Es war spät.
Zu spät eigentlich, für eine junge Frau wie sie, um alleine nach Hause zu laufen.
Doch was würde schon passieren?
Würde sie jemand umbringen?
Überfallen? Zusammenschlagen oder beklauen?
Egal was sie dort draußen erwarten möge, sie nahm sich das Privileg, zu behaupten, sie würde bereits wissen, wie sich schlimme Wunden, wirklich tiefe Verletzungen anfühlten.
Der seelische Schmerz, der ihr widerfahren ist und noch immer tagtäglich heimsuchte würde nicht von körperlichen Schlägen ausgeglichen werden können.

Sie hatte überlegt vielleicht zu Trinken, beziehungsweise, damit anzufangen.
Es klang armselig, aber sie erhoffte sich dadurch eine Linderung des Schmerzes, sie erhoffte sich, ihre Situation vergessen zu können, sei es auch nur für einige wenige Stunden.

Allein ein Augenblick ohne sein verdammtes Gesicht in ihrem Kopf- was würde sie nicht alles dafür geben.
Mit leisen Schritten schleppte sie sich nach Hause.
Ihr Alltag war zur Routine geworden.
Sie erledigte jegliche Dinge ohne nachzudenken, ohne eine Freude an ihnen zu empfinden, dabei war sie immer so lebensfroh gewesen.
Er hat ihr alles genommen.
Als er ihr Herz endgültig zerschmettert hatte, nahm er ihr auch den letzten Funken Hoffnung, das letzte Bisschen ihrer sonst so energiegeladenen, kecken Persönlichkeit.
Und es machte sie noch viel schwächer und müder, wenn sie darüber nachdachte, dass sie es nie so weit hat kommen lassen wollen.

Sie veruschte ihn zu hassen, ihn zu verabscheuen.
Sie wollte es so sehr, denn schließlich hätte er es nicht anders verdient.
Aber ihr Herz, oder das, was davon übrig war, wehrte sich dagegen.
Stattdessen trug sie noch immer diese starke und unbändige Sehnsucht für diesen Mistkerl in sich, wie sie sie schon zu Anfang ihrer Bekanntschaft entdeckt hatte.

,,Ava..  du bist endlich da."

Sie schaute ruckartig auf, ihre Muskeln froren ein und sie traute sich nicht, sich zu bewegen.
Direkt vor ihr, zuvor noch auf den Stufen vor dem Mietshaus in dem sie lebte sitzend, war er.
Taehyung.