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-25- ➳ Willow




Es waren zwei Tage vergangen seit Harry in meinen Armen gestorben war und ich wusste immer noch nicht, wie ich genau mit der Situation umgehen sollte.
Wir hatten die Stadt ohne weitere Zwischenfälle hinter uns lassen können und waren einen ganzen Tag Abseits einer riesigen Straße in die nächste Stadt gewandert.
Sie war ein einziger Autofriedhof gewesen, verrostete Wellbleche lagen an den Rändern und der Asphalt wurde bereits von Jahrzehnten der Wetterumschwünge in Mitleidenschaft gezogen und durch Pflanzen aufgebrochen.
Niall und Megs hatten zusammen die Karte begutachtet, während Liam mir leise zuflüsterte, dass wir uns auf einer Autobahn befanden. Eine Schnellstraße, die die Leute von einem Punkt A schnellstmöglich zu Punkt B bringen sollte.
Und genauso war es mit uns.

Kurz bevor es angefangen hatte zu dämmern, erreichten wir eine Abfahrt, die mit halb verblassten Buchstaben auf die nächste Kleinstadt aufmerksam gemacht hatte und mit etwas Glück haben wir relativ schnell Unterschlupf in einer alten Lagerhalle gefunden.
Sie erinnerte mich in jeder Sekunde, die wir uns dort aufhielten, an die Industrie, in der Harry vor wenigen Stunden gestorben war.

Wir hatten dort Harrys Sachen aufgeteilt.
Im ersten Moment wollte ich schreien, irgendetwas durch die Gegend werfen und den anderen klar machen, dass dies Harrys Sachen waren und nicht irgendetwas, was man einfach so gerecht unter uns Überlebenden aufteilen konnte.

Aber dann fiel mein Blick auf die Armbänder und mir wurde wieder bewusst, dass Harry längst nicht mehr da war, um Anspruch auf die Sachen zu erheben.
Und dass wir jegliche weitere Unterstützung bitter nötig hatten.

Sein Rucksack gab überraschend viel her, doch bei keiner Sache äußerte ich mich, sodass ich das bekam, was mir Megs schlussendlich mit einem langen Blick zuordnete.
Das Essen, sowie seine Wasserrationen wurden unter uns überraschend gerecht aufgeteilt.

Während Mason sich gleich Harrys Decke und das kleine Kissen unter den Nagel riss und an Christopher und Niall die Ersatzthirts gingen, bekam Sam die Taschenlampe und seine übrige Munition.

Als Harrys gesamte Sachen verteilt wurden, konnte ich nur teilnahmslos auf das schauen, was mir Megs zugeteilt hatte. Eine dünne Windjacke, eine rote Trillerpfeife, sowie zwei Carabiner und zwei Leuchtstäbe. Die anderen waren an Jenia und Liam gegangen.

In der Nacht konnte ich nicht gut schlafen, denn immer wenn ich die Augen schloss, sah ich die Wölfe wieder, wie sie uns verfolgten und schlussendlich Harry töteten.
Selbst Sams Anwesenheit neben mir beruhigte mich nicht.
Bei jedem kleinsten Geräusch außerhalb der Halle schreckte ich zusammen, sodass ich insgesamt kaum Schlaf bekam.

Dementsprechend energielos war ich am nächsten Tag.
Niall hatte entschieden, dass wir unseren Weg entlang der Autobahn weiter fortsetzten, da wir so nicht vom Weg abkommen und nur einen geringen Umweg gehen würden.

Liam sagte nichts dazu, genauso wenig wie Megs oder Mason.
Wir alle akzeptierten Nialls Entscheidung.
Der stumpfe Schmerz der Erschöpfung zerrte an meinem ganzen Körper, doch mittlerweile war ich schon so vertraut damit, dass ich ihn schon fast wie einen alten Freund begrüßte.

Nach einer Weile faszinierten mich all die verlassenen Autos nicht mehr, die wie längst verstorbene Überbleibsel zu Hunderten unseren Weg kreuzten. Mich interessierte nichts mehr, ich starrte nur auf meine Füße, stolperte hinter Sam her und versuchte nicht auf die Schnauze zu fliegen.

Es kam mir jedes Mal wie eine Ewigkeit vor, bis Niall die nächste Pause ankündigte und ich mich mit einem Stöhnen auf eine rostige Motorhaube schwingen konnte.
Der Schweiß auf der Stirn und ließ meine Haare in meinem Nacken kleben. Das war ätzend an den kurzen Haaren: Ich konnte sie nicht eben schnell zu einem Dutt hochbinden, so wie ich es früher immer gerne gemacht hatte.

In den Zeiten, bevor dieses ganze Desaster begonnen hatte.
Damals, wo Leo noch grinsend mich ansah und den Kopf schüttelte, weil meine Haare immer nicht so wollten, wie ich es wollte und spätestens nach ein paar Minuten nur noch ein unordentlicher Knoten waren.
Die Erinnerungen an Leo waren schmerzhaft und fühlten sich so verdammt lange her, obwohl es gerade mal zehn Tage seit der Abendveranstaltung und somit unserem letzten Treffen her war.
Seufzend schüttelte ich den Kopf.
Hier in der Außenwelt durfte ich nicht an Leo denken.

Ich aß in den Pausen kaum etwas, da ich nicht wusste, wie lange wir noch wandern würden, bevor wir wieder etwas Essbares finden würden. Sam hingegen zwang ich, etwas von dem Trockenobst zu essen, das ich noch in meinem Rucksack hatte.

Gegen späten Nachmittag verließen wir die Autobahn und mussten noch eine weitere Stunde laufen, bis wir eine heruntergekommene Stadt, die mit dem Namen Willow auf einem halb von der Natur eroberten Ortsschild warb, erreichten.
Diesmal verschlug es uns nicht in eine Lagerhalle, sondern in ein riesiges Haus aus schwerem Stein.
Wir mussten im ehemaligen Reichenviertel gelandet sein, denn das Tor aus Messing, die halb zerstörte Steinmauer und der mediterrane Stil des protzigen Hauses sprachen für sich.
Genauso wie der Swimmingpool im Garten, der nun jedoch halb zerfallen und voller Geröll war. Genauso wie die komplette linke Seite des Villenähnlichen Gebäudes. Es wirkte, als wäre eine Bombe eingeschlagen.

Was es vielleicht auch war.

Dafür war jedoch der Ostflügel des Hauses gut erhalten und während die anderen in einem unglaublich schnellen Tempo durch das gesamte Haus stürmten, um zu schauen, welcher Raum sich zum Übernachten eignen würde, streifte ich mit langsamen Schritten über den vergilbten Marmor.
Risse und Blätter überzogen den gesamten Flur und von der hohen Decke hing ein zerbrochener Kronleuchter auf halb acht. Die Scherben von den Lampen lagen auf dem Boden verteilt. Der großzügige Flur endete in einer weitläufigen Küche, die an dem Ess- und Wohnzimmer direkt anschloss. Niall lag bereits auf einer Ledercouch, hatten die Beine hochgelegt und blätterte in einem Buch, das er höchstwahrscheinlich aus einem der vielen Regale her hatte.

Ich blieb mitten im Raum stehen und blinzelte.
Es war erschreckend und unglaublich zu gleich wie normal dieser Raum wirkte.
Wenn man den Flur und die Scherben unbeachtet lassen würde, könnte man denken, dass jeden Moment die Familie, die in diesem Haus leben müsste, nach Hause kommen würde. Der Plasmafernseher hing noch an der Wand, die Bücher waren feinsäuberlich in den massiven Regalen einsortiert, ab und zu unterbrochen von Fotorahmen, dessen Bilder ich mir jedoch nicht näher ansehen wollte.
Auf der einen Seite war eine lange Tafel, mit Teppich, Stühlen und einem weiteren Kronleuchter darüber hängend, während auf der anderen Seite des Raumes eine ganze Couchlandschaft ihren Platz fanden, die Niall bereits für sich erobert hatte.
Selbst die, nun staubig aussehenden, Zierkissen wirkten wie unberührt.

Wie konnte dies alles hier wie eine Oase wirken, während die andere Seite des Hauses wie zerbombt aussah und all die anderen Gebäude mit all den Jahren zerfielen wie ein Kartenhaus?
Wie konnte hier nicht einmal ein Bilderrahmen umgefallen, noch ein Kissen zerdrückt sein?
Ich schüttelte nur langsam meinen Kopf und machte mich dann an die Arbeit, ein Schlaflager für Sam und mich zu errichten.

Wir alle waren erschöpft gewesen und sprachen beim Abendessen nicht viel. Selbst Megs und Jenia haben nur schweigend in ihren Haferflocken herumgerührt und nachdem wir alles abgesichert hatten, legten wir uns schlafen.
Sam und ich hatten nicht mehr die Isomatte, da ich sie auf der Flucht vor den wolfsähnlichen Monstern verloren hatte, dafür hatte Sam eine einigermaßen intakte Matratze aus der oberen Etage ergattert.
Zum ersten Mal in meinem ganzen Leben erfuhr ich, was es bedeutete, luxuriös schlafen zu können.
Mit dem einzigen Haken, dass ich nicht einschlafen konnte.

Während ich den ruhigen Atemzügen der anderen lauschte, starrte ich nur an die Decke und fragte mich, was noch alles auf uns zukommen würde.
Allein bei den Gedanken an all die möglichen Situationen kniff ich die Augen zusammen und versuchte schnellst möglichst an etwas anderes zu denken.

In diesem Moment hörte ich, wie jemand im Nachtlager neben uns aufstand.
Ohne hinzusehen, wusste ich, dass es Liam war.
Ich drehte mich leicht und konnte gerade so noch sehen, wie er im Flur verschwand und im nächsten Moment hörte ich Schritte auf der Treppe.

Dann verstummten sie.

Für einen kurzen Moment blieb ich noch liegen, nicht sicher, ob ich ihn einfach ignorieren und versuchen sollte zu schlafen, oder ihm folgen sollte.
Die erstere Möglichkeit wäre sicherlich die vernünftigere Entscheidung gewesen, doch bevor ich mich dazu zwingen konnte, hatte ich bereits vorsichtig die Decke zurückgeschlagen und tapste auf Socken über den kühlen Marmor.
Es war dunkel, doch dennoch wusste ich ganz genau, wo ich die Treppe finden würde. Langsam stieg ich Stufe für Stufe hoch und hielt mich dabei am Geländer fest.
Liam war nicht schwer zu finden. Die Tür zu einer Art Arbeitszimmer stand sperrangelweit auf und er stand direkt vor dem deckenhohen Fenster. Seine Gestalt wurde vom Mond beschienen und warf einen langen Schatten.

„Sophia, Sophia Smith, warum schläfst du nicht?", flüsterte er, bevor ich ihn überhaupt erreicht hatte. Er drehte sich nicht zu mir um, sondern starrte einfach weiter aus dem Fenster.

„Das gleiche könnte ich dich auch fragen", entgegnete ich. Nun drehte er leicht seinen Kopf, sodass ich in seine braunen Augen blicken konnte.

„Warum ich nicht schlafe? Ich kann nicht schlafen..." er stockte, drehte sich dann wieder zu dem Fenster und nickte Richtung Straße. „und außerdem wollte ich das hier beobachten."

Langsam kam ich zwei Schritte näher, sodass ich sehen konnte, was er meinte.
Als ich es in dem trüben Mondschein sehen konnte, versteifte ich mich und das Atmen wurde schwer.
Bevor jedoch die Panik mich völlig überrollen konnte, spürte ich Liams Hand auf meinem Arm.

„Beruhige dich, sie ziehen weiter, siehst du?"

Es war eine ganze Gruppe von furchteinflößenden Viechern, die jedoch nichts mit den mutierten Wölfen gemeinsam hatten. Sie wirkten eher wie zu groß geratene Rehe.
Mit gespaltenen Kopf und viel zu spitzen Ohren.
Mit meinen Augen verfolgte ich sie, wie sie im gemächlichen Tempo über die Straße an unserem Unterschlupf entlangschritten und dabei aufmerksam nach links und rechts sahen.
Sie schienen jedoch – anders als die Wölfe – nicht auf die Jagd aus zu sein, sondern viel mehr darauf bedacht, keine Gefahren einzugehen.
Ich atmete erst wieder auf, als auch das letzte Tier an den Überresten der Steinmauer auf unserem Grundstück vorbei ging.

„Was war das?", fragte ich zögerlich und versuchte in der Dunkelheit weitere Lebewesen auszumachen. Doch nichts bewegte sich.

„Ich weiß es nicht, Sophia, Sophia Smith."

Ich drehte mich leicht zu ihm um und beobachtete ihn. Er sah weiterhin nachdenklich aus dem Fenster. Dabei biss er sich auf die Lippe und knetete seine Hände.

„Woran denkst du, Liam?", fragte ich vorsichtig und ich erkannte daran, dass er blinzelte, dass er leicht überrumpelt war.
doch bevor ich noch ein weiteres Mal nachhaken konnte, antwortete er zögerlich: „Ich weiß nicht, ob ich darüber nachdenken soll, wie genau die Pläne meines Vaters aussehen oder nicht."

„Was genau meinst du?", fragte ich ehrlich verwirrt und nun trafen seine braunen Augen auf meine. Aber nur für einen kurzen Moment, denn dann wendete er sich wieder dem Fenster zu und sprach so langsam, als würde er die Wörter mit Bedacht wählen: „Du musst wissen, Sophia, Sophia Smith, mein Vater ist kein Mensch, der seine Pläne leicht fertig aufgibt. Er wird sie weiterverfolgen, tut dies genau in dieser Sekunde und auch wenn ich nur einen Fetzen seines Planes gewusst habe, so ist mir klar, dass ich eine wichtige Rolle im großen Ganzen gespielt habe – und wahrscheinlich immer noch spiele. Verstehst du was ich meine?"

Ich runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. Ich kam nicht ganz hinterher, was meinte Liam damit?

„Dein Vater wollte die Stromversorgung für die untere Bevölkerung kappen, um die Oberen nicht ihren Luxus zu berauben... Also was genau meinst du?"

Nun schüttelte er heftig den Kopf. „Nein, so ist das nicht. Oder doch, vielleicht war dies der Anfang, aber definitiv nicht der Hauptgrund für Marcus Handeln. Du musst wissen, der Familienname Payne ist etwas ganz Besonderes in der Skyscraper-Geschichte. Und mein Vater ist davon wie besessen. Die Eliminierung der unteren Bevölkerung war definitiv nur ein Puzzleteil von einem riesigen Puzzle, dessen Abbildung wir jedoch noch nicht verstehen und begreifen können, verstehst du? Und er braucht anscheinend mich, um dieses Puzzle für sich zu beenden. Aber nun bin ich hier und dagegen konnte er zu Beginn nichts machen, ohne den hohen Rat nicht zu verärgern, aber..."

Ich unterbrach ihn und führte seinen Satz zu ende, als ich verstand worauf er hinaus war: „... aber er würde dich nicht in der Außenwelt einfach opfern, sondern dich irgendwann wieder in den Skyscraper holen, habe ich nicht Recht?"

Langsam nickte er. Seine Miene war verschlossen und ich versuchte den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken.
„Wirst du mitgehen?"
Meine Stimme klang krächzend und ich hoffte so sehr, dass ich mich nicht in ihn getäuscht hatte.

„Ich habe das Gefühl, dass der Plan meines Vaters nicht das ist, was ich mir für die Zukunft eines friedlichen Miteinanders in den Skyscrapern wünsche..."

Erleichterung durchströmte mich, gepaart jedoch mit mehreren weiteren Gedankengängen.
„Werden sie dir überhaupt eine Wahl lassen?"

Ein bitteres Lachen entschlüpfte Liams Lippen, als er mit ruckartigen Bewegungen den Kopf schüttelte. „Natürlich nicht. Oder denkst du, dass ein Elternteil ihr kleines Kind einfach in der Spielwarenabteilung stehen lassen würde, nur weil es mit bockig verschränkten Armen nicht weiter möchte?"

„Ich hatte nie die Gelegenheit in einer Spielwarenabteilung zu stehen, Liam", erwiderte ich trocken, auch wenn ich verstand, worauf er hinaus wollte.

„Aber du verstehst, was ich meine, oder?"
Diesmal nickte ich und Stille breitete sich wieder zwischen uns aus, während jeder von uns seinen eigenen Gedanken hinterher hing.

Dies alles bedeutete also, dass wir nun nicht nur ein noch weit entferntes Wasserkraftwerk auffinden, sowie reparieren mussten und von mutierten Tieren als Snack zwischendurch betrachtet wurden, sondern nun auch von der Regierung höchstpersönlich verfolgt wurden.
Ich stöhnte auf und als ob dies nicht schon reichen würde, schweiften meine Gedanken wieder ab.

„Und woran denkst du, Sophia, Sophia Smith?"

Ich betrachtete das völlig zerstörte Haus uns gegenüber, starrte auf die grünen Ranken, die die Trümmerhaufen bereits erobert hatten und sich wie protzige Sieger bis zu jeden einzelnen Gesteinsbrocken vorgearbeitet zu haben.

„Sophia?"

Ich bemerkte seinen fragenden Seitenblick.
Tief holte ich Luft und sprach dann: „Ich frage mich, wohin uns diese Reise noch bringen wird. Ob Sam überleben wird, ob ich überleben werde. Oder Megs, oder Niall, oder du.
Ob überhaupt einer von uns das Wasserkraftwerk erreichen wird und wie es dann weitergehen soll."

„Also hast du Angst", entgegnete er nur mit ernster Stimme und erstaunt drehte ich mich zu ihm um.

„Natürlich habe ich Angst, Liam. Ist es nicht auch angebracht?"
Nachdenklich legte er den Kopf schief, so wie er es früher schon immer gemacht hatte und nickte dann. „Ja, vielleicht. Aber nur so lange, wie du dich nicht von ihr regieren lässt."

Ich antwortete nichts darauf, sondern drehte mich einfach wieder zu dem Fenster.
So standen wir noch mehrere Minuten in völliger Stille und hingen jeder unseren eigenen Gedanken hinterher.
So lange, bis die Kälte durch meine dünnen Sachen, die ich zum Schlafen angezogen hatte, kroch und ich mich mit einem leisen Gute Nacht wieder zurück ins Bett verabschiedete.
ich konnte aber erst einschlafen, als sich auch Liam ein paar Minuten später in sein provisorisches Schlaflager legte.

Den nächsten Tag verbrachten wir wieder damit unsere Vorräte aufzufüllen und während Megs zusammen mit Jenia Wasser suchen waren, überwindete ich mich Mason von meinen Beobachtungen in der Nacht zuvor zu berichten. Es war das erste Mal, dass er mir aufmerksam zuhörte und er mich nicht mit einem verabscheuungswürdigen Blick betrachtete. Stattdessen leuchteten seine Augen aufgeregt, wollte mir jedoch nicht verraten, ob er irgendetwas zu diesen mutierten Tieren wusste.
Seine einzige Bemerkung war, dass sie wohl nachtaktiv waren, sodass ich zumindest etwas meiner Anspannung und Angst verlor.

Auch wenn ich eigentlich nervös sein und dazu drängen sollte, den weiteren Weg einzuschlagen, um möglichst schnell das Wasserkraftwerk zu erreichen, genoss ich es mit angewinkelten Beinen auf der Couch zu hocken, durch die alten, vergilbten Bücher zu blättern, ohne sie richtig zu lesen. Denn meinen Blick hielt ich die ganze Zeit auf die Stoffarmbänder fixiert, die ich immer und immer wieder um mein Handgelenk drehte, so wie ich es oft bei Harry beobachtet hatte.
Ab und zu leistete Sam mir Gesellschaft, setzte sich in den Sessel neben der Couch und für einen kurzen Moment kam der Gedanke in meinen Kopf auf, wie es wohl wäre, wenn die Welt nicht durch den dritten Weltkrieg zu Grunde gegangen wäre, keiner der Skyscraper gebaut worden wären und Sam und ich in diesem Haus aufgewachsen wären.
Im Sommer hätten wir im Pool schwimmen, unsere  Freunde zum Picknicken einladen und Spaziergänge in einem richtigen Park machen können. Abends könnten wir gemeinsam Filmeabende veranstalten und uns streiten, wer auf der langen Couch und wer auf einen der Sessel sitzen durfte. Und wir könnten jeden Tag zum Frühstück Pfannkuchen machen. Mit frischen Blaubeeren und einem Kakao.

Es waren wirre Fantasien, die mich den ganzen Tag über fest im Griff haben zu schienen, umso erleichterter war ich, als Megs mich hochscheute und mir vorwarf, dass nichtsnützige Löcher in die Luft starren nicht unserem Überleben beisteuern würden.
Im nächsten Moment hatte sie mir drei Dosen Erbsensuppe in die Arme gedrückt, mit dem Auftrag, das Abendessen vorzubereiten.

Denn leider war in diesem Haushalt nicht viel Essbares gefunden worden, dafür im Nachbarhaus umso mehr. Es schien, als hätten die Plünderer dieses Viertel völlig übersehen, denn auch Sam konnte nun ein Brettspiel mit vielen schwarz-weißen Feldern und Figuren in Form von Menschen, Türmen und Pferden zu seinen Errungenschaften zählen.
Zusammen mit Christopher versuchte er den ganzen Abend lang herauszufinden, wie dieses Spiel genau funktionierte, bis Megs mit einem kollektiven Aufstöhnen aufklärte, dass es sich um das Spiel Schach handelte und die Regeln selbst für den Dümmsten Menschen auf den ersten Blick verständlich sein sollte.

Ich schloss mich der kleinen Spielgruppe nicht an, genauso wenig wie Niall, Mason und Liam.
Während ich meinen Rucksack neu sortierte, lagen die anderen bereits in ihren Decken eingewickelt.
Es dauerte noch eine ganze Stunde, bis die letzte Kerze gelöscht wurde und sich auch die anderen hinlegten.
Aber noch zwei weitere, bis ich endlich in einen Dämmerzustand verfiel.
Ich konnte einfach nicht die Augen zu zumachen, ohne sofort Harry vor mir sehen zu können.

Gerade, als ich das Gefühl hatte, in eine ruhige Welt wegzudriften, die mich in Watte einwickeln wollte, wurde ich wieder aus dem Schlaf gerissen.
Es war wieder einmal Liam.
Ich hörte seine Schritte und gerade als ich auch aufstehen wollte, tat dies eine Person vor mir.
Ich sah nur noch eine Gestalt um die Ecke biegen, Liam die Treppe verfolgend und keine Sekunde später war ich aufgesprungen.
Diesmal spürte ich die Kälte des Marmors sofort durch meine Socken und ein Schauer jagte mir über den Rücken.
Mein Herz pochte mir bis zum Hals und automatisch musste ich daran denken, dass Liam gesagt hatte, dass er sich nicht wundern würde, wenn er mit einem Messer an der Kehle aufwachen würde.

War nun dieser Moment gekommen?
War die zweite Person, die Liam verfolgte, vielleicht Mason?

Wie eine Verrücktgewordene wollte ich in das Zimmer stürmen, als mich ein Detail erstarren ließ.

Es war nicht Mason.
Er hatte auch kein Messer oder dergleichen bei sich.

Er stand einfach so da – ein paar Meter hinter Liam, der wie gestern Nacht am Fenster stand.
Und wie damals auf der Abendveranstaltungen schienen sie mich im Türrahmen nicht zu bemerken.

„Niall", sprach Liam mit ruhiger Stimme ohne sich umzudrehen. Es war beinahe gruselig, wie sie immer alle zu wissen schienen, wer sich hinter ihnen befand, ohne sich mit einem Blick zu vergewissern.

„Liam", entgegnete Niall genauso ruhig, bewegte sich aber keinen Schritt weiter auf seinen Halbbruder zu.

„Es ist wirklich erstaunlich, dass du mich mitten in der Nacht verfolgst und nicht die Chance nutzt, mir ein Messer an die Kehle zu halten." Liam drehte sich immer noch nicht um, dafür bewegte sich Niall etwas vorwärts, während ich zwei Schritte so leise wie es ging rückwärts aus den Raum trat. Es erschien mir eher so, als würde ich hier nicht als Retter in Not für Liam einspringen müssen, sondern eher einen wichtigen Moment stören.

„Es ist kurz nach Mitternacht und außerdem hätte ich dir bereits jederzeit die Kehle durchschneiden können, also warum genau jetzt?"

„Soll mich das jetzt beruhigen, Niall? Und nur falls es dir nicht aufgefallen ist: Mitternacht ist mitten in der Nacht." Ich konnte noch erkennen, wie Liam leicht den Kopf zu Niall drehte, als dieser genau neben ihm zum Stehen kam.

„Denk' nicht, dass ich diesem verdammten sentimentalen Shit verfallen bin, aber ich habe nur gedacht, dass es vielleicht schön wäre, ein Happy Birthday so früh an seinen Geburtstag zu hören, kleiner Bruder."

Nialls Worte ließen mich vor Überraschung erstarren, doch dann raffte ich mich zusammen. Und beschloss, dass es besser war, diesen ersten wahrhaftigen Brüder-Moment nicht zu stören.
Das letzte, was ich sah, bevor ich mich auf Zehenspitzen umdrehte und die Treppe nach unten zu Sam ins Bett huschte, waren die Silhouetten der beiden Brüder, wie sie auf der gleichen Höhe vor dem Fenster standen und in dieselbe Richtung sahen.

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(05.03.2017)

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