Letzte Linie
Erneut wird sie ausgespuckt und erneut muss sie sich dem Schmodder aus dem Gesicht wischen, findet sich aber vor einer Tür wieder die verdächtig nach Zelle aussieht. Keuchend dreht sie den Kopf, doch das Wesen ist schon wieder weg. Huh, ziemlich hilfsbereit. Aber das war das mindeste, nachdem wir es gerettet haben! Elysia schnaubt kurz, Sirenen sind am Heulen und die Sprinkleranlage hat angefangen zu arbeiten. Mal sehen ob die das Feuer so schnell unter Kontrolle bekommen. Es reicht aus ein paar Mal mit der Schulter gegen die Tür zu rammen um sie aufbrechen zu können, doch was sie sieht lässt sie die Lippen aufeinanderpressen. Alucard liegt auf einer Matratze auf dem Boden, Baskerville sitzt neben ihm und springt auf als er Elysia sieht. „Keine Sorge, ich hol euch raus. Geh zurück!" Der Höllenhund nickt schnell und verschwindet im Schatten von Alucard, ehe sie zu ihm geht und ihn hochhebt. Um einiges leichter als Hans, dass muss sie zugeben. Aber da sie nur eine Person transportieren kann, bringt sie Alucard schnell in ihr Zimmer, legt ihn wieder auf ihr Bett und verschwindet, um auch den Pater zu holen. Der ist ganz schön nervös und hat die Arme verschränkt. Auch hier gehen die Sprinkleranlagen los, was hat sie nur wieder angestellt?! Muss das so lange dauern? Sie ist schon fast eineinhalb Stunden weg und wenn Anderson hier unten Empfang hätte, dann würde sein Handy jetzt schon lange mit Anrufen vom Erzbischof überlaufen. Das wäre der neueste Vibrator! Ach was denkt der jetzt schon wieder. „Bin da! Bin da... Erklärungen kommen später, wir müssen hier weg!"
Alexander kann nicht einmal ein Wort sagen, da steht er auch schon einen Moment später in ihrem Zimmer und runzelt die Stirn. „Und Alucard?" Stumm deutet sie auf das Bett und er schluckt. „Hat er...?" Schulterzuckend geht die Werkatze neben ihr Bett und legt ihr Ohr auf die Brust des Urvampirs. Sie hört einen Herzschlag. Nur ist der nicht regelmäßig. „Haben Vampire eigentlich einen regelmäßigen oder unregelmäßigen Herzschlag?" „Woher soll ich das wissen!?" „Ihr habt doch öfters mit ihm zu tun als ich!" Anderson legt sich eine Hand auf den Mund, das bedeutet aber noch lange nicht dass er ihn kennt. Ein Fehler im Nachhinein, wenn man es so wirklich bedenkt. Sie sind keine Feinde mehr, sie sind Kollegen und Kollegen sollte man eigentlich kennen! Oder... Freunde. „Gebt dem Erzbischof bescheid, er soll auch die Lady anrufen und vielleicht weiß Seras mehr! Ich bring ihn in den Krankenflügel!" Dass Alexander hierbei nicht ein einziges Mal die Führung übernehmen kann sondern Elysia ihm die Befehle entgegenschmeißt- Er weiß einfach nicht was er mit dem bewusstlosen Urvampir im Bett anfangen soll. „Hat- Hat er noch einen Herzschlag?" Die Werkatze schiebt ihn nach draußen und nickt. „Unregelmäßig, was meint Ihr warum ich so dumm gefragt habe? Aber jetzt macht! Hopp!" Der Pater steht noch ein paar Sekunden auf dem Gang, bevor er sich wirklich beeilt um zu Maxwell zu kommen, während Elysia den Blutsauger in den Krankenflügel bringt und dem Dok von vorhin bescheid gibt dass der nächste auf dem Tisch liegt.
Alexander klopft nicht einmal an der Bürotür an, sondern reißt sie auf. Enrico zuckt überrascht zusammen und zerknittert dabei ein paar Dokumente, ehe er den Paladin ansieht und ein wenig sauer wird. „Pater Anderson! Ich habe fast zwei Stunden auf Euch gewartet, wo wart-" „Elysia hat Alucard rausgeholt, aber er wurde wahrscheinlich auch von dem Gebräu getroffen und er liegt im Krankenflügel und wir müssen der Lady bescheid geben und Seras fragen wie das mit dem Herzschlag eines Vampirs ist damit wir das normalisieren können und wir müssen uns beeilen!" Sekunde, Sekunde, Sekunde... was? Elysia hat es wohl geschafft durch dieses Glas zu kommen, hat den Urvampir rausgeholt und der liegt jetzt neben Hans? Scheiße, der zweite. Jetzt wird's aber wirklich persönlich! „Über die Befehlsverweigerung reden wir später, das wird Konsequenzen haben.", gibt Maxwell von sich, nimmt das Telefon und wählt die Nummer der Lady, die auch überraschend schnell abhebt. „Ohne große Umschweife, Lady Integra. Alucard wurde in der Basis von Pater Anderson getrennt, Elysia hat ihn rausgeholt aber auch er wurde von dem Gemisch getroffen und liegt neben Hans auf der Krankenstation. Es wäre gut wenn Ihr Seras ans Telefon bringen könntet damit wir wissen wie der Herzschlag eines Vampires im Normalzustand ist und ob wir auf bestimmte Dinge achten müssen. Die Zeit drängt, wir wissen nicht wie sich das alles auf den Vampir auswirken wird und wir wissen nicht ob er trotz all seiner Seelen überleben wird." Schock zeichnet sich auf Integras Gesicht ab.
Die Informationen werden sofort an den Doktor weitergeleitet, der sich vielleicht ein wenig mit Wertieren auskennt, nicht aber mit Vampiren und er ist dankbar über die Informationen die er bekommt. Auch Alucard bekommt Blutverdünner gespritzt sodass es da keine Probleme gibt, denn so etwas kann ganz schnell nach hinten losgehen. Integra kann nicht weg, schickt aber Seras und Pip per Jet zum Vatikan, die auch ein paar Stunden später am Bett des Urvampirs sitzen und nicht wirklich wissen was sie tun und denken sollen. Hans und Alucard liegen in einem Zimmer, getrennt nur von einem Vorhang. Es ist Abend und Elysia bringt den Gästen das Essen auf das Krankenzimmer, sodass sie nicht unnötig weg müssen. Auch wenn sie ungern von Hans weggeht, aber einer muss es tun und auch für den Paladin nimmt sie etwas mit. Zwar sitzt er bei ihr und Hans, doch die Werkatze sieht oft genug dass er besorgt und mit Schuldgefühlen auf den Vorhang blickt. Sie kann ihm da aber leider überhaupt nicht helfen! Er sollte froh sein dass er rausgekommen ist um Hilfe zu holen und sie den Blutsauger nach ein paar Umwegen rausholen konnte, es hätte auch so ablaufen können dass auch sie nicht durch die Glaswand konnte. Was auch immer es war dass Alucard zurückgehalten hatte, sie aber nicht. sechs Tage lang passiert nichts. Es gibt keine Besserung, aber auch keine Verschlechterung! Die Überwachung hält weiterhin an und während man bei Hans auf Sondennahrung übergegangen ist, flößt man Alucard zwei Mal am Tag Blutkonserven ein.
Es ist ein trauriger Anblick im Vatikan geworden, dass die Intensivstation schon seit Tagen von zwei Wesen belegt wird, von denen man nie dachte sie auch nur ansatzweise dort sehen zu können. Ein Wertier welches Millenium nicht nur überlebt, sondern daraus gelernt hat. Ein Werwolf der ein Rudel zu leiten hat, welches im Moment vom Vatikan mit Fleisch versorgt wird damit es bei ihrem Rudelführer sein kann. Jemand, der so viel überlebt hat, dass man nicht dachte dass ein kleines Mittelchen ihn umhauen würde! Und ein Urvampir, dessen Milliarden an Seelen ihn eigentlich vor allem schützen sollten was es gibt. Dessen Wissen und Erfahrung ihn vor dem meisten schützen hätte sollen. Ein Vampir der den Titel 'Monster' eigentlich nicht verdient hat. Ein liebender Mann der seine Familie verlor und Jahrhunderte in der Dunkelheit herumirrte, bis er seine jetzige Familie gefunden hat und der Mann, der einen ehemaligen Erzfeind lieben gelernt hat. Sobald Pip und Seras einmal weg sind, schubst Elysia den Pater schon fast vom Stuhl damit er neben Alucards Bett stehen kann. Sie hört ihm zu wie er sich immer wieder entschuldigt und wie er ihm sagt dass es anders hätte ablaufen sollen. Dass er derjenige sein sollte der jetzt dort liegt und nicht er.
Die Werkatze sitzt währenddessen immer neben Hans am Bett, betrachtet den Werwolf und stellt sich innerlich die Frage ob sie jemanden hätte, der das gleiche für sie in dieser Art und Weise tun würde was sie oder Pater Anderson gerade durchziehen. Wache halten. Sich um die persönlichen Dinge kümmern die die bewusstlose Person braucht. Elysia muss auch hin und wieder weg um durch ein paar weitere Außenstandorte zu laufen in der Hoffnung dort so etwas wie ein Gegenmittel zu finden, da die Analysen zwar fast abgeschlossen sind, aber es gibt unbekannte Elemente die die Wissenschaftler und auch Makube daran hindern ein Gegenmittel herzustellen. Aber jedes Mal kehrt sie wieder an Andersons Seite zurück. Zurück auf die Intensivstation. Zurück zu den Wölfen, die sich langsam aber sicher mit ihr anfreunden und merken, dass sie ihrem Rudelführer nichts böses antut. Sie wird in ihrer Mitte aufgenommen, sobald sie sich bei ihnen zeigen sollte. Auch Yumiko und Heinkel sind immer auf Achse um bei einer neuen Stelle vielleicht ein Gegenmittel zu finden, aber jede weitere Mission ist von einem Misserfolg gekrönt der die Hoffnung wirklich immer wieder niedermacht. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr schwindet die Hoffnung überhaupt etwas zu finden was als Gegenmittel fungieren könnte. So wie die Hoffnung schwindet dass sie etwas für Hans oder Alucard tun könnten.
Das Piepsen einer der Monitore schreckt Elysia aus dem Schlaf, wobei das nichts neues ist. Gähnend dreht sie den Kopf, Hans Monitor ist aber normal. Nach fast einer Woche hat sich zumindest sein Herzschlag wieder normalisiert. Regelmäßig, stark und in einem normalen Rhythmus. Stirnrunzelnd steht sie auf, wobei sich der Vorhang immer wieder bewegt. „Scheiße! PIP HOL DEN ARZT!" Elysia läuft um den Vorhang herum und ihre Augen weiten sich. Nulllinie bei Alucard. Seras ist panisch und weiß nicht was sie tun soll, während Pip sich nur auf das Bett schwingt und, so kurios es aussehen möge, mit einer Herzdruckmassage anfängt. Auch der Pater steht nun neben der Werkatze, sein Mund geschockt geöffnet. Alucard hatte einen Herzschlag. Jetzt ist er weg. Nicht vorhanden. Er will nach Elysia greifen um eine Stütze zu haben, doch die ist weg um den Arzt zu holen, da Pip gerade beschäftigt ist und Seras vor Schock nicht weiß wie sie sich bewegen soll. Alexander legt sich eine Hand auf den Mund, sein Blick starr auf Alucard gerichtet. Kommt er wieder? Kommt der nervende Sack wieder der ihm ans Herz gewachsen ist? Der ihm mit seiner Ziehtochter half? Der ihm, einfach aus Dank, sein Lieblingsgebäck geholt hatte? Der ihm sein eigenes Herz ausschüttete und anvertraute was das Ding mit seiner Sexualität anging? Bekommt er Alucard zurück?
Nicht viel später kommt Elysia mit dem Arzt zurück, dieser übernimmt sofort seine Tätigkeiten. Er gibt verschiedene Spritzen um die Herztätigkeit anzuregen und auch wenn es normalerweise nichts hilft bei einer Nulllinie zu defibrillieren, viele Serien erzählen da einen scheiß, tut er das. Es ist ein Vampir, es könnte sein dass es anschlägt! Anderson sieht dem allen nur zu als wäre es ein Film. Hören tut er nur durch Watte. Das gleißend helle Licht als es angeschalten wurde blendet ihn nur kurz. Er steht mitten in einem Film, in welchem er keine Handlungsbefugnis hat. Immer wieder hört er dumpf das: „WEG!", vom Arzt als er den Defibrillator einsetzt. Schwestern kommen in den Raum gestürmt und schieben ihn und alle anderen auf die Seite. Wie in Zeitlupe sieht er den Körper des Urvampirs sich durch die elektrischen Stöße aufbäumen und wieder in sich zusammensinken. Reglos auf dem Bett liegen bleibend. Es ist kein Witz, den Alucard hier macht. Es ist die kalte Realität dass man nun um sein Leben kämpft. Es ist kein Traum aus dem man einfach aufwachen kann um zu sagen dass man vorher vielleicht weniger essen sollte. Es ist kein Buch das man einfach zusammenklappen kann um nie wieder weiterzulesen weil man weiß was als nächstes kommt und man das nicht erleben möchte.
Nach einer Stunde, allen möglichen Medikamenten und gefühlten zigtausenden Defibrillationen gibt man auf. Keuchend steht der Arzt über ihm und will es nicht einmal sagen. Seras bricht im nächsten Moment weinend zusammen, das Band ist gerissen. Pip kniet sich neben sie hin und nimmt sie in den Arm, auch ihm kommen ein paar Tränen. Anderson wendet sich ab, wird aber von Elysia in den Arm genommen. Sie ist die einzige die nicht weint, selbst der Körper des Paladins bebt. Sie hat gelernt im ersten Moment diejenige zu sein bei der man sich ausheulen kann und erst im Nachhinein zu weinen wenn sie allein ist. Erst dann wird sie die Emotionen loslassen, die sie im Augenblick so zusammenballt dass sie sich einfach nur leer anfühlt. Alucard, der unbesiegbare Urvampir, der No-life-king... dahingerafft von einem noch unbekannten Mittel. Jeder ist geschockt, es gibt keine Ausnahme. Man dachte noch eher dass Hans über den Jordan gehen würde, dass er als erstes sterben würde weil er einfach schwächer ist als Alucard! Aber wieso auch immer scheinen Vampire noch empfindlicher auf dieses Mittel zu reagieren als Wertiere. Der Arzt stellt den Monitor aus, die Nulllinie muss nun wirklich niemand mehr sehen. Die Trauer ist groß genug, man braucht nicht noch einen Anlass das jedes Mal aufs Neue in einen Weinkrampf auszubrechen sobald man auf den Monitor blickt. Auch er hat seinen Kopf gesenkt um dem Urvampir seinen unausgesprochenen Respekt zu zollen, er hat viel für alle hier getan und dass er nun einfach weg ist, das wird sicherlich hart. Auch für Hellsing. Stumm gibt er seinen Pflegerinnen die Aufforderung rauszugehen, sie können hier nichts mehr tun.
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