Kapitel 57
• V A L E N T I N •
Meine Augen halten Ausschau, als ich das Kino betrete. Nach meinen Berechnungen dürfte ich sie noch nicht verpasst haben, also müssten sie entweder noch unterwegs sein oder sind hier irgendwo.
Auf dem Weg hierher ist mir dann auch aufgefallen, wie idiotisch diese Aktion ist. Ich hätte nicht das Recht, hier aufzutauchen und Anton und seine Verabredung auszuspionieren. Dass er nach mehreren Monaten der Trennung nun wieder datet, scheint normal zu sein.
Aber ich will niemanden an seiner Seite sehen. Sein Platz ist neben mir. Wir gehören verdammt nochmal zusammen!
Ich setze mich etwas abseits in eine Ecke, von wo ich einen direkten Überblick über den Eingang und der Kasse habe. Wenn die beiden auftauchen, werden sie nicht an mir vorbeikommen können.
Ohne meinen Blick zu lösen, suche ich in meiner Jackentasche nach meinem vibrierenden Handy. Ava ruft an. Augenverdrehend nehme ich den Anruf entgegen, was ich gleich darauf bereue.
"VALENTIN, VERSCHWINDE DORT! ICH MEINE ES ERNST!"
Ab heute bin ich auf dem einen Ohr taub.
"Ich denke gar nicht daran, Ava-" "Du kannst nicht einfach sein Date crashen, nur weil du eifersüchtig bist!" Missbilligend lehne ich mich auf meinem Sitz zurück. "Ich dachte, du wolltest, dass wir wieder zusammenkommen?" "Das stimmt auch. Deine Aktion führt dazu aber nichts bei. Außer du willst Levi nun die Wahrheit sagen." "Ava-" "Siehst du! Einerseits bist du nicht bereit, mit offenen Karten zu spielen, aber andererseits dringst du in sein Leben ein."
Aber doch auch nur, weil ich ihn liebe.
Es ist egoistisch. Doch ich brauche ihn an meiner Seite. Er ist das Licht in meiner ewigen Dunkelheit. Nur Anton schafft es, dass ich mein wahres Ich zeigen kann. Niemand sonst könnte so tief in meine Seele schauen wie er...
Und ich weiß, dass ich ihn genauso glücklich gemacht habe, wie er mich. Wir haben einfach harmoniert.
So wie er in meinen ersten Wochen in der Schule um mich gekämpft hat, werde ich es nun tun. Er ist es absolut wert, erobert zu werden.
"Du hörst mir nicht zu, oder?"
Langsam kehre ich ins Jetzt zurück und konzentriere mich wieder auf das Telefonat. "Wie bitte?" "Man, Valentin. Denkst du, du tust euch mit sowas irgendeinen Gefallen? Levi wird doch garantiert nur sauer auf dich sein, wenn er dich im Kino sieht."
Auch wenn sie es nicht sieht, zucke ich mit den Achseln. "Wer sagt denn, dass er mich sehen wird? Solange weder du noch Jaden ihm davon erzählt, wird er nichts hiervon erfahren." "Du machst es dir ziemlich einfach, findest du nicht?" "Ich weiß einfach, was ich will. Und außerdem hast du mich darin bestärkt, um ihn zu kämpfen-" "Schiebe es jetzt bloß nicht auf mich", brummt sie.
Im Hintergrund höre ich Jaden irgendwas sagen. Die beiden unterhalten sich kurz.
Wenn Jay Anton verrät, dass ich hier bin, erschwert es alles.
"Ava? Hat er ihn vorgewarnt?", frage ich meine Schwester, als diese wieder am Handy ist. Ich atme erleichtert auf, als sie es verneint. "Er hat es nicht verstanden, als ich ihn davon abgehalten habe. Aber versprich mir bitte dafür, dass du nichts Unüberlegtes tust. Levi soll nicht durch irgendwas verletzt werden, weil du aus dem Affekt gehandelt hast." "Ich verspreche dir, dass ich diesen Fehler nicht nochmal begehe", erwidere ich und ziehe meine Augenbrauen zusammen, als ich meinen Exfreund entdecke.
Er geht neben einen Kerl, der etwa in unserem Alter, vielleicht ein paar Jahre älter ist. Die beiden wirken für meinen Geschmack zu vertraut miteinander.
Ich warte, bis sich eine Familie hinter ihnen an den Kartenverkauf stellt, und füge mich dann ebenfalls in die Schlange ein.
Es versetzt mir einen Stich, zu sehen, wie er über etwas, was sein Begleiter sagt, herzlich lacht. Als er seine Hand auf dessen Arm legt, muss ich mich zusammenreißen, mich nicht zwischen die beiden zu drängen.
"Was tust du denn jetzt schon wieder?", höre ich auf einmal die Stimme meiner Schwester. Erst jetzt fällt mir auf, dass wir noch telefonieren.
"Ich kann jetzt nicht mehr reden, Ava", sage ich und lege dann auf.
Es fällt mir nicht gerade einfach, mich darauf zu konzentrieren, in welchen Film sie gehen wollen. Die ganze Zeit über scheinen die beiden miteinander zu flirten.
Und das macht mich wahnsinnig!
Meine Augen weiten sich, als dieser Jesse auf einmal einen Arm um Anton legt. Dieser macht keine Anstalten, das zu verhindern. Nein, er lässt beinahe schon bereitwillig zu.
Als sie an der Reihe sind, kaufen sie zwei Karten für Maleficent: Mistress of Evil. Ich verdrehe genervt die Augen, als der Typ besteht, zu bezahlen. Wenn er denkt, dass Anton käuflich ist, liegt er aber vollkommen falsch.
Idiot!
Die beiden gehen weiter, um sich Snacks zu besorgen. Während sie zum Kaufstand gehen, sind ihre Hände gefährlich nahe aneinander. Er versucht hoffentlich nicht, seine Hand zu halten. Sonst kann er sich innerhalb der nächsten Sekunden von seiner verabschieden!
"Guten Abend. Welcher Film soll es sein?", begrüßt mich ein junger Mann. Wahrscheinlich ein Student, der das hier nebenberuflich macht, um sich ein bisschen Geld zu verdienen. "Maleficent: Mistress of Evil." "Für eine Person?"
Ich nicke, drehe dann meinen Kopf zur Seite. Sie stehen noch am Stand und reden miteinander. Der Verkäufer reicht mir das Ticket, ich ihm dafür das Geld, gehe dann weiter, ohne mein Wechselgeld zu nehmen.
Unbemerkt schaffe ich es, mich an ihnen vorbei zu schleichen. Wenn Anton mich jetzt entdecken würde, wäre alles vorbei. Das kann ich nicht riskieren.
Was wäre effektiver? Mich erstmal auf der Toilette zu verstecken oder mich im Saal zu ducken, wenn die beiden reinkommen? Beides ist definitiv keine gute Option. Trotzdem entscheide ich mich für den Saal.
Schnell suche ich mir einen relativ unauffälligen Platz zwischen einigen Leuten, um nicht sehr aufzufallen. Nach etwa fünf Minuten tauchen Anton und sein Begleiter auf. Sie setzen sich in die Mitte des Saales und schauen gespannt nach vorne.
Von meinem Platz aus kann ich nicht viel erkennen, was sie tun. Das gefällt mir absolut nicht.
Mich direkt hinter sie zu setzen, ist aber zu gefährlich.
"Haben Sie irgendein Problem?" Eine ältere Frau neben mir schaut mich beinahe schon wütend an, weil ich halb auf ihrem Schoss sitze. Entschuldigend rücke ich von ihr ab. "Entschuldigen Sie. Mir fällt nur gerade auf, dass ich von hier womöglich nicht so gut sehen kann."
Mein freundliches Lächeln verschwindet augenblicklich, als sie auf ein junges Mädchen neben ihr deutet. "Meine Enkeltochter ist die halbe Portion von Ihnen, Jungchen. Und sie stellt sich weniger pingelig an."
Blöde Schreckschraube...
Brummend stehe ich auf und dränge mich an den Leuten vorbei. In der Hoffnung, dass er sich nicht genau in diesem Moment umschaut, setze ich mich zwei Reihen hinter Anton. Von hier aus habe ich einen guten Blick darauf, ob dieses Schwein Anton anfassen würde.
Mit einem Mal erlischt das Licht im Saal und der Vorhang vor der Filmwand öffnet sich. Angespannt lehne ich mich zurück und halte meinen Blick starr auf die beiden Hinterköpfe vor mir.
Die Vorstellung kann beginnen.
Ava konnte Valentin nicht davon abhalten, Anton und Jesse zu verfolgen. Das war auch nicht zu erwarten 😂
Da kann man nur hoffen, dass er die Finger bei sich behält, sonst wird Jesse wohl nie mehr glücklich in seinem weiteren Leben... 😬
Nächstes Kapitel: 16:30 Uhr
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