CHAPTER 22┆» drowning in tension «
CHAPTER 22
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» drowning in tension «
Regen. Man liebte oder hasste ihn. Oder führte eine Hass-Liebe zu den Tränen des Himmels.
Jeder verband mit einem regnerischen Abend andere Dinge, in einem anderen Jahr, zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort. Und doch schienen unserer alle Geschichte sich in einem Punkt zu überschneiden. Vielleicht nicht in ihrer ganzen Länge, aber es reichen Bruchstücke, um des Menschen Schicksal in Zusammenhang zu bringen.
Die einen verbanden einsame Nächte mit dem nächtlichen Prasseln an Fenster, ein Trauma oder eine Trennung. Einen wunderschönen Abend mit seinem oder seiner Geliebten, oder einen Abend, den man für sich selbst und sein Wohlergehen nutzte.
Für andere war Regen nichts als eine Wetteranomalie, die einen an seinen Plänen hinderte, oder die geplante Verabredung unter freiem Himmel zunichtemachte.
Auch Jeongguk hatte über die Jahre verschiedenste Erinnerungen an regnerische Nächte. Viele von ihnen gehörten zu den guten, vereinzelte zu den eher schlechten.
Jener Abend sollte aber zu einem werden, den Jeongguk noch lange Zeit in Erinnerung behalten würde von all den vielen, die er heute gesammelt hatte.
Nein, es war weniger ein Moment und mehr ein Gefühl, das ihn und den Lord in die Nacht begleitete.
Die Augenblicke, in denen sie den Augen des anderen nachgehangen hatten, waren durch den Kirchwart unterbrochen worden.
Die Kathedrale schloss und ehe sie es sich versahen, standen sie auf der obersten Treppe, Regen ergoss sich über ihren Köpfen.
Jeongguk war schon darauf vorbeireitet, den langen Weg zurück zur Kutsche zu trotten, durchnässt und kalt. Der Gedanke ließ ihn die Nase rümpfen, aber eine andere Möglichkeit hatten sie zu dieser Zeit nicht.
»Ich kenne da jemandem, bei dem wir die Nacht verbringen können. Wenn es dir also nichts ausmacht, ein wenig nass zu werden«, warf Jimin plötzlich ein, ein kleines Grinsen auf den Lippen.
Jeongguks Hand wurde in einem unaufmerksamen Moment gepackt und mit sich gerissen. Ohne Zeit dafür zu haben, darüber nachzudenken, setzten sich seine Beine in Bewegung, stolperten ungeschickt dem Älteren hinterher.
Die überlaufenden Straßen waren nun leer, wie eine Bühne eines Theaters, die mit dem Fallen der Vorhänge das Ende der Vorstellung signalisierte. Die Besucher gingen, lediglich die Hauptdarsteller verblieben hinter dem schweren roten Samt, hatten das Theater bis zur nächsten Aufführung für sich alleine.
»W-Wartet- Würde es nicht-«
Der Lord schenkte ihm ein breites Lächeln, als er ihm über die Schulter einen Blick schenkte.
»Lauf einfach weiter. Es ist eh schon zu spät, umzukehren«, lachte er durch das laute Klatschen des Regens.
Der Lord lag nicht im Unrecht. Innerhalb von Sekunden hing Jeongguk sein Haar in nassen Wellen ins Gesicht, Regentropfen rollten seinen Nacken hinunter in sein feuchtes Hemd. Sie traten in jede erdenkliche Pfütze, während sie die Straßen entlang liefen, welche Jeongguk deutlich länger schienen, als sie es noch heute Mittag waren.
Nicht einmal ließ der Blondhaarige seine Hand gehen. Ihre Beine liefen mal im gleichen Rhythmus mal gegeneinander, ein kleines Lächeln auf Jeongguk Gesicht, während er das wippende Haar des Älteren beobachtete.
Der Regen mag zwar ursprüngliche Pläne ertränken, aber aus ihnen können neue blühen - vielleicht sogar bessere, als die vorherigen.
Sie kamen vor einem kleinen belebten Pub zum Stehen. Zwei beschwipste Männer torkelten aus der Tür hinaus, gaben Jeongguk einen kurzen Ausschnitt der vielen Stimmen und lautem Gesang. Durch die gelbgetönten Fenster konnte man die vielen Menschen nur erahnen. Er fragte sich, was sie vor einer Bar taten, wenn der Ältere doch klar davon gesprochen hatte, in der Stadt zu übernachten.
Jimin ging ihm voraus, die Hand immernoch fest mit seiner verschränkt.
Es war wirklich beengt in dem Pub, Tisch an Tisch und jeder freie Platz an der Bar war besetzt. Jedoch schien es niemanden zu stören.
Im Gegenteil, sie alle hatten glühende Wangen und schienen diesen Ort an diesem Abend zu genießen.
Die Bar musste wirklich beliebt sein unter den Einheimischen, glaubte Jeongguk. Nicht unbedingt unter den oberen Schichten - oh Gott, unvorstellbar - , aber für die arbeitende Bevölkerung, die sich nach einem harten Tag zu einem Bier oder zwei trafen. Man lachte gemeinsam, tratschte den neusten Klatsch aus oder suchte sich eine schnelle Gesellschaft für die Nacht. Eine Bar halt.
»Jimin-ah, bist du das?«, hörte er plötzlich eine weibliche Stimme aus Richtung der Theke, die ihn ebenfalls den Blick wenden ließ. Eine rothaarige Frau mit üppiger Oberweite trat hinter dem Tresen hervor, drückte auf dem Weg einem anderen Mitarbeiter das Handtuch in die Hand.
Ihre Haare waren streng in einen tiefen Dutt zusammengebunden, ihre Augen groß und grün. Es war das erste Mal, dass Jeongguk jemanden von außerhalb sah. Hatte nie viel von den anderen Königreichen außerhalb des Hwang-Bundes gehört.
In dem Moment ließ Jimin seine Hand los, entriss ihm unbewusst den Halt zwischen den vielen Fremden.
Mit ausgestreckten Armen lief der Lord auf die größere Frau zu, wurde von ihr gehoben und herumgewirbelt wie ein kleines Kind. Niemand um sie herum schenkte ihnen Aufmerksamkeit.
»Oh Gott, mein Kind, weshalb bist du so nass?«, setzte sie ihn nach einer Drehung ab, streckte ihn auf Armlänge von sich, um die nassen Stoffe an seinem Körper zu inspizieren.
»Du fängst dir den Tod, wenn du bei so einem Wetter draußen herumirrst.«
Ihr Blick fiel keine Sekunde später auf den Jungen hinter Jimin. Ein wenig deplatziert stand Jeongguk dort, rieb sich die kalten Arme, während er ihren Blick mied.
Sie lehnte sich ein wenig zu Jimin vor.
»Wer ist denn das dort hinten?«, flüsterte sie und erhielt ein breites Grinsen vom Blondhaarigen. Er winkte den Jüngeren zu ihnen heran.
»Darf ich vorstellen, Jeongguk, das ist Louise, eine alte Bekanntschaft. Louise das ist Jeongguk, eine.. neue Bekanntschaft.«
Kurz verbeugte er sich vor ihr, wurde jedoch von einer engen Umarmung überrascht.
»Wie kannst du in Begleitung von jemandem so unverantwortlich sein! Er ist noch so jung, hat sein ganzes Leben vor sich und du schleifst ihn durch diese kalten Nächte?«, regte sich die Frau auf, schien scheinbar keine Acht darauf zu geben, wie Jeongguks Gesicht unmittelbar in ihren voluminösen Ausschnitt gedrückt wurde. Seine Wangen glühten in ungesunden Rot, viel dunkler als das von Kälte verursacht und er sah, wie sich der Lord über seine Qualen amüsierte.
»Unsere Kutsche steht beim Versammlungsgebäude. Wir wollten die Stadt ein wenig erkunden, doch es fing aus allen Rinnen an zu schütten. Ich habe kein Bares bei mir und es wäre zu weit von hier zurückzulaufen. Bis morgen finde ich bestimmt zwar jemanden, der dem Kutscher Bescheid gibt, aber-«
»Mach dir keine Sorgen. Sihyuk-ah ist auf Geschäftsreise. Die beiden kleinen können heute bei mir übernachten. Du weißt sicherlich noch, wo alles ist.«
Stumm legte sie Jimin einen Schlüssel in die Hand. Der Blondhaarige lächelte ihr dankend zu, da schnipste sie ihm gegen die Stirn.
»Und besuche uns wenigstens auch ohne einen Grund! Ich habe es satt, dich armen Schlucker immer wieder aufnehmen zu müssen!«
Beherzt lachte der Kommandeur bei ihrem Kommentar, hielt lediglich einen Daumen hoch, bevor er Jeongguk erneut an der Hand nahm.
Sie gingen durch den Verkaufsraum hin zu einer ersten Tür, die Jimin für sie aufschloss. Hinter ihr lag eine Treppe, die hinauf in eine kleine Stube führte. Der Blondhaarige suchte nach dem Lichtschalter, der den Raum erhellte.
Es war klein aber gemütlich und mit Liebe eingerichtet.
Einige Kinderspielsachen lagen verteilt am Boden, gaben ungewollt Details der Familie preis, die hier lebte.
Jimin steuerte eine Tür auf der einen Seite des Wohnzimmers an, welche zu einem Schlafzimmer führte. Außer dem Bett stand im Raum ein Kleiderschrank und ein Schreibtisch.
Jeongguk hörte den Regen nach wie vor gegen die Fensterscheibe schlagen.
»Zieh' dich aus«, orderte der Ältere ihn an und begann selber, seinen nassen Frack von den Schultern zu streifen. Er zündete eine Kerze neben dem Bett an, ehe er die Tür zum Wohnzimmer schloss. Als er jedoch bemerkte, wie der Jüngere sich versteifte, hielt er inne.
»Louise hat recht. Es wäre ungünstig, wenn wir uns eine Erkältung fangen. Jetzt zieh' dich aus, ich gebe dir etwas Trockenes zum Anziehen.«
Der Kommandeur fischte einige Sachen aus dem Schrank sowie ein Handtuch. Die eigene Kleidung hängten sie über den Stuhl, legten sie auf dem Boden aus.
Knopf für Knopf öffnete Jeongguk sein Hemd, fühlte sich entblößt unter den Blicken des Älteren, der nun vor ihn trat.
Er selbst hatte sich schon das Hemd übergeworfen. Geöffnet vereinnahmte die schimmernde Haut jedoch Jeongguks Aufmerksamkeit.
Still fing der Lord an seine Haare für ihn zu rubbeln und Tropfen aus seinem Nacken zu wischen. Es war, als das Tuch immer tiefer wanderte, als Hitze sich in seinem Bauch freisetzte.
Er hielt den Blondhaarigen nicht davon ab, seine Hände behutsam zur Seite zu streichen und das Hemd von seinen Schultern gleiten zu lassen. Schwer hob und senkte sich Jeongguks Brust bei der Geste. Ihm wollte ein Wimmern entkommen, als die geweiteten Pupillen des Lords quälend langsam an ihm hochwanderten, bis sie seine Augen trafen.
»Ist dir kalt?«, flüsterte Jimin noch näher, während er ihm das trockene Hemd um die Schultern drapierte.
Jeongguk brachte keine Antwort hervor. Auch nicht, als er von Jimin zum Bett gezogen wurde. Obgleich er jetzt etwas sagen wollte, er war zuversichtlich, dass sein Kopf ihn nicht gelassen hätte.
Sein Verstand hatte in letzter Zeit mehr als nur einmal im Stich gelassen. Auffällig war dabei, dass die Aussetzer immer auf ein und dieselbe Person zurückführen ließen.
Jimin klopfte still neben sich, als er unter die Decke gekrochen war und hob sie für Jeongguk an.
Widerstandslos rutschte er zu ihm hin. Keiner von ihnen wollte sich erst bewegen, lagen nur da und schwiegen, die Blicke ineinander verhakt.
Jeongguk spürte die Hand des Lords an dem Saum seines Hemdes verweilen.
Das Knistern zwischen ihnen nahm zu mit jedem Zentimeter, den der Kommandeur sich seine Haut hochtastete.
Jeongguk brummte leise, als er seine Nippel streifte. Es fühlte sich unglaublich gut an, die warme Berührung an seiner kühlen Haut. Das letzte Mal, dass er Jimins Hände unmittelbar an ihm gespürt hatte, schien ihm viel zu lange her.
»Jeongguk-ssi, ist dir kalt?«, wiederholte Jimin und erhielt diesmal ein Nicken des Jüngeren.
Ein leises Keuchen folgte, als der Ältere sich über ihn rollte, hungrig seine Lippen an seine Haut legte.
Sie legten Küsse über seine Schlüsselbeine, über seinen Nacken und die empfindliche Stelle hinter seinem Ohr, jagten seinen Puls in luftige Höhen. Das stille Knistern brach, nein, schlug um in heißen Atem, sanftes Stöhnen und zärtliche Berührungen.
Nicht lange dauerte es, bis sein Körper vor Hitze glühte. Er musste sich auf die Lippe beißen, Augenbrauen zusammengezogen, als Jimins Lippen einen seiner Nippel umschloßen.
Ungeduldig kreiste seine Zunge um das zarte Fleisch, entlockte Jeongguk Laute süßer als flüssiger Nektar.
Er spürte die feuchte Wärme in seiner Hüftregion, presste die Beine zusammen, während der Alpha immer tiefer an ihm herunterwanderte. Seine Hände wirkten groß um die schmale Taille, hielten den Jüngeren davon ab, sich unter ihm zu winden.
»My- Mylord«, flüsterte er brüchig, krallte sich haltsuchend in dem blonden Schopf des Älteren fest.
Und gerade, als dieser die feinen Haare unter seinem Bauchnabel küsste, hörten sie Schritte von der Treppe zusammen mit dem Gekichere von kleinen Kindern.
»Chunghee, Chungha! Wie oft habe ich euch gesagt, nicht auf der Treppe zu toben?«, hörten sie Louise den Flur hochrufen.
Jimin hielt inne, bevor seine Stirn gegen Jeongguks weichen Bauch sackte.
Mit einem Schlag war das unhaltbare Verlangen erloschen, brachte den Lord zum Lachen und den Omega dazu, sein hochrotes Gesicht mit Händen zu verstecken.
Wortlos rollte er sich von ihm, kam neben dem Jüngeren zum Liegen.
Mühsam versuchte Jeongguk seine Atmung unter Kontrolle zu halten, wollte nicht preisgeben, wie sehr ihn die wenigen Küsse doch beeinflusst haben - nicht, dass seine Wangen ihn nicht schon gnadenlos verrieten.
»Wärmer?«, grinste der Lord, die Arme im Nacken verschränkt. Jeongguk schnaubte und richtete sein Hemd.
»Das hofft Ihr wohl.«
Noch ein weniger länger starrten sie hoch zur Decke, hörten die Gäste von unten immer ruhiger - oder weniger - werden.
Jeongguks Kopf war wie leergefegt.
Es hatte sich in den letzten Minuten kein Gedanke in seinem Kopf geformt. Nichts schien ihm gerade wichtig genug, um die Ruhe zu unterbrechen, als ihm eine Frage von vorher einfiel.
»Weshalb wart Ihr denn schonmal hier?«, fragte er und bekam nicht direkt eine Antwort. Er hörte es rascheln neben ihm, als er Jimin zu seiner Seite auf dem Ellbogen gestützt sah. Er fing an mit seinen Hemdknöpfen zu spielen.
»Bis ich vierzehn war, habe ich nicht bei meinem Vater und Hyung gelebt, sondern in einem Dorf so abgelegen wie deines. Zusammen mit meiner Mutter, Lady Kim, Louise und einigen anderen, die du nicht kennst, zogen sie mich dort groß. Kurz nachdem Louise mit ihrem Mann in die Stadt gezogen ist, wurde ich zu meinem Vater geschickt. Jede Ballsaison, die wir hergereist sind, bin ich weggerannt, um bei ihnen unterzukommen. Früher oder später fingen mich die Männer meines Vaters ein, wenn ich nicht von alleine zurückkam.«
Jeongguk sog jedes Wort in sich auf, der ruhigen Stimme, die ihm einen kleinen Ausschnitt des Lebens des Lords erzählte, jedes Detail, das ihm mehr zum Kommandeur erklären würde, doch gerade warf es nur noch mehr Fragen auf.
»Aber wie der Lauf des Lebens nun mal ist, haben sie Kinder bekommen und eine Familie gegründet. Ich wollte da nicht mehr dazwischen funken.«
Jimins Hand wanderten von den Knöpfen hoch über seine Haut und verfestigte sich in seinem Nacken. Er strich sanft seinen Wangenknochen, ehe sich ihre Blicke trafen.
Keiner unterbrach den Blickkontakt. Jeongguks Herz pochte wie verrückt, als er merkte, wie sie nur noch wenige Zentimeter trennten.
Nur so wenig fehlte, um die voluminösen, rosa Lippen mit seinen verbinden zu können. Aber Panik wusch über ihn und ließ ihn mit einem Räuspern den Kopf abwenden.
Was war das gerade?
Hatte er fast zugelassen, dass Jimin ihn küsste?
»Ich- Ich glaube, wir sollten schlafen gehen«, murmelte Jeongguk bereit die Kerze auf dem Nachttisch auszupusten.
Bevor er aber dazu kam, umschloss eine Hand seinen Ellbogen.
»Ich bin nicht so ein schlechter Mensch, wie du vielleicht denkst«, fiel es plötzlich von Jimins Lippen. Er blickte zum Älteren zurück, sah den unlesbaren Blick, der unglaubliche Zerrissenheit ausstrahlte.
Jeongguk wusste nicht, weshalb er dies an jenem Abend gesagt hatte. Oder weshalb er ihm seine Frage so persönlich beantwortet hatte, aber der Jüngere hatte, ohne Erwiderung darauf, das Licht ausgelöscht. Er war sich selber nicht ganz sicher, ob Jimin nun einen guten Charakter, gefangen in unglücklichem Image, besaß oder es einzig und allein eine weitere seiner Maschen war, um ihm irgendwann alles zu rauben.
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