CHAPTER 9┆» bite the bullet of reality «
CHAPTER 9
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» bite the bullet of reality «
Die nächsten Tage verliefen für Jeongguk zur Abwechslung in angenehmer Ruhe.
Es fühlte sich so an, als würde er mit den Mägden die Burg für sich haben, wenn sie nicht gerade für den Großfürsten die Mahlzeiten kochten.
Jeongguk lebte sich schneller unter den drei Mädchen ein, als er selber von sich erwartet hatte, taute langsam mit ihnen auf und beantwortete einige ihrer neugierigen Fragen.
So erzählte er ihnen beim Abendessen in der Küche mehr darüber, wie es war, als männlicher Omega in ihrer Gesellschaft, hörte ihren Geschichten von Fauxpas während der Heat zu und welche Erfahrungen sie mit den Pheromoninhibitoren hatten.
Jihyo war die Einzige von ihnen mit Beta Status. Sie hätte einen deutlich lukrativeren Beruf annehmen können - schon alleine durch ihren offensichtlichen körperlichen Vorteil den Omegas gegenüber -, doch dies räumte ihr einen besonderen Status als Magd der Herzogsfamilie ein.
Während des monatlichen Großputzes am darauffolgenden Tag, lernte Jeongguk auch endlich die restlichen Teile des Schlossgeländes kennen, musste sogar überrascht feststellen, dass hinter den Burgmauern zum Wald hin ein weiterer Stall und größere Gemüsebeete lagen.
Was ihn jedoch am meisten schockierte, waren die Grabkreuze, die er aus der Ferne hinter den Fenstern der Bibliothek nur erahnen konnte. Als er Megumi darauf ansprach, schwieg sie erstmal.
»Die Seuche hat einige unserer Hilfsmägde am Bergfuß getroffen.«
Jeongguk erschauderte bei dem Gedanken, wie viele Opfer Seuchen in den Städten Heim gesucht haben mussten.
Megumi hängte erschöpft den Lappen über eine Stuhllehne, bevor sie sich in einen der Sessel fallen ließ.
»Den Rest der Geschichte erzähle ich dir ein anderes Mal«, murmelte sie leise und schloss die Augen. Der Braunhaarige runzelte die Stirn bei ihren Worten.
Am Nachmittag durfte der Größere Megumi zum ersten Mal zum Wocheneinkauf begleiten. Jeongguk fühlte sich geborgen in dem schweren dunkelroten Cape, den die Ältere ihm geliehen hatte. Die Kapuze reichte ihm tief ins Gesicht. Mit großen Augen betrachtete er die vollen Straßen und vielen kleinen Stände mit allen möglichen Früchten, Gemüse und anderen Besonderheiten. Es roch himmlisch, jedes Mal, wenn sie an einem heißen Gerichtestand vorbeizogen.
Immer wieder musste Megumi auf ihn warten, während Jeongguk diese ihm fremde Welt erkundete, aber der Frau machte es nicht aus.
Sie musste lächeln, als sie ihn einen Stand mit kandierten Äpfeln bestaunen sah, konnte sich nicht davon abhalten, dem Jungen einen der glasierten Desserts zu kaufen.
Seine Augen glänzten so sehr wie die Speise, als er die harte Zuckerschale durchbiss. Er hatte vieles nicht von den ungewöhnlichen Gerichten der Großstadt probiert.
Sie liefen an Stoffhändlern vorbei, deren Stoffe Jeongguk versucht war, alle zu betasten, und Antiquitätenläden, die Schmuckstücke aus den Nachbarreichen verkauften.
Der ganze Prunk und Glanz vereinnahmte Jeongguks Aufmerksamkeit vollkommen, bis er plötzlich jemanden von unten an seinem Cape zupfen spürte.
Erschrocken blickte er nieder zu einem kleinen zierlichen Mädchen, deren Augen leer zu ihm aufblickten. Er kannte diesen Blick.
Den Blick, der einen solchen Hunger ausdrückte, dass einem selbst dir Kraft fehlte, das Leben in seinen Augen aufrechtzuerhalten. Oft hatte er ihn schon sehen müssen.
Mit einem sanften Lächeln wollte er sich schon zu dem Mädchen hinunterlehnen, als Megumi ihn an der Hand ruckartig mit sich riss.
»Warte! Das- Das Mädchen-«
»Nicht«, flüsterte sie schlicht und drückte seine Hand fester.
»Sie könnte krank sein. Oder von anderen angestiftet, Geld zu sammeln. Du solltest dich von diesen Kindern fernhalten.«
Hilflos blickte Jeongguk zu dem kleinen Mädchen zurück. Es hatte schon an einer andere Person angefangen zu zupfen.
»Aber sie kann doch nichts dafür..«
Sein Herz schmerzte, als er seinen Blick endgültig von ihr abwandte, um mit Megumi Schritt zu halten.
Ja, es mag zwar mehr Reichtum in der Fürstenstadt geben, doch der heutige Tag bewies ihm, dass dieser nicht unbedingt gerechter als anders wo verteilt war.
Er öffnete die Augen gegenüber den etlichen Bettlern am Straßenrand und hageren Verkäufer, die verzweifelt jeder vorbeiziehenden Person ihre Ware anzudrehen versuchten.
Es war lange nicht so glamourös, wie er es sich früher im Kopf ausgemalt hatte.
Ein wenig später betraten sie mit einem hellen Glöckchenklingeln einen kleinen Kräuterladen, der überschwemmt war mit allen möglichen Gerüchen.
Ein älterer Mann trat hinter der Theke hervor, um sie zu begrüßen.
»Guten Tag, Megumi-ssi! Wen habt Ihr mir denn heute mitgebracht?«
Mit einem interessieren Blick musterte er den Jungen hinter Megumis Rücken.
»Das ist unser neuer Dienstknabe. Wir bräuchten unsere gewöhnlichen Kräuter. Erhöht die Dosis bitte aber um etwas.«
»Gerne, gerne. Wartet einen Augenblick.«
Der kurze Augenblick verwandelte sich in einige Minuten, in denen Jeongguk neugierig seine Augen durch den engen Laden wandern ließ. Überall hingen Kletterpflanzen und Gefäße mit getrockneten Blättern, Pudern und Hölzern.
Er hatte nie wirklich verstanden, wie Heilkunde funktionierte, weshalb er jeden respektierte, der den Überblick über die Materie behielt.
»Hättet Ihr noch einen anderen Wunsch?«, kam der Mann aus einem kleinen Hinterzimmer zurück.
»Nein, das-«
»Entschuldigung, aber hättet Ihr vielleicht etwas für großflächige Wunden und Schwellungen?«
Megumi blickte ihn mit gehobenen Augenbraue über die Schulter hinweg an, doch er tat so, als hätte er ihren Blick nicht bemerkt.
»Ja, aber natürlich. Wie groß ist die Wunde denn ungefähr?«
Nachdenklich formte Jeongguk seine Hände zu einem Kreis, ließ ihn nach zweitem Überlegen noch ein wenig größer werden.
»Ist sie sehr tief?«
»Nein, nicht wirklich. Und die Schwellungen sind nicht so stark.«
Nach einigen weiteren Minuten war der Mann auch seinem Wunsch nachgekommen.
»Die Tinktur solltet Ihr in die Schwellung einreiben. Und diese Paste hier sollte nach einem Bad aufgetragen werden, wenn die Haut besonders sauber und noch warm ist.«
Jeongguk nickte und zückte sein eigenes Säckchen mit Kronen.
»Du musst das nicht bezahlen. Ich kann-«
»Ist in Ordnung«, lächelte er Megumi beschwichtigend an.
Etwas sagte ihm, dass sie fragen würde, für wen es war, wenn Jeongguk sie bezahlen ließ. Und er glaubte, dass Jimin nicht umsonst den Zustand um seine Gesundheit verschwiegen hatte und dafür die Schmerzen in Kauf nahm. Vieles am Blondhaarigen warf Fragen auf, aber Jeongguk würde sich den Kopf zerbrechen, versuche er sie alle auf einmal zu lösen.
Zurück in den Mauern der Burg fand sich Jeongguk immernoch von zu vielen Reizen überflutet.
Er würde sie am liebsten alle mit ausreichend viel Zeit verarbeiten, aber auch er wusste, wie kurzweilig die Erinnerungen ihm bleiben würden, bis die erste Details verloren gingen.
Jeongguk fühlte sich zu tiefst erschöpft vom heutigen Ausflug und durfte sich ausnahmsweise, ohne mit den anderen gegessen haben, schon auf sein Zimmer zurückziehen.
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Es war nun der dritte Tag, an dem Hoseoks und Jimin noch nicht zurück waren. Langsam machten sich auch Megumi und Jihyo um die beiden Sorgen, da die Reise ursprünglich auf zwei Tage angelegt war.
»Ich hab das Gerücht vom Boten gehört, dass Donggwang durchgebrochen ist«, warf Dahyun in die beklommene Stille der Küche ein, während die anderen Mädchen ihre Abendsuppe löffelten. Die Älteren blickten sie in Schock an.
»Aber wie ist das möglich?«
»Wir wissen es nicht. Uns bleibt nur noch abwarten«, flüsterte die Jüngste mit mulmigem Gefühl.
»Soll ich es Oppa Morgen früh auch sagen?«
Megumis Stirn legte sich in Sorgenfalten.
»Nein, er hat genug im Kopf nach heute. Lasst uns einfach hoffen, dass sie Morgen endlich zurückkehren..«
Doch selbst Jeongguk merkte am vierten Tag, dass etwas nicht stimmte.
Er wusste, dass es ein mehrtägiger Trip war, auf den sich Jimin und Hoseok begeben hatten.
Nur hatte ihm niemand gesagt, wie viele Tage es genau sein sollten.
So merkte er, dass es wohl einige zu viel waren, als er am nächsten Morgen die Anspannung bei der Vorbereitung für das Frühstück mitbekam.
»Sagt mal, wann genau sollten unsere Lords zurückkehren?«, warf er bemüht ungezwungen in dem Raum, als Jihyo aufhörte den Lauch zu schnippeln und die anderen beiden ebenfalls schwiegen.
»Jeongguk-ssi, kümmerst du dich heute mit Dahyun-ah um den Stall nahe des Waldes? Lasst die Pferde auf die Weide und bereitet Essen für sie vor.«
Lippenbeißend nickte Jeongguk, wusste, dass er das Thema wohl lieber nicht vertiefen sollte, wenn selbst Megumi es mied.
Der Tag auf der Weide gestaltete sich überraschenderweise entspannter, als der Braunhaarige es unter den Umständen angenommen hätte.
Nachdem Dahyun und er die Futterraufe für die Pferde mit allerlei übergebliebenem Gemüse und Heu gefüllt hatten, schlief der Junge im weichen Strohbett des Stalles gegen Mittag ein.
Der Himmel war heute kaum verhangen.
Die Sonne beschien warm seine gold-braune Haut und ließ ihn nostalgisch an die Tage zurückdenken, an denen er dies ebenfalls im Wald genossen hatte.
Doch, so schön sich das Wetter im einen Moment gestaltete, umso grässlicher war es im nächsten Moment.
Gegen späten Abend wurde er von grollendem Donner geweckt und dem erschrockenen Wiehern der Pferde.
Hastig richtete er sich auf. Dahyun machte schon die Bemühungen, die Pferde in den Stall zu locken.
»Hol' die anderen Pferde von hinten!«, rief sie ihm unter dem starken Platzregen zu, der mit einem Mal auf sie herunterschüttete.
Entschlossen nickte er.
Nur mit großem Aufwand schafften sie es, die verschreckten Pferde einzufangen. Erleichtert seufzten sie auf, als sie den Riegel vor die Scheune schieben konnten. Die Luft war warm und elektrisiert.
Sie waren vollkommen durchnässt, aber während sie nun gegen das Scheunentor lehnten und schwer atmend zueinander aufsahen, konnten sie nicht anders als zu lachen.
»Das war knapp.«
»So was von«, klatschte Jeongguk bei ihr ab.
Von weitem war plötzlich das laute Knarzen des Fronttores zu hören.
Vielsagend blickten sich die beiden Omegas an, bevor sie gleichzeitig in das wütende Unwetter stürmten. Ihre Füße trugen sie zurück in die Burg und als Jeongguk die Tür zum Vorderhof aufriss, blieb er wie versteinert stehen. Dahyun stieß gegen seinen Rücken.
»Was- Was ist passiert?«
Als das blonde Mädchen an dem Größeren vorbeilugte, verfiel sie ins gleiche Entsetzen.
Sie war schon einige Jahre auf der Burg angestellt, wurde hier praktisch von ihrer Tante groß gezogen, nachdem ihr Vater starb und ihre Mutter sich tot schuftete. Doch in ihrer gesamten Zeit hatte sie die Garde nie in so einem Zustand zurückkehren sehen.
Sie hatten ihre Köpfe gesenkt, wirkten zusammengesunken.
Ihre Rüstungen waren besudelt mit Blut, ob eigenes oder das von Fremden war nicht auszumachen.
Die rote Flüssigkeit schien selbst auf dem schwarzen Fell der Pferde zu reflektieren und während sie durch das Tor in den Innenhof trabten, wurde es durch den Regen niedergewaschen. Es sammelte sich in dunklen, endlichen Lachen zu ihren Hufen.
Viele hatte Körperteile verbunden, manchen sind die Metallplatten der Rüstung abgesprungen und gaben offene Wunden frei. Einige der Männer trugen schwer aussehende Leinensäcke hinten auf dem Pferd. Jeongguk wusste erst nicht, um was es sich dort handelte, als er bei einem eine leblose Hand herausragen sah.
Es waren ihre Kameraden.
Panisch suchte er den Hof nach jemandem ganz bestimmten ab, wurde immer unruhiger, als er den Kommandeur auf den ersten Blick nicht ausmachen konnte.
»Noona!«, rief Hoseok einige Meter von ihnen entfernt, weswegen sich auch der Braunhaarige zur heraneilenden Magd wandte.
Hoseok flüsterte Megumi etwas zu.
Erst da bemerkte Jeongguk den Körper der hinter dem Schwarzhaarigen an dessen Rücken lehnte. Er kannte die beringte Hand und wem sie gehörte.
Ohne weiter zu zögern, lief er auf sie zu, die Augen besorgt auf dem reglosen Blondhaarigen.
»Jeongguk-ssi, könntet Ihr mir helfen, ihn in seine Gemächer zu tragen?«
»N-Natürlich!«
Hoseok stieg ab, um seinen Bruder vorsichtig vom Pferd zu heben.
Sie legten sich jeweils einen Arm des ohnmächtigen Blondhaarigen um ihre Schultern. Schon da merkte Jeongguk die klaffende Wunde an dessen Kopf, die etlichen kleine Schnitte und wollte nicht von den unzähligen blauen Flecken unter den zerbeulten Rüstungsplatten wissen.
»Was ist bloß vorgefallen?«, fragte der Jüngere Hoseok, während sie an den anderen Rittern vorbei in die warme Burg traten.
»Sie haben unsere Front durchbrochen. Ich wollte am dritten Tag den Rückzug, aber ein gewisser Narr hätte mich bei der Aussage vor Wut erstechen können..«
Kopfschüttelnd musste der Ältere lachen.
»Sturer Bastard..«
»Und wie ist es nun ausgegangen?«
»Ohne Jimin wären wir wohl schon am zweiten Tag den Ratten zum Frass gefallen. Aber mit Jimin.. Er hat uns durch den Kampf geführt. Wir konnten sie gerade noch zurückdrängen. Unseren Sieg haben wir lediglich dem Momentum zu verdanken..«
Stumm blieben sie vor den Treppen zu den beiden weiteren Stockwerken stehen. Jeongguk stieß nur ergebend die Luft aus und dirigierte sie drei am Treppenhaus vorbei.
»Lasst uns ihn vorerst in meinem Zimmer unterbringen. Mit der Rüstung schleppen wir ihn dort niemals hoch.«
Jeongguk räumte in seiner Stube die herumliegende Kleidung und seine heutigen Einkäufe vom Bett auf den Schreibtisch, nachdem sie Jimin ächzend abgelegt hatten.
Hoseok ging mit den Worten, dass er seine Rüstung ebenfalls noch ablegen musste, und ließ die beiden in dem kleinen Raum alleine.
Als Jeongguk es endlich schaffte alle Rüstungsteile von Jimins Körper zu schnallen, lief ihm der Schweiß.
Er war nach wie vor besorgt um den Zustand des Älteren, doch mit dessen leisen Brummen, als Jeongguk seinen Brustkorb abtastete, gewann er ein schwaches Lächeln.
Das Leinenhemd gab glücklicherweise keine blutigen Stellen preis, außer der, wo der Blondhaarige schon zuvor eine Wunde hatte.
Mit den vielen blauen Flecken lag er unglücklicherweise richtig, als er Jimin das Hemd aufknöpfte und den wohlgeformten Oberkörper übersät mit Blutergüssen betrachtete.
Über eine Stunde verbrachte der Jünger damit, mit einem feuchten Lappen den Dreck vom Körper des Älteren zu wischen, die Wunden so gut es ging zu reinigen und die Heilmittel aus dem Kräuterladen zu verteilen.
Etwas zu lange blieben seine Augen dabei an dem schönen Gesicht des Kommandeurs hängen.
Es hatte sanfte Züge, welche dem widersprach, was man von einem Alpha erwarten würde.
Vieles am Blondhaarigen widersprach der Norm, besonders, wenn man dessen adligen Ursprung betrachtete.
Er musste dabei an ihr Gespräch in der Nacht vor Jimins Abreise denken. An den Beigeschmack, den die Worte des Älteren trugen. Sie beide hätten nicht unterschiedlicher sein können und trotzdem fühlte sich der Braunhaarige in dieser Nacht mit dem Älteren verbunden, oder besser gesagt - verstanden.
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