Kapitel 51
• V A L E N T I N •
Ein halbes Jahr später..
Ich atme die angenehm frische Luft ein, genieße die Ruhe, die mich umgibt. Es ist ein schöner Tag. So langsam scheint der Frühling zu kommen, es ist angenehmer draußen.
Leider kann ich nicht mehr lange das Alleinsein erleben. Gleich sollte Pause sein. Und wahrscheinlich werden entweder Ava oder einer meiner Lehrer mich damit belagern, dass ich mal wieder den Unterricht geschwänzt habe.
Es ist doch immer dasselbe. Seit Monaten versuchen sie, auf mich einzureden. Nur erreichen sie nichts. Weil es mich nicht interessiert.
Irgendwann haben sie schärfere Geschütze geschickt - Louis. Der Vertrauenslehrer hat meine Mauer durchbrechen wollen. In meine Psyche. Ist ihm nicht sonderlich gut gelungen. Aber immerhin habe ich ihm mehr anvertraut als irgendwem sonst.
Meine Noten sind grenzwertig, wenn ich mal zu einer Prüfung erscheine. Sonst sitze ich meist irgendwo draußen unter einem Baum oder liegend auf einer Bank und denke über so vieles nach.
Louis fragte mich, wieso ich das alles auf einmal tat. Weshalb ich mich von allen isolieren und meine Zukunft aufs Spiel setzen würde. Er wollte eine Antwort auf diese Frage?
Mein Leben ist genauestens durchgeplant worden von meinem alten Herrn. Mir tut es nicht weh, wenn ich in einer Frittenbude arbeiten würde. Aber Silvan Bishop würde daran zerbrechen!
Der Nachfolger seines Unternehmens sollte gegenüber der Gesellschaft einen respektablen Eindruck machen.
Darauf scheiß ich aber.
Brummend empfange ich das Klingeln, was bedeutet, dass in wenigen Minuten der Schulhof voller Teenager ist. Und ich zu meinem Klassenlehrer, Mr. Puth, gehen sollte, um meinen Schein fürs Nachsitzen abzuholen.
Es gab eine Sache, die gut an meinem Vater war. Seine Abscheu gegen gewisse Menschen machte es mir möglich, andere Wege einschlagen zu können. Zum Beispiel die Klasse zu wechseln. Und ich benötigte nicht einmal einen wirklichen Grund dafür. Das Portmonee der Bishops reichte aus.
Nur widerwillig stehe ich auf und mache mich auf dem Weg ins Schulgebäude. Mir kommen einzelne Schüler entgegen, die entweder Schulschluss oder nur Pause haben.
Als ich an meinem früheren Klassenraum vorbeigehe, beschleunigen sich meine Schritte automatisch. Seit ich nicht mehr in seiner Klasse bin, fällt es mir durchaus leichter, ihm aus dem Weg zu gehen. Es kommt vor, da sehe ich ihn eine ganze Woche nicht.
Ava musste sich schnell damit abfinden, dass er bei uns Zuhause nicht willkommen ist. Das allerdings liegt nicht an mir, sondern an unseren Vater. Deshalb gab es einen ziemlichen Aufstand seitens meiner Schwester. Sie hat sogar eine Vase unserer Uroma umgeschmissen und ist dann dramatisch herausgestürmt.
Ich sehe sie nicht einmal mehr oft. In der Schule treffen wir uns kaum und in ihrer Freizeit meidet sie es, nach Hause zu kommen. Wer kann es ihr verübeln?
An meinem Klassenzimmer angekommen, klopfe ich an der Tür, und gehe hinein, als ich dazu aufgefordert werde. Mr. Puth ist dabei, etwas aufzuschreiben. Er muss nicht den Kopf heben, um zu wissen, dass ich es bin. "Valentin, der Schein liegt auf meinem Schreibtisch", informiert er mich und geht seiner Tätigkeit weiter.
Eigentlich habe ich vor, wieder zu gehen, nachdem ich mir den Zettel geholt habe, aber er hält mich auf. "Setzt dich bitte kurz. Ich würde gerne mit dir reden." Seufzend verdrehe ich die Augen. "Muss das sein? Sie wissen doch, dass es keinen Zweck hat, mit mir über mein Verhalten zu reden." "Ich bitte darum."
Ich warte, bis er fertig ist, und sehe ihn dann erwartungsvoll an. Der ältere Mann mustert mich interessiert. "Valentin, auch wenn du dich noch so dickköpfig verhältst und dich gegen jeden sträubst, ich denke trotzdem nicht, dass du ein schlechter Junge bist."
Mit hochgezogenen Augenbrauen lehne ich mich nach hinten und verschränke die Arme. "Und wie kommen Sie auf Ihre Theorie, Sir?" "Ich kenne deine Noten aus den letzten Jahren. Und außerdem haben einige, denen ich vertraue, gutes über dich erzählt." Ich lache auf. "Sie lassen sich von ein paar Kollegen ziemlich einfach beeinflussen, Mr. Puth." "Ich habe auch mit deiner Schwester gesprochen", nochmals rolle ich mit den Augen, "Und mit Levi Collister."
Nun horche ich auf.
Wann haben er und Anton miteinander gesprochen? Ich beobachte ihn doch so oft, wie ich kann. Natürlich nur heimlich im Verborgenen. Und auch nur, wenn ich mal wieder schwach werde.
"Da bin ich jetzt aber gespannt", brumme ich und lasse mir nicht anmerken, wie neugierig ich eigentlich wirklich bin. Mein Lehrer steht auf und geht um seinen Tisch herum. Ich schaue zu ihm auf. "Mr. Puth?" "Er erzählte mir, dass du ein guter Mensch wärst, dir deine Mitmenschen schon wichtig wären. Du hast an seinem Programm mitgearbeitet, das er mit Louis entwickelt hatte." "Ich habe nichts dergleichen getan. Lediglich sind ein paar meiner Ideen eingeflossen." "Du wehrst dich doch ganz offensichtlich gegen irgendetwas. Warum vertraust du dich niemandem an?" Ich zucke mit den Achseln. "Ständig sehe ich dich alleine herumsitzen-" "Sie könnten sich beim nächsten Mal einfach dazu setzen", schlage ich grinsend vor.
"Valentin, wenn es so weitergeht mit dir, wirst du nicht mit nach Paris fliegen dürfen. Ich weiß, du bist erst dieses Schuljahr dazugekommen, aber du hast hier doch auch ein paar Freunde gefunden..." Die Unsicherheit in seiner Stimme ist deutlich zu hören.
Paris.
"Wie wäre es mit der Stadt der Liebe?", höre ich ihn in meinem Kopf sagen, als er es am ersten Schultag vorgeschlagen hatte.
Wenn man mich fragen würde, könnte ich es zwar nicht zugeben, aber manche Nächte sind immer noch schwer zu überstehen. Manche Worte hallen immer noch durch meinem Kopf und manche Erinnerungen lassen mich immer noch nicht los.
Ich vermisse ihn so sehr, dass es weh tut. Er spielt für mich noch immer eine große Rolle. Dabei weiß ich genau, dass er nicht ei mal eine Sekunde an mich verschwendet.
Wer würde es ihm verübeln? Genau das habe ich erreichen wollen. Dass er mich vergisst.
Und trotzdem gibt es Tage, an denen ich einfach zu ihm gehen und ihn in die Arme nehmen möchte...
Mir ist klar, dass euch allen die Trennung nicht gefallen hat. Und dieser Zeitsprung garantiert auch nicht...
Aber nun ja, die beiden hatten ab dem Tage der Trennung nichts mehr miteinander zu tun 😣
Nun muss sich Valentin aber entscheiden, ob er die letzte Chance - Paris - nutzen will, um Anton womöglich ein letztes Mal nahe sein zu können 😧
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