen, ging ich schnurstracks an den Spiegeln vorbei und wählte die hinterste Toilettenkabine. Ich schloss die Tür hinter mir zu und atme tief ein. Statt meine Notdurft zu verrichten, klappte ich den Toilettendeckel herunter und setzte mich hin. Ich zog meine Beine an und umschlang sie mit meinen Armen.
Dann schloss ich meine Augen und legte mein Kinn auf meine Knie.
Ich brauchte einen Moment nur für mich.
Die Luft roch viel zu stark nach Desinfektionsmittel und brannte mir bereits gefühlt die Schleimhäute in meiner Nase weg, doch dies war mir egal.
Ich musste meine Gedanken ordnen und das ging nicht, wenn die Spannung in unserem Aufenthaltsraum bis zum Zerreißen gespannt war und Mason entweder einen emotionalen Zusammenbruch hatte oder Niall jemanden am liebsten den Kopf einschlagen wollte.
Als ich langsam meine Augen wieder öffnete, fiel mein Blick auf die Stoffarmbänder, die noch immer um mein Handgelenk baumelten. Schwach lächelte ich und gerade, als ich über sie strich, klapperte die Tür und Schritte folgten einem Echo.
Ich erstarrte und versuchte so flach wie möglich zu atmen.
Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich betete, dass man es nicht hören konnte.
Ich versuchte mich damit zu beruhigen, dass es sicherlich nur Megs oder Jenia war, immerhin war sonst kein anderer hier, oder?
Dennoch traute ich mich nicht, laut nach ihnen zu fragen und als die Schritte schließlich anhielten und auch das Echo verstummten, starb ich innerlich.
Mein Blick fiel auf das abgeschlossene Schloss der Tür und dann wanderte mein Blick zu dem oberen Rand der Toilettenkabine.
Ich hatte kein sonderlich gutes Versteck, das rote Schildchen, das man auf der Außenseite sehen könnte, schrie förmlich danach, dass hier jemand war.
Wie von selbst setzte ich langsam wieder meine Füße auf den Boden auf und versuchte dabei so gut es ging kein Geräusch zu machen. Erst, als ich an meinem Hosenbund tastete, wurde mir bewusst, dass ich weder ein Küchenmesser, wie bei der Abendveranstaltung, noch meine Waffe hatte.
Denn diese hatte ich Felix gegeben und nun verfluchte ich mich, dass ich es nicht zumindest versucht hatte, eine kleine Verteidigungsmöglichkeit mit zu schmuggeln.
Um mich etwas sicherer zu fühlen und etwas in der Hand zu haben, griff ich nach der Toilettenbürste, die neben der Toilette stand.
Ich hielt die Luft an, beugte mich etwas nach vorne und platzierte meine Füße so, dass ich einen sicheren Stand haben würde. Adrenalin schoss durch meinen gesamten Körper, während ich nur darauf wartete, dass etwas passierte.
Es verging eine Minute.
Dann noch eine.
Und noch eine.
Ich zählte die Sekunden in meinem Kopf.
Aber es passierte nichts.
Nicht eine einzige Bewegung war zu hören.
Einzig und allein mein leiser Atem dröhnte mir viel zu laut in den Ohren nach.
Und kleine Wassertropfen tropften von den Borsten der Bürste.
Als nach weiteren drei Minuten nichts Auffälliges passierte, ließ ich langsam meine Arme sinken. Ich hatte einen Krampf in den Beinen und als ich mich nach zwei weiteren Minuten dazu entschloss, die Toilettenkabine zu verlassen, schüttelte ich sie aus.
Wenn mir jemand etwas Böses wollte, hätte er mich doch sicherlich bereits in der Kabine angefallen, oder etwa nicht? Zumindest versuchte ich mir dies einzureden, als ich mit angehaltenem Atem das Schloss umdrehte und leise die Tür aufstieß.
Mit viel Schwung ermöglichte sie mir die Sicht auf den restlichen Raum der Sanitären Anlagen.
Die leer waren.
Einen Schritt trat ich heraus, nicht jedoch ohne, dass ich die Toilettenbürste wie ein Schwert vor mir ausgestreckt hielt, um es im Notfall als Überraschungseffekt einsetzen zu können.
Ich trat langsam noch einen Schritt vor und blickte mich zu allen Seiten um. Ich war alleine. Als mir bewusst wurde, dass ich mir etwas eingebildet haben müsste, fielen all die Anspannung und das Adrenalin von meinem Körper.
Ich konnte nicht anders als über meine eigene Angst den Kopf zu schütteln und leise anzufangen zu lachen.
Doch dann bewegte sich die von mir aufgestoßene Toilettentür erneut und mit einem Knall fiel sie wieder ins Schloss. Sofort verstummte mein Lachen und erschrocken zuckte ich zusammen, als zeitgleich eine Stimme ertönte und mich zum Erstarren brachte:
„Du hast vergessen zu spülen oder was hast du so lange auf der Toilette gemacht?"
~
(06.12.2017)
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