part 4
Ich versuche, nicht nach Luft zu schnappen. Meine Arme und Beine beginnen, zu paddeln und im Nu bin ich wieder an der Oberfläche. Von Sebastian ist nichts zu sehen. Beunruhigt sehe ich mich mich um. Sollte er nicht langsam auftauchen? Was, wenn ihm etwas passiert ist? Nein, er ist doch erfahren im Klippenspringen. Ich mache mir unnötigerweise Sorgen. Alles wird gut. Er wird gleich auftauchen. Ich schwimme mit kräftigen Zügen in die Bucht und gehe an Land, wo ich beginne, mir die nasse Kleidung auszuziehen. Da fällt es mir siedend heiß ein. All meine Wertsachen waren in meinen Hosentaschen! Scheiße, Scheiße, Scheiße. Ich durchsuche meine Hose. Mein Schlüssel ist da, genau wie mein Geldbeutel und mein Smartphone, letzteres leider eher weniger funktionstüchtig. Ich fluche. Warum bin ich bloß so dämlich?
Wenigstens höre ich jetzt Sebastians Stimme.
„Cat? Cat!", ruft er. Ich verdrehe die Augen.
„Ich bin in der Bucht!", rufe ich, so laut ich kann. Ich höre Sebastian näherkommen, dann sehe ich ihn auch.
„Ich dachte schon, du wärst ersoffen", empfange ich ihn und umarme ihn.
„Nicht ersoffen, bloß besoffen", erwidert er, dann küsst er mich. Oh mein Gott, und wie er mich küsst!
„Hilfst du mir aus der nassen Kleidung", wispert er. Ich nicke und ziehe ihm sein Shirt über den Kopf. Er entledigt sich seiner Shorts.
„Wie kommen wir von hier zurück zum Pub?", frage ich. Er grinst.
„Heute gar nicht mehr", sagt er. Ich schlucke.
„Wir müssen die Nacht hier verbringen? Und was ist mit der Flut?"
Er küsst mich noch einmal, um mich zum Schweigen zu bringen.
„Mach dir keine Sorgen, Cat."
„Nenn mich nicht Cat", stöhne ich recht unüberzeugend, denn ich sehne mich nach seinen Lippen auf meinen. Wir lassen uns in den Sand sinken. Ich sollte ihm vielleicht einige Dinge sagen. Dass ich noch Jungfrau bin. Dass ich die Pille nicht nehme, und dass ich meine Tage habe.
Sebastian liegt auf mir und küsst meine Lippen, meinen Hals, mein Schlüsselbein.
„Sebastian..."
Er hält inne.
„Gefällt dir das nicht, Baby?", fragt er. Als ich den Kosenamen höre, wird mir warm.
„Doch. Sehr. Damit darfst du gern weitermachen. Aber für mehr als das...bin ich noch nicht bereit", flüstere ich.
„Natürlich. Kein Problem."
Er fängt wieder damit an, mein Gesicht und meinen Oberkörper mit Küssen zu übersäen, bis ich der Meinung bin, dass er an der Reihe ist, verwöhnt zu werden. Energisch rolle ich mich auf ihn. Er sieht mich verdutzt an, aber sagt nichts. Auch ich verteile Küsse auf seiner Brust und seinem Hals. Ich hinterlasse mindestens einen Knutschfleck. Ups. Irgendwann lege ich den Kopf auf seine Brust und schließe die Augen. Sebastian lacht leise auf. Seine rechte Hand fährt durch mein Haar und seine linke ruht auf meinem Rücken, sein Daumen streicht auf und ab. Ich fühle mich so sicher bei ihm, so geborgen. Ich fühle mich geliebt. Was seltsam ist, da ich ihn ja kaum erst zwei Stunden kenne.
„Du bist niedlich", flüstert er mir ins Ohr.
„Du auch", murmele ich.
„Ich kann auch anders", wispert er.
„Jaja...", ich grinse in mich hinein.
Plötzlich rollt er sich wieder auf mich. Seine Augen leuchten förmlich. Nein, sie glühen.
„Lass es einfach geschehen, Baby. Je mehr du dich wehrst, desto mehr wird es weh tun."
Ich keuche auf, als er mein Handgelenk umfasst. Er führt es an seine Lippen und küsst es. Nein. Er hat mich gerade gebissen. Er saugt an meinem Handgelenk, als würde er das Gift eines Petermännchens heraussaugen. Dann nimmt er mein anderes Handgelenk und tut das gleiche. Ich bin so schockiert, dass ich mich nicht bewegen kann. Ich kann sehen, wie das Blut nur so aus meinem Handgelenk fließt.
„Was tust du...", flüstere ich heiser. Sebastian beugt sich über mich und küsst mich.
„Ich liebe dich", raunt er, dann küsst er meinen Hals. Nein. Er hat mich gebissen. So wie ein...Vampir. Aber es gibt keine Vampire! Hilflos liege ich am Strand, während das Blut aus mir herauskäuft, immer mehr, es versickert im Sand. Sebastians Gesicht ist über meinem. Seine blauen Augen glühen noch immer, und als er mich angrinst, sehe ich seine spitzen Eckzähne.
„Du...bist ein Vampir?", flüstere ich verwirrt. Sebastian schüttelt den Kopf.
„Sirene", korrigiert er.
„Werde ich sterben?"
„Das entscheide nicht ich. Die Flut kommt."
„Sirenen...singen", sage ich.
„Sirenen lieben", entgegnet er und küsst mich.
„Sirenen töten", widerspreche ich. Eine Welle erreicht meinen Fuß. Die Flut kommt. Ich werde ertrinken.
„Sirenen binden. Auf ewig", sagt Sebastian, dann steht er auf. „Du bist wunderschön", murmelt er.
Er watet ins Wasser. Sein ganzer Körper schimmert silbern, als der Himmel aufreißt und der Vollmond zu sehen ist. Eine Welle überspült mich und ich schreie leise auf, als das Salzwasser meine Wunden berührt. Ich robbe weiter an Land, aber ich bin durch den Blutverlust schwach. Sebastian kommt zu mir zurück und hebt mich hoch. Er trägt mich zum Meer.
„Nein", murmele ich.
„Bitte", sagt er. Er steht bis zum Bauch im Wasser, nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände und taucht unter, zieht mich mit sich. Ich halte die Luft an. Sebastian küsst mich. Das Wasser ist nicht mehr kalt. Es fühlt sich an, als würde es meine Wunden heilen. Ich öffne die Augen, da ist Sebastian, an den Stellen, an denen er mich gebissen hat, hat er Kiemen. Er lächelt. Sagt etwas. Er ist wunderschön. Und er ist gerade dabei, mich zu ertränken. Lange halte ich es nicht mehr aus, ohne nach Luft zu schnappen, aber er hält mich fest. Ich kann ihm nicht entkommen. Und ich akzeptiere es. Ich atme aus, Luftbläschen entweichen meinem Mund. Ich schließe die Augen. Und spüre, wie Salzwasser in meine Lungen schießt.
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