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-10- ➳ Im Unterschlupf


„Wo sind wir hier?" Ich drehte mich einmal in dem kleinen Raum, den wir durch einen unterirdischen Gang erreicht hatten, im Kreis. Christopher schwenkte seine Taschenlampe umher und es wirkte beinahe fröhlich, wie der Lichtball auf und ab zu hüpfen schien. Der Boden war bedeckt unter einer Staub- und Sandschicht und mehrere Papierschnipsel lagen auf dem Boden. Das Licht der Taschenlampe traf auf eine zerschlissene Couch, sowie einen umgestürzten Tisch.
„Haben hier welche gelebt?", fragte Jenia neben mir ungläubig. Als ich einen Schritt nach hinten machte, stolperte ich beinahe über etwas und erschrocken quitschte ich auf. Christopher lenkte sofort das Licht auf mich.
„Ich denke, das kannst du gebrauchen. Sonst brichst du dir noch etwas wegen deiner Tollpatschigkeit", hörte ich Niall. Er betrat gefolgt von Megs den Raum und warf mir eine Taschenlampe zu, die ich glücklicher Weise fing. Sofort schaltete ich sie an und lenkte sie auf das, was mich beinahe zum Sturz gebracht hatte. Es war ein Spielzeugpferd. Fasziniert hockte ich mich hin und hob es auf. Ein Hinterbein war bereits abgebrochen, die Farbe blätterte ab und die Schweifhaare waren verschwunden, aber dafür war das Gesicht noch komplett erhalten. „Hier waren Kinder", sprach ich aus und hob wieder meinen Blick.
„Jetzt wohl nicht mehr. Diese Zeitung hier ist vom 9. Juni 2151. Das war nur eine Woche vor dem kompletten Kollaps." Harry hielt eine zusammengerollte Zeitung in der Hand und warf sie dann auf den Tisch. Sie schlitterte etwas über die Tischfläche, bis sie bei einem Becher zum Stehen kam.
Ich schluckte.
2151. Das war vor knappen zweihundert Jahre.
„Ob sie einen Platz in den Skyscrapern bekommen haben?" Ich wusste nicht, warum ich meine Frage laut aussprach, aber auf irgendeiner bestimmten Art und Weise beschäftigte mich das Schicksal dieser Familie sehr.
„Sie werden jetzt so oder so tot sein, Sophia, Sophia Smith." Ich spürte Liams Hände auf meinen und erschrocken zuckte ich zurück. Doch er hob erneut seine Hände und nahm mir sanft das Spielzeugpferd aus den Händen. „Vielleicht haben sie einen Platz bekommen und die Urururenkel von dem kleinen Mädchen, das mit diesem Pferd gespielt hatte, leben in den unterschiedlichsten Skyscrapern und führen ein glückliches Leben."
Mein Blick blieb an dem unversehrten Gesicht des Pferdes hängen.
„Und wenn nicht? Ist so eine Illusion denn keine Naivität?"
„Nein, naiv wäre, dunkle Gedanken wegen einer längst vergangenen Vergangenheit zu haben. Illusionen sind manchmal unsere einzigen Retter, Sophia, Sophia Smith."
Ich lachte leise auf und schüttelte meinen Kopf.
Dann drehte ich mich von ihm weg, denn er wiedersprach sich mit seinen eigenen Worten.

Bevor Liam noch etwas zu mir sagen konnte, sprach Niall mit erhobener Stimme: „Nun gut, wegen den momentanen Wetterverhältnissen werden wir hier solange ausharren, wie es möglich ist und es erfordert wird. Durchsucht alles was ihr finden könnt! Unsere Vorfahren sollten nämlich im Wirtschaftsjahr 2130 einen Durchbruch im Bereich Konservieren und in der Lebensmitteltechnologie gehabt haben. Verdammt, hätte ich jetzt Bock auf ein Hotdog, dass zehnmal so alt ist wie ich!"

Wir hatten alle verfügbaren Taschenlampen so aufgehangen, dass jeder Winkel des Raumes beleuchtet wurde. Bis auf diesen Raum hatten wir noch ein kleines Bad gefunden und während Megs sich mit den Worten, dass jeder Haushalt einen Notfallgenerator haben müsste, auf die Suche nach genau diesem machte, ging jeder seinen eigenen Sachen nach. Mason hatte sich auf die Couch geschmissen und mit seinen Füßen den Becher von dem Couchtisch gefegt. Er blätterte gelangweilt durch die Zeitung und stoppte gelegentlich. Zu gern wollte ich ihn bitten, mir danach die Zeitung zu geben, doch dann würde er sie garantiert vernichten, nur damit ich nicht die Chance zum Lesen bekommen würde. Das wusste ich ganz genau.
Niall saß ähnlich wie Mason auf einem der zwei Feldbetten, die eine gesamte Raumseite in Anspruch nahmen. Zusammen mit Sam und Jenia quetschen wir uns an die kleine Küchenzeile. Teilweise war sie baufällig und unter einer Steinstaubschicht, der von der Decke ab und zu rieselte, bedeckt.
Wir öffneten alle Schubladen und Fächer, doch viele waren leer. Erst als ich mich mit Sams Hilfe auf die Ablagefläche hochschwang, um auch an das oberste Regal zu kommen, hatten wir Glück.
„Hier sind Einmachgläser, Wasserkanister und kleine Päckchen!", stieß ich voller Erleichterung aus.
„Zeig, nun zeig schon her! Können wir es essen?"
Ich spürte, wie Jenia an meinem Jeansstoff zog, um meine Aufmerksamkeit zu erlangen. „Ja, warte doch", antwortete ich, während ich vorsichtig ein Glas in die Hand nahm und es hin und her drehte. Die Schrift auf dem Glas war nicht mehr lesbar, aber es musste eine Marmeladensorte sein. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, als ich es weiter betrachtete. Seit zweihundert Jahren stand es nun schon hier und vielleicht würde es uns das Leben retten...
„Sophia!"
Jenia zog erneut an meinem Jeansstoff und leicht genervt blickte ich zu ihr herunter. Auffordernd hielt sie mir ihre Hand entgegen und ohne noch etwas zu sagen, reichte ich es ihr.
„Gibt's dort zufällig auch noch eine Flasche Wein?"
Mein Blick huschte zu Niall, der immer noch mit Schuhen auf dem Bett lag und seine Hände hinter seinen Kopf verschränkt hatte, um zu uns hinüber schauen zu können. Sofort presste ich meine Lippen zusammen und wendete meinen Blick wieder ab.
Fünf weitere Einmachgläser standen im Regal, wobei zwei davon undicht waren, sodass der Inhalt nicht mehr genießbar sein würde.
Die Beschriftungen auf den Verpackungen zeigten auf Früchtebrot, getrocknete Tomaten und Erbsen hin. Ein paar Tüten waren bereits eingerissen oder wiesen Löcher auf, sodass ich sie sofort beiseiteschob. Das letzte was wir jetzt gebrauchen konnten war eine Lebensmittelvergiftung.
Nach und nach reichte ich die Lebensmittel, von denen ich so sehr hoffte, dass sie noch essbar waren, nach unten. Christopher und Harry standen mir nun auch beiseite.
„Jetzt kommen die Wasserkanister", sagte ich an, während ich nach dem ersten griff. Eine Welle von Glück überflutete mich. Zwar waren es nur zwei Kanister mit je fünf Liter, doch dennoch war es mehr, als die Regierung uns überhaupt mitgegeben hatte. „Jeder bekommt einen Liter Wasser", sprach ich und reichte Harry den ersten Kanister an.
Als ich nach dem zweiten Griff, hörte ich, wie Niall aufstand.
„Na, meine Liebe, übernimmst du jetzt etwa die Lebensmitteleinteilung?"
Ich verharrte für einen Moment, bevor ich meinen Kopf zu Niall drehte. „Nein, es ist nur eine gerechte Verteilung. Wir haben zehn Liter und sind neun Personen. Den letzten Liter können wir zum Waschen benutzen, denn jeder von uns hätte-"
„Sophia, denkst du wirklich, ein Liter wird jeden von uns auf Dauer helfen?", unterbrach Niall mich und verwirrt runzelte ich die Stirn. Was wollte er mir damit sagen?
„Niall, ich denke nicht, dass-"
Doch auch Jenia wurde von ihm unterbrochen und er kam noch etwas näher: „Sophia, ich werde wieder diese Gruppe leiten. Gib mir den zweiten Kanister."
Ungläubig konnte ich ihn nur anstarren.
„Das ist mein ernst. Wenn du ihn mir nicht gibst, wirst du kein Wasser bekommen und musst mit deinen eigenen Vorräten auskommen", sprach Niall langsam und legte dabei leicht seinen Kopf schief. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und augenblicklich fühlte ich mich in die Situationen zurückversetzt, in denen er mich bedroht hatte.
Eigentlich hatte es nie einen Moment gegeben, in dem er mich n nicht bedroht hatte.
Ich sah in seinen Augen, dass er es ernst meinte und mir damit zeigen wollte, dass er mich nicht brauchte. Voller Wut knirschte ich mit den Zähnen, bevor ich langsam nach dem zweiten Kanister griff und sie ihm überreichte. Dabei unterbrach ich kein einziges Mal den Blickkontakt.
„Niall-"
„Mein allerliebster Halbbruder, wenn du jetzt der Meinung bist, dass du hier deinen unwichtigen Einspruch wie im Hohen Rat kundtun kannst, werde ich dich mit deiner eigenen Ration Wasser ertränken. Also halt verdammt noch mal deine verfickte Fresse und verkrieche dich nach Papi und Mami heulend in eine Ecke."
Ohne Liam anzuschauen, drehte sich Niall mit den Kanistern um und warf sich wieder auf das Feldbett, nachdem er sie an das Bettende abgestellt hatte. Mason, der ihm gegenüber saß, hob noch nicht einmal seinen Blick von der Zeitung, als er sprach: „Ich bin dafür, dass ich Sophias Wasserration bekommt."
Niall jedoch hob nur den Mittelfinger.
Zumindest hieß das, dass ich meine kostbare Wasserration nicht an Mason verlieren würde...
Dennoch wütete eine ungeahnte Wut durch meinen ganzen Körper und ließ meine Fingerspitzen zucken. Warum in aller Welt nahm Niall sich das Recht, so mit mir umzugehen.
„Sophia?" Jenias Stimme war vorsichtig.
„Hm?"
„Gibt es dort noch mehr?"
Langsam ließ ich meinen Blick wieder auf das Regal fallen. Dort wo die Wasserkanister gestanden hatten, waren braune Flecke, doch hinter zwei leere Plastiktüten konnte ich etwas Silbernes erkennen.
„Nein, das war's. Hier sind nur noch leere Verpackungen", meinte ich.
Seufzend nickte Jenia und drehte sich um. „Okay, dann werde ich jetzt Megs suchen gehen."
Als sie von mir wegging, blickte ich einmal still und heimlich über meine Schulter, um sicher zu gehen, dass keiner auf mich aufmerksam wurde.
Doch jeder war mit sich selbst beschäftigt. Selbst Sam stand etwas von mir entfernt bei Liam.
Bevor ich darüber länger nachdenken konnte, griff ich blitzschnell nach der silbernen Aluminium-Tüte. Denn was Niall konnte, konnte ich auch. Wenn er mir nun immer damit drohen wollte, nichts von dem Gruppen-Proviant abzugeben, musste ich mir selbst etwas zusammensuchen.
Die Verpackung knisterte etwas unter meiner Berührung und bevor ich sie in meinem Dekolleté verstecken konnte, konnte ich den Namen des Fertiggerichts lesen.

Pfannkuchen.

Ich presste mir eine Hand vor den Mund, atmete tief ein und versuchte nicht an diese Ironie des Schicksals zu denken.
Stattdessen hörte ich Clovys Stimme in meinem Kopf, wie sie Tag für Tag nach Pfannkuchen fragte. Und ich hörte, wie ich ihr jedes Mal auf neue sagen muss, dass wir leider keine haben.
Und nun stand ich hier.
Im Exil, in der Todeszone, gefangen in einem unterirdischen Bunker, um uns herum nichts als Smog und hatte Pfannkuchen.
Für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen.
„Ich werde wiederkommen, Clovy. Und dann bekommst du deine Pfannkuchen", flüsterte ich leise und hoffte auf eine naive Art und Weise, dass sie mich hören würde. Es war kindisch, das wusste ich, genauso wie es kindisch und naiv von mir war, darauf zu hoffen, meine kleine Schwester jemals wieder zu sehen.
Dann öffnete ich wieder meine Augen und kletterte von der Küchenplattform.
Denn ich durfte mich jetzt nicht auf Clovy konzentrieren.
Denn sie war bei Mum im Skyscraper Nord 44 und vorerst sicherer als sonst wo.
Doch mein kleiner Bruder Sam war es, der nur vier Meter von mir entfernt stand und sich seine Schuhe auszog.
Ich hatte meiner Mum versprochen für immer auf meine Geschwister aufzupassen, doch Clovy war mir entglitten. Sie war zu weit weg und nun musste ich dafür sorgen, dass nicht das gleiche mit Sam passierte.
Denn das würde ich mir nie verzeihen.

Megs hatte keinen Notfallgenerator gefunden, dafür aber eine batteriebetriebene Stehlampe, sodass wir unsere Taschenlampen ausmachen konnten.
Für zehn Personen war der Raum viel zu klein und mit jeder Minute die verging, schien die Anspannung in der Luft wieder deutlich zu steigen.
Niall lag nach wie vor auf dem Feldbett und drehte sein Halstuch gedankenverloren hin und her. Die Wasserkanister standen immer noch neben ihm und nicht nur einmal erwischte ich mich, wie ich sie sehnsüchtig anstarrte.
Christopher und Harry lehnten an der Küchenzeile und redeten leise miteinander. Jenia war vor einiger Zeit ins Badezimmer verschwunden, wobei ich mir unsicher war, was sie dort genau wollte. Es gab weder Licht noch Wasser.
Mason nahm weiterhin die Couch in Beschlag und wedelte sich mit der Zeitung Luft zu.
Liam, der in der Ecke hinter mir saß, hatte seinen Kopf gegen die Wand gelehnt und die Augen geschlossen. Leise seufzte ich auf und mein Blick fiel wieder auf Niall.
Es hätte mich nicht gewundert, wenn er mich sofort beim Anstarren ertappt hätte, doch erstaunlicherweise drehte er seinen Kopf nicht zu mir.
Nicht einmal ein Grinsen lag auf seinem Lippen.
Stattdessen hatte er sie zusammengepresst und biss nachdenklich auf ihr herum. Etwas Schweres lag in seinem Ausdruck und als ich seinen Blick folgte, sah ich Megs.
Sie saß im Schneidersitz auf dem zweiten Feldbett und lehnte sich gegen ihren Rucksack. Ihre Schuhe hatten schon dunkle Flecken auf der alten Decke hinterlassen, doch dies schien sie nicht zu stören. Vollkommen in Gedanken verloren starrte sie auf etwas, was sie in der Hand hielt. Selbst von weitem erkannte ich, dass es ein kleiner Stapel Fotos waren. Eine kleine Klappbox lag zu ihren Füßen und als ihr eine dunkle Haarsträhne vors Gesicht fiel, strich Megs sie sich wieder aus dem Gesicht.
Mein Blick glitt wieder zu Niall und in diesem Moment, sah er nicht mehr wie der böse Junge aus.
Er sah nicht mehr wie der aus, der einen die Wasserration wegnehmen wollte, nur um zu zeigen, wer die Führung übernahm.
Er sah nicht mehr wie der aus, der seine Freunde ohne sie zu warnen dem Tod ausliefern würde.
Aber er sah immer noch wie der aus, der das Mädchen, das er liebte, retten, sich aber dennoch gegen sie entscheiden würde.
In diesem Moment, wo er sich unbeobachtet fühlte, konnte man erkennen, dass alles, was er zu Megs auf unserer gescheiterten Flucht aus dem Sicherheitssektor gestanden hatte, stimmte.
Doch plötzlich änderte sich sein Ausdruck wieder. Dieses besondere Etwas verschwand und er ließ von seiner Lippe ab. Dann erkannte ich, warum es dazu kam.
Megs hatte den Blick angehoben und saß nun genau im Schneidersitz Niall gegenüber und starrte zurück.
Von einer Sekunde auf die nächste legte sie den Stapel Fotos auf das Bett und schob das, was sie eben die ganze Zeit angesehen hatte dazwischen. Schnell stand sie auf und blickte kein einziges Mal zu Niall, als sie auf das kleine Badezimmer zuging.
„Manchmal habe ich auch Heimweh, Megs", hörte ich Nialls leise Stimme und sofort drehte ich mich wieder zu ihm um. Doch er bemerkte mich noch nicht einmal und so stand auch ich schließlich seufzend auf.
Ich hatte meine schweren Schuhe ausgezogen und sie neben meinen Rucksack gestellt, doch ganz genau wusste ich nicht, ob meine Füße die neu gewonnene Freiheit gut fanden oder sich später nur noch stärker darüber beklagen würden, wenn ich die Schnürsenkel wieder zu band. Eigentlich wollte ich zu Sam, der die alten Sachen, die hier überall herumlagen, begutachtete, doch auf meinem Weg zu ihm kam ich an Megs Feldbett vorbei und mein Blick fiel auf den Stapel Fotos.
Das oberste zeigte ein kleines Mädchen mit wilden roten Locken, die ihr ins Gesicht wehten. Hinter ihr konnte man das blaue Meer erkennen und sie trug komische Ringe an ihren Armen. Die Neugier nahm von mir Besitz und so ließ ich mich auf den Platz, auf den vorher Megs gesessen hatte, gleiten.
Mit einem Blick zu Niall überprüfte ich, dass er mich nicht beachtete und somit auch nichts hier zu sagte.
Sobald Megs wiederkommen würde, würde ich auch wieder weggehen. Die Bilder waren nicht ihr Eigentum, immerhin zeigte es die Familie, die einst hier gelebt hatte, also würde ich mir auch nicht ihren Hass auf mich ziehen.
Sanft strich ich den Dreck von der Decke, die Megs Schuhe hinterlassen hatten und nahm vorsichtig den Stapel Fotos in die Hand.
Das Mädchen auf dem Foto strahlte von einem Ohr zum anderen und der knallrote Badeanzug biss sich fürchterlich mit ihrer Haarfarbe, doch dennoch war es perfekt. Leicht strich ich über die Oberfläche, bevor ich es umdrehte.
In krakeliger Schrift wurde mit dem Kugelschreiber folgende Worte aufgeschrieben:
Paulas erster Strandbesuch, 2245.

Langsam schob ich das Foto unter die andern und sah mir das nächste an. Es zeigte eine Frau mit den gleichen roten Locken wie die von Paula. Sie war groß und schlank und hatte den Kopf Lachend in den Nacken gelegt. Auf ihrem Arm saß ein kleiner Junge, der voller Freude seine kleinen Hände nach ihrem Gesicht ausgestreckt hatte. Das Bild wurde in einer Küche aufgenommen und im Hintergrund konnte man einen Tisch voller Geschenke sehen.
Ich schluckte einmal als ich es diesmal umdrehte, um die Bemerkung zu dem Foto lesen zu können.
Timmy ist nun zwei! Wie schnell doch die Zeit vergeht, da kann selbst Mummy nur lachen, 2246.
Es kamen immer mehr Fotos.
Fotos von Familienausflügen zu viert, von Geburtstagen und den kleinen Freuden am Leben. Ich konnte mitverfolgen, wie Paula und Timmy immer größer, die Haare immer länger und sie immer älter wurden.
Doch 2250 endete die Zeitauflistung.
Und ab 2249 gab es kein einziges Foto mehr von Timmy.
Meine Kehle wurde trocken und gerade als ich die Fotos wieder beiseitelegen wollte, da mir bewusst war, dass mir das Wühlen in einer längst vergangenen Vergangenheit nicht weiterhelfen würde, fiel mir ein Foto, dass zwischen die anderen geschoben wurde, auf.
Ich erinnerte mich, wie Megs eins dazwischen geschoben hatte und bevor ich länger darüber nachdenken konnte, hatte ich es bereits herausgezogen.
Die Ecken waren vergilbt und zerknittert und bildeten somit einen starken Kontrast zu den nahezu gut erhaltenen Fotos von vor zweihundert Jahren. Es war rau und fühlte sich unter meinen Fingern uneben an. Es wies mehrere Knickfalten auf und schien somit wie eines dieser Fotos, die man immer in der Hosentasche bei sich trug.
Dann wurde mir bewusst, was das Foto zeigte.
Drei Kinder standen in einem kleinen Raum und grinsten mir entgegen. Der Junge überragte die beiden Mädchen mit ein paar Zentimetern und seine dunkelblonden Haare standen ihm wirr zu allen Seiten ab. Das braune Leinenhemd schien ihm zu groß und rutschte ihm fast von der Schulter. Er hielt die Hand von dem älteren der beiden Mädchen. Ihr Gesicht schien mir seltsam bekannt und ich fragte mich, ob ich das leichte Lächeln, das auf ihren Lippen lag, irgendwo schon einmal gesehen hatte. Ihre hellbraunen Haare waren locker zusammengebunden und sie schien in dem großen Kleid zu versinken. Dadurch wirkte sie nicht älter als zwölf. Mein Blick glitt wieder über den Jungen zu dem kleineren Mädchen, um das er schützend seinen Arm gelegt hatte.
Mir stockte der Atem.
Sie war schmal gebaut und konnte nicht älter als sieben sein, doch ihr Gesicht war es, das mir den Atem raubte.
Selbst in diesen jungen Jahren waren die Gesichtszüge kantig und selbst die schlechte Qualität des Fotos konnte nicht den intensiven Blick aus ihren blauen Augen verstecken.
Sie lächelte und zeigte dabei eine Zahnlücke. Ihre Arme hatte sie um den Oberkörper ihres Bruders - es konnten aufgrund der Ähnlichkeiten nur Geschwister sein – geschlungen und die dunklen Haare fielen ihr über die Schulter.
Schnell drehte ich das Foto um, in der Hoffnung irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, der mir meine Vermutung bestätigte. Und tatsächlich stand in einer Ecke klein, aber sauber geschrieben:
Erste Foto von Glenn, Ellen und Mina gemeinsam, 2419

Ichließ meine Hand sinken und fuhr mir durch die Haare.
Glenn, Ellen und Mina.
Megs Name tauchte nicht auf.
Vielleicht wurde ich einfach zu emotional und sah in allem eine Verbindung.
Oder aber dieses Foto war eines von Megs Geheimnissen.
Bevor mich noch jemand mit diesem Foto erwischen konnte, schob ich es wieder inden Stapel zwischen den Fotos von einer längst gestorbenen Familie und standauf.
Und diesmal ging ich wirklich zu meinen Bruder, der durch ein altes Buchblätterte.
„Hast du Durst, Sam?", fragte ich ihn, als ich vor ihn in die Hocke ging.
Er sah auf und legte leicht den Kopf schief. Sein Blick wanderte zu denWasserkanistern und ich wusste ganz genau, woran er dachte. Nämlich an NiallsWorte.
„Ja, aber-", setzte er an und gerade als ich ihn unterbrechen wollte, tat Liamlinks von mir dies schon: „Das passt ja, ich habe nämlich auch Durst."
Ohne große Bemühungen stand er auf und ging geradezu auf Niall und denWasserkanistern zu. Bevor Niall es überhaupt bemerkte, nahm Liam einen Kanisterin die Hand und kam wieder zurück. Ich konnte ihn nur vor Erstaunen anstarren.
„Hey, endlich wird es hier mal lustig! Christopher, wettest du mit mir? Ichsetzte darauf, dass der Payne-Sprössling als erstes tot in ner Ecke liegt!Bekomme ich dann seinen Proviant?" Mason knüllte die Zeitung zusammen und warfsie auf den Boden, während er sich aufrichtete und seine Hände vor Vorfreuderieb.
„Liam", setzte ich an, „ich glaube, das war keine gute Idee."
„Und warum nicht, Sophia, Sophia Smith?", fragte er ohne mit der Wimper zuzucken und stellte den Wasserkanister zu Sams Füßen hin.
Niall hatte sich währenddessen schon aufgerichtet und selbst von hier konnteich erkennen, wie er seine Zähne auf einander biss.
„Niall-", sprach ich, wurde aber unterbrochen.
„-Niall wird sicherlich gerne beim Abmessen der gerechten Wassereinteilung helfen, nicht wahr? Jenia hat übrigensvorgeschlagen, dass wir einen Liter zum Reiskochen benutzen. Meine Güte, könntihr euch vorstellen, dass wer einen ganzen Reis sack neben der Toilette lagert.Man, da fragt man sich ja, wie lange die hier gewesen waren, dass selbst dasToilettenpapier nicht mehr ausgereicht haben müsste. Wie sieht's aus?"
Megs marschierte mit schnellen Schritten an Harry und Christopher vorbei bishin zu Niall. Etwas ruppiger als ihre Stimme vermuten ließ, drückte sie diesenetwas beiseite und hielt ihn somit davon ab, auf Liam los zu gehen.
„Christopher?", rief sie, ohne Niall aus den Augen zu lassen, „Wie wäre es,wenn du zusammen mit Niall einmal draußen die Wetterlage überprüfst? Dannkönnen wir zumindest ungefähr abschätzen, wie lange wir hier noch Pause machenmüssen."
ich sah wie Christopher langsam nickte. Auch er hat die Bedeutung hinter ihrenWorten verstanden. Die Halbbrüder mussten vorerst voneinander getrennt werden,sonst würde dieser Raum zum Tatort werden.
Dann traf ihr Blick auf meinen. Er war so intensiv wie immer aus ihren blauenAugen.
Es gab keine Zweifel.
Sie war das kleine Mädchen auf dem Foto.
doch es war keine Überraschung, dass auch Megs eine geheimnisvolleVergangenheit hat.
„Ich habe dir doch gesagt, dass es keine schlechte Idee ist, Sophia, SophiaSmith."
Ich riss mich von Megs Blick los und traf dafür auf Liams.
Er grinste leicht und legte den Kopf schief.
Ich schüttelte im Gegensatz meinen, konnte jedoch nicht verhindern, dass sichein leichtes Lächeln auf meine Lippen schlich.
Für ein ‚Danke' war dennoch zu viel passiert.

~

(06.06.2016)


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