Kapitel 3 》Der Springreiter《
》Es gibt keine Zufälle, es fällt zu, was fällig ist.《
Der Artikel über die Dressurstudien ist gar nicht so uninteressant. Er ist logisch und ich nehme mir vor, morgen oder heute mal die ein oder andere Übung mit Cookie auszuprobieren. Aber vorher muss ich noch ein Gespräch mit meinen Eltern über mich ergehen lassen. Es geht um den Auftritt gestern morgen. Naja, wird schon nicht so schlimm werden.
"Fräulein, so geht das aber wirklich nicht, wir wollten euch doch einfach nur informieren, da gibt es keinen Grund gleich die Hormone spielen zu lassen!" Der sitzt. Manchmal kann meine Mutter echt fies sein. "Ja, aber ich-", beginne ich, aber werde sofort wieder unterbrochen. "Ruhe! Ich war noch nicht fertig!" Oh oh. Ich lasse meinen Mund zuklappen, wie ein Fisch. In solchen Momenten ist man besser still. Das hat auch mein Bruder gemerkt, der sich still und leise die Treppe hoch verkrümelt. Ich wünsche mich jetzt an seine Stelle. Oben in meinem Zimmer weiter den Artikel über den Springreiter lesen, den ich angefangen habe. Nur aus Interesse, was Springreiter alles so dummes machen. Aus keinem anderen Grund. Ich weiß noch nicht mal mehr, wie er heißt. Als ob man sich sowas auch merken müsste.
"Liz? Hörst du mir überhaupt zu?" Ich schrecke auf. Meine Mutter hat es doch tatsächlich in ihrer couragierten Rede gemerkt, dass ich nur körperlich anwesend bin. "'Türlich", nuschele ich und bin gleich wieder woanders. "Es tut mir leid, kommt nicht wieder vor. Kann ich jetzt gehen?" "Aber nur dieses eine Mal", mischt sich mein Vater ein, bevor meine Mutter fortfährt. Er legt ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. "Lass' gut sein, es ist eine schwierige Situation. Für Liz besonders", beschwichtigt er sie und signalisiert mir, dass ich mich verziehen soll. Dieser Bitte komme ich nur zu gerne nach.
Das Dressurviereck ist leer. Ich steige auf und reite am langen Zügel Schritt außen rum. Nach einiger Zeit kommt Nadine mit ihrem Pferd auf den Platz. Ich nicke ihr zur Begrüßung zu und nehme Cookies Zügel kürzer, damit ich beginnen kann, sie auf gebogenen Linien zu lösen. Nach einiger Zeit beginne ich zu traben. Hier reite ich zunächst gebogene Linien im Leichttrab, bevor ich zum Aussitzen und den Lektionen übergehe. Die Linkstraversalen klappen heute besonders gut, genau wie der Außengalopp. Endlich springt Cookie Wechsel nur dann, wenn ich die Schenkelhilfen gebe. Ich lasse die Zügel lang und gönne Cookie als Belohnung eine kleine Schrittpause. Nadine lächelt freundlich. "Das sieht gut aus mit euch beiden. Wenn das mit dem Kader nicht klappt, weiß ich auch nicht." "Danke", strahle ich zurück. Ich beschließe, es für heute gut sein zu lassen. Es hat alles gut geklappt, ein Grund die Trainingseinheit positiv zu beenden. Ich reite im Schritt zum Stallgebäude. Plötzlich fallen mir Nadine's Worte ein: "Wenn das mit dem Kader nicht klappt, weiß ich auch nicht." Der Kader! Der Umzug. Ich erreiche das Stallgebäude und verwöhne Cookie noch ein bisschen, indem ich ihr die Beine abspritze. Das mag sie besonders gerne. Sie wackelt dann so süß mit den Lippen. Ich stelle sie auf den Paddock und hauche ihr noch einen Kuss auf die Nüster.
Zu Hause angekommen sitzen meine Eltern und mein Bruder mal wieder am Computer. Sie suchen nach Häusern in Hamburg. War ja klar. Soviel zu "ihr dürft mitentscheiden". Ich jedoch werde mich weiter dem mysteriösen Springreiter widmen, irgendwie fasziniert er mich, ich weiß auch nicht, wieso.
Ich starte meinen Laptop und gebe mein Passwort ein. Der Anmeldesound ertönt und ich erblicke auf dem Hintergrundbild Cookie und mich im Sonnenuntergang. Ich öffne das Brwoserfenster, gebe den Namen "Luis Schnabel", so heißt er nämlich, ein sehr merkwürdiger Nachname, wie ich finde, ein und erblicke tausende von Turnierergebnissen. Teilweise sind es sogar welche von 2011 mit Reiterwettbewerbsergebnissen. Ich muss grinsen, als ich an meine Reiterwettbewerbszeit zurückdenke. Ich ändere den Suchbegriff, indem ich noch "Turniere" hinzufüge. Jetzt erhalte ich nur noch Turnierergebnisse ohne diese merkwürdigen Facebook-Profile dazwischen. Ich klicke auf den ersten Artikel und sehe seinen Sieg. Ich klicke auf den zweiten Artikel und sehe einen achten Platz. Ich klicke auf den dritten Artikel und sehe einen dritten Platz. So geht das weiter. Immer, bis auf ein Mal, war er platziert. Ziemlich gut, das muss ich zugeben, aber wahrscheinlich ist das Starterfeld in Springen eh anders. Dann sehe ich einen Zeitungsartikel, auf den ich dann auch noch klicke, obwohl ich eigentlich Schluss machen wollte. "Luis Schnabel knapp hinter Eggert zweiter." Ich öffne ihn und sehe einen riesigen Platz, auf dem Hindernisse stehen. Vorne, zwischen zwei Hindernisständern, auf denen keine Stangen liegen, steht ein Mann, oder Junge, so genau kann ich das nicht erkennen, zwischen den Sponsoren und Richtern des Turniers. Er lächelt. Merkwürdig, dieser eine Richter kommt mir bekannt vor. Aber woher? Er richtet meist Springen auf internationalem Niveau, das weiß ich aus dem Artikel, aber dort, im internationalen Springsport, war ich ja noch nie, nochnichtmal als Zuschauer. Ich scrolle runter und sehe alle drei Medaillengewinner nebeneinander stehen. Dieser Zweitplatzierte, Luis Schnabel, kommt mir bekannter vor, als es von einem Artikel möglich wäre. Ich kenne diesen Platz. So, als wäre ich dort schonmal geritten. Mit ihm, dem Zweitplatzierten. Aber erstens kann es nicht sein, dass ich mit ihm in einer Siegerehrung war, denn er reitet keine Dressur und ich kein Springen. Zweitens hat dieses Stadion keinen Dressurring, somit kann ich dort auch nicht zur Siegerehrung einer Dressurprüfung, im schlimmsten Fall habe ich ihn mir nur eingebildet, eingeritten sein. Als Zuschauer fällt dieses ebenso weg, egal ob Fernsehen oder Live. Aber woher kenne ich dann dieses Stadion?
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