Eins
2 Monate zuvor...
Grinsend lehnte Sin sich nach vorne. Salzige Meeresluft stieg ihm in die Nase und bedeckte seine sonnengebräunte Haut. Noch wenige Minuten, dann würden sie den Hafen von Kursae erreichen.
Seit Wochen soll dort ein Händler Segel aus einem ganz speziellen Stoff anbieten. Dafür verlangte er natürlich einen unverschämt hohen Preis und bewachen lassen soll er seine Ware wie Gold.
Eine nette Herausforderung.
"Käpt'n! Hafen ist in Sicht!", rief Yasin aus dem Krähennest. Sein Grinsen wurde breiter.
"Gut! Malik, Amir, Nev, Cem und Baluk! Ihr kommt mit an Land! Wir schlagen noch bei Sonnenuntergang zu."
"Ja, Käpt'n!", erklangen die Stimmen seiner Crew wie ein Lied in seinen Ohren.
Kursae war einer der größten Häfen von ganz Arabien und besaß deshalb auch sogenannte Schattenpiere. Dort konnten Schiffe unter dem Wissen der Hafenmeister anlegen, solange die zuständigen Kontrolleure gut geschmiert wurden.
Einer dieser hielt eine Hand hoch und Sin warf ihm einen Beutel mit fünf Silbermünzen zu. Der Kontrolleur sah kurz hinein, nickte dann und ging mit schnellen Schritten davon.
Die Sonne sank langsam hinter dem Horizont und die ersten Händler bauten ihre Stände ab.
Dann waren sie am wenigsten geschützt.
So auch die Stände mit der wertvollsten Ware, auf der Hauptstraße vom Hafen zum Mittelpunkt der Stadt.
Sin sah den Stand schon von weitem. Mit einem gierigen Grinsen versuchte der Händler die Leute auf das Segel aus Charabe-Seide aufmerksam zu machen.
Vier nicht gerade kleine Männer bewachten jeweils eine Ecke des Stands, damit niemand auf die Idee kam, die Ware zu stehlen.
Sin sah zu seinen Männern. Sie würden das schon schaffen.
"Cem, Nev, Baluk und Amir. Ihr greift von vorne die Männer an. Bringt euch in Position. Die Sonne geht in sieben Minuten ganz unter, dann schlagen wir zu."
Die Männer nickten und schlichen durch die hinteren Gassen leise heran.
Sin sah zu seinem ersten Maat. Maliks faltiges Gesicht war seiner goldenen Taschenuhr zugewandt.
"Das wird knapp.", murmelte der alte Mann. "Wenn wir nicht noch zehn Silbermünzen darauflegen wollen, müssen wir in einer halben Stunde wieder weg sein."
Sinbad sah zu dem Händler, der gerade mit einem möglichen Kunden über den Preis stritt.
"Das schaffen wir. Gib den anderen ein Zeichen. Wir kommen von rechts und überwältigen den Händler. Er hat am Rücken ein Messer versteckt."
Malik schüttelte leicht lächelnd den Kopf. "Du und deine Luchsaugen, mein Junge."
Langsam umkreisten sie den Stand. Schließlich pfiff Sin zweimal und seine Männer sprangen aus den Schatten.
Die Wachen des Händlers ließen sich nicht leicht überwältigen, aber dennoch waren sie in der Unterzahl.
Der Händler zog wie erwartet sein Messer und ging damit auf Sin los, der geschickt auswich. Währenddessen wollte Malik sich mit Amir die Segel holen, als plötzlich eine Gestalt vom gegenüberliegenden Dach sprang und direkt vor dem Stand landete.
Das Gesicht des Fremden war bis auf die Augen mit Tüchern verhüllt. Er zog ebenfalls ein Messer und rannte schnell wie eine Wüstenschlange auf die beiden zu.
Sie konnten gerade noch so ihre eigenen Waffen ziehen. Aber der Dieb ließ sich nicht beeindrucken.
Er schaffte es den sonst ebenfalls so schnellen Amir an der Wange zu treffen, ihn zu entwaffnen und ihn so stark gegen die nächste Fassade zu treten, dass er ohnmächtig wurde.
Malik kickte er die Beine weg und zog ihm eine Vase vom Tisch über den Kopf, sodass auch er sich nicht mehr bewegte.
Er wollte die bereits zusammengeschnürten Segel schnappen. Wütend drängte Sin den Händler zurück und stellte sich ihm in den Weg.
Der Dieb kniff seine dunklen Augen zusammen und fixierte ihn einen Moment lang, eher er sich mit den Segel umdrehte und davonlief.
Sin verfolgte ihn durch die engsten Gassen und wann immer er ihn fast erwischte, schlug er einen Hacken und entkam wieder.
Schließlich zog Sin seine Pistole und gab einen Warnschuss in die Luft ab.
Der Dieb blieb stehen, drehte sich langsam um.
"Her mit den Segeln.", knurrte Sin.
Stattdessen glitt die Hand des Diebs kaum sehbar in eine kleine Ledertasche und schon im nächsten Augenblick sauste ein Wurfmesser ins Sins Richtung.
Er konnte noch gerade so ausweichen und das Messer bohrte sich keine drei Zentimeter von ihm entfernt in eine Wand.
Der Dieb wollte schon weiter, als Cem in der nächste Gasse auftauchte und ihn zu Boden rang. Der Dieb wehrte sich und versuchte, gegen ihn zu kämpfen.
Sin schlug ihm von hinten mit dem Pistolenlauf über den Kopf und er fiel um.
"Der hat ganz schön Ärger gemacht.", murmelte Cem und entzog ihm die Segel.
Sin nickte. "Nehmen wir ihn mit. Vielleicht nützt er uns noch was."
Also machten sie sich mit dem gefesselten Dieb, den beiden Verletzten und den Segeln auf den Weg zurück zum Hafen.
Dort wartete schon die alte Schiffsärztin Leilani, die sich um Malik und Amir kümmerte.
"Schafft ihr nicht mal einen Überall, ohne dass ich euch zusammenflicken muss?", seufzte sie.
Sin grinste. "Dann bräuchten wir dich ja nicht und du würdest uns zu sehr fehlen."
Leilani schnaubte belustigt und deutete dann auf den Dieb, der langsam wieder zu sich kam.
"Und wen schleppt ihr da an?"
"Das wissen wir noch nicht. Aber wir finden es raus."
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