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-14- ➳ Am Angler Port



Das Liliental.
Ich schluckte.
Ich hatte mal von einer Blume gehört, die so heißen sollte, doch gesehen hatte ich noch nie eine.
Und nun standen wir vor einem Tal, nein, einem Abgrund traf es besser, das diesen Namen trug.
Und nichts Gutes verhieß.
Was war hier draußen schon gut?

„Liam, ich habe dich etwas gefragt", knurrte Niall und kam drohend einen Schritt auf seinen Halbbruder zu. „Was bedeutet es?"

Sekunden vergingen, bis sich Liam ganz langsam zu ihm umdrehte und den Mund zum Sprechen öffnete: „Das Gewässer des Lilientals wird für die nächsten Hunderttausendjahre tödlich sein, wir müssen unbedingt einen Weg hier dran vorbei suchen. Wenn wir den Spalt in Richtung Süden verfolgen, haben wir vielleicht mehr Chancen, morgen das Ende zu erreichen und ungehindert passieren zu können, denn..."

„Warte, nochmal langsam, Rich boy. Du willst uns jetzt also weiß machen, dass wir nicht einfach hier das Liliental durchqueren können, sondern einen Meilenweiten Umweg gehen sollen, der uns nicht nur Stunden, sondern ganze Tage kosten wird?", unterbrach Megs ihn erstaunt.

Liam nickte ernst. „Uns bleibt gar keine andere Möglichkeit."

„Wir haben aber nicht die Verpflegung, um noch länger in dieser toten Zone herumzuirren und zu hoffen, dass wir irgendwann eine Spaltenge des Tals finden. Ich bin dafür, dass wir uns hier abseilen und an der anderen Seite wieder hochklettern. Das wird uns höchstens den Rest des Tages kosten", hakte sich Christopher in die Diskussion ein und erhielt zustimmendes Nicken von Harry und Jenia.

Ich jedoch beobachtete weiterhin Liam, wie sich seine Miene verhärtete und langsam den Kopf schüttelte. So, als schien er meinen Blick zu bemerken, sah er zu mir und unsere Augen trafen sich. Erstaunlicherweise sah ich Sorge in ihnen aufblitzen und ich wusste, dass es einen triftigen Grund gab, warum er diesen tagelangen Umweg nehmen wollte.

„Wartet, warum ist das Liliental denn so gefährlich, Liam?", sprach ich, bevor die anderen sich schon für die Abseilung bereit machen konnten. Jeder verharrte in seiner Bewegung und schien auf Liams Antwort zu warten.
Dieser seufzte leicht und zeigte dann in die eine Richtung des Verlaufs des Tals. „Ein paar Kilometer weiter nach Norden gab es vor langer Zeit ein Kernkraftwerk. Es wurde ein paar Jahre vor dem dritten Weltkrieg außer Betrieb gesetzt, doch durch die politisch angespannte Situation wurde die Abtransportierung des radioaktiven Mülls weiter aufgeschoben. Es ist jedoch nie zu einer sicheren Abtransportierung gekommen und als die ersten Bomben England trafen, war es bereits zu spät. Das Tal, sowie der Fluss, wurden künstlich angelegt und führten damals zu einem Staudamm, der alternativen Stromquelle. Doch als das Kernkraftwerkt Lilienbourg beschädigt wurde, gelangte der Müll ohne weitere Probleme in das Tal. Dies alles, was ihr da unten seht,"- er machte eine ausschweifende Bewegung nach unten- „ist eine Ansammlung von allesdurchdringender Strahlung, die eure Zellen auseinandernimmt, wie ihr einen trockenen Keks zerbröseln würdet. Innerhalb weniger Stunden würden wir sterben und dann wollt ihr diskutieren, dass wir nicht einen Umweg von einem Tag machen wollen, um dafür zu überleben?"

Es blieb eine lange Zeit still, jeder schien das Gesagte zu verdauen. Doch dann trat Mason einen Schritt näher an den Abgrund heran und meinte: „Kennt ihr die Geschichten von diesen Superhelden, die sie damals alle erfunden hatten? Die wurden doch auch durch Zellveränderung übernatürlich und um ehrlich zu sein, wollte ich schon immer einmal fliegen und unnatürlich schnell rennen können."

„Mason, du bist bescheuert", sprach Jenia, doch bevor noch jemand anderes etwas hinzufügen konnte, sprach Niall mit einem nachdenklichen Ausdruck auf dem Gesicht: „Wie lange würde es dauern, bis wir definitiv sterben würden?"

„Maximal zehn Stunden, die Schwefelwasserstoffschwaden, die aus dem Wasser austreten, könnten einen aber auch schon binnen drei Stunden dahinrecken. Ab einer Handvoll Stunden liegt das Risiko von einer folgenden Blutkrebserkrankung bei über 80%, soweit ich mich erinnere."

Ein Grinsen breitete sich langsam auf Nialls Gesicht aus und sofort wurde mir schlecht. Ich wusste nur allzu gut, was nun kommen würde.

„Okay, dann steht es jetzt fest. In maximal sechs Stunden werden wir auf der anderen Seite des Tals stehen, Mason im Gewässer entsorgt haben und falls wir an Blutkrebs erkranken, werden uns die Reichen sicherlich etwas von ihrem adeligen Blut abgeben, oder etwa nicht? Oder habt ihr vielleicht schon ein paar blaue Pillen, die ihr euch dagegen einfach einwerfen könnt? Also alles geregelt, warum warten wir noch?"

„Niall-"

Liam wurde mit schneidender Stimme von dem Angesprochenen unterbrochen: „Halt verdammt nochmal deine Fresse, Liam! Wenn du nicht deinen verwöhnten Arsch ein paar giftigen Stoffen aussetzen willst, dann tu uns allen einen Gefallen und bleibe hier. Meinetwegen suche deinen alternativen Weg, doch ich kann dir jetzt schon sagen, dass du dich dank dem Smog verirren wirst, wenn du nicht gar schon vorher an Nahrungs- und Wassermangel stirbst. Was meinst du denn, wie lange wir als Gruppe noch von unseren mickrigen Vorräten leben können, hm? Wenns hochkommt, zwei, drei Tage, also halt deine verdammt verfickte Fresse!"

Liam klappte seinen Mund zu und nickte nur mit versteinerter Miene.
Ich traute mich nicht, mich zu äußern, weil ich wusste, wie Niall auch meine Einwände niederschmettern würde, doch ich hatte ein mulmiges Gefühl dabei, dort nach unten zu klettern.
Zwar wusste ich nur allzu gut, dass ein erneuter Umweg wegen unserer Knappheit an Vorräten nicht in Frage kam, aber es musste doch noch einen sicheren Weg geben, oder etwa nicht?

„Liam, es wird früher doch sicherlich eine Straße oder ähnliches gegeben haben, dass zum Liliental herunter geführt hatte, oder? Wir werden nicht genug Seil haben, um uns an den steilen Wänden abseilen zu können...", durchbrach Megs die aufgekommene Stille und wendete sich somit direkt an Liam.

Mason stöhnte leise auf und drehte sich von der Gruppe weg. Er beschäftigte sich damit, Steine in den Abgrund zu treten. Ich beachtete ihn nicht mehr weiter, sondern wartete wie jeder anderer auf Liams Antwort.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, es gab früher ein Angler Port, zudem eine Straße geführt hatte. Ich habe darüber in den alten Kundschaftsberichten gelesen, die sie in den ersten Jahren der Skyscraper verfasst hatten..."

„Ach das war also dein Geschichtsunterricht, hm? Ein paar alte Dokumente lesen, die die Pisserfraktion verfasst haben, die die Umgebung untersucht, aber die Leute verrecken lassen haben?"

„Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich dich erinnere, dass du auch in einem Skyscraper geboren wurdest und somit auch zu der Pisserfraktion gehörst, da sich deine Vorfahren auch einen Platz in den Skyscrapern gesichert hatten...", schoss Liam ohne eine weitere Regung zurück und sprach dann weiter: „Jedenfalls diente das Liliental auch als Fischzucht. Nun wird wohl dank den hohen Strahlungen und den Schwefelwasserstoffschwaden nichts mehr im Wasser leben, aber vielleicht gibt es noch ein, zwei Boote, die nutzbar sind. Rüber schwimmen können wir nämlich ganz sicher nicht."

Sein Gedankengang machte Sinn und als ich in die Gesichtern der Anderen sah, erkannte ich, dass sie auch einigermaßen überzeugt waren.

„Dann zeig uns mal den Weg, bevor wir hier noch versteinern", äußerte sich Harry zum ersten Mal. „Denn zufälligerweise haben wir keine Schutzkleidung und ich denke, unsere paar Stunden laufen jetzt schon ab."

„Ich möchte ungern als wandelnder Zellteiler herumirren", mischte sich Mason von außen ein und sofort verdrehte ich die Augen.
„Würde dir aber sicherlich gut stehen", murmelte ich und stopfte meine Hände in meine Hosentasche.
Sam neben mir prustete los. Er hatte es gehört und als Megs uns einen fragenden Blick zuwarf, schüttelte mein Bruder nur verneinend den Kopf. „Alles gut."

„Wenn alles gut ist, können wir ja losgehen. Auf geht's zum Fischparadies!", meinte Niall, schulterte seinen Rucksack und ging nach Norden.

„Wir müssen in die andere Richtung", warf Liam ein und Niall vollführt sofort auf seinen Fußballen eine Drehung um 180 Grad.

„Ich weiß."

Niall ging mal wieder als erstes, gefolgt von Christopher und Harry. Durch den Gruppenzwang dazu gedrungen, schloss ich mich zusammen mit Sam hinter Megs und Jenia an. Liam folgte uns und ich konnte meine Gedanken nicht von seinen Worten abbringen.

Das Liliental war gefährlich.
Hoch verstrahlt und verseucht.
Unsere Zellen würden zerstört werden und uns somit in einen langsamen Tod schicken.
Ich wusste genau, warum Liam nicht wollte, dass wir dort nach unten gingen...

Jeder Schritt wurde mit der Gewissheit, dass uns alle der Tod erwarten könnte – selbst wenn wir auf die andere Seite gelangen würden – schwerer und die Minuten vergingen nur schleichend. Links zu uns wand sich das Liliental seinen Weg entlang und zu unserer rechten Seite konnte man kaum fünfzehn Meter weit sehen.

Mein Blick fiel auf meinen Bruder, der seine Hände verbissen um die Träger seines Rucksackes geschlungen hatte und sofort wurde mir wieder bewusst, wie jung eigentlich noch war.
Auch wenn er schon größer als ich war, war er dennoch mein kleiner Bruder und noch nicht einmal fünfzehn Jahre alt.

„Geht es dir gut, Sam?", fragte ich leise und schloss etwas zu ihm auf. Er nickte als Antwort.
„Ja und dir, Soph?"
Auch ich nickte. „Bitte bleibe immer dicht bei mir, okay? Ich will nicht, dass dir etwas passiert, versprichst du mir das?"

Sam warf mir von der Seite einen Blick zu und ich hielt den Augenkontakt. Er sollte merken, wie wichtig mir dieses Versprechen war. Er schenkte mir ein lächeln, um mich zu beruhigen.
„Alles gut, Sophia. Wir haben schon genug Sorgen, mache dir da nicht noch mehr um mich. Aber wenn es dir so wichtig ist, verspreche ich es dir."

Ich nickte. „Mir ist es sehr wichtig. Ich will nicht auch noch dich verlieren..."

Ich wusste, dass ich jetzt vielleicht zu emotional wurde, doch Eleanor und Dad spuckten mir in meinem Kopf herum und ließen mich nicht mehr los.

„Hey, Soph, keine Sorge..." Er merkte wohl, dass ich gerade Schwierigkeiten hatte, mich zusammenzureißen, denn er löste eine Hand von seinen Rucksackträgern und legte sie auf meinen dreckigen Arm „und das mit El, du weißt doch, dass-"

Er konnte nicht mehr seinen Satz zu Ende sprechen, denn in dem Augenblick schloss Liam von hinten auf und meinte: „Wir sind da."

Sein Finger zeigte auf eine minimale Absenkung des Bodens und sofort hatte er auch die Aufmerksamkeit der Anderen. Innerhalb weniger Sekunden drängelten wir uns alle halbkreisförmig um die Zufahrt zu dem kleinen Angler Port.

Oder zumindest um das, was davon noch übrig war.

Das soll eine Straße ins Tal sein?", fragte Christopher entgeistert.
„Was erwartest du denn nach mehreren Jahren Krieg und dann zweihundert Jahren wilder Natur, Christopher? Eine perfekt gepflasterte Straße, die uns ohne große Steigung nach unten führt?", spottete Megs und zog bei dem Anblick des Zustandes der Zufahrt nicht einmal die Augenbraue hoch.
„Megs hat Recht, wir können froh sein, dass die Witterungen es nicht komplett zerstört haben", fügte Jenia hinzu.

„Dann sollten wir jetzt das Beste daraus machen und uns beeilen, wenn unsere Zellen nicht als All-you-can-eat-Buffet enden sollen", sprach Niall, während er sich seine Hände an seiner Jeans abwischte und uns dann einmal der Reihe nach ansah. Bei Liam stockte er einmal ganz kurz und ein leichtes Grinsen erschien auf seinen Lippen.
Es behagte mich nicht, aber bevor ich noch unruhiger werden konnte, drehte Niall sich um und ging auf den abneigenden Weg zu.

Er lag halb im Nebel, doch man konnte nur allzu deutlich erkennen, dass über die Hälfte bereits weggebrochen war und mehrere Gesteinsbrocken im Weg lagen. Wir würden definitiv hintereinander laufen müssen.

Und Niall machte den Anfang, wie immer gefolgt von Christopher und Harry. Als sich schließlich Mason in Bewegung setzte, war er jeden von uns übrigen einen bösen Blick zu.
„Wenn irgendein Volltrottel von euch auf die Idee kommt, sich an mir festzuhalten, bringe ich euch auf die beschissenste Weise um, die ihr euch nur vorstellen könnt, ist das klar?"

„Diese Drohung macht aber keinen Sinn mehr, wenn ich mich beispielsweise an dir festhalte, wenn ich stolpere und dich somit mit in den Tod reiße, Mason mein Lieber", entgegnete Megs und gab ihn einen kleinen Schubser in die richtige Richtung. „Und jetzt beweg deinen Arsch, ansonsten kannst du gerne hinten laufen, da musst du auch keine Angst vor Schatten haben."

Komischerweise schnaubte Mason nur einmal kurz auf, setzte ihr aber nichts entgegen. Diese Situation entlockte mir für einen kurzen Moment ein leichtes Lächeln, das anhielt, bis Sam sich vor mir in Bewegung setzte und ich ihm langsam folgte.

Es dauerte über zehn Minuten, bis wir uns an den Weg gewöhnt hatten. Teilweise wurde er extrem Schmal und die Abbruchkante versetzte mich in einen Dauerstresszustand. Ich beobachtete jede Bewegung meines Bruders, um so die Möglichkeit zu haben, eingreifen zu können, falls etwas passieren würde.
Gleichzeitig musste ich darauf aufpassen, dass ich selbst nicht über das ganze Geröll auf dem Boden stolperte. Ich drückte mich regelrecht an die Wand zu meiner Rechten, um gar nicht in den Abgrund zu meiner Linken sehen zu müssen. Nicht nur einmal ratschte mein Rucksack mit einem hässlichen Geräusch an der rauen Oberfläche der Steinwand entlang. Ich hoffte nur, dass er etwas robuster war und noch en Rest der Reise überleben würde.

„Damals befanden sich an dem Straßenrand Leitplanken und Absperrungen, zum Schutz der Autofahrer. Es hätte uns definitiv den Weg erleichtert, aber wie es wohl aussieht, wurde nicht nur das Kernkraftwerk verstärkt von Bomben getroffen...", mutmaßte Liam hinter mir und ich wusste nicht genau, ob er mich direkt angesprochen hatte, deswegen schwieg ich und konzentrierte mich lieber weiter auf Sam, der einen Meter vor mir lief.

„Sophia, Sophia Smith?"
Nun war seine Stimme leiser und für eine Sekunde stockte ich in meiner Bewegung. Dann fasste ich mich und setzte meinen rechten Fuß in einem hohen Bogen über einen größeren Gesteinsbrocken hinweg. Auch Metallteile tummelten sich hier ohne Ende.

„Sophia..."
Ich wusste nicht, ob es die Tatsache war, dass er meinen Namen ohne seine alberne Tradition der Wiederholung aussprach, oder dass er flüsterte, dass ich schließlich leicht meinen Kopf zur Seite neigte.
„Was ist, Liam, Liam Payne?"

Er holte auf.
ich hörte es an seinen schnelleren Schritten und daran, dass ich nun seinen keuchenden Atem, en ich nun an meinem Ohr spürte.

„Wir werden nicht alle in ein Anglerboot passen. Sieh zu, dass du und Sam zu mir kommt, okay? Hast du mich verstanden, Sophia?", raunte er hastig.
Seine Stimme war unglaublich eindringlich und jagte mir mehr und mehr Schauer über den Rücken.
Ich versuchte den Sinn hinter seinen Worten zu verstehen und sofort schossen mir mehrere Theorien durch den Kopf, die ich sofort wieder verwarf.

„Was hast du vor, Liam?", fragte ich zögerlich, aber dennoch misstrauisch. Ich wusste nicht, ob ich ihm vertrauen sollte. Was wäre, wenn er irgendetwas geplant hätte, in das er uns reinziehen wollte?
Ich konnte es mir nicht leisten, noch schlechter vor Niall und Mason dazustehen.

„Ich habe nichts geplant, Sophia, aber ich kenne mich definitiv besser mit den Gefahren aus. Ich will euch nur helfen."

„Warum solltest du das tun, Liam?", schoss ich sofort zurück. Mir erschloss sich kein logischer Grund, aber dies tat es nie, wenn es etwas mit Liam zu tun hatte. Er war unscheinbar und in seinem ganzen Handeln unlogisch. Er rettete mich, um mich dann zu erpressen. Er kam freiwillig mit auf die Mission, obwohl er der Nachfolger seines Vaters werden sollte.

„Weil...", setzte er an, stockte aber.
„Weil?", hackte ich nach und versuchte mich dann wieder halbwegs auf Sam und den Weg zu konzentrieren. Es wurde noch um einiges schmäler, teilweise war der gesamte Asphalt aufgebrochen und ließ einen Blick auf zwei Meter tiefe Löcher zu.
Ein kurzer Blick nach links zeigte, dass wir vielleicht schon drei Viertel des Weges geschafft hatten. Und eine Stunde unseres kurzen Zeitfenster war schon vergangen... Wenn nicht sogar schon mehr.

Mein Herz klopfte um das Dreifache mehr, wenn ich nur daran dachte, dass ich jetzt schon, ohne es zu bemerken, langsam sterben könnte. Wie viele meiner Zellen waren schon zerstört?

„Weil ich das Gefühle habe, dir etwas zu schulden, deswegen, Sophia", gab Liam schließlich zu und ich presste meine Lippen aufeinander. Wie hätte es auch anders sein können?

„Weißt du? Niall und du seid euch ähnlicher als ihr glaubt. Du bist uns allen was schuldig Liam, aber wenn du nicht das Gefühl haben würdest, würdest du auch mich und Sam, genauso wie die anderen ohne weiteren Hinweis in die Gefahr laufen lassen, oder?"

„Nein, das stimmt nicht, du weißt das auch. Ich habe es vorhin auch nicht gemacht, aber ich meine-"

Ich unterbrach ihn und beschleunigte dabei etwas meine Schritte, um wieder zu meinem Bruder aufzuholen. Ich habe ihn aus meiner Reichweite verloren, wenn jetzt etwas passieren würde und ich ihm nicht helfen konnte, weil ich dafür mit Liam tuschelte, würde ich es mir niemals verzeihen. „Es hat jetzt keine Bedeutung mehr, Liam."

Er blieb still und ich war ihm dankbar dafür.

Mehrere Minuten blieb es so und ohne es zu wollen, schweiften meine Gedanken wieder zu den gefährlichen Strahlungen, die uns jetzt schon wie unsichtbare Feinde angriffen.
Ich schluckte und bevor ich länger darüber nachdenken konnte, drehte ich meinen Kopf wieder etwas zur Seite und fragte: „Wie lange dauert es, bis die Strahlung uns zerstört, Liam? Nimmt es uns alles, was uns ausmacht?"

„Inwiefern?" Er sprach wieder normal laut.

„Ich meine, was wird von uns noch übrig bleiben, wenn wir mit dem Boot auf der anderen Seite ankommen und die Strahlungen uns nichts mehr nehmen können?"

Dann hob ich meinen Blick in den Himmel, wohl in der Hoffnung irgendetwas zu erkennen. Doch dort war nur der unbeständige Nebel und durch ein kleines Loch konnte ich ein trübes Blau erkennen.

„Sophia, Sophia Smith, die Frage ist wohl eher die, was noch am Ende der Reise von uns übrig bleibt."

Der Nebel verschloss die Sicht, fraß das Blau und alles was zurückblieb war ein unregelmäßiges Grau.

Es dauerte noch ungefähr weitere dreißig Minuten, bis wir in Bodennähe gelangten. Doch die Hauptsache war, dass wir alle noch lebten. Keiner war abgestürzt, keiner trug andere Verletzungen davon. Allein deswegen erlaubte ich es mir für einen kurzen Moment aufzuatmen.

Die Zufahrt endete auf einen Platz, der voller Trümmer lag. Es musste früher wohl mal ein großer Hof gewesen sein, doch jetzt erinnerte nur noch ein verrosteter Briefkasten, über den ich hinwegsteigen musste, und ein halb zerfallendes Haus, das halb im Nebel lag, daran, dass hier früher einmal eine ganze Familie gelebt haben musste.

Niall lehnte sich gegen einen riesigen Metallkasten und klopfte auf das Heck, bevor er sprach: „Kleine Geschichtsstunde zwischendurch: Das ist die Karosserie eines Autos, für die dummen unter euch, die ziemlich coolen Vorläufer der jetzigen Arschkutschen, die die Reichen und Schönen in den Skyscrapern nun benutzen."

Ohne auf Nialls Worte einzugehen, meinte Liam: „Das Fischerhaus und der Anlegeplatz müssten hinter dem Wohnhaus liegen."

Mein Blick wanderte wie automatisch zu dem Ort, wo früher einmal welche geschlafen, gegessen und gewohnt hatten. Die Wände waren schon halb eingefallen und die Veranda war komplett abgesackt. Ranken von grünlichen Pflanzen vereinnahmten den größten Teil der intakten Seite. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es hier wohl vor dem Krieg und der vielen Katastrophen ausgesehen haben möge. Es musste schön gewesen sein, hier unten im Tal an einem riesigen Fluss gelebt zu haben, mit der Chance jeden Tag sich unter freien Himmel zu bewegen. Doch ich verscheuchte schnell wieder den Gedanken, bevor ich noch Wehmut bekam.

„Dann zeig uns den Weg", sprach Harry und baute Augenkontakt mit Liam auf.

„Okay", sprach dieser und setzte sich in Bewegung.

Wir umrundeten das verlassene Haus und ein mulmiges Gefühl machte sich in meinem Bauch breit. Ich fühlte mich wie ein Eindringling, obwohl ich ganz genau wusste, dass hier schon lange alles verlassen war. Aber vielleicht fühlte ich mich genau deswegen so unwohl: Weil mir bewusst war, dass wir die ersten nach über zweihundert Jahren waren, die es wagten, diesen Boden zu berühren.

Und die scheinbare Ruhe zu stören.

Der staubige Boden wirbelte Dreck auf, dennoch konnte man gut das kleine Häuschen direkt am Wasser erkennen. Gleich daneben war eine Art Steg, das ins Wasser führte. Ich hatte noch nie in meinem Leben so etwas gesehen, doch augenblicklich sah ich Bilder vor mir, wie unbeschwerte Kinder in einer unbeschwerten Zeit Anlauf nahmen, mit ihren Füßen über die Oberfläche des Steges schlitterten und dann ins Wasser sprangen.
Ich wünschte, Clovy und Sam wären diese Kinder.

„Soph?" Sam stand auf einmal vor mir und riss mich somit aus meinen Gedanken. „Liam hat gesagt, auf der anderen Seite gäbe es auch einen Anleger. Wir müssen nur einmal über das Wasser, ganz einfach."

Ich wusste, dass er mir ein Stück der Angst nehmen wollte, doch genauso gut, wollte ich ihn nicht verunsichern, deswegen zwang ich mich zu einem Lächeln und nickte.

„Stimmt, also lass uns schnell nachschauen, ob wir die Boote nutzen können."

„Wir haben nicht mehr lange Zeit, also denkt an eure Zellen! Wenn du also nicht willst, dass auch die wenigen deiner Gehirnzellen zerstört werden, würde ich mich jetzt in Bewegung setzen, Mason!", rief Niall und hätte Christopher nicht am Arm gepackt und gezischt: „Dafür haben wir jetzt keine Zeit, verdammt!", wäre Mason auf Niall losegegangen.
Sein Gesicht war vor Wut verzerrt und seine Hände zu Fäusten geballt, doch Niall hatte dafür nur ein Grinsen übrig.

„Ich schaue nach, ob im Schuppen etwas nützliches ist!", meinte Jenia und öffnete schwerfällig die Tür.

Zusammen mit Sam folgte ich Megs zu dem Anleger. Mehrere Ruderboote waren an den Docks befestigt, teilweise mit riesigen Laken verdeckt.
„Hilf mir mal, nachzuschauen, welche davon noch intakt sind", meinte Megs zu mir und stieß prüfend mit ihrem Fuß gegen eines der Boote. Es bewegte sich daraufhin leicht hin und her und setzte somit das Wasser mehr in Bewegung. Ich beobachtete fasziniert diesem Schauspiel. Auch wenn es verseucht war, war es wunderschön. Genauso hatte ich mir immer einen richtigen Fluss ausgemalt. Ich schluckte und konnte mir nur schwer ein Lächeln unterdrücken, als ich meinen Blick über die Wasseroberfläche gleiten ließ. Am liebsten würde ich sofort hineinspringen, doch ich erinnerte mich selbst daran, in was für einer Situation wir waren, genauso wie an den Fakt, dass ich niemals schwimmen gelernt hatte.

„Hey Leute! Hier drin sind Angeln und sogar Schlafsäcke, sowie ein Notfallkoffer!"
Jenia kam freudestrahlend und mit beiden Händen voll aus dem Schuppen gerannt und auch mein Herz machte einen freudigen Hüpfer. Vielleicht würde dieser Tag doch nicht so schlecht werden.

Doch dies war nur solange mein Gedanke, bis Liam ihr die Sachen aus der Hand riss und sie weit weg von sich schleuderte.

„Hey! Spinnst du?", schrie Jenia auf und wollte zu den Sachen rennen, auch Christopher und Niall spannten sich an.

„Nein, aber seid ihr überhaupt in der Lage, euer Gehirn zu benutzen? Ich habe euch doch gesagt, dass die Strahlung hier um bestimmt das Tausendfache höher als normal liegt! All diese Sachen hier sind auch verstrahlt. Aber nur zu! Wenn ihr euch statt Antibiotika die zehntausendfache Menge Strahlung in den Blutkreislauf jagen wollt, müsst ihr euch zumindest keine Gedanken mehr um Blutkrebs machen. Da habt ihr eure Strahlungstherapie nämlich schon gratis bekommen!"

Ich hatte Liam noch nie so wütend gesehen, der Ansicht waren die anderen wohl auch, denn alle blieben stumm und starrten ihn nur an. Er drehte sich einmal im Kreis und sah jeden von uns an.
Sein Blick blieb bei mir haften, als er sprach: „Also, wie sieht es mit den Booten aus? Wir haben nicht die Zeit, uns hier noch länger herumzutreiben."

„Drei sind intakt", Megs räusperte sich kurz, bevor sie langsam weitersprach „die anderen sehen nicht mehr sehr stabil aus."

„Gut, dann sollten wir uns jetzt aufteilen. Drei in ein Boot."

Liam schritt voran, blieb dann aber stehen und sprach: „Schmeißt die Laken nicht weg. Auch wenn sie hochverstrahlt sind, sind sie besser als die Schwefelwasserstoffschwaden."

Dann ging alles sehr schnell.
Alle liefen an mir vorbei und machten die Boote startklar. Niall, Christopher und Harry waren die ersten, die sich langsam vom Steg mit einem Ruder abstießen.

„Sophia?"
Liams Stimme riss meine Aufmerksamkeit auf sich. „Kommst du?"

Ich drehte mich zu ihm um. Er stand in einem Boot und hielt mir die Hand hin, um mir hereinzuhelfen. Mason lümmelte am anderen Ende des Bootes und als er sah, was Liam vorhatte, stöhnte er auf.

„Ey, das kann doch nicht dein Ernst sein. Ich bin nicht zur Schlampenfraktion gegangen, weil ich dachte, du hättest genug Grips, um uns lebend rüber zu bringen und jetzt willst du ausgerechnet Sophia ins Boot holen?"

„Genauso gut, kann ich dich auch rausschmeißen."

„Nö, ich habe diesen Platz hier zuerst in Anspruch genommen..."

Mason ignorierend, streckte ich meine Hand nach Liams aus, doch ein paar Zentimeter, bevor sie sich treffen konnten, durchzuckte mich die Erkenntnis wie ein Blitz. Sofort lehnte ich mich wieder zurück.
Es dürfen nur drei in ein Boot.

„Sam?"
Suchend drehte ich mich nach meinem kleinen Bruder um, der nur ein paar Meter entfernt von mir stand und seinen Rucksack wieder richtig schnürte.

„Was ist, Soph?"

„Du wirst mit Liam und Mason fahren."

„Nein, ist schon okay, ich kann mit Megs und-"

Bevor er zu Ende sprechen konnte, drehte ich mich von Liam weg und kletterte mit Megs Hilfe in ihr Boot. Schnell hockte ich mich hin, da es wackeliger als gedacht war. Sie schenkte mir ein Lächeln, zwinkerte mir zu und sprach dann laut genug, dass Mason sie hören konnte: „Oh halleluja, die Schlampenfraktion ist zu einem Trio herangewachsen!"

Jenia und Megs stießen unser Boot mithilfe der Ruderplanken vom Steg ab, während ich mir meinen Rucksack vom Rücken schnallte und ein letzten Blick nach hinten warf, um mich zu versichern, dass Sam gut in Liams Boot gekommen war.
Ich traf auf Liams Augen und sein Blick war so intensiv, dass er mich nicht mehr losließ.
Dann zeigte er langsam mit seinen Zeigefinger auf das Wasser. Leicht legte ich meinen Kopf schief, in der Hoffnung ihn besser zu verstehen.
Er zeigt ein weiteres Mal auf die Wasseroberfläche und schüttelte dann den Kopf. Mit dem Mund formte er Wörter.
Dann verstand ich was er wollte.
Wovor er mich warnte.

„Wir dürfen auf gar keinen Fall das Wasser berühren!", rief ich aus und richtete mich auf. Megs und Jenia warfen mir beide verwirrte Blicke zu, bevor auch sie es langsam verstanden.
Der radioaktive Müll wurde ins Wasser geleitet.
Auf Jenias Gesicht machte sich Panik breit und sie wurde unruhig.

„Verdammte scheiße", flüsterte Megs, „wir schwimmen auf einer verdammten Todesfalle."

„Oh mein Gott, wie lange dauert es noch? Ich will hier runter, verdammt nochmal." Jenias Stimme wurde hektischer und sie umklammerte ihr Ruder nun mit beiden Händen so sehr, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.

„Jenia...", sprach ich langsam und hob die Hände. Mir war nicht wohl dabei, dass sie so unruhig wurde, das gesamte Boot fing schon an hin und her zu schaukeln.

„Nein, es tut mir Leid, aber ich kann das nicht!"

„Was ist denn bei euch los?", schallte Christophers Stimme zu uns herüber.

„Jenia bekommt einen Panikanfall!", antwortete Megs ihm und versuchte gleichzeitig sich zu Jenia umzudrehen, um sie zu beruhigen.
Diese hatte schon die Augen geschlossen flüsterte irgendwelche Sachen vor sich hin. Ich hatte sie noch nie zuvor so gesehen und ich glaubte, dass gerade alles über sie hereinbrach. Jordan, der ganze Stress, die Mutationen und nun das gefährliche Wasser.

„Dann soll Sophia das Ruder übernehmen, aber komm' verdammt nochmal heile an der anderen fucking Seite an, okay?", schrie diesmal Niall und erlangte somit auch Jenias Aufmerksamkeit.

„Ja, bitte, Sophia! Nimm du das Ruder."

Und dann passierte es.
Es schien, als würde ich es in Zeitlupe sehen.
Wie Jenia einfach so ihre Hände öffnete und das Ruder losließ.
Es rauschte direkt ins Wasser.
„Nein!", rief ich und sprang aus Reflex auf.

Doch ich hatte vergessen, wie wackelig das Boot war.
Und bevor ich es überhaupt realisieren konnte, verlor ich mein Gleichgewicht und folgte dem Ruder in das blau-braune Wasser.

Es war überall, drückte mir auf die Brust, umhüllte meinen Körper und verschlang alle Geräusche.
Sowie mich.

 ~

(10.09.2016)

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