P I Ę Ć D Z I E S I Ą T J E D E N
Ich kann von mir behaupten, dass ich das Glückslos gezogen habe. Bis zur Mittagspause hin hat mir niemand einen Besuch abgestattet und irgendetwas aufgegeben. Den gesamten Vormittag über habe ich mich mit mir selbst beschäftigt - die Gedanken sortiert, den aktuellen Zustand der Gefühle ermittelt und erfasst. Mir immer wieder eingeredet, dass bald das Ende des Tages eingeläutet wird. Ob es etwas genützt hat? Nicht direkt, aber es hat mir ein wenig geholfen. Und so stehe ich da, inmitten des Büros. Auf den Beinen, mit einem matten, ja, nahezu kraftlosen Blick. Etwas eingesackt, die Hände wie eingerostet in den Hosentaschen. Ich reiße den Blick von dem Regal los und bewege mich zu der Tür. Während ich die Schritte setze, bohrt sich die Ausrüstung, die ich bis Ende meiner Schicht mit mir herumschleppen muss, in meine Haut. Ich habe des Öfteren den einen oder anderen blauen Fleck davon tragen müssen - doch dieses Mal konzentriere ich mich nicht auf die zubeißenden Schmerzen. Ich ignoriere sie so weit, dass sie für mich nicht existieren.
Auf dem Flur bleibe ich stehen und schaue in die Richtung, wo sich Jim befindet. Er steht vor seinem Büro, bei ihm eine ältere Frau, die ihre blondgefärbten Haare zu einem sorgfältigen Zopf zusammengeflochten hat, welcher über der rechten Schulter liegt. Sie sind dabei, Dokumente auszutauschen. Ich verpasse mir einen imaginären Stoß, muss mich ein wenig überwinden, ehe ich zu ihm gehe. Ich fahre mit der linken Hand durch mein Gesicht, als könne ich die Spuren des Morgens fortwischen. Bringe meine Größe mehr zur Geltung. Jim ist nicht blöd; er nimmt schnell Notiz von Dingen, die nicht gewöhnlich sind oder nicht stimmen.
„Das ist der Bericht. Ja, vom letzten Tag. Ich habe vergessen, ihn fertigzustellen." Jim drückt der Frau ein weiteres Blatt in die Hand. Sie kommt mir vertraut vor. Ich denke, dass sie mir schon einmal über den Weg gelaufen ist. Die Erinnerungen wollen dennoch keinen Namen ausspucken. „Gibst du ihn weiter?" Er untermalt seine Bitte mit einem leichten Lächeln.
Die blondierte Frau runzelt die Stirn. Sieht erst die vielen Blätter an, dann meinen Kollegen. Ich lasse nebenbei den Blick über sie schweifen. Um die Taille ist sie etwas fülliger - die enge marineblaue Bluse betont diese Zone. Die langen Beine stecken in einer lockeren Hose. Was mir direkt ins Auge fällt, ist, dass sie sich nicht die Ausrüstung angelegt hat. Ich weise sie nicht darauf hin, der Mund bleibt geschlossen.
„Warum tust du das nicht?", will sie wissen, behält die Blätter aber in den großen Händen. „In der Zeit hättest du sie an Miss Velvet weitergeben können." Mit der freien Hand streicht sie über ihr Oberteil. Wenn sie mit dieser Bewegung es beabsichtigt hat, irgendwelche Falten glattzubügeln, dann hätte sie es sich sparen können - das Oberteil spannt sich förmlich über den schlanken Oberkörper.
Das scheint ein beliebiges Zeichen für Jim gewesen zu sein. Er sieht mich an, ich hebe ein wenig die Augenbrauen. Sage aber nichts.
„Ich kann das nicht tun", fängt er an und setzt einen Schritt zu mir. Ich kneife halb die Augen zusammen, bemühe mich um ein kurzes Lächeln, als ich den verwirrten Blick der Frau wahrgenommen habe. „Weil ich jetzt mit ihr los muss. Und ehe du fragst; sie ist meine neue Kollegin." Seine Finger berühren oberflächlich meinen rechten Arm. Ich bin kaum merklich zusammengezuckt, aber Jim scheint es nicht gemerkt zu haben. „Wir wollen jetzt los. Könntest du deswegen so freundlich sein, die Dokumente weiterzugeben? Bist du dieses Mal so freundlich zu mir?"
Mir fällt auf, dass auf ihren Schulterklappen ein silberner Stern prangt. Ich blinzele langsam und starre Jim an. Ich hoffe, dass ihm klar ist, wen er vor sich hat. Seine ungenierte Art passt in diese Situation nicht gut hinein.
Die erfahrene Polizistin stößt einen Seufzer aus. Dann nickt sie.
„Aber nur dieses eine Mal", beschließt sie und rollt die Papiere etwas zusammen. „Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich bei dir schnell nachgebe." Sie lacht kurz, und Jim schmunzelt amüsiert. „Na ja, dann geh'. Ich reiche die Blätter weiter." Sie richtet ihren Blick auf mich, sogleich wallt eine Hitze in mir auf. Die Mundwinkel zittern etwas. „Na dann." So schnell, wie die Hitze aufgekommen ist, ist sie auch wieder verschwunden, nachdem die Frau sich von uns entfernt hat. Ihre Schritte schallen trotz des Lautstärkepegels hörbar von den Wänden wider und scheppern für eine winzige Weile in meinen Ohren.
„Susan ist mir auch eine", meint Jim und macht sich nicht die Mühe, den amüsierten Ton aus seiner tiefen Stimme zu verbannen. „Eine bezaubernde Frau." Er legt eine Hand auf meinen Rücken. „Was sagst du? Wollen wir essen gehen? Die Mittagspause ist leider begrenzt."
Ich lasse mich von ihm zu der Tür schieben. Die Frage bricht aus mir heraus, dass ich nichts hätte machen können.
„Sag' mal, dafür, dass du einen Commander vor dir gehabt hast, bist du ziemlich salopp gewesen", platze ich hervor und schaue ihn an. Verblüffung funkelt in meinen Augen. „Ich hätte nie und nimmer mit Miss O'Neill so gesprochen. Ich glaube, sie hätte mir längst einen Teil der Hölle heißgemacht, wenn ich so mit ihr geredet hätte."
Sie weist einen sehr hohen Rang auf. Neben der vor Erfahrung strotzenden Frau habe ich mich wie ein dummes Schulkind gefühlt - schließlich habe ich es bisher geschafft, das erste Abzeichen zu ergattern.
„Dem bin ich mir bewusst gewesen", spricht Jim unbefangen und hält für mich die Tür offen. Ich stehle mich an ihm vorbei und verharre im Treppenhaus. „Aber was ist, wenn ich dir sage, dass Susan eine sehr gute Freundin von meiner Tante ist?" Seine dunklen Augen strahlen belustigt, als ich ihn erstaunt anblicke. „Susan kennt mich schon ziemlich lange. Sogar länger, als es mir lieb ist. Sie hat außerdem dafür gesorgt, dass ich mich zum Dienst beim Department melde." Er schwebt durch seine Erinnerungen, als er mild hinzufügt: „Sie ist diejenige, zu der ich ständig aufgesehen habe. Man kann sagen; sie ist mein Vorbild."
„Also ... damit habe ich überhaupt nicht gerechnet", gebe ich ehrlich zu und folge Jim die Treppe nach unten. Ich halte mich rechts; gelegentlich begegnen wir anderen Personen. Ihre Blicke streifen uns, keine Worte ertönen ihrerseits. Nicht einmal ein kurzes Nicken. „Dann ist es minder überraschend, dass du dich in ihrer Gegenwart so verhältst." Ich blicke für den Bruchteil einer Sekunde auf Jims Abzeichen. „Stimmt es, dass sie besonders zu den Jüngeren ... speziell ist, um es zu umschreiben? Ich meine, ich habe es bisher nicht mitbekommen. Na gut, das liegt auch in allererster Linie daran, dass ich mich bemühe, ihr aus dem Weg zu gehen."
Ich höre, wie der Sechsunddreißigjährige leise loslacht.
„Du meinst, dass sie sehr autoritär bis grantig ist?" Ich schalte mich nicht ein, Jim fasst es als Bestätigung auf. „Wenn du nämlich das meinst, dann trifft es zu. Ja, das ist sie. Diejenigen, die gerade frisch aus der Akademie kommen, können sich besonders freuen. Zu denen ist Susan sehr freundlich. Freundlich nach ihrer Definition." Unten angekommen, peilt er die nächste Tür an. „Aber man gewöhnt sich schnell daran. Spätestens nach einer Woche weiß man, wie man mit ihr umzugehen hat. Und wie man sich am besten in ihrer Gegenwart verhalten sollte." Die Tür quietscht kaum hörbar, und ich husche durch die schmale Lücke.
„Die haben jetzt schon mein Mitleid." Ich halte mich an Jim, gemeinsam begeben wir uns Richtung Ausgang. In diesem Flur wimmelt es von Kollegen und Zivilisten. Sie eilen, gehen entspannt oder schleichen förmlich durch die Flure. Verlassen Büros oder betreten welche. Klopfen, sprechen, scharren mit den Füßen. Jemand hustet, ein anderer niest. Irgendwo fällt etwas zu Boden. Es hat nach einem Becher geklungen.
„Ach, Quatsch. Je früher man sie abhärtet, desto besser. Wichtig ist, dass sie schnell Selbstbewusstsein erlangen. Und Susan schafft es mit ganz wenigen Mitteln." Er bleibt für einen Augenblick still. Als er seine Stimme zum Neuen erhebt, hat er den milden Ton herausgenommen. „Vincent hat schlecht gelaunt ausgesehen. Es hat fast ausgesehen, als würde er dir eine verpassen wollen." Sein Blick wandert über meine Gestalt, ich starre nach vorn. „Was ist denn mit ihm los?"
Ich atme tief durch und zucke mit den Schultern. Er braucht es nicht zu erfahren. Es genügt mir voll und ganz, dass er weiß, dass zwischen mir und Vincent etwas nicht stimmt. Jim muss nicht tiefer in diese Art von Materie dringen.
„Nichts Schlimmes", bastele ich mir die Lüge zusammen, welche ohne Schwierigkeiten über meine Lippen geht. „Wirklich nicht. Ich habe keine Ahnung, was ihn schon wieder gestochen hat." Seine Worte tauchen in meinem Kopf auf, und ich dämme sie sogleich ein - ich lasse nicht zu, dass sie mich ein zweites Mal auszeichnen. „Hat er aber nicht. Hätte er mir eine verpasst, hätte er gleich eine zurückbekommen." Ich setze einen Schritt zur Wand, als ein junger Herr meinen Weg kreuzt. „Vince würde es nicht wagen, mir eine 'rüber zu ziehen."
„Und was macht dich da so sicher, hm?" Er sieht zu Charly herüber, welcher seinen Platz mit seiner Stellvertreterin tauscht. Die sehr junge Frau lässt sich auf den Stuhl fallen und schenkt nebenbei dem Mittfünfziger Gehör, der eine Erklärung abhält.
„Seit ich sechzehn bin, übe ich eine Kampfsportart aus", antworte ich ruhig und gehe nach draußen. Rauchfäden tanzen um meine Nase, und der Rauch zwängt sich in meine Lungen. Ich ziehe die Nase kraus und gehe schnellen Schrittes die vier breiten Stufen herunter. „Bis vor zwei Jahren habe ich es regelmäßig trainiert. Sonst ab und zu mal, was aber nicht heißt, dass ich nichts mehr drauf habe." Ich knacke mit den Fingern. „Wenn jemand versuchen will, mich zu schlagen, kann er das gerne tun - ich kann im Nachhinein nicht garantieren, dass die Knochen danach ganz sind." Ich schenke Jim ein gefälliges Grinsen. „Auch Frauen haben 'ne Menge drauf. Unterschätze uns also niemals."
Er schließt zu mir auf.
„Wirklich? Was machst du denn? Karate?" Seine schmalen Lippen haben sich zu einem Lächeln verzogen. „Ich bin der Letzte, der so etwas tut. Jeder ist zu etwas fähig, also daher." Er versenkt eine Hand in der Hosentasche. „Wir fahren mit meinem Wagen."
Ich schüttele den Kopf.
„Nein. Kickboxen." Ich begutachte meinen Arm. Schier unzählige Leberflecke übersähen die leicht karamellfarbige Haut. Früher hat meine Schwester sich den Spaß erlaubt, mit einem schwarzen Filzstift die Leberflecke miteinander zu verbinden, sodass ich im Endeffekt schiefe Linien auf den Armen gehabt habe. Selbst als ich die Nase in die Bücher vergraben habe, hat sie kraklige Linien auf meine Arme niedergezeichnet. „Angefangen habe ich in der High School, weil ein ehemaliger Freund von mir mich dazu überredet hat. Hat gemeint, dass ich es einfach mal ausprobieren solle. Und siehe da; es hat mir verdammt viel Spaß gemacht." Jim entriegelt den Wagen, ich nähere mich der Beifahrerseite. „Ich weiß noch, dass es sich danach wie ein Lauffeuer in der High School verbreitet hat."
„Weil du bestimmt das einzige Mädchen gewesen bist?", steuert mein Kollege die Vermutung bei. Öffnet die Fahrerseite und steigt in das Gefährt ein.
„Hundert Punkte an dich." Ich setze mich ebenfalls in das Fahrzeug. Ziehe die Tür zu. „Aber das Gute ist; danach haben die meisten Idioten eingesehen, dass auch die Mädchen 'was drauf haben. Gott, du hättest es mal sehen müssen, als ich zum ersten Mal in diesem Ring gestanden habe. Mein Freund und ich. Seine Freunde haben ständig gerufen, dass er bloß nicht zu fest zuschlagen solle, von wegen; ich sei doch so zerbrechlich und könne nichts ab oder dass ich so oder so nicht fest zuschlagen kann, weil Mädchen keine Kraft hätten. Tja, ein kräftiger Schlag von mir, und schon hat er auf dem Boden gelegen. Blaue Nase, blutige Zähne. Danach hat niemand etwas gesagt." Die Bilder entwickeln sich zu einem kurzen Film, der sich nun abspielt. „Selbst der Coach ist total sprachlos gewesen." Ich lache.
„Du scheinst eine sehr interessante Zeit hinter dir zu haben." Jim rollt langsam aus der Parklücke. Schaut über seine Schulter hinweg, während er das Lenkrad halb einschlägt. „Das taffe Mädchen, nicht schlecht. Zugegeben, du siehst auch kräftig und sportlich aus."
„Langeweile macht alles möglich", erwidere ich und zupfe den Kragen des Shirts zurecht. „Na ja, gut. Nicht nur. Auch regelmäßige Besuche im Gym." Dass ich für gewöhnlich mit Vincent das Studio aufsuche, erwähne ich nicht.
„Schön, schön." Der Sechsunddreißigjährige manövriert den Streifenwagen zu der Straße. „Bist du damals auf Sport fixiert gewesen?"
„Du meinst damit, wie ich meinen Schwerpunkt in Sachen Wahl der Kurse gelegt habe?" Meine Augen nehmen ihn auf.
„Ganz genau." Er löst eine Hand von dem Lenkrad und schaltet das Radio ein. Wir haben einen Werbeblock erwischt. „Erzähl' mal etwas. Ich bin ein bisschen neugierig."
Ich krame in den Gedanken herum, benötige dafür einen Moment.
„Ich habe tatsächlich mehr Wert auf Sprachen gelegt", fange ich an, die Zeit an der High School wiederzubeleben. „Englisch, Spanisch, Französisch und sogar Latein. Die ersten beiden Sprachen sind der Hauptteil meines Diploms gewesen, die anderen Sprachen haben eher als Zusatz gedient. Du musst wissen, dass ich seit Beginn der High School Polizistin werden wollte. Ja, darum habe ich versucht, so viele Sprachen wie möglich zu erlernen. Spanisch kann ich mittlerweile genauso gut wie Englisch, Französisch ... Na ja, da hackt's teilweise, aber ich schaffe es dennoch, ohne große Probleme in dieser Sprache zu kommunizieren. Latein ist ein kleiner Stolperstein, aber die Basics sind fest in meinem Kopf verankert." Ich tippe mit dem linken Zeigefinger an mein Kinn. „Die Liebe zum Sport ist erst gekommen, als ich die letzten Jahre der High School erreicht habe." Ich rutsche auf dem Sitz herum, um eine bequemere Position einzunehmen. „Wie sieht's bei dir aus? Gibt's da noch ein paar Erinnerungen oder ist alles in deinem Kopf verstaubt?"
Jim räuspert sich scharf.
„Ich mag zwar sechsunddreißig und somit deutlich älter sein als du, aber es bedeutet längst nicht, dass ich erste Anzeichen von Alzheimer aufweise", stellt er klar und fährt zu der ersten Ampel unseres Weges. „Ich weiß noch eine ganze Menge aus meiner Zeit."
„Und was wäre das?"
„Zum Beispiel, dass ich ein typischer Freak gewesen bin, weil ich nur Kurse gewählt habe, die sich hauptsächlich um die Wissenschaft gedreht haben." Der Wagen setzt nach vorne, als Jim das grüne Signal registriert hat.
„Ganz bestimmt nicht", lege ich einen Widerspruch bei, und mein Blick wandert zu ihm.
Die Antwort von ihm kommt prompt.
„Biochemie, Biologie, Programmierung, Kommunikation, Geologie und was weiß der Geier. Was ich sonst noch gehabt habe, weiß ich nicht mehr. Aber ich schätze, dass noch ein paar mehr wissenschaftliche Kurse dabei gewesen sind." Er überlegt. „Ja, genau. Physik hat es noch gegeben."
„Du bist definitiv ein Freak", schiebe ich die Korrektur nach und pruste kurz los. „Ach du Scheiße. Wie kann man nur so sehr auf Wissenschaften fixiert sein? Und dann bist du beim Dienst. Wie ist so etwas möglich? Das ist ein ziemlich großer Wandel. Von der rationalen Wissenschaft zum anspruchsvollen Dienst. Nicht schlecht." Ich rufe mich zur Besinnung auf. „Ich komme darauf nicht ganz klar. Da warst du der typische Nerd, und trotzdem ein recht ansehnlicher Sergeant. Das glaubt mir doch niemand."
Mein Kollege lacht leise in sich hinein.
„Ich fasse es mal als eine Art Kompliment auf." Er lotst den Wagen über eine Kreuzung. Ich sehe hinaus, mustere diverse Fahrzeuge, verschiedene Menschen. Die ganzen Läden. Die Kunden, die entweder vor einer Gaststätte stehen oder sitzen. Betrachte Warteschlangen, dann Menschen, welche ihr provisorisches Mittag einnehmen. „Wie ich es schon einmal gesagt habe; ich habe die Freundin meiner Tante bewundert, und das hat mich motiviert, mich selbst beim Miami Police Department zu melden. Und siehe da; mir bereitet es nach wie vor große Freude." Er lächelt.
„Das ist die Hauptsache." Ich nicke langsam. „Du, sage mal. Wohin willst du fahren? Wieder zum Joey's oder dieses Mal ganz woanders?" Ich habe die Frage nicht grundlos gestellt. Jim ist in eine andere Straße eingebogen. Wenn er den Weg zum Diner im Kopf gehabt hätte, wäre er in die rechte Richtung gefahren.
„Nein, dieses Mal nicht." Er drosselt das Tempo. „Ich will dir mal zeigen, wo ich für gewöhnlich essen gehe - insofern meine Frau nicht zu Hause ist."
„Ach, du fährst etwa zu dir nach Hause, wenn es in die Mittagspause geht?" Ich streiche mit den Fingern über die Hosentasche hinweg. Ertaste die Form des Handys. Für den Bruchteil einer Sekunde zögere ich, dann aber wühle ich das Handy aus der Hosentasche und schalte es an.
„Wenn die Möglichkeit besteht, ja", antwortet Jim und hält bei einer nächsten Ampel. „Im Moment geht dies natürlich nicht - Schichtarbeit, und die Kinder sind ebenfalls nicht zu Hause." Ich spüre, wie er mich beobachtet. „Du tust so etwas nicht, oder?"
Ich habe es beinahe geschafft, seine Frage zu überhören. Eine einzige Nachricht ist eingetroffen. Von Vincent. Es hat in mir ein seltsames Gefühl ausgelöst, was sich nun ungehindert in mir ausdehnt. Mir ist heiß, auf den Handflächen glitzert Schweiß.
Ich sage es dir ein letztes Mal. Halte dich von Cessy fern.
V.
Mehr hat er nicht verfasst. Ich lese mir die zwei Sätze durch. Dann wieder. Und noch einmal. Ich muss mich irgendwie vergewissern, dass diese Wörter tatsächlich angezeigt werden, dass meine Augen mir nichts zusammengesponnen haben. Ich blinzele fast schon träge. Die Sicht wird ein wenig trüb. Ich lasse das Handy sinken und stecke es anschließend weg.
„Hm? Was?" Ich kneife die Augen zusammen. Die Nachricht hat sich währenddessen in meinem Kopf festgesetzt. „Ach, nein. Nein. Nein, ich ... schaffe es von der Zeit her nicht." Ich trockne die Handflächen unauffällig an der Hose ab. „Ich suche mir immer ein Diner auf. Meine Schwester ist nicht zu Hause, daher lohnt sich es unter anderem nicht, nach Hause zu fahren." Starre die Knie an.
„Ah, verstehe." Jim hat Verdacht geschöpft; ich kann seinen skeptischen Unterton identifizieren. Doch er ist klug genug, nicht nachzubohren. „Wie dem auch sei. Ich denke, dieses kleine Restaurant wird dir zusprechen."
Ich steuere nichts mehr bei, sondern schaue schweigend aus der Frontscheibe. Beobachte die weißen Rauchschwaben, welche aus den Auspuffrohren kriechen und in die Lüfte steigen. Das Brummen der Motoren dröhnt in meinen Ohren. Wäre das Radio aus, wüsste ich nicht mit der Stille umzugehen. Ich bin dankbar, dass die Musik - wenngleich auch schlechte - für eine gewisse Auflockerung sorgt. Es sind leichte Spannungen da, keine Frage. Dennoch sind sie nicht allzu extrem.
Ich solle mich von Cessy fernhalten. Auf Abstand gehen. Und nur, weil Vincent es von mir verlangt. Ich stütze den Ellenbogen auf der Tür ab und lehne den Kopf an meine Hand. In meinem Kopf rattert es. Ich jongliere mit verschiedenen Spekulationen. Eine ist schwachsinniger als die andere. Doch die zwei großen Kerne kann ich nicht entfernen.
Es muss etwas mit Cessy zu tun haben.
Es muss etwas mit mir zu tun haben.
Was trifft zu? Was kann ich abhaken, wo muss ich tiefer graben? Ich seufze und blende Jims nachdenklichen Blick aus. Ich schätze, dass ich beide Spekulationen intensiver behandeln muss. Sie exakt ausbauen. Mir bleibt nichts anderes übrig - es einfach abschließen? Das steht außer Frage. Ich werde Antworten bekommen.
Heute werde ich nämlich Cessy aufsuchen. Gleich, nachdem meine Schicht für beendet erklärt wird. Ich muss mit ihr reden. Das hat hohe Priorität.
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Ich will mich an dieser Stelle für die fast 21K an Reads bedanken. Es bereitet mir eine riesige Freude, dass euch mein Werk nach wie vor gefällt. Vielen lieben Dank fürs Lesen und fürs Weiterverfolgen (auch wenn ich manchmal denke, dass das Werk nicht ausgereift ist und eine Verbesserung benötigt). :')
An dieser Stelle will ich kurz den Grund für meine Abwesenheit nennen. Ich war am Montag in Prag - diese Studienfahrt ging bis Freitag. Das Wochenende vor der Abreise habe ich genutzt, um die relevanten Dinge zu erledigen (Koffer packen, Währungswechsel, etc.). Dafür möchte ich mich bei euch entschuldigen.
Ich versichere euch, liebe Leser, dass ab morgen das regelmäßige Schreiben fortgesetzt wird. Bis dahin; einen angenehmen Abend und viel Spaß beim Rätselraten (im Bezug auf den Verlauf ^^).
Übrigens. Falls euch irgendetwas unschlüssig oder gar falsch vorkommt, könnt ihr mir selbstverständlich Bescheid geben. Ich bin bemüht, mich stetig zu verbessern - außerdem kann jeder Autor die Meinung/Kritik der Leser gut gebrauchen. Also, scheut euch nicht vor solchen Äußerungen. :)
Liebe Grüße
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